Jutaijutsu

Jutaijutsu

Ju Tai Jutsu (jap. 柔体術) ist eine Kampfkunst, deren Wurzeln im vormittelalterlichen Japan liegen. Ihre Ausübung vereint verschiedene Kampftechniken – welche zum Teil mit traditionellen Waffen ausgeführt werden – mit der Schulung und Erweiterung der Wahrnehmung und Selbsterkenntnis.

Die einzelnen Begriffe bedeuten wörtlich übersetzt:

  • Ju: Nachgiebigkeit, Flexibilität
  • Tai: Körper
  • Jutsu: Kunst, Können

Der Begriff Ju Tai Jutsu lässt sich frei übersetzen mit „Die sanfte Kunst der Körperenergie“.


Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte des Ju Tai Jutsu

Der Begriff „sanfte Kunst“ verweist auf die im Ju Tai Jutsu zentrale Idee, durch Flexibilität und Nachgiebigkeit die Kraft des Gegners für sich selbst nutzbar zu machen. Somit wird es dem Schwächeren möglich, einen körperlich überlegenen Gegner zu besiegen. Dieses Konzept geht auf den japanischen Arzt Yoshitoki zurück, welcher im 18. Jahrhundert in Nagasaki lebte. Er hatte in China die Kunst des waffenlosen Kampfes erlernt und festgestellt, dass es zum Besiegen des Gegners im Zweikampf erheblicher Körperkraft bedarf. Nach Japan zurückgekehrt beobachtete er an einem Wintertag bei starkem Schneefall einen Kirschbaum und eine Weide. Während die Äste des Kirschbaums unter der Schneelast zerbrachen, bog die Weide ihre Äste geschmeidig unter dem Gewicht des Schnees und blieb unversehrt. Durch diese Beobachtung kam Yoshitoki auf die Idee, ein Kampfsystem zu entwickeln, bei dem der Schwächere durch Nachgiebigkeit – entsprechend dem „Geist der Weide“ (jap. „Yoshin Ryu“) – siegen könne. Yoshitoki nannte seine insgesamt 300 Kampftechniken „Yoshin Ryu“. Sie bilden die Grundlage für das dem Ju Tai Jutsu ähnliche japanische Jiu Jitsu.

Eine Reihe zusätzlicher Einflüsse prägen das heutige Ju Tai Jutsu und setzen es damit von anderen verwandten Kampfkünsten ab. Erwähnenswert ist hier eine auf das 16. Jahrhundert zurückgehende Kampfkunsttradition, die von einigen Samurai entwickelt und über Generationen weitergegeben und verfeinert wurde. Die in dieser Tradition enthaltenen Kampfkünste waren im Laufe der Jahrhunderte unter verschiedenen Namen bekannt, u.a. Daken Tai Jutsu, Jiu Jitsu und Ju Tai Jutsu. Im heutigen Ju Tai Jutsu finden sich zudem Elemente des Ninjutsu. Unter dem Begriff Ninjutsu werden die vielfältigen Kampfsysteme der Ninja zusammengefasst. Sie enthalten u.a. waffenlose Techniken sowie den Umgang mit einer Reihe von Waffen. Außerdem fließen in sie verschiedene Strömungen des Buddhismus ein. Ninjutsu war eine geheime Kampfkunst, die nur innerhalb etablierter Familienklans weitergegeben wurde. Seit dem 18. Jahrhundert ist das Wissen um diese Kampfkunst im Aussterben begriffen. Der japanische Großmeister Masaaki Hatsumi ist einer der wenigen praktizierenden Kampfkünstler der Gegenwart, die sich auf die Herkunft aus einem Ninja-Klan berufen können. Seit 1959 lehrt er seine Kampfkunst in der Tagaki-Yoshin-Ryu-Schule und lässt sowohl die Techniken des Ninjutsu als auch die oben erwähnten Samurai-Kampfkünste aus dem 16. Jahrhundert mit in die Lehre einfließen. Sein Stil bildet damit einen Verbindungspunkt zwischen den traditionellen Kampfkünsten des japanischen Mittelalters und dem heute praktizierten Ju Tai Jutsu.

Ju Tai Jutsu in Deutschland und Italien

Seit 1996 wird Ju Tai Jutsu im Sinne der Yoshin-Ryu-Schule in Berlin angeboten. 2003 gründete sich Kadeshi e.V., Schule für Ju Tai Jutsu, in Berlin. Die in Turin ansässige Mutterschule Yoshin Ryu wurde 1978 von Cesare Turtoro gegründet.

Das Training des Ju Tai Jutsu

Ju Tai Jutsu ist kein Wettkampfsport, sondern widmet sich in erster Linie dem Ausbau der körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Schülers. Eine herausragende Rolle spielt die Auslotung der eigenen physischen und psychischen Grenzen, die im sprichwörtlichen „Kampf mit sich selbst“ erfahrbar gemacht und soweit möglich überwunden werden sollen.
Ein Repertoire an festgelegten Techniken, die meist als Angreifer-Verteidiger-Paar trainiert werden, bilden die Grundlage der Kampfkunst. Darüber hinaus werden Ausdauer, Reaktionsfähigkeit und der Gleichgewichtssinn gefördert. Mit steigendem Niveau wird das Training durch den Umgang mit traditionellen Waffen ergänzt. Hierbei handelt es sich beispielsweise um das Shinai und das Bokken, die Tonfa, die Sai, den und den . Später auch das Katana und die Naginata und andere traditionelle Waffen.

Literatur

  • Werner Lind, „Ostasiatische Kampfkünste: Das Lexikon“, Sportverlag, Berlin: 1996.

Weblinks


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