Anbindehaltung

Anbindehaltung
Anbindestall eines Milchviehbetriebes

Der Anbindestall ist ein Stall für Rinder oder Pferde, wo die Tiere an einem Platz fixiert sind. Früher wurden auch Sauen angebunden gehalten, sowie Kleinvieh wie Schafe und Ziegen.

Die Haltung von Pferden in Anbindestallungen in vielen Ländern verboten, und die Anbindehaltung von Schweinen seit einer EU-Richtlinie 1997 nur noch durch Ausnahmeregelungen zulässig. Bei Rindern ist die Anbindehaltung derzeit in einer Umstellungsphase mit einigen Ausnahmeregelungen, so dass diese Haltungsform voraussichtlich bis Ende 2013 bzw. unter bestimmten Umständen bis 2020 erlaubt ist.

Inhaltsverzeichnis

Fixierung

Kühe sind in der Anbindehaltung zumindest während der Stallhaltungsperiode, d. h. im Winter fixiert (beispielsweise Grabnerkette, Zentralgelenkhalsrahmen). Jedes Tier steht auf einem eigenen Platz/Stand längsseitig parallel zueinander und kann nicht durch den Stall laufen. An diesem Stand stehen bzw. liegen die Kühe also den ganzen Tag, werden hier gefüttert und gemolken (dazu notwendig: Rohrmelkanlage). Bei geeigneter Vorrichtung können die Tiere freigelassen werden und einen Auslauf oder die Weide benutzen. Erfolgt die Fixierung unmittelbar am Hals kann dort das Fell abgescheuert werden. Bei Verwendung von Metallketten wirkt sich zudem das lautere Geräusch bei einer Bewegung störend aus. Die Tiere reagieren nervös auf den Lärm, den die Ketten verursachen. Es kann zu Verhaltensstörungen kommen. Ein Problem der mangelnden Bewegung sind auch Haltungsschäden und Gelenkprobleme. Auch die Klauen der Kühe leiden unter dieser Art der Haltung.

Entmistung

Die Entmistung erfolgt durch eine Entmistungsanlage oder mit Hilfe von Mistgabeln oder speziellen, kleinen und wendigen Traktoren (Hoftrac). Mist und Jauche werden dabei getrennt gelagert. Der Harn fließt durch Schlitze oder Löcher im Boden in einen kleinen Kanal und gelangt in die Jauchegrube. Der Mist wird auf der Mistplatte gelagert. Häufiger tritt beim Anbindestall die Sammlung der Fäkalien als Gülle auf. Dazu werden im hinteren Bereich des Standes ein Güllekanal mit Gitterrosten aus ovalem Flachstahlstäben abgedeckt, durch die der Kot und Harn fallen. Die Tiere können dabei mit den hinteren Klauen ständig auf den Stangen stehen, wenn sie für den Stand zu lang sind. Hierbei ist aber zwischen Kurz-, Mittel- und Langstand zu unterscheiden. Bei einem Langstand kann das Urinieren und Abkoten auf die Liegefläche durch sogenannte Kuhtrainer, die über den Tieren hängen, verhindert werden. Durch das Krümmen des Rückens beim Urinieren und Koten berührt das Tier den Kuhtrainer (wenn es zu weit vorne steht) und erhält einen leichten Stromschlag. Das Tier geht automatisch einen Schritt zurück und uriniert oder kotet dann auf die Stallgasse. Das hat einen Lerneffekt für das Tier - das lernen aber nur recht wenige Tiere. Kuhtrainer sind heute verboten, weil sie die meisten Tiere z.B. beim Harnen oder auch in der Brunst bei stärkerer Unruhe sehr häufig für ihr natürliches Verhalten "bestrafen". Deshalb traten in Betrieben mit Kuhtrainern früher häufig Fruchtbarkeitsstörungen auf.

Standfläche

Die Fläche, auf der das Rind steht, kann gegenüber dem hinteren Bereich, wo Kot und Harn anfallen, um etwa 10–15 cm erhöht sein. Je nachdem, wie lang die Standfläche ist, spricht man von einem Kurz-, Mittellang- oder Langstand. Beim Kurzstand kommt das Tier oft mit dem Sprunggelenk auf der Kante zu liegen, wodurch Druckstellen und Hautabschürfungen entstehen. Eigentlich ist es wichtig, die Standfläche an die Größe der Kühe anzupassen - oder zur Standfläche passende Kühe/Rassen aufzustallen. Das Problem liegt darin, dass im Verlauf der letzten Jahrzehnte immer größere Kühe gezüchtet wurden (wegen der damit einher gehenden größeren Milchleistung). Eine weitere Möglichkeit, Schäden am Sprunggelenk zu reduzieren, ist eine Auslaufmöglichkeit. Aufgrund einer Modellschätzung [1] brauchen Milchkühe im Minimum 50 Stunden Auslauf pro Monat, um eine Reduktion von Sprunggelenksschäden zu bewirken. Hierbei ist es wichtig, den Auslauf so zu organisieren, dass die Dauer des einzelnen Auslassens möglichst lang gewählt wird, anstatt häufig – aber nur für eine kurze Dauer – Auslauf zu gewähren.

Bei einem Langstand fallen Kot und Harn oft auf den Stand und beim Hinlegen verschmutzt das Tier, wird feucht und Krankheitserreger können leichter in das Euter eindringen.

Die Standfläche kann aus Holz oder Beton sein. Eine Auflage aus Stroh oder eine Gummimatte (auch Kuhmatratze) ist für die Tiere besser, bei Einstreu muss allerdings am Ende des Standes eine Schwelle sein, damit nicht zu viel Einstreu in den Mist oder die Jauche gelangt. Die Schwelle allerdings erhöht wiederum die beim Kurzstand erwähnten Nachteile.

Zwischen jedem zweiten Standplatz kann eine Abtrennung aus Metallbügeln stehen, die verhindert, dass die Tiere sehr schräg oder quer liegen und dem Nachbartier Platz wegnehmen oder es durch Tritte verletzen.

Futter- und Wasserversorgung

Die Versorgung mit Wasser erfolgt über ein- oder doppelseitige Tränkebecken, seltener Zapfentränken. Die Futterversorgung über Tröge und/oder Futtertische. Der Trog oder der Futtertisch sollten etwa 15 cm höher als die Standfläche der Tiere sein, damit diese in der natürlichen Haltung fressen können. Die Abtrennung zwischen Standfläche und Freßbereich sollte idealerweise aus stabilem, aber flexiblem Gummi sein, damit die Tiere beim Ausstehen genügend Platz für den Kopfschwung beim Aufstehen haben.

Nachteile und Tierschutz

Aus Sicht des Tierschutzes ist die Anbindehaltung bedenklich. Die Kühe können nicht frei laufen. Dazu gehören das Bespringen der Artgenossen und der Duldungsreflex, wenn eine andere Kuh auf sie springt.

Verbreitung

Die Anbindehaltung ist die herkömmliche Haltungsform. Verbreitet sind diese Ställe noch in Betrieben mit kleineren Herden, etwa im Alpenraum. Hier ist der Platz für Laufställe oft nicht gegeben, und durchwegs auch nicht nötig, wenn die Tiere (Rinder und Kleinvieh, oft auch Rösser) tagsüber, teils auch nächtens, im Freilauf sind, und verbreitet auch auf Sömmerung (Almhaltung). Daher werden die Richtlinien der EU, die auf agrarische Sonderformen der Berggebiete wenig Rücksicht nehmen, in Süddeutschland, Österreich und Südtirol (und in Anpassung auch der Schweiz) durchwegs kritisch gesehen. Nach Protesten der hier überdurchschnittlich verbreiteten Biobauerschaft wurde das Verbot der Anbindehaltung im Juli 2008 seitens der EU aufgeschoben, derzeit ist eine Übergangsfrist bis Ende 2013 vorgesehen.[2][3] Außerhalb dieser landwirtschaftlichen Räume wird Anbindehaltung bei Neubauten nicht mehr berücksichtigt.

Dauernde Haltung im Anbindestall ist bei Rindern meist verboten. Geeignete Bewegungsmöglichkeiten oder geeigneter Auslauf oder Weidegang ist an mindestens 90 Tagen im Jahr zu gewähren ist (Bundes-Tierschutzgesetz 2004 Österreich). Das Kälberanbindeverbot gilt ausnahmslos.[4]

In der Ökologischen Landwirtschaft ist Anbindehaltung prinzipiell nicht zulässig (mit bis 2010 befristeten Ausnahmen). Daneben ist aber eine „Kleinbetriebsreglung“ getroffen, die für Betriebe bis 35 Großvieheinheiten mindestens zwei mal pro Woche Auslauf/Weide vorschreibt.[5]

Siehe auch

Einzelnachweis

  1. N.M. Keil, T.U. Wiederkehr, K. Friedli, B. Wechsler. In: Preventive Veterinary Medicine 74/2006, S. 142–153.
  2. Thomas Hödlmoser: Biokühe bleiben an den Ketten. In: Salzburger Nachrichten, Aus Stadt und Land (Lokalteil). 31. Juli 2008. 
  3. Wolfgang Dürnberger: Infoveranstaltung in Maishofen, vernünftige Lösungen für Anbindehaltung. In: Salzburg >> Aktuelles. Landwirtschaftskammer Österreich, 6. Mai 2008. Abgerufen am 2. August 2008.
  4. Bundes-Tierschutzgesetz 2004. Steirischer Bauernbund, Bezirk Hartberg, 23. Februar 2005. Abgerufen am 2. August 2008.
  5. Infos zu den Biorichtlinien 2008. BIOS – Biokontrollservice Österreich, 2008. Abgerufen am 2. August 2008. (pdf)

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