- Kanonischer Zustand
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Das kanonische Ensemble ist in der statistischen Physik ein System mit festgelegter Teilchenzahl in einem konstanten Volumen, das Energie mit einem Reservoir austauschen kann und mit diesem im thermischen Gleichgewicht ist. Dies entspricht einem System mit vorgegebener Temperatur, wie ein geschlossenes System (kein Teilchenaustausch) in einem Wärmebad (makroskopisches System, das sehr viel größer ist als das betrachtete System).
Ein solches Ensemble wird durch einen kanonischen Zustand ρ beschrieben. Dies ist der Gleichgewichtszustand, dessen statistische Entropie S(ρ), unter Berücksichtigung der Nebenbedingung (der Energieerwartungswert ist festgelegt), nach der Maximum-Entropie-Methode maximal ist, wobei der Zustand mit von außen vorgegebenen Parametern, wie Volumen und Teilchenzahl, verträglich sein muss.
Inhaltsverzeichnis
Quantenmechanisch
Der Dichteoperator des kanonischen Zustands ist festgelegt durch
wobei die die zu gehörenden Energieeigenzustände zur Energie Er sind und die kanonischen Zustandssumme durch
gegeben ist.
Die Spur eines Operators ist folgendermaßen definiert: für beliebiges vollständiges Orthonormalsystem .
In der Energieeigenbasis ist die zugehörige Dichtematrix diagonal
Der Parameter β kann als inverse Temperatur aufgefasst werden
Klassisch
Analog ergibt sich der klassische kanonische Zustand (Phasenraumdichte)
mit der klassischen kanonischen Zustandssumme
mit
wobei für N identische Teilchen der Faktor ξ = N! die Mehrfachzählung ununterscheidbarer Teilchen verhindert,
und für n verschiedene Teilchensorten mit N1,...,Nn Teilchenzahlen und der Faktor .
Erwartungswerte
Im Folgenden werden Erwartungswerte verschiedener makroskopischer Größen gebildet. Der Index k bedeutet kanonisch. Der Hamiltonoperator ist vom Volumen und der Teilchenzahl abhängig H(V,N), die Zustandssumme von Temperatur, Volumen und Teilchenzahl Z(T,V,N) bzw. Z(β,V,N).
Der Energieerwartungswert kann über die Zustandsumme berechnet werden
Die statistische Entropie lässt sich nun durch die Zustandssumme ausdrücken
Der Druckerwartungswert ist gleich:
Für große Systeme lässt sich auch das chemische Potential berechnen (die Teilchenzahl N ist eine diskrete Größe; erst im thermodynamischen Limes lässt sich N quasi-kontinuierlich behandeln und Ableitungen nach N sind möglich):
Offensichtlich spielt bei der Berechnung von Erwartungswerten der Logarithmus der Zustandssumme ein wichtige Rolle. Deswegen definiert man die Freie Energie:
Die freie Energie ist das thermodynamische Potential des kanonischen Zustands. Obige Erwartungswerte lassen sich nun kompakt als Gradient des Potentials schreiben:
Herleitung des Gleichgewichtszustands bei festgelegtem Erwartungswert
Variationsproblem
Der Gleichgewichtszustand bei festgelegtem Erwartungswert(en) kann als Variationsproblem aufgefasst werden und mit der Methode der Lagrange-Multiplikatoren hergeleitet werden.
Der Ausdruck soll mit den Nebenbedingungen und maximiert werden. Sind mehrere Erwartungswerte festgelegt, so sind mehrkomponentige Größen
Die Variation von L liefert eine stationäre Lösung. Verwendet wird dabei die Relation
wobei die und jeweils ein VONS bilden; die Summe über m beschreibt die Spurbildung, die Summe über n ist das Einschieben einer 1 (Ausnutzen der Vollständigkeit)
Der Ausdruck ist für alle m,n gleich 0, wenn gleich 0 ist. Daraus ergibt sich der Dichteoperator
- mit
Die Definition eines Dichteoperators fordert, dass die Spur darüber 1 wird: daraus folgt der Boltzmann-Gibbs-Zustand
- mit
Aus der Variationsrechnung folgt nur das stationäre Verhalten; das Maximum bezüglich der Entropie lässt sich mit der Gibbs-Ungleichung zeigen.
Ist die einzige Information über das System, so ergibt sich der oben dargestellte kanonische Zustand (ist eine weitere Nebenbedingung erhält man den großkanonischen Zustand).
Anschauliche Herleitung
Das Wärmebad (Index 2) und das interessierende System (Index 1) haben schwach-energetischen Kontakt. Sie bilden zusammen ein Gesamtsystem, das nach außen vollständig abgeschlossen ist und somit mikrokanonisch beschrieben werden muss. Die Gesamtenergie bleibt stets konstant:
Die Energie E2 = Eges − E1 des Wärmebads sei g2(E2)-fach entartet, die Energie E1 des angekoppelten Systems sei g1(E1)-fach entartet. Der Entartungsgrad des Gesamtsystems zur Energie Eges ist
- .
Im mikrokanonischen Ensemble hat jeder mögliche Basiszustand dieselbe Wahrscheinlichkeit 1 / g12(Eges). Die Wahrscheinlichkeit p1(E1), dass das System 1 die Energie E1 besitzt, ist gleich der Wahrscheinlichkeit p2(E2), dass das Wärmebad die Energie Eges − E1 hat; diese ist der Quotienten aus Gesamtentartungsgrad zur Energie E1 des Systems 1, nämlich , und des Gesamtentartungsgrads g12(Eges):
Die Wahrscheinlichkeit das System 1 in einem bestimmten Basiszustand (Quantenzahl ν) mit Energie E1 zu finden ist:
Man logarithmiert und kann die Entropie des Wärmebades S2 = kBlng2 und die Gesamtentropie Sges = kBlng12 identifizieren:
Da das Wärmebad viel größer als das angekoppelte System ist, entspricht die Gesamtenergie fast ausschließlich der Energie des Bades (minus einer vergleichsweise kleinen mittleren Energie des Systems 1) und man kann die Entropie S2(Eges − E1n) in eine Taylorreihe um bis zur ersten Ordnung entwickeln:
Dabei wurde ausgenutzt, dass die Ableitung der Entropie nach der Energie die inverse Temperatur ist. Dies setzt man in die logarithmierte Wahrscheinlichkeit ein. Außerdem werden noch die E1-unabhängigen Terme als Konstante ( − lnZ) zusammengefasst
Exponenzieren liefert die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System 1 im Basiszustand ν zur Energie E1 befindet:
Die Konstante Z lässt sich über die Normierungsbedingung für Wahrscheinlichkeiten direkt aus den Eigenschaften des Systems 1 bestimmen (es muss eine minimale Energie geben; angenommen das Energiespektrum erstrecke sich bis , so würde die Summe divergieren):
Da man normalerweise nur am System 1 interessiert ist, geht das System 2, das Wärmebad, nur über die Temperatur ein.
Literatur
- Balian: From Microphysics to Macrophysics 1. Springer-Verlag, Berlin, 2. Auflage 2006, ISBN 3-540-45469-1
- Schwabl: Statistische Mechanik. Springer-Verlag, Berlin, 3. Auflage 2006, ISBN 978-3-540-31095-2
Siehe auch
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