Karneval von Oruro

Karneval von Oruro

Der Karneval von Oruro (spanisch Carnaval de Oruro) ist ein religiöses Fest das zu Ehren der "Virgen del Socavon" (Jungfrau der Bergwerksstollen) veranstaltet wird. Er findet jährlich statt und ist eine der touristischen Hauptattraktionen Boliviens. Der Karneval von Oruro wurde 2001 von der UNESCO in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Mythos

Im Karneval von Oruro leben Elemente der präkolumbischen Religion der indigenen Völker des Hochlandes fort.

Ablauf

Jedes Jahr wird der Karneval am Gründonnerstag mit dem autochthonen Karneval, die Anata Andino eingeläutet, an der hauptsächlich Indigene teilnehmen. Hier dankt man der Pachamama und den Achachilas (Gottheiten, die für Wind, Regen, Eis etc. zuständig sind und in den Bergen wohnen) für die Ernte des letzten Jahres und bittet erneut um eine gute Ernte für das kommende Jahr (in etwa vergleichbar mit dem Erntedankfest).

Der eigentliche Karneval von Oruro beginnt am Samstag vor Rosenmontag (Faschingssamstag) und dauert drei Tage. Die Tanzgruppen starten in der Nähe des Busbahnhofes in Oruro und beenden ihren Umzug in einer Kirche, der Iglesia del Socavon. Der Umzug hat eine Länge von ca. 3 km. Nur wer Mitglied eines Conjunto (Tanzgruppe bzw. Bruderschaft) ist, darf am Umzug durch die Stadt teilnehmen.

Am ersten Tag (Samstag des Karnevals) wird explizit für die Virgen del Socavón (Jungfrau der Bergwerkstollen) getanzt. Viele Teilnehmer schwören ihr, mindestens drei Jahre am Karneval teilzunehmen, um im Gegenzug etwas von ihr zu erbitten. Manche Teilnehmer nehmen schon ihr ganzes Leben jedes Jahr am Karneval teil.

Am zweiten Tag (Sonntag) tanzt man für den Dios Momo, den Gott des Spasses. Die Organisation an diesem Tag ist lockerer, u.a. ist auch der Konsum von Alkohol gestattet (was am Samstag eigentlich verboten ist).

Der Montag des Karneval (bei uns Rosenmontag) ist ausschließlich der Diablada und Morenada gewidmet. Die Conjuntos treffen sich an diesem Tag vor dem Platz an der Kirche. Tanzenderweise betreten sie die Kirche und verabschieden sich von der Jungfrau. Hier bitten sie um Kraft und Erfolg für das kommende Jahr und bedanken sich für ihre Unterstützung. Abends feiert jede Gruppe für sich ein Fest, das ein ausgewähltes Mitglied (pasante) der Gruppe ausrichtet (jedes Jahr ein anderer). Dort wird ein Abbild der Jungfrau dem neuen pasante übergeben, der es bis zum nächsten Jahr "betreut".

Organisation

Organisiert wird der Karneval von Oruro von der ACFO, der Asociacion de Conjuntos del Folklore de Oruro (Verein der folklorischen Tanzgruppen von Oruro). Sie legt die Startreihenfolge der Tanzgruppen fest, evaluiert deren Auftreten und setzt Sanktionen bei Verstößen gegen die Vereinsregeln (z.B. wenn sich eine Tanzgruppe zu langsam vorwärtsbewegt). U.a. können solche Sanktionen zur Verschiebung an den letzten Startplatz führen.

Am Karneval nehmen derzeit 48 Tanzgruppen teil. Diese tanzen dabei 18 verschiedene Tänze, u.a. Diablada, Morenada, Caporales, Tobas, Tinku, Phujllay usw. Die Startreihenfolge wird von der ACFO festgelegt. Am Samstag entspricht diese im Wesentlichen dem Gründungsdatum der einzelnen Tanzgruppen.

Die Vorbereitung

Kaum endet der Karneval, beginnen für die Hersteller der Masken und Kostüme auch schon wieder die Vorbereitungen für das nächste Jahr. In akribischer Handarbeit werden die Masken, Stickereien, Umhänge usw. erzeugt.

Der Karneval wird mit besonderen, kunstvoll geformten und verzierten riesigen bunten Masken (meistens aus Gips) in Form von Teufelsfratzen und Persiflagen gefeiert.

Weitere Veranstaltungen im Rahmen des Karneval

Das Festival de Bandas

Am Rande des Karneval bereichern zwei Veranstaltungen denselben:

Noch vor Beginn des Karneval (meistens 2-3 Wochen vorher) findet das "festival de bandas" (Blasmusikfest) statt. Dabei stellen sich alle Musiker aller Blasmusikkapellen, die im Karneval die Tanzgruppen mit Musik begleiten, zusammen, um gemeinsam einige Musikstücke (u.a. die bolivianische Nationalhymne, die Hymne von Oruro, etc.) zu spielen. Danach findet ein Wettbewerb statt, und es wird die beste Blasmusikkapelle gekürt. An diesem Festival nehmen rund 3000 bis 4000 Musiker teil.

Am Morgen des Sonntags des Karnevals, (um etwa vier Uhr morgens) treffen sich alle Musikkapellen (bandas) der teilnehmenden Tanzgruppen auf dem Platz vor der Kirche zum Saludo al Sol (Gruß an die Sonne), der auch el Alba genannt wird. Mit der aufgehenden Sonne, beginnen alle Musikgruppen gleichzeitig die Melodie ihrer Tanzgruppe zu spielen. Da jede Gruppe eine andere Melodie hat, kann man eine bestimmte Melodie nur dann ausmachen, wenn man direkt vor einer dieser "bandas" steht.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Die Fahrt von und nach Oruro ist um diese Jahreszeit um 100% (und mehr) teurer als gewöhnlich, und die Plätze in den Bussen sind schon lange im voraus ausverkauft. Die Stadt füllt sich und scheint aus allen Nähten zu platzen. Selbst Hotels und Pensionen sind Monate vorher restlos ausgebucht.

Neben Hotels, Pensionen und Transportunternehmen profitieren vom Karneval auch z.B. die Bierbrauereien, die in den drei Tagen einen enormen Absatz verzeichnen. Speziell die Brauerei Paceña, die in den letzten Jahren der Hauptsponsor des Karnevals war, profitiert von diesem Geschäft und produziert eigens für die Karnevalszeit Werbespots.

Ein weiterer wirtschaftlicher Faktor sind die Arbeitsplätze, die durch den Karneval geschaffen werden, vor allem jene der Produzenten der verschiedenen Masken und Kostüme (siehe Vorbereitungen).

Negative Begleiterscheinungen

Während des Karneval ist bedingt durch den enormen Zustrom an Zuschauern ein Anstieg der Kriminalität (v.a. Taschendiebstähle) zu beobachten. Vor allem in den völlig überfüllten Zuschauerbänken rund um die Karnevalsstrecke werden vermehrt Kameras und andere Wertgegenstände gestohlen.

Eine weitere negative Begleiterscheinung ist der massive Alkoholkonsum sowohl unter den Zuschauern als auch vieler Tanzender.

Siehe auch

Weblinks


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