- Karolingisches Pfund
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Das Karlspfund (lat. pondus Caroli) ist eine aus der Zeit Karls des Großen stammende Gewichtseinheit. Es diente sowohl als Handels- als auch als Münzgewicht.
Eingeführt wurde das Karlspfund im Zusammenhang mit König Karls Münzreform um 793/94. Erstmals bezeugt wird dies durch eine zeitgenössische Handschrift[1], sowie in Berichten über die Frankfurter Synode, 794, wo es heißt, dass jetzt im Reich neue Münzen, neue Denare zu prägen seien. Die Denare wurden später auch Pfennige bzw. Pennies genannt.
Sowohl über das karolingisches Münzsystem, das in seinen Grundzügen in England bis 1971 fortbestand, als auch durch die vom Karlspfund später abgeleiteten Gewichte, hatte das Karlspfund für praktisch ganz Europa eine äußerst herausragende Bedeutung. Das Karlspfund galt überall im Karolingerreich, sowie unverändert auch unter nachfolgenden Liudolfingern. Erst unter den Saliern, die ab 1024 regierten, wurde die Kölner Mark als 576 Tausendstel des Karlspfund eingeführt und war als Münzgewicht dominant. Ähnliche Modifikationen vollzogen sich zur gleichen Zeit, sowohl für die Handelsgewichte im deutschen Reich, als auch z.B. im westfränkischen Reich. Immer aber bezogen sich die neuen Gewichte auf das Karlspfund. Außer England, das das vom Karlsfund abgeleitete Pfund aus Troyes übernahm, war auch vor allem Italien in dieses gesamteuropäische Gewichtssystem mit einbezogen.
Das Initialgewicht des Karlspfund kann heute vor allem durch das Wiegen von erhaltenen karolingische Münzen der frühen Zeit bestimmt werden, wobei aber eine Streuung von mehreren Prozent auftritt. Oft wird in der Literatur das Karlspfund mit 408,25 Gramm oder auch mit ca. 408 g[2] angegeben. Letzteres entspricht einem Denar zu genau 1,7 g.
Moderne historische Metrologen gehen heute gerne von dem arbiträren, 7-glatten Wert von 406,4256 ± 2,4 g aus. Dies bedeutet eine metrologische Steuung von knapp 0,6%.
Das Karlspfund wird demnach – je nach seiner späteren regionalen Ausbildung bzw. seinen nationalen Ableitungssystemen – zwischen ca. 404 und knapp 409 g angesetzt.Inhaltsverzeichnis
Herleitung des Karlspfunds
Noch nicht geklärt ist die genaue Herleitung des Karlspfunds selbst. Es fällt aber auf, dass das Karlspfund bei oben genanntem Wert genau einem Vierundsechzigstel der Wassermasse des römischen Kubikfuß entspricht. Schriftliche Belege aus dem frühen Mittelalter gibt es dazu nicht. Herleitungen der Gewichte von der Masse des Wassers sind schon seit der Antike, auch im Zusammenhang mit Wasseruhren, attestiert. Die Reinheit und die Temperatur des Wassers spielen dabei auch, aber eine relativ nicht so entscheidende Rolle.[3]
Ableitungen des Karlspfunds
Französische Ableitungen
Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts entwickelten sich in Frankreich verschiedene Varianten des Karlspfundes, die zu verschiedenen Zeiten legale Gültigkeit hatten.
- Das Pariser Pfund (Libra parisi) zu knapp 460 g ist seit Ludwig VI., dem Dicken bezeugt und beträgt neun Achtel des Karlspfundes.
- Zu Beginn des 13. Jahrhunderts galt in Frankreich das Livre tournois, das Pfund der Stadt Tours. Dieses war mit dem zeitgleich in Troyes geltenden, frühen Livre de Troyes identisch.
Die Ratio des Livre tournois beträgt genau 9 : 10 bezüglich des Karlspfundes. - Gleichzeitig entstand in Troyes ein neues System, das spätere Livre de Troyes. Dieses galt seit spätestens 1266 in ganz Frankreich, bis zum 1. August 1793.
Es wird offiziell und unzweideutig auch „das Pfund der poids-de-marc“ (Markgewichtspfund) genannt. Seine Ratio bezüglich des Karlspfundes beträgt 12 : 10.
Die sehr früh und direkt aus Frankreich übernommenen, englischen Pfundwerte belegen, dass auch in Frankreich sicherlich lange ein etwas geringerer Wert für das Karlspfund galt.
Der Wert des Pfunds der poids-de-marc entspricht aber auch sehr genau einem 70.stel der Wassermasse eines französischen Kubikfußes. So liegt der Schluss nahe, dass es genau deshalb in Frankreich zu einer leichten Erhöhung des Gewichtsmaßes gekommen ist. Dieses identifizierte, „französische Gewichtskomma“ beträgt etwa 3136 : 3125, also nur + 0,35 %.
Pfund Ratio glatte Werte 3136 : 3125 empirisch Livre de Troyes 6 : 5 487,71072 g ~ 489,43 g ca. 489,5 g Libra parisi 9 : 8 457,22880 g ~ 458,84 g ca. 459,0 g Charlemagne 1 : 1 406,42560 g ~ 407,86 g ca. 408,0 g Livre tournois 9 :10 365,78304 g ~ 367,07 g ca. 367,0 g
Das Livre de Troyes, also das Pfund der poids-de-marc, betrug bei seiner Ersetzung durch das Dezimalsystem Ende des 18. Jahrhunderts (9216/18,82715=) etwa 489,50585 g.[4]
Anmerkung: Beide Begriffe, sowohl der des „Livre de Troyes“, als auch der des „Livre tournois“, werden heute nicht selten synonym zum „Pfund der poids-de-marc“ verwendet.Englische Ableitungen
Das Englische Gewichtssystem (Troy weights) wurde aus Frankreich übernommen. Dabei hielt man sich an die alten Werte des Livre de Troyes, d.h. zwölf Zehntel Karlspfund.
So lassen sich auch leicht die verschiedenen Ratios direkt zum Karlspfund angeben:Pfund Ratio glatte Werte offiziell (1958)[5] London 225 : 196 466,5600 g 466,552 15200 g Avoirdupois 125 : 112 453,6000 g 453,592 37000 g Merchant 625 : 448 437,4000 g 437,392 64250 g Karlspfund 1 : 1 406,4256 g (406,418 76352 g) Troy 45 : 49 373,2480 g 373,241 72160 g Tower 675 : 784 349,9200 g 349,914 11400 g
Die metrologisch glatten Werte differieren bezüglich der offiziellen Werte (1958) nur um etwa 0,0017%. Die Ersteren stimmen mit einem englischen Gran von genau 64,8 mg überein.Bei der Entstehung des englischen Systems müssen die englischen Metrologen den Weg über ein 10 000 Englische-Grain-Pfund von 648 Gramm gegangen sein. Dieses entsteht aus der einfachen Ableitung: Karlspfund × 12/10 × 16/12 und ergibt, wohlgemerkt ausgehend von einem Karlspfund zu 406,4256 g, einen um das oben genannte französische Gewichtskomma zu großen Wert: 650,28096 g. So müssen – eine andere Möglichkeit gibt es wohl nicht – die englischen Metrologen zwar das noch das „gute Pfund“ aus Troyes geerbt haben, um dann aber, im Laufe der Jahrhunderte, ihrerseits, durch Ungenauigkeiten in der Bewahrung des Maßes, ein „englisches Gewichtskomma“ von 3125 : 3136, also dem Reziprokwert des französischen Gewichtskommas, zu applizieren. Im Ergebnis, eine ähnliche kleine Ungenauigkeit wie in Frankreich, nur eben nach unten hin.
In Zahlen: 406,4256 × 12/10 × 16/12 × 3125/3136 = 648,0000 Gramm.
(Bleibt noch das sehr kleine „englische Zusatz-Gewichtskomma, 1958“ von: 11 × 97 × 6073 : 27 × 34 × 54 um auf den gesetzlichen Wert des Grains von 1958 zu kommen.)
Um zu verdeutlichen, wie geringfügig die alte, englische Abwertung eigentlich doch ist: Hätten britische Metrologen – das offenbar tatsächlich stattgefunden habende – karolingische Wasserwiege-Experiment nachvollzogen, so genügt dazu eine Verringerung der Grundlänge des geviertelten, römischen Fußes von nur ca. 86 µm. Dies, bei sonst, unterstellt, identischen Experimentalbedingungen und bezüglich der glatten Werte. Ganz knapp 7,40 Zentimeter Grundlinie ergeben ein zurückgerechnetes, „englische Karlspfund“ von glatten 405 Gramm.
Bei aller, tatsächlich doch schon existenten Genauigkeit: Unter den Bedingungen hochmittelalterlicher Experimente, die damals eher selten stattfanden, ist das wirklich nicht sehr viel. Von der Suche nach anderen, höchst komplizierten, arithmetischen Ableitungen kann daher zu Recht abgesehen werden. (Siehe Ockhams Rasiermesser.)Ableitungen im Deutschen Reich
Auch viele wichtige Gewichte im Deutschen Reich, wie zum Beispiel das Wiener Pfund, die Kölner Mark und das Nürnberger Apothekerpfund sind vom Karlspfund abgeleitet.
So beträgt die Ratio zum Beispiel der Kölner Mark zum Karlspfund genau 576 : 1000.Gewicht Ratio glatte Werte empirisch Abweichung Wiener Pfund 864 : 625 561,842 74944 g 561,288 g [6] - 0,099 % Kölner Pfund 144 : 125 468,202 29120 g 467,6246 g [6] - 0,123 % Karlspfund 1 : 1 406,425 60000 g ( 408,0 g ) (+ 0,387 %) Apothekerpfund 216 : 245 358,318 08000 g 357,84 g - 0,133 % Wiener Mark 432 : 625 280,921 37472 g 280,644 g [6] - 0,099 % Holländische Mark 378 : 625 245,806 20288 g 246,0839 g [6] + 0,113 % Kölner Mark 72 : 125 234,101 14560 g 233,8123 g [6] - 0,123 % Das Karlspfund wiegt übrigens auch genau 500 spätere Goldgrän, bzw. genau 8000 Korngrän. Die relativ große Abweichung des empirischen Karlspfund von knapp 0,4 % – was aber auch noch innerhalb des für alte Gewichte festzustellenden Variationskoeffizienten liegt – bezieht sich auf das spätere, französische, leicht größere Karlspfund. (Siehe oben.)
Die sogenannte Zollvereinsmark wurde 1838 auf 233,8555 g festgesetzt, also nur zirka 0,105 % weniger als der glatte Wert. Kölner und Wiener Mark unterhalten die Ratio 10 : 12.
So haben die maßgeblichen Metrologen des Heiligen Römischen Reiches, über tausend Jahre, das karolingische Pfund in ihren Ableitungen mit hervorragender Präzision bewahrt.Karolingisches Pfenniggewicht
- Hauptartikel: Karolingisches Münzsystem, sowie: Münzen des Mittelalters.
Der Schilling (lat. solidus), ein Zwanzigstel Pfund, war nur eine Rechnungsmünze. Aus einem Pfund Silber wurden aber 240 karoligischen Silberpfennige geprägt.
Bei historischen Längenmaßen liegt der Variationskoeffizient im allgemeinen unter 1/500, was eine Genauigkeit von ± 0,2 % bedeutet. So gelten bei den Längenmaßen z.B. 1/2400 oder 1/4374, also die 7-glatten Ratios 2401 : 2400 und 4375 : 4374, sowie ihre Reziprokwerte nicht als eigentliche Ratios, sondern nur als Kommata. Es handelt sich um das gleiche Maß.
Bei antiken und mittelalterlichen Gewichtsmaßen muss eine Schwankungsbreite von etwa (1,0023 -1 =) 3/500 angesetzt werden. So kann z.B. die Ratio 225 : 224, die bei Längenmaßen ein eigenständiges Maß begründet, (cf. Heraion Fuß vs. römischer Fuß) bei den Gewichten noch als Komma gelten. Als letztes, höheren metrologischen Präzisionsansprüchen gerecht werdendes Komma wird bei mittelalterlichen Gewichten die Ratio 126 : 125, sowie ihr Reziprokwert angesehen.
Zu beachten ist, dass die Variationskoeffizienten dann ab etwa der Renaissancezeit natürlich erheblich kleiner werden. Außerdem muss unterschieden werden, zwischen den eigentlichen und bekannten Werten der Maße selbst und den bei „Massenproduktion“ unweigerlich auftretenden Toleranzen. Damals, rein technisch bedingt, nicht besser als: Denare von 1,6 bis 1,8 g.
(Auch heute, obwohl der Meter auf neun Dezimalstellen genau definiert ist, lässt die moderne, sehr präzise Industrieproduktion Toleranzen von oft sogar mehr als ± 0,5 % zu.)Pfundgewicht Komma Pfenniggewicht Qualifizierung des Münzgewichts „Wasserfuß“ 409,677 0048 g 126 : 125 1,706 98752 g übergewichteter karolingischer Pfennig ~ 297,1 mm etwas schwerer karolingischer Pfennig 408,240 0000 g 225 : 224 1,701 00000 g ~ 296,7 mm gewichteter karolingischer Pfennig 406,425 6000 g 1 : 1 1,693 44000 g ~ 296,3 mm 404,619 2540 g 224 : 225 1,685 91360 g ~ 295,9 mm etwas leichter karolingischer Pfennig 403,200 0000 g 125 : 126 1,680 00000 g ~ 295,5 mm untergewichteter karolingischer Pfennig Tatsächlich gibt es unter den erhaltenen, karolingischen Silberpfennigen sowohl einige übergewichteter, als auch, noch mehr, untergewichteter Exemplare, schon weil Silbermünzen keine – auch damals nicht – geeichten Gewichtssteine für eine Präzisionswaage darstellen. Dazukommend: Zwar blieb das Karlspfund als Gewicht stabil, bekannt und erhalten, trotzdem kam es bald durch leichtere Ausprägungen zur Steigerung des Schlagschatzes zum Rückgang des tatsächlichen Münzgewichts. Das heißt, um ein Karlspfund auf der Waage aufzuwiegen, mussten bald mehr als die theoretischen 240 Denare in die andere Waagschale gelegt werden (cf. Inflation). Später hatten die Pfennige oft nur noch drei Viertel des Sollgewichts.
Vereinfachter Wert des Karlspfundes
- Als bester vereinfachter Wert des Karlspfundes ist wohl nur der Wert 406½ Gramm zu nennen.
Der einzige Nachteil dieses Wertes ist, dass für den Denar mit 1,69375 g, im Wert sich dann doch wieder rechnerisch eine fünfstellige Nachkommazahl ergibt. - Der Wert 405 g, ebenfalls 7-glatt, bedeutet für den Denar rechtsseitige Vierstelligkeit. Im Ergebnis liegt dieser Wert des Karlspfundes dem englischen Gewichtssystem zugrunde.
- Der Wert 406 g ergäbe einen Periodenwert für den Denar. Dieser Wert wird aber dennoch durch die Zollvereinsmark gestützt: 406 × 0,576 = 233,856 Gramm.
- Der Wert 408 g ist sicher nicht falsch, wenn auch etwas hoch. Er ergibt sich praktisch auch als zehn Zwölftel des alten französischen Pfundes.
Außerdem ist dieser Wert der einzige mit nur einer einstelligen Nachkommazahl für den Denar und bleibt somit akzeptabel. - Der Wert (240 × 1,701 =) 408,24 g ist auch ein 7-glatter Wert. Er wird manchmal auf 408,25 g gerundet. Dieser Wert konstituiert eigentlich, tatsächlich auch das obere Limit eines noch korrekten „römischen Wasserfußes“, bzw. besser und klarer: Diese Masse entspricht noch der Süßwassermasse innerhalb einer ins Kubik genommenen römischen Handbreit.
- Der arbiträre Definitionswert von 406,4256 Gramm ist zwar kein dezimal vereinfachter Wert, sondern eben 7-glatt. Als mittlerer Wert stellt er eine moderne Over-all-Rundung aller, auch der später vom Karlspfund abgeleiteten Gewichte dar. 7-glatten Werte behaupten aber nicht, die karolinger Metrologen hätten ihren Pfundwert bis in die zehntel Mikrogrammpräzision bestimmen können, noch dass die Wissenschaft heute den historischen Wert mit ebendieser Präzision feststellen könnte.
Referenzen
- ↑ Captiulare episcoporum, CCVI. datierend vom Frühjahr 793
- ↑ Dr. R. Leng, Universitat Würzburg: Denar Karls des Großen 5. Gewichtspfund und Rechenpfund: „Ein karolingisches Pfund besaß ca. 408 gr.“
- ↑ Computer Support Group: Wassermasssenberechnung
- ↑ Französisches Industrieministerium: 2.4 Die definitiven Standards Sinngemäß: „Ein Kilogramm wiegt 18 827,15 Grän des Markgewichts.“ (Das alte Pfund hatte 9216 Grän.)
- ↑ Da die BSI (British Standards Institution) rein kommerziell geworden ist, hier die identischen, US-amerikanischen NIST (National Institute of Standards and Technology) Werte.
- ↑ a b c d e Meyers Konversationslexikon, 1892 Stichwort: As
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