Katholisches Pfarramt Niederlößnitz

Katholisches Pfarramt Niederlößnitz

Das Katholische Pfarramt steht in der Borstraße 11 im Stadtteil Niederlößnitz der sächsischen Stadt Radebeul. Das Gebäude, welches ursprünglich durch die Baumeister Gebrüder Ziller als große Villa errichtet wurde, steht heute unter Denkmalschutz.[1] Darin befand sich später, bis zum Neubau der Gemeindekirche Christus König auf demselben Grundstück, der Kirchensaal der katholischen Christ-Königs-Kapelle mit einer „bemerkenswerten Ausstattung“[2], insbesondere ein spätgotischer Schnitzaltar sowie ein barockes Altarkruzifix. Vor der Pfarrei steht heute die moderne Kirche Christus König.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Villa

Bei dem als zweigeschossige „römische Villa“[3] entworfenen Gruppenbau handelt es sich um ein großes Haupthaus auf der rechten Seite der Straßenansicht, ein kleines giebelständiges Nebengebäude links davon sowie einen Verbindungsbau dazwischen. Dieses Gebäude liegt am oberen Ende eines großen Eckgrundstücks an der Ecke Borstraße/Zillerstraße, welches sich hangartig die Zillerstraße entlang bis an die tiefer gelegene Meißner Straße erstreckt.

Die Bauten haben ein flaches Walmdach, weit überstehend mit sichtbarem Gebälk, über einem Kniestock beim Haupthaus sowie ein Satteldach mit Giebel beim Nebengebäude. Das große Haupthaus mit fünf Fensterachsen hat symmetrische Haupt- und Nebenansichten. In der Straßenansicht steht ein Söller mit Eisengitter auf Doppelpfeilern, in der Gartenansicht dagegen steht ein dreiachsiger und dreigeschossiger Mittelrisalit mit einem Balkon auf Kragbalken, gegliedert durch Lisenen. Die Gebäudeecken werden durch Quaderungen betont.

Das schmale Nebengebäude hat zwei Fensterachsen, der Verbindungsbau ist zur Gartenseite als Loggia ausgeführt. Die großen Fenster des Verbindungsbaus werden durch Sandsteinpilaster mit einfachen Kapitellen gefasst. In der Mitte befindet sich eine Glastür mit einer Freitreppe, die zu der nach Süden zum Garten vorgelagerten großen Terrasse führt. Die übrigen Fenster werden von profilierten Sandsteingewänden eingerahmt, diejenigen im Obergeschoss weisen Verdachungen und Konsolen auf.

Kapelle

Die Decke der Kapelle im Inneren wurde durch den Kunstmaler Ermenegildo Carlo Donadini, Sohn von Ermenegildo Antonio Donadini, im Stil des Barock ausgemalt. Der Graf Schönburg schenkte der Gemeinde zwei Glasfenster aus dem 15. Jahrhundert, von denen das eine die Apostel Petrus und Paulus zeigt und das andere, welches dreiteilig ist, die Geheimnisse des Rosenkranzes. Leihweise wurde dem neuen Pfarrer Joseph Just zu dessen Lebzeiten der Flügelaltar überlassen, der aus seiner Heimat Wechselburg stammte. Dieser war bis 1860 in der evangelischen Kirche zu Taura bei Burgstädt aufgestellt und wurde der Patronatsherrschaft des Grafen Schönburg überlassen, weil er zu „katholisch“ aussah. Nach einer notwendigen Renovierung war der Flügelaltar dann im Museum der Schlosskirche von Wechselburg aufgestellt gewesen.[4]

Die Barockmalereien wurden bei der Umgestaltung des Altarraums Anfang 1964 entfernt, der einen neuen marmornen Altar erhielt. Zusätzlich wurde eine Taufkapelle eingerichtet, in der der Flügelaltar aufgestellt wurde. Im Jahr 1986 erhielt die Gemeinde eine einmanualige Jehmlich-Orgel.

Geschichte

Römische Villa

Im Jahr 1876 entwarfen die Lößnitz-Baumeister Gebrüder Ziller für den Bauunternehmer Carl Christian Petzold eine große Villa in Form eines Gruppenbaus, stilisiert als „römische Villa“. Die Baugenehmigung erfolgte zwei Jahre später 1878, ebenso die Errichtung durch die Ziller-Brüder.

Später wohnte dort ein Oberhofzeremonienmeister des Deutschen Kaisers, danach der Landtagsabgeordnete König, welcher sie „finanziell nicht behalten konnte“.[4]

Katholische Gemeinde in der Lößnitz

In Folge der Reformation verließ 1537[5] oder 1539[4] der letzte katholische Pfarrer, Dr. Eisenberg, die Lößnitz. Die weiter dort lebenden Katholiken gehörten danach zur Gemeinde der Dresdner Hofkirche und später zur St.-Josephs-Gemeinde in Dresden-Pieschen.

Ab Januar 1926 war durch das Bistum Dresden-Meißen in Kötzschenbroda wieder ein Seelsorgeamt eingerichtet, das neben den Lößnitzgemeinden auch Coswig, Moritzburg und Radeburg betreute. Als erster Pfarrer wurde Joseph Just eingesetzt, der bis dahin Kaplan an der Hofkirche, Leiter der höheren Religionsschule in Dresden sowie Konrektor am St. Benno-Gymnasium Dresden gewesen war.

Im März 1927 wurde in dem ehemaligen Atelierbau des Bildhauers Matthäus Wolfenter auf dem Grundstück der Mietvilla Heinrich Völkel in der nach diesem benannten Heinrichstraße 9 eine provisorische St.-Joseph-Kapelle eingeweiht. Auch der Pfarrer konnte in dieser Mietvilla wohnen.

Die Gemeinde erwarb für einen symbolischen Preis das Winzerhaus Meißner Straße 172 nebst Grundstück, um dort eine Kirche zu errichten. Da der Mieter das Grundstück jedoch nicht verließ, scheiterte der Plan. Später wurde das Winzerhaus zum Jugendheim der Gemeinde ausgebaut.

Pfarramt und Kapelle

Daraufhin konnte das Anwesen in der Borstraße 11 erworben werden. Im Oktober 1927 beantragte das katholische Seelsorgeamt für Kötzschenbroda, auf der nach Süden gelegenen Gartenseite des Haupthauses sowie des Verbindungsbaus eine Kapelle einzurichten. Deren Ausführung erfolgte durch den Kötzschenbrodaer Baumeister Franz Jörissen. Der erste Gottesdienst dort konnte am 4. März 1928 abgehalten werden, die feierliche Benediktion erfolgte durch den Erzpriester Bodenburg. Die weltliche Feier fand vier Tage später im Saal des Gasthofs Goldene Weintraube statt.

Im Jahr 1939 überarbeitete der Architekt Max Czopka die Stilisierung des Gebäudes, dabei wurde sämtliche „Bauzier“[2] entfernt und die Fassade mit einem neuen Glattputz versehen. Die Bauausführung übernahm erneut der Baumeister Jörissen.

Im Jahr 1952 wurde wegen des Anwachsens der Gemeinde auf der linken Seite der Straßenansicht eine gebrauchte Fertigteilbaracke vor dem Nebengebäude als Seitenkapelle aufgestellt.

Anfang 1964 wurde der Altarraum umgestaltet und durch eine Taufkapelle ergänzt. Während die Kapelle einen neuen Altar erhielt, kam der Flügelaltar in die Taufkapelle. Im Jahr 1986 erhielt die Gemeinde eine einmanualige Jehmlich-Orgel.

Gemeindekirche Christus König

Um für die wachsende Gemeinde eine Kirche bauen zu können, wurde 1997/1998 unter acht eingeladenen Architekturbüros ein Wettbewerb durchgeführt. Anhand ihres Siegesbeitrags errichtete das Stuttgarter Büro Behnisch & Partner auf dem Grundstück Borstraße 11, zwischen Nebengebäude und Straße sowie an Stelle der dort stehenden Fertigteilbaracke, die neue Katholische Gemeindekirche Christus König, ein außergewöhnliches Gebäudes über einem gleichseitigen, dreieckigem Grundriss und mit gläsernen Wänden. Dieses wurde am 25. November 2001 geweiht. Zum Einzugsbereich der katholischen Pfarrei gehört heute auch die Nachbargemeinde Friedewald.

Am 21. November 2001 erfolgte der letzte Gottesdienst in der Kapelle des Pfarramtsgebäudes. Am 25. November 2001, Christkönigsfest jenes Jahres und gleichzeitig 75ster Jahrtag der Wiedererrichtung der katholischen Pfarrei in der Lößnitz, wurde die neue Gemeindekirche Christus König durch Bischof Joachim Reinelt geweiht.

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 978-3-938460-05-4. 
  • Thilo Hänsel, Markus Hänsel: Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. Architekturbetrachtungen. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, ISBN 978-3-940200-22-8. 
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen].. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Reiner Tischendorf: Die liturgischen Gegenstände der Katholischen Pfarrei Christus König, Radebeul. 2000. Abgerufen am 26. März 2009. (PDF)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 6. Abgerufen am 26. März 2009. (PDF)
  2. a b Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. [Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen].. SAX-Verlag, Beucha 2007, S. 85. 
  3. Thilo Hänsel, Markus Hänsel: Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. Architekturbetrachtungen. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, S. 54–55. 
  4. a b c Aus der Geschichte der Pfarrei „Christus König“ Radebeul. In: Internetseite. Katholische Pfarrei Christus König Radebeul. Abgerufen am 26. März 2009.
  5. Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, S. 102. 

51.10638888888913.6526388888897Koordinaten: 51° 6′ 23″ N, 13° 39′ 10″ O


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