- Ketzer
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Das Wort Ketzer stammt von ital. gazzari, das seinerseits auf lat. cathari beruht, und wurde bereits vor dem 13. Jahrhundert ins Deutsche übernommen. Es bezeichnete im Lateinischen und Italienischen ursprünglich die Anhänger des hauptsächlich in Südfrankreich und Oberitalien verbreiteten Katharismus. Wie ansatzweise auch schon im Italienischen wurde es dann im Deutschen als abwertender Ausdruck in der erweiterten allgemeinen Bedeutung „Irrgläubiger“, „Irrlehrer“ für alle Arten von Häresie im kirchlichen Verständnis gebraucht, von Katholiken ebenso wie seit der Reformation dann auch von Protestanten.
Die Herkunft des Wortes vom Namen der Katharer war dabei schon im lateinischen Mittelalter nicht immer bewusst oder wurde durch Volksetymologien überlagert: Schon lat. cathari („Katharer“) wurde zuweilen mit cattus („Katze“) in Zusammenhang gebracht, später dann auch dt. „Ketzer“ mit „Katze“ - und dieser Zusammenhang dann mit dem angeblichen Ritual, eine Katze als Tier des Teufels auf den Hintern (ein derartiges Ritual, bekannt als osculum infame, wird beschrieben in: Vox in Rama) zu küssen (quia osculantur posteriora cati, in cujus specie ut dicunt apparet eis Lucifer, Alanus ab Insulis), oder mit der „katzenhaft“ falschen Art der Ketzer (von so heizet der ketzer ein ketzer, daz er deheinem kunder so wol glîchet mit siner wise sam der katzen, Berthold von Regensburg) erklärt.
Die in der Beziehung des Wortes auf religiöse Häresien wesentliche Vorstellung von deren „Verfälschung“ der kirchlichen Lehre bot im Spätmittelalter die Voraussetzung dafür, das Wort auch auf andere, nicht-doktrinäre Verbrechen oder Abweichungen zu übertragen: auf das Fälschen von Metallen („ketzern“, vgl. „Katzengold“ für Pyrit), und auf die kirchlich als „Verfälschung“ (Pervertierung) gottgegebener Natur gedeutete Homosexualität und Päderastie („Ketzerbube“).
Seit der frühen Neuzeit wird „Ketzerei“, „ketzerisch“ in übertragener Bedeutung dann auch für jede Art von intellektueller Dissidenz oder Opposition gegen eine herrschende Lehre oder Konvention ohne besonderen Bezug zur kirchlichen und religiösen Sphäre gebraucht, ebenso „verketzern“ in der Bedeutung „zum Ketzer erklären“, „für Ketzerei erklären“.
Wegen der abwertenden Bedeutung von „Ketzer“, „Ketzerei“ im kirchlichen Sprachgebrauch wird das Wort heute in wissenschaftlicher Fachsprache zugunsten der neutraler wirkenden Fremdwörter „Häretiker“, „Häresie“ vermieden, besonders bei der Beschreibung vormittelalterlicher Häresien war es wegen seines mittelalterlichen Gepräges auch schon in der älteren Fachliteratur vermieden worden.
Weblinks
Wiktionary: Ketzer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenLiteratur
- Malcolm Lambert: Häresie im Mittelalter. Von den Katharern bis zu den Hussiten, Darmstadt 2001 ISBN 978-3534147175.
- Fichtenau, Heinrich: Ketzer und Professoren: Häresie und Vernunftglaube im Hochmittelalter, München: Beck, 1992 ISBN 3-406-36458-6.
- Borst, Arno: Die Katharer, Freiburg im Breisgau: Herder, 1991 ISBN 3-451-04025-5.
- Koch, Gottfried: Frauenfrage und Ketzertum im Mittelalter, Akademie-Verlag, Berlin 1962.
- Werner, Ernst/Erbstößer, Martin, Kleriker, Mönche, Ketzer. Das religiöse Leben im Hochmittelalter, Herder Spektrum, Freiburg, Basel, Wien 1994.
Kategorie:- Häresiegeschichte (Mittelalter)
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