Kloster Rot

Kloster Rot
Die "Ökonomie" in Rot, das Wirtschaftsgebäude des Klosters
Malerei an der „Ökonomie“

Das Kloster Rot an der Rot (auch Roth, Münchroth oder Mönchroth) in Rot an der Rot im Landkreis Biberach war das erste Prämonstratenserkloster in Oberschwaben. Dieses ehemalige Prämonstratenser-Reichsstift, das ursprünglich Mönchsroth benannt war, erstreckt sich als imponierende Baugruppe auf einem Höhenrücken zwischen Rot- und Haslachtal. Das Ensemble aus Klosterkirche St. Verena, der Heiligen Verena geweiht, und schlossartigen Konventsgebäuden wird in pittoresker Weise von zahlreichen Türmen geschmückt und zählt als bedeutende Station zur Oberschwäbischen Barockstraße. Neben der einsamen Lage, in der sich das Kloster unvermittelt erhebt, beeindruckt Rot durch zahlreiche klösterliche Nutzgebäude - von der Toranlage bis zum Ökonomiehof - und deren vortrefflichen Erhaltungszustand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Erwähnung des Ortes (um 1100)

Die Ortschaft „Rota“ wird erstmals um 1100 in einer Schenkung des Adelbert von Wolfertschwenden an das Kloster Ochsenhausen erwähnt. Zusammen mit Kirche und Wirtshaus bildete das Dorf damals wohl den Mittelpunkt einer Grundherrschaft.

Klostergründung (12. Jh.)

Pfarrkirche St. Verena
Pfarrkirche St. Verena
Klosteransicht
Klostergebäude
Oberes Tor
Unteres Tor

Die Klostergründung erfolgte der örtlichen Überlieferung zufolge 1126 durch Hemma von Wildenberg unter Mithilfe durch den heiligen Norbert von Xanten. Die Jahrbücher des niederbayerischen Prämonstratenserstifts Osterhofen-Altenmarkt bestätigen diese Jahreszahl, doch die persönliche Beteiligung des Gründers des Prämonstratenserordens kann nicht nachgewiesen werden. Das Kloster wurde von französischen Prämonstratenserchorherren besiedelt. Vermutlich von Anfang an war es dem Papst direkt unterstellt und keinem Vogt untergeben. Schon bald nach 1126 wurde dem Konvent in Rot ein Frauenkloster angeschlossen, eine Besonderheit des Prämonstratenserordens, um den Klosterfrauen durch die Nachbarschaft des Männerklosters Schutz und Seelsorge zu gewährleisten.

Der erste Vorsteher des Klosters, Propst Burkhard, wurde wohl von Bischof Norbert aus dem Stammkloster Premontre bei Laon in Nordfrankreich zusammen mit zwölf Mönchen nach Rot geholt. Er wirkte in Rot bis zu seinem Tod 1140 so erfolgreich, dass 1137 auf Bitten des Bischofs Reginbert von Brixen die erste Tochtergründung in Wilten bei Innsbruck erfolgen konnte. Sein Nachfolger Abt Ottino (1140-1182) führte das Kloster mit einem 200 Mönche umfassenden Konvent zur ersten Blüte und vergrößerte den Einfluss des Stifts durch weitere Tochtergründungen: 1145 Weißenau bei Ravensburg, Schussenried und 1147 Steingaden bei Füssen, 1152 Kaiserslautern und 1171 Kloster Marchtal bei Ehingen.

1179 nahm Friedrich Barbarossa das Kloster in seine Vogtei. Durch dieses Privileg wurde es unter unmittelbaren kaiserlichen Schutz gestellt und damit der Grundstein für die spätere Reichsunmittelbarkeit des Klosters gelegt.

Ein verheerender Brand im Kloster vernichtete 1182 den Stiftungsbrief sowie die päpstlichen und kaiserlichen Privilegien. Eine Bulle von Papst Lucius III. ersetzte noch im selben Jahr die verlorenen Dokumente und bezeichnet Hemma von Wildenberg mit zwei ihrer männlichen Verwandten als Stifter des Klosters.

Das Dorf Rot befand sich als Sitz der Verwaltung und Mittelpunkt des Pfarrsprengels um 1182 ganz im Besitz der Prämonstratenser und wurde in einen Eigenbetrieb des Klosters umgewandelt. Durch Schenkungen und Grunderwerb konnte der Klosterbesitz bedeutend erweitert und zu einem geschlossenen Kerngebiet um Rot und Haslach ausgebaut werden. Die Inkorporation von Pfarreien sicherte daneben immer wieder die wirtschaftliche Versorgung.

Niedergang und Erhebung zum Reichsstift (14. Jh.)

Nach der großen Pestepidemie von 1348 traten vermehrt Männer aus Bürgertum und Bauernstand in das Kloster ein, die keine großen Güter mehr einbrachten. Missernten, Brände und Kriege beschleunigten den Niedergang, bis 1391 nur noch drei Mönche verzeichnet wurden. Und das obwohl das Kloster 1376 zum Reichsstift erhoben wurde und damit reichsunmittelbar war. Der Abt war dadurch außerdem Mitglied des Schwäbischen Reichsprälatenkollegiums im Reichsfürstenrat des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.

Neuaufschwung und Bauernkrieg (15./16. Jh.)

Nachdem der Abt von Weißenau schließlich die Verwaltung des heruntergekommenen Stifts übernommen hatte, wurde 1407 der Truchsess Johann von Waldburg zu seinem Verwalter bestellt. Der erneute Aufschwung setzte unter Abt Martin Hesser (1420-1457) aus Obermarchtal ein, der auch als zweiter Gründer von Rot bezeichnet wird und die Wiederherstellung des geistlichen Lebens im Kloster, den Rückerwerb des verpfändeten und verkauften Besitzes sowie den Wiederaufbau der Klausurgebäude (ab 1441) energisch vorantrieb.

Seit 1458 besaß Rot das einträgliche Vorrecht, die inkorporierten Pfarreien mit Klostergeistlichen zu besetzen.

Nach Plünderungen im Bauernkrieg 1525 und im Schmalkaldischen Krieg 1546 erfolgte erneut der rasche Niedergang, dem jedoch durch die umsichtigen Reformen des Abtes Martin Ehrmann (1560-1589) begegnet werden konnte.

Hochgerichtsbarkeit und Dreißigjähriger Krieg (17. Jh.)

Die Verpfändung der Hochgerichtsbarkeit an das Kloster Rot im Jahr 1616 (1619?) durch Erzherzog Leopold von Tirol festigte die reichsunmittelbare Stellung der Abtei, die neben Privilegien aber auch Kosten für Reichspolitik und Verwaltung mit sich brachte.

In den Wirren des Dreißigjährigen Kriegs wurde Mönchsrot, das bei einer Visitation 1601 noch als im besten Stand befunden worden war, mehr als zweihundertmal geplündert. Nach der Wiederaufbauphase bemühte sich Abt Martin Ertle (1672-1711) um die religiöse Bildung der Kleriker, verstand es jedoch auch, eine kluge Wirtschaftspolitik zu betreiben. 1681 traf erneut ein schwerer Schicksalsschlag das Kloster, als nach drei kleineren Bränden am 6. Mai nahezu die ganze Abtei durch einen verheerenden Großbrand vernichtet wurde.

Zerstörung und Wiederaufbau

Stuhl der Abtes

Der Dreißigjährige Krieg zerstörte Teile der Klosteranlage. 1681 wurde schließlich die gesamte Klosteranlage durch Brandstiftung vernichtet.

1681-1698 errichtete man daher die größtenteils heute noch bestehende prachtvolle barocke Klosteranlage neu.

Die heutige Klosteranlage wird von der hochgestellten frühklassizistischen Klosterkirche St. Verena überragt. 1777-1786 wurde sie neu erbaut und ausgestattet, da der damalige Abt Mauritius Moritz gegen den Willen des Konvents mit dem Abbruch hatte beginnen lassen. 1777-1779 wurde der Ostteil durch Baumeister Johann Baptist Laub errichtet, doch zum wirklichen Neubau kam es erst unter Abt Willebold Held (1782-1789). Nach der Grundsteinlegung 1783 erfolgten die Arbeiten zum Teil in mühevoller Eigenleistung der Chorherren. Die Innenausstattung stammt von den Malern Andreas Meinrad von Ow und Januarius Zick; die Stuckarbeiten führte Franz Xaver Feuchtmayer aus. Die Orgel stammt von Johann Nepomuk Holzhey. An die Kirche schließt die barocke Klosteranlage an, deren viele Türmchen der ehemaligen Klosteranlage den Beinamen „Oberschwäbischer Kreml“ eingetragen haben. Am Fuß des Klosterhügels liegt die quadratisch erhaltene Ökonomie, sie beherbergt heute das Rathaus.

Der letzte Abt der Reichsabtei war von 1789 bis 1803 Nikolaus Betscher, dessen kirchenmusikalische Kompositionen an seine Zeitgenossen Haydn und Mozart erinnern. Nachdem sie längere Zeit in Vergessenheit geraten waren, werden sie heute, nicht zuletzt durch die Initiative des "Kulturforums Rot an der Rot" wieder vermehrt aufgeführt.

Säkularisation bis Heute

Ehemaliger Stadtklosterhof in Memmingen

1803 wurde das Kloster entsprechend dem Reichsdeputationshauptschluss säkularisiert, und die Mönche mussten die Anlage verlassen. Den Besitz, 13 Dörfer und Weiler, übernahmen zunächst die Grafen von Wartenberg im Tausch gegen ihre linksrheinische Grafschaft in der Pfalz, ging aber bald an die Grafen Erbach-Erbach über. Und bereits ab 1806 gehörten Kloster und Ort zum Königreich Württemberg. 1947 kehrten Prämonstratenserchorherren nach Rot zurück, 1950 kam eine neu gegründete Gemeinschaft der Norbertus-Schwestern hinzu. 1959 verließen die Chorherren Rot wieder und besiedelten die Abtei Hamborn in Duisburg. Der Schwesterkonvent in Rot blieb bestehen. 1959 erwarb die Diözese Rottenburg-Stuttgart die Klostergebäude und richtete 1960 darin ihr „Jugend- und Bildungshaus St. Norbert“.

Würdigung

Chorgestühl und Orgel in St. Verena

Rot an der Rot vermittelt durch seine bei den bedeutenden Kirchenbauten und die imposante Klosteranlage bis heute den Eindruck einer Sakrallandschaft, die inspiriert vom Geist barocker Frömmigkeit von den Prämonstratensern kultiviert wurde. St. Verena ist der letzte große Klosterkirchenbau in Schwaben, die der Orden vielleicht schon gegen die Zeichen der Zeit und auf Grund der "Initiative" des Abtes Mauritius Moritz von 1777-1786 errichtete. Das Gotteshaus kennzeichnet in der Gesamtanlage wie auch im architektonischen Detail der Übergangsstil vom Barock zum Klassizismus. Den edlen Gesamteindruck des Innenraums vervollkommnen die Fresken (1784) von Januarius Zick, dessen bedeutendes Werk ebenfalls im Spannungsfeld dieser bei den Kunstrichtungen entstand, sowie die prachtvolle Altarausstattung (1784-1786) von Franz Xaver Feichtmayr. Neben dem kostbaren Chorgestühl (1693) von Andreas Etschmann zählt vor allem die historische Orgel (1785-1792) von Johann Nepomuk Holzhey zu den herausragenden Schätzen dieses Gotteshauses. Der zweite Kirchenbau der Verenagemeinde erhebt sich an der Stelle des ehemaligen Frauenklosters der Prämonstratenser. Die Bruderschaftskirche St. Johann (1734-1741) ist als einzige erhaltene Kirche dieser Art ein beeindruckendes Denkmal oberschwäbischer Volksfrömmigkeit, das von der Jesuitentheologie des 18. Jh. im Zeichen der Gegenreformation geprägt wurde. Das Rokoko-Kleinod diente der Rosenkranzbruderschaft als Gotteshaus und wird im Inneren in seiner einheitlichen Ausstattung völlig von der Ikonographie der Gottesmutter und des Rosenkranzes bestimmt.

Literatur

  • Hermann Tüchle, Adolf Schahl: 850 Jahre Rot an der Rot. Geschichte und Gestalt. Neue Beiträge zur Kirchen- und Kunstgeschichte der Prämonstratenser-Reichsabtei. Thorbecke, Sigmaringen 1976, ISBN 3-7995-4012-1

Weblinks

48.0147210.030367Koordinaten: 48° 0′ 53″ N, 10° 1′ 49″ O


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