- Klumpfuss
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Unter Klumpfuß (Pes equinovarus, früher auch Pes varus genannt) versteht man eine im Folgenden erläuterte Fußfehlstellung. Neben der häufigsten, der angeborenen Form gibt es auch erworbene Formen, zumeist durch Störung der Nervenversorgung, der sogenannte neurogene Klumpfuß.
Der angeborene Klumpfuß (kongenitaler Pes equinovarus adductus et supinatus) zählt zur Gruppe der Extremitätenfehlbildungen und ist eine Kombination aus verschiedenen Deformitäten am Fuß, meist einhergehend mit einer Einwärtsverdrehung (Supination) des Fußes (Fußsohle zeigt nach innen) und Anomalien der Unterschenkelmuskulatur. In der Regel kommen dabei mehrere Fehlstellungen zusammen:
- die genannte Supinations- oder Varus-Stellung des Rückfußes (Pes varus)
- Sichelfußstellung des Vorfußes (Pes adductus)
- Spitzfuß (Pes equinus)
- Anspreizfuß (Pes supinatus)
- Hohlfuß (Pes excavatus)
Damit verbunden ist eine Verkürzung der Achillessehne. Die Therapie muss sobald wie möglich nach der Geburt begonnen werden. Auch bei frühzeitigem Beginn ist die Behandlung aber oft schwierig und langwierig.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Ein Klumpfuß kann angeboren oder erworben sein. Durchschnittlich kommt etwa eines von 1.000 Kindern mit dieser Besonderheit zur Welt, wobei Jungen doppelt so häufig betroffen sind wie Mädchen. Die Ursache des angeborenen Klumpfußes ist nicht endgültig geklärt. In Frage kommen:
- ungünstige Lage des Embryo in der Gebärmutter
- Amniotisches-Band-Syndrom
- starke und vergleichsweise lang bestehende Verminderung der Fruchtwassermenge (Oligohydramnion)
- Begleiterscheinung bei Neuralrohrfehlbildungen als Folge einer Lähmung der Muskulatur des Unterschenkels
Ursache für den erworbenen Klumpfuß ist die Schwächung der M. fibularis longus + brevis, welche von dem N. fibularis superficialis innerviert werden.
Krankheitsbild
Die klumpige Form weist beim angeborenen Klumpfuß folgendes Bild auf:
- Spitzfuß: Plantarflexion im oberen Sprunggelenk
- Supination des Rückfußes stärker als des Vorfußes
- Adduktion des Vorfußes
Entwicklungsstörung im unteren Teil des Rückenmarkes, daher Schwächung der Wadenmuskulatur (M. gastrocnemius) und Übergewicht des hinteren Schienbeinmuskels (M. tibialis posterior); weiterhin eine Verkürzung der lateralen Bänder zwischen Wadenbein (Fibula) und Sprungbein (Talus) bzw. Fersenbein (Kalkaneus): Diese Bänder verhindern das Nachvorne-Wandern der Fibula gegenüber dem Talus bei der Dorsalextension, sodass eine zunehmende Spitzfußstellung entsteht.
Im lateralem Röntgenbild des Säuglings ist unter anderem ein talocalcanealer Winkel von weniger als 30° typisch.
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach Ätiologie und Schweregrad der Deformität. Frühtherapie ist wichtig.
Operativ
Im Alter von drei Monaten sollte eine operative Korrektur aller konservativ nicht redressierbaren Strukturen erfolgen. Dieses Alter wird heute allgemein als idealer Zeitpunkt angesehen. Die Operation besteht in einer Verlängerung der Achillessehne, einem so genannten ausgedehnten „posterior release“, weiterhin wird hier die Aufrichtung zwischen Talus und Calcaneus korrigiert.
Bei Subluxation des Os naviculare muss außerdem ein „medial release“ mit Durchtrennung der Ligamente zwischen Talus, Naviculare sowie Os cuneiforme mediale, Reposition des Os naviculare und evtl. Verlängerung der Sehne des M. tibialis posterior erfolgen. Ziel der Operation ist die möglichst vollständige Reposition aller Komponenten.
Konservativ
Klumpfußgips: für die Modellierung ist der klassische Gips den modernen Kunststoffen überlegen. Man legt beim Klumpfuß grundsätzlich Ober- und nicht Unterschenkelgipse an, da einerseits eine bessere Redression des Fußes nach außen möglich ist, andererseits der Unterschenkelgips (v. a. mit dem bestehenden Spitzfuß) leicht nach unten rutscht und dann Druckstellen verursacht. Damit der Fuß als Ganzes gegenüber dem Oberschenkel nach außen redressiert werden kann, muss das Kniegelenk um mindestens 60° gebeugt sein. Hier bei wird die Spitzfußstellung erstmal beibehalten. Die endgültige Korrektur des Spitzfußes erfolgt meist durch Verlängerung der Sehne des M. tibialis posterior.
Klumpfußbehandlung nach Ponseti
In den letzten Jahren hat die Redressionstherapie nach Ignacio Ponseti sehr gute Ergebnisse bei der Behandlung des Klumpfußes aufgezeigt. Die Behandlung nach Ponseti sieht eine spezielle manuelle Redression mit schrittweiser Korrektur nach anatomischen Gesichtspunkten vor. In der Regel kann nach drei bis acht Gipsen eine komplette Korrektur ohne Operation erreicht werden.
Nach Abschluss der Gipsredression erfolgt für drei Monate die Anlage einer speziellen Schiene, die ganztägig, nach Ablauf der drei Monate nur noch nachts, bis zum Alter von 4 Jahren getragen werden muss. Diese Phase ist für den Therapieerfolg absolut notwendig und es muss den Eltern die konsequente Anlage der Schiene vermittelt werden. Die nach dieser Methode behandelten Kinder akzeptieren in der Regel ohne Probleme das Tragen der erwähnten Schiene. Nach Ponseti behandelte Klumpfüße benötigen keine Krankengymnastik.
In Amerika und mittlerweile auch in Europa findet die Ponseti-Methode großen Zulauf und aktuelle Studien belegen, dass sie mindestens ebenso erfolgreich wie andere Therapiekonzepte ist, dies aber ohne aufwändige Operation, wodurch mögliche operative Spätfolgen vermieden werden können. Derzeit (Stand Juni 2005) gibt es in ganz Europa bisher nur eine Handvoll Ärzte, die nach dieser Methode korrekt therapieren können. Die Ponseti Methode wird seit geraumer Zeit von den Krankenkassen als valide Behandlungsmethode akzeptiert.
Klumpfußbehandlung "dreidimensionale, manuelle Fußtherapie" nach Zukunft-Huber
Seit 1992 wird in Deutschland konservativ ohne Gipsbehandlung mit manuellen Manipulationsgriffen und einer funktionellen Fußbinde behandelt. Dabei wird nach vier unterschiedlichen Graden unterschieden. Die Schwierigkeitsgrade 1 und 2 können ohne operativen Eingriff behandelt werden. Bei Grad drei sind zum Teil operative Eingriffe erforderlich, bei Grad vier immer.
Einlagen
Korrektur im 3-Punkt Korrektursystem:
- Ferse medial
- Würfelbein Basis Metatarsale V
- Kopf Metatarsale 1 und Großzehe
Wichtig:
Je physiologischer die Korrekturabdrücke angepasst werden, desto besser ist die Korrekturmöglichkeit. Nach der Anpassung des Hilfsmittels ist eine nochmalige Kontrolle der Gesamtstellung notwendig.
Anti-Varus-Schuh
Der Anti-Varus-Schuh ist medial enger als ein normaler Schuh und korrigiert dadurch die Abduktion (Abduktions-Stellung des Schuhs zwischen Schuhgelenk und Vorderkappen-Korrekturstellung gegen pes adductus).
Charakteristik des Anti-Varus-Schuh:
- Fersenversteifung
- pronierende Fußlagerung
- leichte Flügelabsätze
Fixierende und funktionelle Orthesen
Richtlinien
Besteht neben der Klumpfußdeformität eine Innenkreiselung im Unterschenkel, muss der Oberschenkel in die Korrektur miteinbezogen werden.
Modellabnahme
Modellabnahme in absolut bestmöglicher Korrekturstellung des Fußes sollte bei Anpassung von Orthesen, Nachtschienen und Einlagen zur Beurteilung der Korrekturmöglichkeit unbedingt eingehalten werden.
Ausführung der Orthese
Möglichst aus einem leicht flexiblen Material z. B. Ortholen, Vitrathen oder Polyethylen. Diese Materialien erlauben dem Fuß leichte Mikro-Bewegungen und schaffen gleichzeitig eine bessere Verträglichkeit der Korrektur. Als Innenmaterial empfiehlt sich Plastazot; dieses führt allerdings häufig bei Kindern, die unter einem halben Jahr alt sind, zu einer massiven Hautirritation. Deshalb empfiehlt es sich bei solchen Kindern eine Rehleder- oder Frotteefütterung. Die Verschlüsse zu Fixierung des Beines in der Orthese müssen immer gut gepolstert und vor allem breit genug sein, ansonsten könnte der Lymph- und Blutkreislauf beeinträchtigt werden.
Es stehen konstruktiv verschiedene Orthesen zu Verfügung. Es gibt welche mit:
- plantaren Gelenk
- Extensions-Flexions-Gelenk im oberen Sprunggelenk
- Supinations-Pronations-Gelenk
- Abduktions-Adduktions-Gelenk im Vorfuß
- Korrekturzügen
- Unterschenkel-Schale (Schiene)
- Ober-Unterschenkel-Schale (Schiene),
wobei die häufigste Verordnung die Ober-Unterschenkelschiene ist. Die Ober-Unterschenkelschiene eignet sich vor allem bei kleinen Kindern zur Retention. Das Kniegelenk muss in der Schiene immer flektiert sein, damit der Fuß in Richtung Abduktion gehalten werden kann. Die Schiene wird meistens nur in der Nacht angelegt, da die Kinder hier am stärksten wachsen. Die Abduktionsstellung des Vorfußes wird meist durch die Muskulatur aktiv aufrecht erhalten, da die verkürzte mediale Muskulatur (M. tibialis anterior und posterior, aber auch M. adductur hallucis) gegenüber der lateralen Muskelgruppe (v. a. M. peronaei) überaktiv ist.
Korrektur-Prinzipien
Fuß – Bein:
- Bei gebeugtem Knie etwa 70° Bis 90° (schwere Fälle 90°, Leichte 70°)
- Redression des Fußes in maximaler Pronation und Abduktion.
Ziel ist die anatomische Position im Vor-, Mittel- und Rückfuß zu erreichen und die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk zu ermöglichen, sodass bei optimaler Versorgung, außer den Narben und der Wadenatrophie der betroffenen Extremität keine Deformität mehr festzustellen ist.
Historisches
Die Redressionsbehandlung des Klumpfußes wurde schon durch Hippokrates (370 v. Chr.) sehr genau beschrieben. Er schildert auch das Anlegen von Verbänden und redressierenden Schuhen.
Literatur
- G. Ulrich Exner et al: Klumpfuß. Pathoanatomie. Manuell-funktionelle und operative Behandlung. Steinkopff Verlag, Darmstadt 2005
- B. Zukunft-Huber: Der kleine Fuß ganz groß", Dreidimensionale manuelle Fußtherapie bei kindlichen Fußfehlstellungen; Urban und Fischer Verlag, München 2005, ISBN 3-437-47990-3
- H. Lippert: Lehrbuch der Anatomie; Urban und Fischer Verlag, München 2006, ISBN 3-437-42362-2
Weblinks
- Leitlinien der DGOOC und BVO zum Thema kongenitaler Klumpfuß
- Patienteninformation der Universität Marburg zur Ponseti-Methode mit zahlreichen Bildern
- Beschreibung der Behandlung des kongenitalen Klumpfußes von Dr. Ignacio V. Ponseti, Abteilung für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Universitätsklinik Iowa, USA (Deutsch)
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