Kollisionsregeln

Kollisionsregeln

Kollisionsregeln klären im Bereich des Rechts in Fällen, in denen auf denselben Lebenssachverhalt verschiedene Rechtsnormen (Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge usw.) anwendbar sein könnten, welche der Rechtsnormen anwendbar ist und ggf. widersprechende Rechtsnormen verdrängt. Regelmäßig können auf bestimmte Sachverhalte unterschiedlichste Rechtsnormen Anwendung finden, die sich hinsichtlich ihrer regionalen Herkunft, ihrer Rangordnung oder ihrer zeitlichen Entstehung unterscheiden.

Klassische Kollisionsregeln

  • "Lex specialis derogat legi generali." Das besondere Recht verdrängt das allgemeine. Also geht die speziellere Norm der generellen vor.
    • Beispiel: §§ 107, 110 BGB. Der "Taschengeldparagraph", § 110 BGB ist eine besondere Vorschrift der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (hier wird nur die Einwilligung bei Taschengeld beschrieben), wohingegen der § 107 BGB die allgemeine Vorschrift ist über Einwilligungen der gesetzlichen Vertreter bei beschränkt Geschäftsfähigen im Rechtsverkehr (gilt für alle Rechtsgeschäfte, die durch § 110 eben nicht gedeckt sind). Bei der juristischen Prüfung ist also hier der § 110 dem § 107 BGB vorzuziehen.
    • Hinweis: Auch das BGB oder StGB ist von der Systematik her nach diesem Prinzip gestaltet: So gliedert sich das BGB in fünf Bücher, wovon das erste der sog. "Allgemeine Teil" ist. Die weiteren vier Bücher (Schuld-, Sachen-, Familien- und Erbrecht) sind die "besonderen Teile". Dabei untergliedern diese sich (z.B. das Schuldrecht) teilweise wieder in einen Allgemeinen Teil und Besonderen Teil. Besonders deutlich wird dies beim StGB. Im Besonderen Teil werden die einzelnen Straftatbestände beschrieben und deren Strafmaß (ggf. Sonderregeln). Im allgemeinen Teil werden Grundsätze wie "Strafbarkeit des Versuchs", die prinzipiell für alle Straftatbestände gelten, beschrieben.
  • "Lex posterior derogat legi priori." Das spätere Gesetz verdrängt das frühere. Also geht die neuere Norm der älteren vor.
    • Beispiel: Art. 72 III 3 GG n.F.: "Auf den Gebieten des Satzes 1 [sog. Abweichungsbefugnis der Länder] geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor."
  • "Lex superior derogat legi inferiori." Das höherrangige Gesetz verdrängt das niederrangige. Also geht die Norm auf der höheren Stufe der Normenhierarchie der nachrangigen vor.

Moderne Kollisionsprobleme

Komplizierte und vor allem durch das Internationale Privatrecht (IPR) und zwischenstaatliche Vereinbarungen (etwa im Steuerrecht: Doppelbesteuerungsabkommen) teilweise sehr detailliert geregelte Kollisionsnormen gelten in Fällen mit Auslandsberührung. Eine solche Kollisionsnorm des IPR legt fest, welche Rechtsordnung auf einen Sachverhalt mit Auslandsberührung angewendet wird.

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