Kontinentalblockade

Kontinentalblockade

Die Kontinentalsperre (franz.blocus continental“ oder engl.continental system“) war eine von Napoleon am 21. November 1806 in Berlin verfügte Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln, die bis 1814 in Kraft blieb. Sie sollte England mit den Mitteln des Wirtschaftskrieges in die Knie zwingen. Darüber hinaus sollte das Maßnahmenbündel mit der Bezeichnung „Kontinentalsperre“ die französische Wirtschaft gegen jegliche europäische und transatlantische Konkurrenz schützen.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Die Kontinentalsperre war Napoleons Antwort auf eine vorausgegangene Seeblockade der französischen Küste durch Großbritannien. Darum war es schwierig für Napoleon, seinen Kontinent vor dem Handel zu sichern. Die eigentliche Veranlassung ergab sich jedoch aus der Niederlage Napoleons in der Seeschlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805, in deren Folge Napoleon Annexionspläne in Großbritannien fallen ließ und die künftige Konfrontation auf den Kontinent verlegte. Um den Handel Englands mit dem Kontinent völlig zu unterbinden, untersagte Napoleon den Handel mit Waren von und nach den britischen Inseln. Britische Waren in den von Frankreich beherrschten Gebieten wurden beschlagnahmt, britische Händler auf dem Kontinent polizeilich verfolgt. Gegen Ende 1807 weitete Napoleon die Kontinentalsperre auch auf die neutrale Schifffahrt aus. Weitere graduelle Verschärfungen folgten. Mit dem Dekret von Trianon am 5. August 1810 ließ Napoleon einen 50%igen Zoll auf sämtliche Importprodukte ungeachtet ihres Ursprungs erheben.

Das protektionistische System Napoleons fügte dem englischen Handel letztlich keinen entscheidenden Schaden zu, und noch weniger wurde die englische Krone durch die Maßnahme geschwächt. England erschloss neue Absatzmärkte, insbesondere in Nordamerika. Schaden litt dagegen die Wirtschaft Frankreichs, vor allem aber der von ihm abhängigen Staaten. Nur Teile der einheimischen Wirtschaft erlebten den erwünschten Aufschwung, vor allem die Textilindustrie, besonders das Seidengewerbe. Die deutsche Textilindustrie im (seit 1801 französischen) Rheinland und teilweise auch in Sachsen profitierte zwar ebenfalls von der Ausschaltung der englischen Konkurrenz. Aufgrund des abrupten Wegfalls des staatlichen Protektionismus nach 1813 waren diese Gewerbebereiche allerdings fortan einem starken ökonomischen Anpassungsdruck ausgesetzt, zumal sie in technischer Hinsicht gegenüber den Produktionsverhältnissen in England im Rückstand waren.

Politische Karte 1812: Kaiserreich Frankreich an Nord- und Ostsee

Eine weitere Kehrseite der Blockadepolitik war das Aufblühen des Schmuggels. Im Handelskrieg mit England versuchte Napoléon Bonaparte daher soviel wie möglich von den Küstengebieten in seine mittelbare oder unmittelbare Herrschaft zu bekommen. Im Vertrag zwischen Holland und Frankreich vom 16. März 1810 musste ersteres ganz Seeland mit der Insel Schouwen, Brabant und Geldern auf dem linken Ufer der Waal abtreten. Am 1. Juli 1810 wurde der König von Holland, Ludwig Bonaparte, zur Niederlegung seiner Krone gedrängt, was anschließend durch das Dekret vom 9. Juli 1810 die Vereinigung des Königreiches Holland mit Frankreich nach sich zog. Da englische Importe weiterhin den Kontinent erreichten, erklärte der französische Kaiser, dass er die ganze Küste der Nordsee unter seine Aufsicht nehmen müsse. Am 13. Dezember wurden Gebiete an den Mündungen der Ems, Weser und Elbe nebst den Hansestädten Bremen, Hamburg und Lübeck von Frankreich annektiert. [1] Napoleon missachtete mit der Integration des Herzogtums Oldenburg, des Herzogtums Arenberg und des Fürstentums Salm die bestehende Rheinbund-Akte. [2]

Die Kontinentalsperre wurde somit zu einem politischen Instrument, dessen Effektivität den Einsatz militärischer Gewalt nach sich zog. Ließ sich etwa Russland auf Druck Napoleons 1807 zur Befolgung der Kontinentalsperre bewegen, unternahm Napoleon seit 1808 mehrere, letztlich gescheiterte Versuche, das mit England verbündete Portugal zu erobern. 1810 genehmigte Napoleon den französischen Händlern wieder einen eingeschränkten und mit Lizenzgebühren bewehrten Handel mit England. Im gleichen Jahr schied Russland aus der Kontinentalsperre aus, was Napoleon als Anlass für seinen später gescheiterten Russlandfeldzug nahm.

Hinzu kam, dass die Kontinentalsperre die Unzufriedenheit in den besetzten Gebieten vor allem dort anheizte, wo man auf den Bezug britischer Waren oder Kolonialwaren, vor allem aber auf den Export nach England angewiesen war: Letzteres war etwa in der Metallindustrie und der Textilproduktion des ab 1810 unmittelbar an der deutsch-französischen Zollgrenze gelegenen Bergischen Landes der Fall. Vor allem aber die norddeutschen Hafenstädte sahen sich aufgrund des Rückgangs der Schifffahrt und des Kapitalabflusses nach England von der Sperre stark betroffen. Beispielsweise brach der Handel von Massengütern wie Holz und Getreide zwischen England und Deutschland völlig zusammen. Vielerorts waren soziale Unruhen die Folge. Das napoleonische Herrschaftssystem wurde dadurch zwar nicht unmittelbar gefährdet, seine Akzeptanz wurde infolge der Kontinentalsperre allerdings in einem ideellen Sinne stark beschädigt.

Siehe auch

Literatur

  • Diedrich Saalfeld: Die Kontinentalsperre. In: Hans Pohl (Hrsg.): Die Auswirkungen von Zöllen und anderen Handelshemmnissen auf Wirtschaft und Gesellschaft vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Stuttgart 1987, S. 121-139

Weblinks

Einzelnachweise

  1. retro|bib - Seite aus Brockhaus' Konversationslexikon: Frankreich (Geschichte 1814-15)
  2. retro|bib - Seite aus Brockhaus' Konversationslexikon: Rheindahlen - Rheinfelden

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