- Relative Kostenvorteile
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Ein komparativer Kostenvorteil (v. lat.: comparare = vergleichen) liegt dann vor, wenn in einem Land die Opportunitätskosten für die Produktion eines Gutes, verglichen mit den Produktionskosten für andere Güter, niedriger sind als in einem anderen Land. [1] [2] Komparative Kostenvorteile sind ein Erklärungsansatz dafür, dass Länder miteinander Handel treiben, auch wenn ein Land alle Güter absolut gesehen kostengünstiger herstellen kann als ein anderes Land. Durch den internationalen Handel werden beide Länder reicher, wenn sich jedes Land auf diejenigen Güter und Dienstleistungen spezialisiert, die es zu den geringsten Opportunitätskosten produzieren kann.Die Theorie der komparativen Kostenvorteile wurde im Jahre 1817 von David Ricardo als Weiterentwicklung der Theorie der absoluten Kostenvorteile Adam Smiths vorgestellt und ist ein Kernpunkt der Außenwirtschaftstheorie, wobei einige Ideen Ricardos bereits bei David Hume auftauchten.
Inhaltsverzeichnis
Kerngedanke
Die Theorie des komparativen Kostenvorteils besagt, dass die Vorteilhaftigkeit des Handels zwischen zwei Ländern nicht von den absoluten Produktionskosten abhängt, sondern von den relativen Kosten der produzierten Güter zueinander. Grundsätzlich ist demnach der Handel zwischen zwei Ländern immer vorteilhaft, wenn bei beiden Handelspartnern unterschiedliche Produktionskostenstrukturen existieren, d. h. wenn das eine Land für ein produziertes Gut auf weniger Einheiten eines anderen Gutes verzichten muss als das andere Land (niedrigere Opportunitätskosten). In diesem Fall sollte jedes Land sich auf das Gut spezialisieren, das es relativ (komparativ) günstiger herstellen kann. Somit sind nach der Theorie internationaler Handel und internationale Arbeitsteilung selbst für solche Länder von Vorteil, die alle Güter zu niedrigeren Kosten erzeugen können als das Ausland. In der Realität lässt sich dies vor allem auf Handelsbeziehungen zwischen hoch und niedrig industrialisierten Ländern anwenden. Die Theorie Ricardos beinhaltet generell eine Forderung nach einem weltweit freien Handel, der bei Spezialisierung der Staaten auf ihre komparativen Kostenvorteile zum Vorteil aller ist.
Dabei ist zu beachten, dass nichts über die Verteilung des Handelsgewinnes oder die Effekte der Spezialisierung ausgesagt wird.
Historische Einordnung
Der Anfang des 19. Jahrhunderts war von der industriellen Revolution geprägt. Kern des Industrialisierungsvorgangs war England. Hier ging man von der Handarbeit zur Maschinenarbeit über. Eine Erfindung dieser Zeit ist beispielsweise der dampfgetriebene Webstuhl, wodurch man eine hohe Kostenersparnis erreichte. 1815 wurde mit dem Wiener Kongress die napoleonische Ära beendet und Europa neu aufgeteilt. Damit endete auch die Kontinentalblockade gegen England und es konnte wieder Handel betrieben werden. Diesen sicherte jedoch die britische Regierung mit hohen Zöllen ab, wodurch die Absatzmärkte stark eingeschränkt waren.
Auf Grund dieser Einschränkung im internationalen Handel lehnte sich David Ricardo 1817 mit seinem Werk On the Principles of Political Economy and Taxation, in dem er unter anderem die Theorie des komparativen Vorteils aufführt, gegen den Geist seiner Zeit auf.
Volkwirtschaftliche Einordnung
Die Theorie des komparativen Vorteils ist ein Kernpunkt der Außenhandelstheorie von David Ricardo (1772 bis 1823). Diese wurde in seinem Werk Principles of Political Economy and Taxation 1817 veröffentlicht und beinhaltet folgenden Grundsatz: Handel zwischen zwei Ländern nutzt beiden, wenn jedes Land die Güter produziert, bei denen es einen komparativen Vorteil hat. Er lohnt sich auch dann, wenn ein Land alle Güter selbst günstiger herstellen kann. Relevant ist, welches Land die geringeren Opportunitätskosten (Verzichtskosten) besitzt. Jedes Land spezialisiert sich auf die Herstellung des Produktes, bei dem es die niedrigsten Kosten und somit einen komparativen Vorteil hat. Durch den Handel steigt die Gesamtproduktion und es erweitern sich die Konsummöglichkeiten. Auf Grund der Spezialisierung steigen die Außenhandelsgewinne beider Länder an. Der Wohlstand erhöht sich.
Die Kernaussage von Ricardo ist also, dass komparative Preisvorteile auf komparative Kostenvorteile, das heißt niedrigere Opportunitätskosten bei einem einzelnen Produktionsfaktor (Arbeit) zurückgeführt werden.
Beispiel
Land Tuch Wein Tabelle 1: Produktionsmöglichkeit pro Stunde A-Land 10 100 B-Land 1 50 Tabelle 2: absolute Kosten pro Gütereinheit A-Land 0,1 (=1/10) 0,01 (=1/100) B-Land 1 (=1/1) 0,02 (=1/50) Tabelle 3: komparative Kosten pro Gütereinheit A-Land 10 Wein (=100W/10T) 0,1 Tuch (=10T/100W) B-Land 50 Wein (=50W/1T) 0,02 Tuch (=1T/50W) Tabelle 4: Produktion ohne Außenhandel (Bsp.) A-Land 80 200 B-Land 8 100 Summe: 88 300 Tabelle 5: Produktion bei Außenhandel A-Land 100 0 B-Land 0 500 Summe: 100 500 Es existieren zwei Länder, A-Land und B-Land, in beiden werden Tuch und Wein produziert. A-Land verfügt über hoch entwickelte Produktionstechnologie und kann 10 Tücher oder 100 Wein-Einheiten pro Stunde produzieren, B-Land verfügt über eine niedriger entwickelte Produktionstechnologie und kann nur 1 Tuch oder 50 Wein-Einheiten pro Stunde produzieren (siehe Tabelle 1).
Umgerechnet ergibt sich für beide Länder ein unterschiedlicher benötigter Zeitaufwand zur Herstellung der Güter. Den Zeitaufwand bezeichnet man hier als absolute Kosten. Man sieht: Das Verhältnis der absoluten Kosten im A-Land ist im Verhältnis 0,1 : 0,01 bzw. 10 : 1. Im B-Land ist das Verhältnis 1 : 0,02 bzw. 50 : 1. Absolut gesehen kann also das A-Land kostengünstiger Tuch und Wein produzieren als B-Land. Dies nennt man auch absoluter Vorteil (siehe Tabelle 2). Da A-Land sowohl Tuch als auch Wein zu geringeren Kosten produzieren kann, besteht unter Betrachtung der absoluten Kosten keine Motivation zum Handel.
Bei beiden Produkten hat B-Land höhere absolute Kosten. Werden aber die Opportunitätskosten betrachtet, d. h. die Menge Tuch, auf die verzichtet werden muss, um eine Einheit Wein produzieren zu können (und umgekehrt), ergibt sich folgendes Bild (siehe Tabelle 3): B-Land muss nur auf 0,02 Tuch verzichten, um ein Wein mehr zu produzieren, während A-Land für eine Einheit Wein auf 0,1 Tuch verzichten muss. Dieser geringere notwendige Verzicht ist der komparative Vorteil von B-Land in der Weinproduktion.
Wenn nun A-Land und B-Land nicht miteinander handeln und sich beide entscheiden, 8 Stunden Tuch und 2 Stunden Wein zu produzieren, ergibt dies die in Tabelle 4 gezeigte Gesamtproduktion.
Entscheiden sich die beiden Länder nun, miteinander zu handeln und sich auf ihren komparativen Vorteil zu konzentrieren, d. h. A-Land produziert 10 Stunden nur Tuch, B-Land 10 Stunden nur Wein, so ergibt sich das in Tabelle 5 dargestellte Bild. Durch den Handel und den dadurch effizienteren Arbeitseinsatz wird es also möglich, bei insgesamt unveränderter Arbeitszeit 12 Tuch und 200 Wein mehr zu produzieren.
Anwendungsmöglichkeiten
Das Ricardo-Modell
Das Ricardo-Modell erklärt das Zustandekommen von Außenhandel zwischen zwei Ländern. Dabei wird der Außenhandel ausschließlich auf die unterschiedlichen Arbeitsproduktivitäten in den beteiligten Ländern zurückgeführt.[3] Daraus resultieren unterschiedliche Opportunitätskosten. Die Hauptannahme besteht darin, dass Arbeit der einzige Produktionsfaktor ist. Im einfachsten Fall werden komparative Preisvorteile auf komparative Kostenvorteile zurückgeführt. [4]
Das Heckscher-Ohlin-Modell
Das Heckscher-Ohlin-Theorem ist ein Modell einer Volkswirtschaft mit zwei Produktionsfaktoren. [5] Diese können beispielsweise Arbeit und Kapital sein. Sie unterscheiden sich in ihrer Faktorintensität. Es werden sich also Volkswirtschaften mit relativ viel Kapital auf kapitalintensive Produkte spezialisieren, während Staaten mit relativ vielen Arbeitskräften sich auf arbeitsintensive Produkte spezialisieren werden. Jedes Land exportiert also das Gut, bei dessen Produktion der relativ reichlich vorhandene Produktionsfaktor intensiv genutzt wird.
Skalenerträge
Zwei Länder betreiben auch Außenhandel miteinander, um Größenvorteile zu nutzen. Man geht von nicht konstanten Skalenerträgen aus. Meist handelt es sich um zunehmende Skalenerträge. Dies bedeutet, dass die Verdopplung des Faktoreinsatzes die Produktionsmenge mehr als verdoppelt. [6] In diesem Modell ist die Industrie von monopolistischem Wettbewerb gekennzeichnet, das heißt dass größere Unternehmen in der Regel im Vorteil gegenüber kleineren sind. Die Unternehmen stellen differenzierte Produkte her. Da beide Länder verschiedene Güter produzieren, ist ein Handel zwischen ihnen möglich.
Der komparative Vorteil bei mehreren Gütern
Bisher wurde ein vereinfachtes Modell, in dem nur zwei Güter produziert und konsumiert werden, dargestellt. In der Realität handeln Länder mit sehr vielen Gütern. Dies macht jedoch kaum einen Unterscheid zu dem oben betrachteten vereinfachten Modell. Jedes Land spezialisiert sich auf die Produktion des Gutes, bei denen es die geringsten Opportunitätskosten hat und damit auch einen komparativen Vorteil. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die relativen Löhne direkt anhand der relativen Nachfrage nach Arbeit bestimmt werden müssen. Beim vereinfachten Modell hat man die relativen Löhne anhand der relativen Nachfrage nach Gütern ermittelt.
Einzelnachweise
- ↑ P. Krugman, M. Obstfeld; Internationale Wirtschaft, 7. Auflage, München u.a., 2006, S. 39
- ↑ R.Pindyck, D.Rubinfeld; Mikroökonomie, 5. Auflage, München u.a., 2006, S. 819
- ↑ P. Krugman, M. Obstfeld; Internationale Wirtschaft, 7. Auflage, München u.a., 2006, S. 40
- ↑ H. Siebert, Außenwirtschaft, 6. Auflage, Stuttgart u.a., 1994, S. 28
- ↑ P. Krugman, M. Obstfeld; Internationale Wirtschaft, 7. Auflage, München u.a., 2006, S. 106
- ↑ P. Krugman, M. Obstfeld; Internationale Wirtschaft, 7. Auflage, München u.a., 2006, S. 172
Literatur
- P. Krugman, M. Obstfeld; Internationale Wirtschaft. 7. Auflage, München u.a., 2006
- R. Pindyck, D. Rubinfeld; Mikrökonomie. 5. Auflage, München u.a., 2006
- H. Siebert, Außenwirtschaft, 6. Auflage, Stuttgart u.a., 1994
- Xenia Matschke, Gautam Tripathi: Das Ricardianische Außenhandels-Modell bei einem Kontinuum von Gütern. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU), 28. Jg., Heft 6 (Juni 1999), S. 871-878.
- David Ricardo (1817): The Principles of Political Economy and Taxation, London.
Weblinks
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