Krieg Eritrea-Äthiopien

Krieg Eritrea-Äthiopien

Der Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea dauerte vom 6. Mai 1998 bis zum 18. Juni 2000 und endete mit einem militärischen Sieg Äthiopiens.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen

Eritrea wurde Ende des 19. Jahrhunderts italienische Kolonie, während Äthiopien (Abessinien) seine Unabhängigkeit verteidigen konnte. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges annektierte Äthiopien Eritrea. Vor allem unter der marxistischen Derg-Militärregierung unter Mengistu Haile Mariam bildete sich Widerstand in Eritrea wie auch in weiteren Regionen Äthiopiens, so im angrenzenden Tigray. Der Kampf gegen den gemeinsamen Feind einte die äthiopischen und eritreeischen Rebellen, die eine gute Zusammenarbeit entwickelten. 1991 gelang den Rebellen der Sturz des Derg-Regimes.

So gelang es Eritrea auch, 1993 auf friedlichem Weg die Unabhängigkeit von Äthiopien zu erreichen, obwohl Äthiopien dadurch sogar seinen direkten Meereszugang verlor und zu einem reinen Binnenstaat wurde. Wirtschaftlich waren beide Staaten zunächst um eine enge Zusammenarbeit bemüht. So schlossen beide Länder einen Kooperationsvertrag, in dem sie einen zollfreien Handel vereinbarten. Außerdem behielt Eritrea die äthiopische Währung Birr bei und bildete so eine Währungsunion mit Äthiopien. Als Ausgleich für den Verlust des Meereszuganges wurde die eritreische Stadt Assab zum Freihafen erklärt, über den Äthiopien seine Güter zollfrei einführen konnte und auch die Nutzung der Raffinerie in Assab wurde Äthiopien im Austausch gegen 30 % des äthiopischen Erdöls gewährt.

Schon mit der Unabhängigkeit Eritreas setzten jedoch die ersten Grenzstreitigkeiten ein. Die Grenze war zwar 1900, 1902 und 1908 zwischen Großbritannien, Italien und Äthiopien ausverhandelt worden. Äthiopien argumentierte aber, dass diese Verhandlungsergebnisse niemals umgesetzt worden waren, manche Gebiete auch danach von Äthiopien verwaltet wurden und somit nicht zur italienischen Kolonie Eritrea gehörten. Als Eritrea schließlich auch nach größerer wirtschaftlicher Unabhängigkeit strebte, nahmen die Auseinandersetzungen weiter zu. Ende 1996 erhöhte Eritrea die Nutzungsgebühren für die Raffinerie in Assab um 10 %, daraufhin stellte Äthiopien den Abbau eigenen Erdöls ein und bezog stattdessen fertige petrochemische Produkte vom Weltmarkt. Dadurch musste auch Eritrea von nun an seine petrochemischen Produkte vom Markt kaufen und seine unrentable Raffinerie schließen. Im November 1997 führte Eritrea eine eigene Währung, den Nakfa, ein und beendete damit die Währungsunion mit Äthiopien. Eritrea wollte aber die von der äthiopischen Zentralbank bereitgestellten Birr-Banknoten weiter verwenden, woraufhin Äthiopien mit der Einführung neuer Birr-Noten reagierte und alle Handelsprivilegien Eritreas strich.

Der Konflikt

Durch die wirtschaftlichen Streitigkeiten nahmen auch die Auseinandersetzungen über die ungeklärte Grenzziehung wieder zu. Im Juli 1997 besetzten äthiopische Einheiten Gebiete um die Stadt Adi Murug und ersetzten die lokale Verwaltung durch eine äthiopische Verwaltung. Daraufhin wurde zwischen beiden Ländern zwar die Bildung einer Grenzkommission beschlossen, was aber den Krieg nicht abwendete. Am 8. Mai 1998 forderte ein Schusswechsel zwischen Einheiten Äthiopiens und Eritreas auf beiden Seiten Todesopfer. Welche Seite den Schusswechsel begonnen hatte, ist bis heute ungeklärt, jedenfalls besetzten am 12. Mai 1998 eritreeische Einheiten das ca. 400 km² große Yirga-Dreieck im Grenzgebiet. Äthiopien forderte den sofortigen Abzug Eritreas und reagierte, indem es Militäreinheiten in die Region schickte. Außerdem wurde ein totaler Wirtschaftsboykott gegen Eritrea verhängt, woraufhin Eritrea die Häfen Massawa und Assab für Äthiopien sperrte, über die Äthiopien zwei Drittel seines Außenhandels abwickelte.

Als Reaktion auf den Wirtschaftsboykott ordnete Eritrea die Mobilmachung seiner Armee an. Kurz darauf besetzten eritreische Einheiten weitere Gebiete in Grenznähe. Am 5. Juni erfolgten die ersten Luftangriffe. Äthiopien bombardierte den Flughafen der eritreischen Hauptstadt Asmara und Eritrea die äthiopische Stadt Mekele, Provinzhauptstadt der Region Tigray. Auch am Boden kam es zu mittlerweile heftigen Kämpfen um die umstrittenen Gebiete. Der damalige Präsident der USA, Bill Clinton, vermittelte schließlich die Einstellung der Luftangriffe am 15. Juni 1998. Auch die Kämpfe am Boden flauten zunächst ab, da die Regenzeit einsetzte und diese Truppenbewegungen beinahe unmöglich machte.

In dieser Phase des Krieges rüsteten beide Staaten enorm auf. Die Truppenstärke Eritreas vervierfachte sich auf 200.000 Mann und die Truppenstärke Äthiopiens wurde auf 300.000 Mann mehr als verdoppelt. Die Rüstungsausgaben beider Staaten betrugen zwischen Mai 1998 und Februar 1999 geschätzte 600 Millionen US-Dollar – eine sehr hohe Summe in Anbetracht der Tatsache, dass Äthiopien und Eritrea zu den ärmsten Ländern der Welt gehören. Äthiopien wies außerdem ca. 70.000 in Äthiopien wohnhafte eritreische Staatsbürger aus und beschlagnahmte deren Vermögen. Äthiopien beschuldigte zwar Eritrea, auch äthiopische Staatsbürger ausgewiesen zu haben, Vermittler der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) konnten dies jedoch nicht bestätigen.

Nach sieben Monaten eskalierte der Krieg wieder. Vor allem zwischen Februar und März 1999 gab es tausende Tote bei Grenzgefechten. Als sich die eritreischen Einheiten Ende Februar schließlich vor der äthiopischen Übermacht aus der Stadt Badme zurückziehen mussten, war der eritreische Präsident Isayas Afewerki zur Annahme eines Friedensplanes der OAU bereit, den er kurz zuvor noch strikt abgelehnt hatte. Nun weigerte sich jedoch Äthiopien, den Friedensplan anzunehmen. Im April begann Äthiopien mit der Bombardierung der eritreischen Hafenstädte Massawa und Assab und brach damit den Vertrag vom Juni 1998.

Erst in der Regenzeit von Juli bis September flauten die Kämpfe wieder ab und gaben den OAU-Vermittlern erneut Hoffnung auf eine friedliche Beilegung des Konflikts. Eritrea stimmte dem Plan der OAU zwar zu, der äthiopische Präsident Meles Zenawi sträubte sich jedoch erneut dagegen und lehnte den Plan im Dezember 1999 schließlich endgültig ab. Trotzdem kam es bis zum Mai des folgenden Jahres nur gelegentlich zu Schusswechseln. Am 12. Mai 2000 startete die äthiopische Armee jedoch eine Großoffensive und schaffte es binnen zweier Wochen, alle umstrittenen Gebiete zu besetzen. Am 26. Mai erklärten beide Seiten ihr Einverständnis zu einem Waffenstillstand. Dennoch wurden die Artilleriegefechte und äthiopischen Luftangriffe in den darauffolgenden Tagen mit unverminderter Heftigkeit fortgeführt. Auch als der äthiopische Präsident am 31. Mai 2000 die Beendigung aller Kampfhandlungen erklärte und die Friedensverhandlungen der OAU in Algier begannen, endeten die Kämpfe nicht. Erst als die Außenminister beider Staaten am 18. Juni 2000 ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichneten, wurden die Kämpfe beendet.

Auswirkungen

Im Waffenstillstandsvertrag wurde vereinbart, dass das 4.000 Mann starke UNO-Kontingent UNMEE den Abzug der Streitkräfte auf die Positionen vor dem Krieg überwacht. Außerdem wurde eine temporäre Sicherheitszone zwischen den beiden Staaten errichtet und eine Grenzkommission eingesetzt, die den genauen Verlauf der Grenze klären soll. Sowohl Eritrea als auch Äthiopien haben jedoch Vorbehalte gegen den letztlichen Entscheid der Grenzkommission.

Auf beiden Seiten starben ca. 50.000 Menschen durch die Auseinandersetzungen. Außerdem wurden ca. eine Million Eritreer zu Flüchtlingen, was ungefähr einem Drittel der eritreischen Bevölkerung entspricht. Äthiopien gibt die Zahl der äthiopischen Flüchtlinge mit 350.000 an. Beide Staaten wurden durch den Krieg und die Rüstungsausgaben in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung weit zurückgeworfen. Die jeweiligen Machteliten um Meles Zenawi und Isayas Afewerki wurden jedoch durch eine Welle des Nationalismus in ihren Positionen gefestigt.

Die eritreisch-äthiopischen Beziehungen bleiben bis heute (2007) gespannt, sodass manche Beobachter einen weiteren Krieg befürchten. Beide Staaten tragen zudem ihre Streitigkeiten als „Stellvertreterkrieg“ in Somalia weiterhin aus, indem sie gegnerische Parteien im somalischen Bürgerkrieg unterstützen. [1]

Einzelnachweise

  1. Schadomsky, Ludger (19. Dezember 2006). Angst vor Krieg am Horn von Afrika. Deutsche Welle. Abgerufen am 10. Mai 2008.

Weblinks


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