Kriegsfotograf

Kriegsfotograf
Mathew Brady, Infanterist der Nordstaaten mit Familie im Camp nahe Washington D.C., 1862

Als Kriegsfotografie bezeichnet man im engeren Sinne die Fotografie, die Kriege, Krisen und bewaffnete Konflikte dokumentiert, also Reportagefotografie ist.

Inhaltsverzeichnis

Begriffserweiterung

Im weiteren Sinne können auch Fotografien, die der militärischen Aufklärung und Dokumentation dienen, so zum Beispiel Luftbildaufnahmen vor und nach Bombardements, als Kriegsfotografien bezeichnet werden. Eine weitere Sonderstellung nehmen Fotografien ein, die von einer beteiligten Konfliktpartei zu Propagandazwecken erstellt und eingesetzt werden. Eine neue Entwicklung, deren Auswirkungen noch nicht abzuschätzen sind, ist die durch Digitalfotografie und Internet zunehmend einfache Verbreitung von privaten Aufnahmen der Soldaten oder anderer Konfliktbeteiligter. Solche Aufnahmen spielten beispielsweise beim Folterskandal im Abu-Ghuraib-Gefängnis eine bedeutende Rolle.

Geschichte

Der mexikanisch-amerikanische Krieg 1846–1848 ist der erste Krieg, in dem fotografiert wurde. Bei den Aufnahmen handelt es sich um Daguerreotypien. Die Kriegsfotografie entstand im wesentlichen im Krimkrieg und im amerikanischen Sezessionskrieg. Professionelle Studiofotografen besuchten aus eigenem Antrieb heraus die Schlachtfelder nach den Kämpfen oder wurden von Regierungsseite dazu angehalten. Sie boten somit der Öffentlichkeit erstmals ein realistischeres Abbild, als es bei der sonst üblichen glorifizierenden Historienmalerei möglich war.

Die Nordstaaten setzten im Sezessionskrieg unter der Leitung des renommierten Studiofotografen Mathew Brady professionelle Teams von 22 Einheiten ein, die mit komplett fahrbaren Entwicklungs- und Vergrößerungslabors ausgerüstet waren. Brady war es auch, der nach dem Krieg etliche Fotografien von Amputationsopfern und Invaliden veranlasste, denen mit frühen Formen der Plastischen Chirurgie ein einigermaßen menschenwürdiges Leben wiedergegeben wurde. Als Bilddokumente für die Medizingeschichte sind sie unerlässlich.

Eine radikale Erweiterung und Neuausrichtung erfuhr die Kriegsfotografie als in den 1890er Jahren erstmals Bildern in der illustrierten Massenpresse gedruckt wurden. Der spanisch-mexikanische Krieg 1898, der südafrikanische Krieg 1899–1902 („Burenkrieg“) und der russisch-japanische Krieg 1904–1905 fanden bereits breiten Niederschlag in der illustrierten (Wochen)Presse.

Viele der im Ersten Weltkrieg gemachten Aufnahmen, die jahrzehntelang als authentisch galten, stellten sich in den letzten Jahren und Quellenstudium als im Nachhinein oder lange nach Abschluss der Kampfhandlungen gemachte Fotografien heraus. So war es selbst nach den Erfahrungen des Spanischen Bürgerkrieges zu Beginn des Zweiten Weltkrieges noch üblich, gestellte Aufnahmen aus Sicherheitsgründen zu fertigen.

Der Erste Weltkrieg brachte wichtige Neuerungen in der bildlichen Kriegsberichterstattung: Erstmals wurde die Fotografie systematisch und umfassend für die Propaganda genutzt. Alle großen Krieg führenden Staaten etablierten eigene Fotopropagandastellen. In Deutschland wurde Anfang 1917 das „Bild- und Filmamt“ (BUFA) gegründet, das für die Film- und Fotopropaganda zuständig war. In Österreich-Ungarn entstand ebenfalls im Frühjahr 1917 eine Bildpropagandastelle, die sog. „Lichtbildstelle“. Auch auf der Seite der Alliierten wurden militärisch kontrollierte Foto- und Bildpropagandastellen aufgebaut, die bald in Konkurrenz zu den privaten Bildlieferanten traten. Im April 1915 wurde in Frankreich die „Section Photographique de l’Armée française“ (SPA) und die Section Cinématographique de l’Armée“ (SCA) gegründet. 1916 wurden die ersten offiziellen britischen Fotoreporter zur Front zugelassen, Anfang 1916 wurde das „Canadian War Record Office“ gegründet, unmittelbar nach dem amerikanischen Kriegseintritt 1917 das staatliche „Comittee of Public Information“. Die Zuteilung von aktuellem Fotomaterial an die Presse wurde auf diese Weise immer stärker zentralisiert und militärisch kontrolliert.

Der Spanische Bürgerkrieg und v.a. der Zweite Weltkrieg brachten für die Kriegsfotografen einen enormen Imgagegewinn. Allmählich waren nicht mehr nur anonyme Pressefotografen, sondern Fotoberichterstatter im Einsatz, die mit ihrem Namen für die Qualtität der Bilder bürgten. Der erste Star der Kriegsfotografie war Robert Capa, der mit seinem Foto des "fallenden Soldaten" aus dem Spanischen Bürgerkrieg weltberühmt wurde.

Meinungs- und Informationsfreiheit

Kriegsfotografen versuchen Bilder für Nachrichtenagenturen zu machen – häufig unter Einsatz von Leib und Leben. Ihre unabhängige Arbeit ist für die Meinungs- und Informationsfreiheit besonders wichtig, da die kriegsführenden Parteien an Informationsverschleierung und Desinformation interessiert sind. Auch demokratische Staaten versuchen nach wie vor, sei es mit enormen technischem Aufwand oder gezielter Beeinflussung, Zensur auszuüben – vergleiche die Problematik der „Embedded Journalists“ im Dritten Golfkrieg.

Bedeutende Kriegsfotografen

Literatur

  • Rainer Fabian, Hans Christian Adam: Bilder vom Krieg. 130 Jahre Kriegsfotografie – eine Anklage. Gruner und Jahr, Hamburg 1983, ISBN 3-570-07013-1.
  • Robert Fox: Camera in Conflict. Könemann, Köln 1996. ISBN 3-89508-217-1.
  • Neil MacDonald, Peter Brune: 200 shots. Damien Parer, George Silk and the Australians at war in New Guinea. Allen & Unwin, St. Leonards, NSW 1999, ISBN 1-86448-912-X.
  • Zeitschrift Fotogeschichte: Themenheft Krieg und Fotografie. Heft 85/85, 2002.
  • Susan Sontag: Das Leiden anderer betrachten. Deutsch von Reinhard Kaiser. Hanser, München und Wien 2003, ISBN 3-446-20396-6.
  • Anton Holzer (Hrsg.): Mit der Kamera bewaffnet. Krieg und Fotografie. Jonas Verlag, Marburg 2003, ISBN 3-89445-324-9.
  • Gerhard Paul: Bilder des Krieges – Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges. Fink, München u.a. 2004, ISBN 3-506-71739-1.
  • Anton Holzer: Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Primus, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-89678-338-7.

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