Kriegsgräberfürsorge

Kriegsgräberfürsorge
Logo

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. wurde am 16. Dezember 1919 gegründet und ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit humanitärem Auftrag. Er erhält und betreut Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Kriegsgräberstätten) im Ausland. Sein Sitz befindet sich in Kassel.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Bundeswehrsoldaten bei einem Einsatz auf dem Wiener Zentralfriedhof

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beschlossen am 10. September 1919 acht Männer in Berlin die Gründung einer deutschen Kriegsgräberorganisation. Unter ihnen waren der Architekt Heinrich Straumer, der bereits gegen Ende des Krieges in der Gräberbetreuung tätig gewesen war, und Siegfried Emmo Eulen, der während des Krieges in Polen und in der Türkei die Errichtung und Betreuung von Kriegsgräberstätten organisiert hatte.

Am 16. Dezember wurde der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. unter Berufung auf Artikel 224 des Vertrages von Versailles gegründet. Erster Präsident war Oberst a. D. Koeth (bis 1923). Am 23. August hatte Eulen den Entwurf für die Statuten einer "Internationalen Kriegsgräberfürsorge" verfasst. Als ihr Sitz war Genf vorgesehen, um eine enge Zusammenarbeit mit dem Völkerbund zu ermöglichen. Diese Pläne wurden jedoch nicht verwirklicht.

Die damalige Reichsregierung war weder politisch noch wirtschaftlich in der Lage, sich um die Gräber der Gefallenen im Ausland zu kümmern. Heimkehrende Soldaten, Hinterbliebene der Opfer und andere Bürger suchten nach Wegen, um diesen von vielen als unerträglich empfundenen Zustand zu ändern. In Sorge um die Kriegsgräber im Ausland hatten sich in Deutschland bereits einige Organisationen gebildet, die sich um Grabpflege und Erteilung von Auskünften an Angehörige bemühten. So gab es in Bayern seit dem 14. September den "Deutschen Kriegsgräber-Schutzbund", in Braunschweig den "Verein zur Erforschung und Erhaltung Deutscher Kriegsgräber e. V.", in Salzwedel die "Deutsche Kriegsgräber-Interessenten-Vereinigung" und in Hagen (Westfalen) den "Bund Heimatdank".

Der Volksbund hat heute 176.000 Mitglieder und pflegt etwa 2 Millionen Kriegsgräber. Er finanziert sich und seine Arbeit überwiegend ("etwa 90 Prozent" – Eigenangabe Stand 2008) aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Sammlungen. Der Rest sind finanzielle Zuweisungen von Bund und Bundesländern. Zur Akquise von zusätzlichen Mitteln wurde im Jahr 2001 die Stiftung Gedenken und Frieden gegründet. In jedem Bundesland der Bundesrepublik Deutschland gibt es einen Landesverband, weitere Untergliederungen sind Bezirks,- Kreis- und Ortsverbände sowie Jugendarbeitskreise. Schirmherr des Volksbundes ist der jeweils amtierende Bundespräsident.

Der Präsident des Volksbundes ist seit 2002 Reinhard Führer.

Das österreichische Gegenstück ist das Österreichische Schwarze Kreuz.

Tätigkeiten

Der vom VDK betreute deutsche Soldatenfriedhof in Rovaniemi/Norvajärvi, Finnland
Anlage eines Soldatenfriedhofes
Soldatenfriedhof Bergheim

Aus den satzungsgemäßen Verpflichtungen, das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt zu wahren, den Frieden unter den Völkern zu erhalten und die Würde des Menschen zu achten, leitet der Volksbund eine Reihe von Aufgaben ab:

  • Anlage und Pflege der Kriegsgräberstätten im Ausland im Auftrag der Bundesregierung
  • Erfassung der deutschen Kriegstoten und ihrer Gräber im Ausland (Gräbernachweis) – Suche nach den Kriegsgräbern, Information und Betreuung der Angehörigen
Der Verein hilft bei der Suche nach den Gräbern sowie der Klärung von Kriegsschicksalen. So besteht die Möglichkeit, in einer Internet-Datenbank[1], die laufend ergänzt wird, den Verbleib von ums Leben gekommenen Verwandten zu recherchieren bzw. den Ort ihrer Grablage zu erfahren. Es kann auch ein Grabnachforschungsantrag beim Volksbund gestellt werden. Der Volksbund arbeitet dabei mit der Deutschen Dienststelle (ehemalige Wehrmachtsauskunftstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene – WASt) in Berlin zusammen und greift bei Nachforschungen auch auf deren Datenbestände zurück. Diese Dienststelle pflegt die Daten und Erkennungsnummern der im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Soldaten. Der Volksbund kooperiert außerdem mit anderen Suchdiensten, beispielsweise des Roten Kreuzes.
  • internationale Zusammenarbeit in allen Angelegenheiten der Kriegsgräberfürsorge
  • Gestaltung des Volkstrauertages oder Mitwirkung daran
  • Friedenspädagogische Jugend- und Bildungsarbeit an Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen
  • Förderung der internationalen Jugendbegegnung (Workcamps)
  • Beratung inländischer Stellen in allen Fragen der Kriegsgräberfürsorge

Selbstbild und Außenwirkung

Während der Volksbund selbst unter dem Motto "Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden" arbeitet, wird er von Teilen der Bevölkerung in Deutschland keineswegs als Bestandteil der "Friedensbewegung" wahrgenommen. Die Gründergeneration des Volksbundes bestand größtenteils aus Soldaten des Ersten Weltkriegs. Heute pflegt der Verband bewusst enge Kontakte nicht nur zur Bundeswehr, sondern auch zu den Streitkräften zahlreicher Nationen und wirkt durch internationale Zusammenarbeit bei der Pflege von Gedenkstätten insbesondere für die Völkerverständigung in der jungen Generation. Die Mitgliederschaft weist allerdings einen relativ hohen Altersdurchschnitt auf, viele gehören noch der sogenannten 'Kriegsgeneration' des Zweiten Weltkrieges an. Auch wurden in der Vergangenheit Fälle bekannt, in denen Alt- oder Neonazis Mitglied oder sogar Mitarbeiter beim Volksbund waren. All diese Faktoren führen dazu, dass manche Menschen in Deutschland, vor allem solche, die sich selbst als Antimilitaristen und Pazifisten verstehen, eher auf Distanz zum Volksbund bedacht sind.

Der Volksbund selbst distanziert sich jedoch von rechtsradikalen Bestrebungen. So wurden beispielsweise Ende 2007 mehrere Landtagsabgeordnete der NPD aus dem Volksbund ausgeschlossen, die im Laufe des Jahres Mitglied geworden waren. Zur Begründung hieß es, die Mitgliedschaft in der NPD sei "mit den Zielen des Volksbundes unvereinbar".

Kriegsopfer-Dokumentation

Im Zuge der Entwicklung des Internet werden Daten über Kriegsopfer vor allem der beiden Weltkriege der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. So findet man heute zum Beispiel Informationen über die britischen und französischen sowie einen Teil der Gefallenen der USA der Weltkriege. In Großbritannien und den USA sind die jeweiligen Kriegsgräberorganisationen verantwortlich (Commonwealth War Graves Commission bzw. American Battle Monuments Commission), in Frankreich das Ministère de la Défense (Verteidigungsministerium).

So stellt auch die deutsche Kriegsgräberorganisation seit einigen Jahren ihren entsprechenden Datenbestand online[1] zur Verfügung. Anfang 2009 waren nach eigener Angabe des Volksbundes 4,4 Millionen "Verlustmeldungen" (lies also: Sterbefälle) in dieser Datei festgehalten. Es handelt sich vorwiegend um deutsche Militärangehörige, die im Ersten und Zweiten Weltkrieg ums Leben gekommen sind und für die eine Grablage auf einer deutschen Kriegsgräberstätte bekannt ist. Die Datei wurde seit ihrer Erstveröffentlichung bedeutend ergänzt und erweitert. Zudem wurde in den letzten Jahren eine große Anzahl weiterer gestorbener Militärangehöriger des Zweiten Weltkrieges ohne bekannte Grablage sowie Vermisster hinzugefügt. Bei der Ergänzung der Datensätze half die Deutschen Dienststelle Berlin. Ein Teil der nach Deutschland überführten Kriegstoten oder in der Heimat Verstorbenen ist ebenfalls berücksichtigt. Im Allgemeinen werden allerdings nur jene genannt, die in separaten Ehrenfriedhöfen innerhalb ziviler Friedhöfe und nicht in zivilen Einzel- bzw. Familiengräbern bestattet sind. Des Weiteren sind im Datenbestand Opfer des Bombenkriegs, Kriegs- und Zivilgefangene, teilweise auch ausländische Angehörige deutscher Hilfstruppen des Zweiten Weltkrieges und sogar einige vor dem Zweiten Weltkrieg gestorbene Wehrmachtsangehörige zu finden. Außerdem ist eine Anzahl von Datensätzen aus dem Krieg von 1870/71 eingestellt.

Totengedenken

Das folgende Totengedenken wird alljährlich während der offiziellen Feierstunden zum Volkstrauertag verlesen, und zwar sowohl bei der zentralen Veranstaltung im Bundestag (hier vom Schirmherrn, dem Bundespräsidenten) als auch bei den zahlreichen lokalen Gedenkfeiern, die der Volksbund durchführt:

"Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und anderen Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind.

Wir trauern mit den Müttern und mit allen, die Leid tragen um die Toten. Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der Welt."

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Online-Suche nach Kriegsgräbern

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kriegsgräberfürsorge — Kriegs|grä|ber|für|sor|ge 〈f. 19; unz.〉 (1919 gegr.) Organisation zur Förderung der Pflege von Gräbern in den beiden Weltkriegen gefallener dt. Soldaten im In u. Ausland * * * Kriegs|grä|ber|für|sor|ge, die: organisierte Bemühung um die… …   Universal-Lexikon

  • Kriegsgräberfürsorge — Kriegs·grä·ber|für·sor·ge die; das Bemühen (besonders von privaten Organisationen), die Gräber von Soldaten zu finden und zu pflegen …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Kriegsgräberfürsorge — Kriegs|grä|ber|für|sor|ge …   Die deutsche Rechtschreibung

  • Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge — e.V. (VDK) Zweck: Die Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, zu erhalten und zu pflegen. Vorsitz: Reinhard Führer Gründungs …   Deutsch Wikipedia

  • Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge — Logo Le Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Service pour l’entretien des sépultures militaires allemandes (SESMA), est une association humanitaire allemande reconnue d utilité publique, fondée le 16 décembre 1919, veillant à… …   Wikipédia en Français

  • Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge — Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Logo Le Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (Service d’ entretien des sépultures militaires allemandes) est une association humanitaire allemande reconnue d utilité publique, fondée le… …   Wikipédia en Français

  • Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. — Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.,   Kriegsgräberfürsorge …   Universal-Lexikon

  • Kr.-Gr.-Fürs. — Kriegsgräberfürsorge EN care of war graves …   Abkürzungen und Akronyme in der deutschsprachigen Presse Gebrauchtwagen

  • Soldatenfriedhof — in Schatkowo bei Minsk, eingeweiht 2011 …   Deutsch Wikipedia

  • Belagerung von Stalingrad — Schlacht von Stalingrad Teil von: Zweiter Weltkrieg, Ostfront Stalingrad …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”