Krisenexperiment

Krisenexperiment

In der Soziologie bezeichnet Krisenexperiment ein vor allem im symbolischen Interaktionismus und der Ethnomethodologie bekanntes Vorgehen, bei dem implizite soziale Normen dadurch sichtbar gemacht werden, dass sie entweder in übertriebener Weise eingehalten oder offensichtlich missachtet werden.

Beispiele

Ein Beispiel eines Krisenexperiments wird von Harold Garfinkel gegeben: Eine Studentin verhält sich ihren Eltern gegenüber höflich, behandelt sie aber wie Fremde, siezt diese also beispielsweise. Dieses Verhalten führt zu Irritationen und einer wachsenden Eskalation, als die Studentin auch auf Aufforderungen wie „Hör doch mit dem dummen Spiel auf!“ hin ihre Handlungsweise nicht ändert. Auf diese Weise hat sie durch ihr unerwartetes Verhalten Normen deutlich gemacht, die sonst nur implizit den Umgang mit ihren Eltern regulieren, die für eine funktionierende und störungsfreie soziale Interaktionen aber notwendigerweise eingehalten werden müssen.

In den Krisenexperimenten werden Elemente der Störung, Konfusion, „böse Überraschungen“ usw. in die Interaktion mit anderen eingeführt. Zum Beispiel wird ein Gast in einem Restaurant behandelt, als sei er der Kellner. In diesem Fall ist festzustellen, dass der Betroffene versucht, diese Rollenzuweisung abzuwehren und seine eigene Vorstellung von Realität aufrechtzuerhalten. Bei solchen Versuchen, die „Normalität“ wieder herzustellen, werden grundlegende Regeln sozialen Handelns erkennbar. Garfinkel bezeichnet sie als universell gültige Basisregeln, die in jeder Situation verwendet werden.

Siehe auch

Literatur

  • Harold Garfinkel: Studies of the routine grounds of everyday activities. In: Ders.: Studies in Ethnomethodology. Prentice-Hall 1967, S. 35-75.
  • Bernhard Schäfers/Johannes Kopp (Hgg.): Grundbegriffe der Soziologie. Wiesbaden 2006, S.298.

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