- Kugelhantel
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Eine Kugelhantel, oder Kettlebell (engl.), früher auch „Rundgewicht“, ist ein Trainingsgerät für das freie Gewichtstraining. Sie besteht aus einer Kugel mit einem festen Griffbügel und hat einen Durchmesser von ca. 20 bis 30 Zentimetern. Die in guss- oder schmiedeeiserner Ausfertigung erhältliche Kugelhantel wird traditionell in Gewichtsgrößen von 16 kg, 24 kg und 32 kg hergestellt. Diese Gewichtsklassen gehen auf die russische Gewichtseinheit Pud (16 kg) zurück. Die russische Bezeichnung für Kugelhantel ist Girya/pl. Giri (Гиря/pl. Гири).
Inhaltsverzeichnis
Frühgeschichte
Die ersten Erwähnungen über die „Kraftprotzerei“ mit Rundgewichten gehen auf frühe Zirkusgruppen der Indo-Europäer und Zentral-Asiaten zurück, die sich an der Grenze mit China Geld mit Vorstellungen verdienten (ca. 4000–3500 v. Chr.).
Man geht davon aus, dass diese Sportart sich aus den Vorstellungen und Wettkämpfen auf den Jahrmärkten und Festen (welche auch für die Rekrutierung gesunder und starker Kämpfer benutzt wurden) in Asien und Osteuropa entwickelt hat. Nach einem Verkaufstag haben sich gewöhnlich Hilfsarbeiter, Wächter und Verkäufer, die kurz davor im Verkauf tätig waren, ein wenig Geld dazu verdient, indem sie die ansässige Bevölkerung zum Kräftemessen aufforderten. Als Preisgeld winkten oft kleine Geschenke und/oder alkoholische Getränke (gewöhnlich ein Fass Bier oder Mjed). Für den Wettkampf (der Fairness zuliebe) wurden gewöhnlich Gewichte (auf Russisch Giri) benutzt, die man kurz zuvor im Laden fürs Wiegen beim Verkauf gebraucht hatte.
Später entstanden ganze Truppen von „Kraftmännern“, die sich Geld mit unterschiedlichen akrobatischen Kunststücken, Wrestling („Hauerei“ - eine Art früh-sportlicher Wettkampf, bei dem die Gegner sich gegenseitig einer nach dem anderen gehauen haben, bis nur der Gewinner stehen blieb), Ringen (nach mittelasiatischen und osteuropäischen Regeln) und natürlich „Kraftprotz“-Wettkämpfen (spätere Sportdisziplin Gewichtheben) gemessen haben.
Moderne Geschichte
In Deutschland ist die Kugelhantel als Trainingsgerät bei Kraftsportlern schon seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Unter anderem trainierte auch der deutsche Kraftsportler Arthur Saxon mit Kugelhanteln. In einigen deutschen Turnverbänden gab es Anfang des 20. Jahrhunderts außerdem so genannte „Rundgewichtsriegen“, in denen unter anderem mit den eisernen Kugeln jongliert wurde. Die genaue Herkunft von Kugelhanteln ist umstritten, fest steht aber, dass das Training mit ihnen insbesondere in Russland und der Sowjetunion eine lange Tradition hat. So benutzten unter anderem russische „Muskelmänner“ diese Geräte, um in Zirkusvorstellungen ihr Publikum zu beeindrucken. Vor allem aber spielten und spielen Kugelhanteln im Militärsport eine große Rolle – russische Einheiten, besonders Spezialeinheiten wie die Speznas trainieren mit diesen Geräten. Auch in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR gehörten Übungen mit der Kugelhantel zum Ertüchtigungsprogramm der Soldaten. Noch heute gibt es in Russland Wettbewerbe, in denen verschiedene Übungen mit einer 32 kg schweren Kugelhantel durchgeführt und von Punktrichtern bewertet werden.
In den USA ist es zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu einem Boom dieses Trainingsgerätes gekommen. Dabei spielt das Marketing des ehemaligen Speznas-Trainers Pavel Tsatsouline eine entscheidende Rolle. Aufgegriffen wurde der Trend in den USA insbesondere von Kraft-, und Kampfsportlern, Elite- und Sondereinheiten des Militärs und der Polizei, sowie Mitarbeitern in der privaten Sicherheitsbranche.
Anwendung
Im Gegensatz zu vielen Trainingsgeräten in Fitnessstudios sind Kugelhanteln freie Gewichte und sprechen nicht isolierte Muskeln, sondern Muskelgruppen im ganzen Körper an – jede Übung ist zugleich auch eine Koordinationsaufgabe. Das Ziel beim Training mit der Kugelhantel ist es vor allem, funktionale Kraft, Explosivkraft und Stabilität aufzubauen und das Herz-Kreislauf-System, sowie Sehnen und Bänder zu stärken. Besonders fördernd wirken die Übungen auf die Kraft im Zentrum des Körpers (engl. core strength) im unteren Rücken- und Hüftbereich. Aus diesen Gründen sind Kugelhanteln besonders bei Kampfsportlern beliebt, die in hohem Maße auf funktionale Kraft, Explosivkraft und Kraftausdauer angewiesen sind.
Die richtige Atmung und eine professionelle Betreuung ist besonders für Anfänger wichtig: Das Verletzungsrisiko ohne fachkundige Anleitung ist hoch. Vor allem bei den dynamischen Übungen treten durch die Nutzung der Fliehkraft (Schwingen der Kugelhantel) extrem hohe Kräfte auf. Das relativ hohe Verletzungsrisiko wird von Kritikern als ein wesentlicher Nachteil des Kugelhantel-Trainings gesehen. Zudem eignen sich diese Trainingsgeräte weit weniger zum reinen Aufbau von Muskelmasse – wodurch sich die relative Unbekanntheit des Gerätes bei Bodybuildern erklärt. Als Vorteile werden nicht nur die Steigerung der funktionalen Kraft genannt, sondern auch das Erlangen einer hohen Rundum-Fitness, Durchhaltekraft, Flexibilität, Koordination und Körperbeherrschung. Zudem ist die Kugelhantel extrem mobil und benötigt nur wenig Platz. Sie ist damit individuell und ohne Fitnessclub einsetzbar. Insbesondere in den USA wird für das Kugelhanteltraining außerdem mit dem Versprechen eines schnellen Fettverlustes geworben. Grundsätzlich sind die genannten Punkte bis auf einige spezifische Kugelhantelübungen jedoch auch mit "klassischem" Gewichtstraining erreichbar.
Typische Übungen mit der Kugelhantel sind: Das Schwingen (engl. swing) der Kugelhantel zwischen den Beinen, sowohl ein- als auch beidarmig, das Reißen (engl. snatch), das Umsetzen (engl. clean) und das Stoßen (engl. jerk).
Kugelhanteln unterscheiden sich nicht nur durch unterschiedliches Gewicht (typischerweise 4,8,12,16,24 oder 32 kg), sondern unter anderem auch durch Beschaffenheit der Oberfläche, Abstand des Griffes zur Kugel, Umfang des Griffes. Über rein ästhetische Gesichtspunkte hinaus spielen diese Unterschiede auch für das Training eine Rolle, beispielsweise trainiert ein dicker Griff intensiver die Griffkraft.
Weblinks
- Die Geschichte der Kugelhantel - Bebilderte Geschichte der Kugelhantel
Kategorien:- Kraftsport
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- Trainingsgerät (Kampfsport)
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