Kämpfe auf der Hochfläche von Lavarone/Folgaria

Kämpfe auf der Hochfläche von Lavarone/Folgaria
Werk Serrada unter Beschuss

Auf den Hochflächen von Lafraun/Vielgreuth bzw. Lavarone/Folgaria fanden zu Beginn des Krieges zwischen Italien und Österreich-Ungarn (23. Mai 1915) intensive Versuche der Italiener statt, in das Valsugana und am Caldonazzosee vorbei nach Trient vorzudringen und dabei den hier angelegten österreichisch-ungarischen Festungsriegel zu durchbrechen.

Übersicht

Geografisch liegt das Gebiet an der heutigen Provinzgrenze zwischen dem Trentino und Vicenza.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Hochfläche von Lavarone/Folgaria (auch Hochfläche der Sieben Gemeinden / it. Altopiano dei Sette Comuni) war ein, nur von kleinen Dörfern besiedeltes Gebiet, bei dem es sich um eine cimbrische Sprachinsel handelte, in der eine Form des Althochdeutschen gesprochen wurde. Es ist ein stark bewaldetes, von tiefen Schluchten durchzogenes Gebirgsland, das im Norden durch eine Bergkette abgegrenzt wird. Die höchsten Erhebungen dieser Kette sind (von Westen) der Cornetto (2.060 m), der Monte Cimone (1.525 m), Pizzo di Levico (1.908 m), die Cima Mandriolo (2.049 m) und die Cima Làrici (2.083 m), letztere lag bereits auf italienischem Gebiet.

Die Front verlief hier vom Kriegsbeginn im Mai 1915 bis zur österreichisch-ungarischen Offensive 1916 von Novaledo im Valsugana nach Süden über die Pizzo di Levico mit dem Werk Posten Vezzena, die Malga Marcai di Sotto unterhalb des Sperrwerks Werk Verle, über den Passo di Vezzena (hier befand sich eine Zollstation der Guardia di Finanza), die Malga Basson di Sopra mit dem großen Erdwerk Basson, um dann bei dem Werk Lusern scharf nach Westen abzubiegen. Die Front verlief dann bei der Ortschaft Lusern nach Westen, querte das Valle Rio Torro, am Werk Gschwent vorbei über das Val d'Astico mit der wichtigen Straße von Arsiero nach Vigolo Vattaro und Rofreit bis zum Werk Cherle (wegen Verwechslung mit Verle später umbenannt in Werk Sebastiano). Dort bog die Frontlinie wieder nach Süden ab, erreichte das Zwischenwerk Sommo und führte südlich zum Werk Serrada, das hier auf einem Abhang 1240 m über dem Valle Terragnola sitzt und den Abschluss der Befestigungskette bildet. Naturgemäß befanden sich die Festungswerke nicht genau auf der Grenzlinie, sondern unterschiedlich weit dahinter. Das reichte von ca. 200 Meter beim Werk Gschwent bis hin zu drei Kilometern vor dem Posten Vezzena, hier verlief die Grenze genau auf der Cima Mandriolo. Das Vorfeld wurde aufgegeben.

Artilleristisch bekämpft wurden alle Werke, während konzentrische Infanterieangriffe nur gegen die Werke Vezzena, Verle und Lusern sowie gegen den Stützpunkt Basson durchgeführt wurden. Hier lag insgesamt auch der Schwerpunkt der Kämpfe.

Gegenüber auf der italienischen Seite befanden sich das Forte Campolongo und die Werkgruppe Monte Verena mit den Forte Monte Verena und Ricovero Verena sowie den Batterien Rossapoan und Verenetta. Diese befestigten Stellungen lagen alle etwa 500 m höher als die österreichischen und waren zudem noch mit dem größeren Kaliber und längeren Rohren ausgestattet (Geschütze 149 mm A 36 L). Theoretisch verschob dies das Gleichgewicht allein schon aufgrund der stationären Artillerie zugunsten der Italiener. Wenn auch die Zahl der Rohre gleich war, konnten die Österreicher mit ihren kurzen 10 cm Haubitzen die italienischen Forts nicht erreichen. In der Praxis hatte die italienische Führung bereits lange vor der Kriegserklärung begonnen, mobile Artillerie im und um das Val d'Assa zu massieren.

Überlebende des it. IR 115 vom Basson
Auflistung italienischen Artillerie auf der Hochfläche der Sieben Gemeinden 1915
Feldartillerie
Stück Geschützart Kaliber Standort
2 G Kanonen 120 mm Tagliata Val d' Assa
1 Schiffsgeschütz 305 mm Val d'Assa
4 B Kanonen 87 mm Valperaga
2 C Haubitzen 280 mm Costa del Civello
4 G Kanonen 149 mm Casara Mandirielle
4 G Kanonen 149 mm Malga Campo Poselara
2 A Haubitzen 280 mm Spelonca della Neve
2 C Haubitzen 280 mm Bosco Arzari
2 B Kanonen 87 mm Baitle
4 M 1910 Mörser 210 mm Porta di Manazzo
4 C Haubitzen 280 mm Porta di Manazzo
4 M 1910 Mörser 210 mm Val d'Anime
4 M 1910 Mörser 210 mm Cima Verena
6 A Haubitzen 280 mm Cima Verena
4 G Kanonen 149 mm Bosca Spona del Trugole
2 B Kanonen 87 mm Casara Campo Mandriola
4 B Kanonen 87 mm Monte Meatta
4 B Kanonen 87 mm Mosciach
4 B Kanonen 87 mm Monte Gutenate
1 Küstenmörser 305 mm Porta di Manazzo
2 Haubitzen 280 mm Im Hof von Forte Campomolon (noch im Bau)
Festungsartillerie
3 G Kanonen im Drehturm 149 mm Forte Casa Ratti
6 A Kanonen im Drehturm 149 mm Forte Punta Corbin
4 A Kanonen im Drehturm 149 mm Forte Campolongo
4 G Kanonen im Drehturm 149 mm Forte Verena

Beginn der Kämpfe

Nach viertägigem Vorbereitungsfeuer der italienischen Artillerie begannen am 29. Mai erste Angriffe insbesondere des Alpinibataillons "Bassano" gegen das Werk Verle und den Stützpunkt Basson um die Stärke der Verteidiger herauszufinden. Sie konnten jedoch unter schweren Verlusten für die Angreifer abgewiesen werden, obwohl keine durchlaufend besetzten Gräben vorhanden waren.

Als sich herausgestellt hatte, dass mit den eingesetzten artilleristischen Kräften den österreichischen Forts nicht beizukommen war, führte man ein zusätzliches 30,5 cm Schiffsgeschütz und einen 30,5 cm Küstenmörser heran, ersteres wurde unterhalb des Monte Mosciagh im Val d'Assa aufgestellt (Entfernung 15 km Luftlinie), der Mörser kam auf die Porta di Manazzo.

Diese Geschütze waren nicht sehr treffsicher, als allerdings am 15. August ein erneuter artilleristischer Großangriff begann durchschlug eines dieser Geschosse den Vorpanzer einer Geschützkuppel des Forts Verle und warf diese, 96 t schwer, aus ihrer Bettung; ein weiteres detonierte in den Tagen danach in einem der Bereitschaftsräume. In Lusern wurde eine Kasematte durchschlagen und auf Vezzena ging eins der Riesengeschosse ohne zu explodieren quer durch das Werk. Im Zuge dieser massierten Beschießung boten die Italiener alles auf, was irgendwie von Nutzen sein konnte. Gebirgsgeschütze feuerten vom Waldrand des Marcairücken auf eine Entfernung von nur 300 m auf die Scharten des Werks Verle, ohne jedoch nennenswerten Erfolg zu erzielen. Da die Panzerwerke Campolongo und Verena im Juni von österreichischen 30,5 cm Mörsern ausgeschaltet und noch nicht wiederhergestellt waren, konnten sie in die Kämpfe nicht eingreifen. Während des Zeitraums dieses Angriffs wurde allein das Werk Verle täglich von etwa 350 Granaten vom Kaliber 30,5 cm, 500 Granaten vom Kaliber 28 cm, 1200 Granaten vom Kaliber 21 cm und einer nicht gezählten Anzahl von 14,9 cm Feldgeschütz- und 7,5 cm Gebirgsgeschützgranaten getroffen.

Infanterieangriffe

Dieser Mörser zerstörte im Juni 1915 Ft. Verena und Campolongo

Nach neuntägigem Trommelfeuer begannen am 25. August 1915 um 4.00 Uhr morgens die italienischen Infanterieangriffe durch die Brigaden Ivrea und Treviso mit den Alpinibataillonen Bassano und Val Brenta sowie dem Infanterieregiment 115, mit Schwerpunkt auf den vorgeschobenen Stützpunkt Basson. Dieser und die angrenzenden Bereiche wurden von einer Kompanie Tiroler Landesschützen, den Oberösterreichischen Freiwilligen Jungschützen, Standschützen aus Kitzbühel, aus Schwaz, dem Standschützenbataillon Sterzing und dem Standschützenbataillon Meran I verteidigt. Nachdem die Italiener ab 22.00 Uhr viermal vergeblich angegriffen und auch zum Schluss nur ein kleines, vorderes Grabenstück erobert hatten, waren sie mit ihrer Kraft am Ende, da das Flankenfeuer der Maschinengewehre vom Posten Vezzena jegliche weitere Angriffsversuche von vorneherein zum Scheitern verurteilte. Das Sperrfeuer der Österreicher ließ einen Rückzug nicht mehr zu, sodass es dem Abschnittskommandeur, Oberst Ellison von Nidlef, gelang, nur mit einer Pistole bewaffnet und mit einer Handvoll Männer hinter sich, etwa 400 italienische Soldaten gefangenzunehmen einschließlich des Kommandeurs des IR 115 Colonello Riveri, wofür ihm die höchste militärische Auszeichnung der k.u.k. Monarchie, das Ritterkreuz des Militär-Maria-Theresia-Ordens, verliehen wurde. 1048 italienische Soldaten und 43 Offiziere [1]waren vor dem Basson gefallen. Oberst Riveri wurde später über die Schweiz repatriiert, verstarb aber nach wenigen Monaten an den Folgen seiner Verletzungen. Die Verluste der österreichischen Verteidiger beliefen sich auf 150 Gefallene und 300 Verwundete.

Gewehre italienischer Gefallener am Basson

Nochmalige Versuche

Nachdem die Italiener im Oktober nochmals versucht hatten, Werk Verle im Handstreich zu nehmen und dabei gescheitert waren (obwohl sie bereits mit geringen Kräften in die Frontgrabenstreiche von Verle eingedrungen waren), flauten die Kämpfe in dieser Gegend ab.

Ende der Kämpfe

Nach der österreichischen Offensive des Jahres 1916 verschob sich die Front ganz erheblich nach Süden, sodass die Festungswerke und die Hochfläche in keine Kämpfe mehr involviert waren.



Die Werke

Lafraun/Lavarone

Vielgreuth/Folgaria

Fazit

Obwohl die unmittelbar betroffenen Festungswerke nicht dem allerneuesten Stand der Kriegstechnik entsprachen (zu schwache Turmpanzerung, zu kleine Geschütze) haben sie ihre Bewährungsprobe voll und ganz bestanden. Ein Durchbruch italienischer Infanterie über die Hochfläche wurde (wenn auch nur mit allerletzter Kraft) verhindert. Mit dem Erreichen der Stadt Trient wäre das gesamte Gebiet nördlich des Gardasees wie in einem Sack abgeschnitten gewesen.

Quellen

  • Kompass Carta turistica Trento-Lévico-Lavarone Fleischmann S.ar.I. Istituto Geografico (Gardolo/Trento) ISBN 3-87051-085-4
  • Kompass Carta turistica Rovereto-Monte Pasubio Fleischmann S.ar.I. Istituto Geografico (Gardolo/Trento) ISBN 3-87051-103-6

Literatur

  • Wilhelm Nußstein: Militärgeschichtlicher Reiseführer - Dolomiten Mittler/Hamburg 1997
  • Helmut Golowitsch: Und kommt der Feind ins Land herein... Buchdienst Südtirol 1985
  • Louis Trenker: Sperrfort Rocco Alta Bertelsmann/München 1977
  • Erwin Anton Grestenberger: K.u.k. Befestigungsanlagen in Tirol und Kärnten 1860-1918. Verlag Österreich, Wien 2000. ISBN 3813207471
  • Rolf Hentzschel: Österreichische Gebirgsfestungen im Ersten Weltkrieg, Athesia, Bozen 1999
  • L'esercito italiano nella grande guerra (1915-1918) Volume I / Roma: Ministero della Guerra - Ufficio Storico, 1929-1974

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Joly "Standschützen" Schlern-Schriften / Innsbruck 1998 S. 231

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