LGBT im Vereinigten Königreich

LGBT im Vereinigten Königreich

Homosexualität im Vereinigten Königreich wird von der Gesellschaft weitgehend akzeptiert. Seit 2003 existiert ein Antidiskriminierungsgesetz, welches auch die Rechte von Homosexuellen schützt. Darüber hinaus besteht seit 2004 die Möglichkeit, eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft einzugehen, welche einen höheren Grad der Gleichstellung bietet als die derzeitige Regelung in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Legalität

Im Vereinigten Königreich sind homosexuelle Handlungen nicht strafbar.

Antidiskriminierungsgesetze

Die britische Labour-Regierung unter Tony Blair konnte es im Jahr 2000 nicht durchsetzen, das homophobe Gesetz Clause 28 ersatzlos wieder abzuschaffen. Dies gelang erst im Jahr 2003. Damit ist heute eine Diskriminierung am Arbeitsplatz verboten.

Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften

Am 18. November 2004 wurde das Gesetz Civil Partnership Act 2004 verabschiedet und seit dem 5. Dezember 2005 können gleichgeschlechtliche Paare landesweit eine staatlicherseits anerkannte Partnerschaft (=Civil union) eingehen. Homosexuelle Paare haben in Großbritannien alle Rechte und Pflichten einer Ehe und ihnen ist es auch möglich, Kinder zu adoptieren.

Die erste standesamtliche Verpartnerung nach dem Civil Partnership Act 2004 fand am 5. Dezember 2005 zwischen Matthew Roche und Christopher Cramp am St. Barnabas Hospice, Worthing, West Sussex statt.[1]

Gesellschaftliche Situation

Eine Eurobarometer-Umfrage vom Dezember 2006 fand heraus dass 46 Prozent der Briten der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner zustimmen, 33 Prozent haben nichts gegen die Möglichkeit einzuwenden dass Homosexuelle Kinder adoptieren. Dies entspricht in etwa den EU-weiten Standardwerten von 44 bzw. 33 Prozent.[2]

Geschichtliche Entwicklung

In den 50er-Jahren wurde Homosexualität als Sittlichkeitsvergehen bestraft. Es kam immer wieder zu Prozessen und Verurteilungen, die in der Bevölkerung für Aufsehen sorgten.

Der Fall des Anwaltssohnes Michael Pitt-Rivers und des Journalisten Peter Wildeblood von 1953/54 wurde weitgehend bekannt als der „Montagu-Fall“, der auch in den Zeitungen wie im Daily Mirror und im „New Statesman“ behandelt wurden. Einen Monat nach der Verurteilung der beiden willigte der Innenminister ein, ein Komitee einzuberufen, welches die Gesetzeslage überprüfen sollte. So wurde im August 1954 ein Abteilungskomitee von 15 Frauen und Männern einberufen um „das Gesetz und dessen Umsetzung in Bezug auf homosexuelle Delikte und die Behandlung der Personen, die dadurch verurteilt werden“ zu untersuchen.

Der Bericht (Report of the Departmental Committee on Homosexual Offences and Prostitution), der besser als der Wolfenden-Report bekannt ist, wurde am 3. September 1957 veröffentlicht und schlug vor, dass „homosexuelles Verhalten zwischen zwei einwilligenden Erwachsenen im Privatem nicht länger verfolgt werden solle“. Er sagte weiterhin aus, dass „Homosexualität nicht legitim begründet als Krankheit betrachtet werden kann, da sie in vielen Fällen das einzige Symptom darstellt und in allen anderen Zusammenhängen mit einer vollkommenen geistigen Gesundheit kompatibel ist“. Der Erzbischof von Canterbury, Geoffrey Fisher, begrüßte den Bericht mit der Begründung, dass sich der Gesetzgeber nicht in die Privatsphäre der Menschen einmischen sollte.

Im Jahr 1958 leitete das Innenministerium weitere Untersuchungen ein, welche unter anderem das Aufkommen von „vermeidbarer“ Homosexualität mit der „schlechten Qualität der normalen Beziehungen zwischen Männern und Frauen“ begründete. Am 12. Mai 1958 wurde die „Homosexual Law Reform Society“ gegründet, die die Umsetzung der vorgeschlagenen Punkte des Wolfenden-Report forderte.

In den 60er-Jahren wurden Vorschläge zur Entkriminalisierung der Homosexualität zwar immer wieder von einzelnen Politikern in das Parlament eingebracht, konnten jedoch nicht durchgesetzt werden. Nach fast 10 Jahren massiver Kampagnen wurde das Sexualstrafrecht 1967 vom Parlament geändert (Sexual Offences Act), um einige der Forderungen des Wolfenden Komitees umzusetzen. Fortan war Homosexualität zwischen Männern über 21 (ein höheres Schutzalter als für heterosexuelle Handlungen) nicht mehr strafbar, jedoch nicht in öffentlichen Räumen, Hotels oder wenn etwa ein dritter im selben Haus, jedoch in einem anderen Zimmer anwesend war. Das Gesetz galt auch nicht für Nordirland und Schottland, wo die Homosexualität weiterhin strafbar blieb. Kampagnen wie die Campaign for Homosexual Equality und die Gay Liberation Front forderten daher weiterhin totale Gleichstellung.

In den späten 70er-Jahren sollte Homosexualität in Schottland genau wie in England und Wales entkriminalisiert werden, doch kam es dazu erst 1980. Bereits 1979 empfahl eine Arbeitsgruppe des Innenministeriums, das Schutzalter für Homosexuelle Handlungen auf 18 Jahre zu senken.

Die 80er-Jahre brachten einerseits sowohl eine Ausdehnung der Schwulenrechte als auch Einschränkungen. Das Verbot von Homosexualität wurde in Nordirland 1982 aufgehoben. Im Jahre 1988 trat in England ein Gesetz in Kraft, das unter dem Signum Clause 28 bekannt wurde. In ihm wurde festgelegt, dass die Kommunalbehörden dazu angehalten sind, Homosexualität (inklusive Material, das Homosexualität enthält) nicht absichtlich zu befürworten. Des Weiteren durfte homosexuelle Partnerschaften in der Schule nicht als gleichwertige Lebensgemeinschaften gegenüber heterosexuellen Partnerschaften und Familien dargestellt werden.

In den 90er-Jahren scheiterte der Versuch, das Schutzalter für gleichgeschlechtlichen Sex auf 16 anzugleichen, jedoch wurde es danach auf 18 herabgesetzt. Erst auf Drängen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wurde diese Ungleichheit im Parlament behandelt, jedoch wiederholt 1998 und 1999 vom House of Lords abgelehnt. Gegner der Gesetzesänderung argumentiertet schlicht, dass sie Kinder schützen wollen. Baronin Janet Young sagte „Homosexuelle Praktiken bergen ein großes Gesundheitsrisiko für junge Leute“. Im Jahr 2000 wurde die vom Parlament ausgearbeitete Änderung zum dritten Mal vom House of Lords abgelehnt dann aber doch durch Billigung der Königin durchgesetzt.

Im Rahmen des Spanner Case wurde in den 90er-Jahren in mehreren Gerichtsverfahren mehrere Angehörige der Lederszene wegen der Ausübung einvernehmlicher sadomasochistischer Praktiken in Großbritannien verurteilt. Das Verfahren führte zu einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Zwei der Verhafteten begingen in Folge Selbstmord, mehrere verloren ihre Arbeit. In acht Fallen wurden Gefängnisstrafe bis zu viereinhalb Jahren ausgesprochen.[3]

In den 2000er-Jahren verzeichnete die Schwulenbewegung die größten Erfolge. 2001 wurde endlich das Schutzalter für gleichgeschlechtlichen Sex dem für heterosexuellen angeglichen und auf 16 Jahren gesenkt. 2003 wurde darüber hinaus ein Antidiskriminierungsgesetz eingeführt. Anfang 2007 wurde der bisherige Schutzbereich im Arbeitsrecht auf das Zivilrecht ausgeweitet.[4] Am 18. September 2004 das Gesetz für die Civil Partnership, die eingetragene Lebenspartnerschaft erlassen, dass homosexuellen Paaren die gleichen Rechte wie in der Ehe zugesteht. Kritiker bemängeln eine viel zu späte Umsetzung dieses Rechtes und die extra Bezeichnung für die homosexuelle Ehe, die als eine Art von sexuelle Apartheid bewertet werden könne.

Gegen die Clause 28 gab es immer wieder zahlreiche Proteste, an denen sich auch der Sänger Boy George mit dem Titel No Clause 28 beteiligte. Sie wurde dann 2003 zusammen mit dem veralteten Sexualstrafrecht abgeschafft. Eine Kommission für Gleichheit und Menschenrechte wurde einberufen. Des Weiteren wurde die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare in Schottland, England und Wales ermöglicht.

Siehe auch

Quelle

  1. BBC
  2. Eurobarometer-Umfrage
  3. vgl. Anne-Marie Cusac: Profile of a sex radical - lesbian, sadomasochist author Pat Califia, The Progressive, Oktober 1996, online unter: Profile of a sex radical
  4. Pinkpaper

Weblinks


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