Landnámabók

Landnámabók
Eine Seite aus dem Buch

Die altisländische Landnámabók („Landnahmebuch“, Buch der Besiedlung Islands) ist eine wichtige historische Quelle der Kolonisation Islands. Der Schwerpunkt der Landnámabók liegt auf einer genealogischen Liste der großenteils norwegischen Siedler, die die unbewohnte Insel in Besitz nahmen. Heute gilt die Landnámabók nicht mehr als unbedingt verlässliche historische Quelle. Sie wurde von ihren Verfassern und Kompilatoren in historischem Bewusstsein geschrieben und muss deshalb, zumindest in emischer Perspektive, als historisch ernst genommen werden.

Die Landnámabók listet 400 skandinavische Siedler auf, die Island zwischen 870 und 930 erreichten und sich ansiedelten. Die jeweils in Besitz genommenen Ländereien werden dabei geografisch gegliedert wiedergegeben, wobei der Autor die Insel systematisch umrundet. Daneben überliefert das Buch die Grenzen der einzelnen Siedlungen, charakterisiert die Siedler, gibt biografische Anekdoten wieder und berichtet über wichtige Erlebnisse in ihrem Leben, zählt dabei Ahnen und Nachkommen bis ins 11. Jahrhundert auf. Im Gegensatz zu den literarischen Íslendinga sögur, die ihre genealogische Information der Landnámabók entnahmen, und die in erster Linie unterhalten wollen, geht es der Landnámabók um die Überlieferung historischer Ereignisse.

Die Zeitgenossen des Autors der ursprünglichen Landnámabók waren bereits in der fünften Generation Isländer. Die Datenaufnahme war auf mündliche Überlieferung (Oralität) angewiesen, deren Verlässlichkeit meist nach weniger als 200 Jahren stark von den ehemaligen Verhältnissen abweicht. Das Interesse bäuerlicher Gesellschaften an Genealogie und Deszendenz zur Legitimierung territorialer Besitzverhältnisse ist aber so stark, dass die Landnámabók dennoch eine verlässliche Quelle darstellt. Die ursprüngliche Version der Landnámabók blieb nicht erhalten. Sie wurde im 11. Jahrhundert verfasst, und man nimmt an, dass sie von Ari Þorgilsson inn frodi (1068–1148) stammt, oder dass er an deren Entstehung beteiligt war.

Die Landnámabók blieb in fünf mittelalterlichen Versionen erhalten:

  • Die älteste Version, die Sturlubók von Sturla Þórðarson (1214–1284), entstand vermutlich zwischen 1275 und 1280 und ist die einzige, die vollständig erhalten blieb.
  • Die zweite Version, die Hauksbók, wurde zwischen 1306 und 1308 von Haukr Erlendsson († 1331) zusammengestellt, ist aber nicht ganz vollständig.
  • Die dritte Version, die Melabók, kann nur mit einer gewissen Unsicherheit Snorri Markússon (1313) aus Melar in Melasveit zugeschrieben werden. Sie ist nur fragmentarisch in zwei Pergamenthandschriften erhalten. Die Melabók ist aber diejenige Version, die den ursprünglichen Text am reinsten überliefert.
  • Teile der Melabók befinden sich in der von Þórður Jónsson aus Hítardalur verfassten Þórðarbók, einer Version der Landnámabók aus dem 17. Jahrhundert.
  • Etwas älter ist die Skarðsárbók, die vor 1636 von Björn Jónsson kompiliert wurde, der für seine Version aus der Sturlubók und der Hauksbók schöpfte.

Im Epilog der Hauksbók erwähnt Haukr noch andere, ältere Fassungen, die aber nicht erhalten geblieben sind. Er erwähnt auch, dass die Ur-Landnámabók auf Ari Þorgilson und Kolskeggr Asbjarnarson zurückgehen soll, und in der Zeit um 1100 entstanden ist, die andere, die Styrmisbók, soll Styrmir Kárason († 1245) um 1220 verfasst haben; sie ist eng mit der Melabók verwandt.

Literatur

  • Islands Besiedlung und älteste Geschichte. Übertragen von Walter Baetke. Neuausgabe mit einem Nachwort von Rolf Heller. Diederichs, Düsseldorf u. a. 1967, (Thule Bd. 23).
  • Jón Jóhannesson: A history of the Old Icelandic commonwealth. Íslendinga saga. University of Manitoba Press, Winnipeg 1974, (University of Manitoba Icelandic studies 2).
  • Rudolf Simek, Hermann Pálsson: Lexikon der altnordischen Literatur. Kröner, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-49001-3, (Kröners Taschenausgabe 490), S. 222–223.

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