Lateinischer Buchstabe

Lateinischer Buchstabe
Lateinisches Alphabet
Schrifttyp Alphabet
Sprachen siehe Liste
Verwendungszeit seit ~700 v. Chr.
Abstammung Phönizisches Alphabet
 → Griechisches Alphabet
  → Etruskische Schrift
   → Lateinisches Alphabet
Abgeleitete siehe Liste
Verwandte Kyrillisches Alphabet
Koptisches Alphabet
Armenisches Alphabet
Runen
Unicode-Block Basic+ExtA/B: U+0000-U+024F
ISO 15924 Latn

Das lateinische Alphabet (auch römisches Alphabet genannt) wurde von der lateinischen Sprache auf viele romanische, germanische, slawische, finno-ugrische und weitere Sprachen übertragen und ist das am weitesten verbreitete Alphabet der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Datei:Latin alphabet world distribution.svg
Weltweite Verwendung des lateinischen Alphabets:
██ ausschließlich lateinisches Alphabet
██ lateinisches Alphabet neben anderen Schriftsystemen

Das lateinische Alphabet wurde, über Vermittlung der Etrusker, aus dem westgriechischen Alphabet entlehnt. Das archaische lateinische Alphabet bestand aus 21 Buchstaben: A B C D E F H I K L M N O P Q R S T V X Z.

Das Zeichen für den griechischen Laut /dz/ wurde an siebter Stelle des Alphabets tradiert, obwohl es dafür lautlich keine Verwendung gab. Die Abschaffung dieses Zeichens soll auf Spurius Carvilius Ruga zurückgehen, einen freigelassenen Sklaven, der die erste Schule mit zahlungspflichtigem Unterricht eröffnete.

C wurde für den stimmlosen (/k/) und den stimmhaften (/g/) Velar verwendet. Das zeigen noch die Abkürzungen C. für Gaius und Cn. für Gnaeus und inschriftliche Formen wie CRATIA. Ruga soll es gewesen sein, der durch Hinzusetzen eines diakritischen Striches zum C den Unterschied von C = /k/ und G = /g/ einführte, ohne dass beide Schreibformen aber schon als verschiedene Buchstaben benannt und gezählt worden wären. Im Ergebnis bestand das klassische lateinische Alphabet aus (ohne G) 20 Buchstaben: A B C D E F (G) H I K L M N O P Q R S T V X.

Weitere Veränderungen ergaben sich, nachdem das griechische Mutterland 146 v. Chr. unterworfen und dem Staatsgebiet des Römischen Reiches eingegliedert worden war und verstärkter Bedarf entstand, griechische Namen und Fremdwörter in lateinischer Schrift wiederzugeben. Das griechische Ypsilon, das die Römer nach etruskischem Vorbild für U/V und für griechisch Y verwendeten, wurde aus dem griechischen Alphabet noch einmal entlehnt und für Y reserviert. Desgleichen wurde noch einmal Z für /dz/ entlehnt und diesmal an das Ende des Alphabets gestellt: ζώνη zona (Gürtel, Zone), κύκλος cyclus (Kreis, Zyklus).

In der spätantiken Grammatik konsolidierte sich die Zählung und Unterscheidung der lateinischen Buchstaben dann auf 23: A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z. Das lateinische Mittelalter legte auf diese Zahl auch darum besonderen Wert, weil sie zwischen den Buchstabenzahlen des hebräischen (22) und des griechischen (24) Alphabets liegt und das lateinische Christentum sich dadurch in seiner Stellung als Erbe beider Kulturen bestätigt sah.

Die Römer und das Mittelalter verwendeten die Buchstaben I und V sowohl als Vokal ([i] bzw. [u]), wie auch als Halbvokal bzw. Konsonant ([j] bzw. [w], Lautwert etwa wie das W in engl. water). Erst in der Folge humanistischer Reformprojekte der Renaissance – durch Alberti und Trissino in Italien sowie Tory und Meigret in Frankreich – wurde dies auch in der Schrift durch die Buchstaben J und U unterschieden. Ebenfalls nachmittelalterlich in der Bewertung als eigener Buchstabe ist der aus einer Ligatur von zwei V entstandene Buchstabe W (daher sein englischer Name „double u“ oder etwa in der französischen Aussprache „double v“).

Damit war dasjenige Alphabet, das man heute unter dem Begriff lateinisches Alphabet versteht, komplett. Es besteht aus folgenden 26 Buchstaben:

A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z.
a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, t, u, v, w, x, y, z.

Im Deutschen Alphabet kommen noch die Buchstaben Ä ä, Ö ö und Ü ü sowie – außer in der Schweiz und Liechtenstein – der Kleinbuchstabe ß hinzu.

Eine Umschrift anderer Alphabete in das lateinische Alphabet nennt man Romanisierung.

Die Römer kannten nur Großbuchstaben (Majuskel). Erst in der Spätantike und im Frühmittelalter entstanden die Kleinbuchstaben (Minuskel, Gemeine). Zur Geschichte der lateinischen Schrift vergleiche den Artikel „Lateinische Paläografie“.

Diakritika, Ligaturen, Variationen

Besonders im Mittelalter wurden viele häufige Präfixe, Suffixe und sogar Stämme mit Ligaturen und besonderen Zeichen abgekürzt.

In zahlreichen Sprachen wurde das lateinische Alphabet um diakritische Zeichen ergänzt (z. B. å, é, ï, ò, û), um weitere sprachspezifische Laute darstellen zu können. Extrem ist dieses Phänomen im Vietnamesischen ausgeprägt, welches wie das Türkische erst spät ein lateinisches Alphabet erhielt.

Daneben wurden Buchstabenkombinationen entwickelt (wie ch, sch, th, ng, sz), aus denen im Laufe der Zeit auch Ligaturen werden konnten, die später dann oft zu selbständigen Buchstaben wurden (wie W aus VV im Spätlateinischen, Englischen, Deutschen und Polnischen, æ aus a und e im Dänischen, Norwegischen und Isländischen oder ß aus langem s (ſ) und rundem s (s) bzw. im Deutschen aus ſ und z).

Außerdem entstanden neue Buchstaben, indem Buchstaben in ihrer Form differenziert wurden. Buchstaben wurden in ihrer Form modifiziert oder ergänzt (im klassischen Latein schon G in Unterscheidung zu C; auch Ð, z. B. im Isländischen, und Ŋ, z. B. im Samischen, stießen so zum Alphabet) bzw. aus ursprünglichen Varianten (Allografen) eines Buchstabens wurden eigenständige Buchstaben (im späteren Latein j neben i und u neben v).

Darüber hinaus wurde das lateinische Alphabet auch durch Buchstaben aus anderen (nicht-lateinischen) Alphabeten ergänzt (zu Zeiten des klassischen Lateins gelangten so Y und Z aus dem Griechischen ans Ende des lateinischen Alphabets, im Isländischen wurde der Buchstabe Þ (Thorn) aus dem Runenalphabet übernommen).

Siehe auch: Liste lateinisch-basierter Alphabete, Lateinische Paläografie

Aussprache

Die Aussprache der einzelnen Buchstaben hat sich schon innerhalb des römischen Reiches gewandelt (Lautwandel) und unterscheidet sich auch heute mehr oder weniger von einer Sprache zur anderen. Auch das internationale phonetische Alphabet (IPA) basiert zum Großteil auf dem lateinischen Alphabet (wobei eine Variante des lateinischen Alphabets, das pannigerianische Alphabet, wiederum Zeichen aus dem IPA übernommen hat).

Typografie und Eigenschaften lateinischer Buchstaben

Die Buchstaben des lateinischen Alphabets lassen sich hinsichtlich ihrer graphischen Umsetzung sowie unter weiterführenden Zusammenhängen einordnen (Bezug auf standardgemäße Druckschrift).

Eigenschaft Majuskeln Minuskeln
Gleiche Groß- und Kleinschreibung C, O, P, S, U, V, W, X, Z c, o, p, s, u, v, w, x, z
Bögen und Geraden B, D, G, J, P, Q, R, U a, b, d, e, f, g, h, j, m, n, p, q, r, t, u, y
Keine Bögen A, E, F, H, I, K, L, M, N, T, V, W, X, Y, Z i, k, l, v, w, x, z
Keine Geraden C, O, S c, o, s
Diagonale A, K, M, N, R, V, W, X, Y, Z k, v, w, x, y, z
Mit umschlossenen Flächen A, B, D, O, P, Q, R a, b, d, e, g, o, p, q
Keine umschlossenen Flächen C, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, S, T, U, V, W, X, Y, Z c, f, h, i, j, k, l, m, n, r, s, t, u, v, w, x, y, z
Horizontale und vertikale Symmetrie H, I, O, X l, o, x
Nur horizontale Symmetrie B, C, D, E, K c
Nur vertikale Symmetrie A, M, T, U, V, W, Y i, v, w
Drehsymmetrie (Ambigraph) H, I, N, O, S, X, Z l, o, s, x, z
Römische Zahlen C, D, I, L, M, V, X
Vertikale Achse links B, D, E, F, K, L, P, R b, f, h, k, l, n, p, r, t
Vertikale Achse rechts J d, j, q, u, y
Vertikale Achse zentral oder doppelt H, I, M, N, T, Y i, l, m
Unterlänge (J), (Q) (f), g, (h), j, p, q, y, (z)
Oberlänge A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N, O, P, Q, R, S, T, U, V, W, X, Y, Z b, d, f, h, k, l, t

Zeichenkodierung

Die 26 Grundbuchstaben des lateinischen Alphabets und die wichtigsten Satz- und Sonderzeichen sind in dem mit 7 Bits zu adressierenden (also 128 Codepositionen umfassenden) ASCII-Code enthalten, der 1968 eingeführt wurde. Um die je nach Land oder Sprache zusätzlich benötigten Sonderzeichen einzubeziehen, wurden im Rahmen von ISO 646 Varianten dieses Codes geschaffen, bei denen einzelne Zeichen des 7-Bit-Codes ausgetauscht wurden.

Später wurden auf dem ASCII aufbauende, je nach Region der Erde unterschiedliche 8-Bit-Codes entworfen, die jeweils 128 weitere Zeichen adressieren können. Die verbreitetsten dieser 8-Bit-Codes sind Latin-1 bis Latin-10 des internationalen Standards ISO 8859 (ASCII+ANSI) und ISO 6937. In dieser Phase der Entwicklung ging jedes Computersystem seinen eigenen Weg, verbreitete Implementierungen sind die Windows-Codepages (z. B. Windows-1252 für Westeuropa), Macintosh Roman und die IBM-Codepages (z. B. Codepage 437 oder 850).

Um die für alle Sprachen der Welt benötigten Zeichen in einem einzigen Code zusammenzufassen, wurde 1991 der zunächst 16 Bit umfassende (und inzwischen beliebig erweiterbare) Unicode geschaffen, der in einer Reihe sogenannter Blöcke lateinische Buchstaben mit diakritischen Zeichen enthält (Details dazu unter Lateinische Buchstaben in Unicode). Der zugehörige ISO-Standard ist das ISO 10646 Universal Character Set, das parallel aufgebaut und konform gehalten wird.

Literatur

  • Carl Faulmann: Das Buch der Schrift, enthaltend die Schriftzeichen und Alphabete aller Zeiten und aller Völker des Erdkreises. 1878, aktuell in Nachdrucken erhältlich.
  • Harald Haarmann: Geschichte der Schrift. C. H. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47998-7.
  • Harald Haarmann: Universalgeschichte der Schrift. Campus Verlag, Frankfurt/Main; New York 1990, ISBN 3-593-34346-0.
  • Hans Jensen: Die Schrift in Vergangenheit und Gegenwart. 1987 (Reprint), ISBN 3-326-00232-7.

Weblinks

Unicode Code Charts (PDF):


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