- Latrun-Gebiet
-
Latrun auf der Karte des Westjordanlandes
Der Ort Latrun (arabisch اللطرون al-Latrūn, hebräisch לטרון) liegt etwa 15 km westlich von Jerusalem im Ajalon-Tal, das während der ganzen Geschichte stets von strategischer Bedeutung war. Der Ursprung des Namens ist nicht gesichert. Wahrscheinlich ist es eine Verfälschung von „Le toron des chevaliers“, einer Kreuzfahrerburg deren Reste noch in der Nähe erkennbar sind.
Bei Latrun teilt sich die Straße, die von Tel Aviv kommt, in zwei Richtungen, die beide nach Jerusalem führen: die eine über Scha′ar haGai (heute die Hauptstrecke zwischen Tel Aviv und Jerusalem), die andere verläuft nördlich davon über Beit Horon. Latrun befindet sich außerhalb der grünen Linie, ist also nicht Teil Israels, sondern gehört zum Westjordanland.
Inhaltsverzeichnis
Biblische Geschichte
Im Gebiet von Latrun (bei Beth Horon) soll im 13. Jahrhundert v.u.Z. der Kampf Joshua Ben Nuns gegen fünf Amoriterkönige stattgefunden haben. Nach biblischer Überlieferung rief Joschua die Sonne an stillzustehen, um den Kampf noch am Freitag vor dem Shabbat siegreich zu Ende führen zu können. „Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im Tal Ajalon. Da stand die Sonne still und der Mond blieb stehen, bis sich das Volk an seinen Feinden gerächt hatte.“(Josua 10:12-13).
Unabhängigkeitskrieg
Im Unabhängigkeitskrieg von 1948 fand hier einer der erbittertsten Kämpfe zwischen Israelis und Arabern um die Kontrolle der Straße zum belagerten Jerusalem statt. Auf einem Hügel über der Straße hatten die Briten bereits 1943 eine festungsartige Polizeistation errichtet. Der britische Ingenieur Tegart, nach dem der Bau auch benannt ist, entwarf den Komplex mit einem Turm und zahlreichen Schießscharten. Beim Rückzug der britischen Armee am 14. Mai 1948 wurde diese Station der Arabischen Legion übergeben. Am Folgetag versuchten zwei israelische Bataillone vergeblich, die Station zu stürmen. Die Israelis verloren bei dieser „Ben Nun“ genannten Operation 74 Mann. Am 30. Mai 1948 unternahmen die Israelis mit der Operation „Ben Nun B" einen weiteren Versuch die Station zu nehmen, trotz Artillerieunterstützung scheiterten sie aber an den Minenfeldern rund um die Station, wobei auf israelischer Seite 31 Mann fielen. Nach diesem zweiten Fehlschlag wurde eine alternative Route (südlich der Straße durch das Bab al-Wad, dem „Tor zum Tal“, hebr.: Scha′ar haGai) nach Jerusalem ausgebaut, die als „Burma-Straße“ in die Geschichte Israels einging. In der Nacht zum 9. Juni 1948 erfolgte unter dem Kommando von David Marcus ein Angriff auf die Ostseite der Station („Operation Joram“), der wegen eines Orientierungsfehlers eines Kompaniechefs abermals scheiterte. 19 weitere israelische Soldaten fielen, als am 16. Juli 1948 zwei Palmach-Bataillone die Polizeistation ergebnislos angriffen. Am 18. Juli 1948 machten die Israelis einen letzten Versuch zur Eroberung der Station. Mit Unterstützung durch Artillerie und Panzerfahrzeuge rückten sie vor, doch Kommunikationsprobleme zwangen zum Abbruch des Angriffs. Es gab zwar keine Verluste an Menschenleben, aber bei Kriegsende war die Station immer noch in jordanischer Hand.
Sechs-Tage-Krieg
Gemäß dem Waffenstillstandsabkommen von 1948 musste die Straße von Tel Aviv nach Jerusalem, die von der Station kontrolliert wurde, für den israelischen Verkehr geöffnet werden. Jordanien ignorierte das Abkommen insoweit jedoch und so musste bis zum Sechs-Tage-Krieg von 1967 ein Umweg benutzt werden. Zwischen 1948 und 1967 war die Polizeistation von Latrun auch in einige Zwischenfälle verwickelt, die israelische Bauern daran hindern sollten, ihre Felder zu bearbeiten. Im Sechs-Tage-Krieg wurde die Station von der israelischen Harel-Brigade nach ausgiebiger Artillerievorbereitung erobert. Die Bewohner der Dörfer ʿImwās, Bait Nubā und Yālū wurden vertrieben, die Dörfer zerstört. Jahre später wurden auf deren Land die Siedlung Mewo Choron und der Kanadapark errichtet.
Gedenkstätte und Museum
Seit 1982 befindet sich in der ehemaligen Polizeistation die Gedenkstätte der Panzertruppe der israelischen Armee Yad La'Shiryon. Im angegliederten Militärmuseum werden mehr als 200 Panzer und andere Militärfahrzeuge ausgestellt, außerdem informiert ein multimediales museumspädagogisches Konzept über die geschichtlichen Zusammenhänge. Ein Freilichttheater steht für zivile und militärische Veranstaltungen zur Verfügung.
Trappistenkloster
Südlich des Panzermuseums befindet sich das 1890 von Trappisten gegründete Schweigekloster. Im Ersten Weltkrieg vertrieben die Türken die Mönche und zerstörten das Kloster. Die Mönche kehrten 1927 zurück und bauten das Kloster neu auf. Der Wiederaufbau wurde 1954 mit Errichtung des Glockenturmes abgeschlossen. Das Kloster stellt qualitativ hochwertige Weine und Olivenöle her, die auch im Klosterladen erworben werden können. Der Klostergarten beherbergt eine kleine Sammlung von archäologischen Funden aus der Gegend.
Jesusbruderschaft Gnadenthal
Oberhalb des Trappistenklosters, am Hügel der alten Kreuzritterburg lebt eine kleine Gemeinschaft der Jesusbruderschaft. Dort stehen auch einige Zimmer für Gäste aus dem Land jeweils zwischen Montag und Freitag bereit.
Templerburgruine
Oberhalb des Trappistenklosters liegen die Reste der Burganlage Toron de Chevalier. Es handelt sich um eine ehemalige Burg des Templerordens aus dem 12. Jahrhundert. Die Befestigung diente der Sicherung der Pilger- und Heerstrasse von Jaffo nach Jerusalem. Saladin ließ die Burganlage zerstören. Der heutige Ortsname Latrun wird sowohl von der arabischen Form des Burgnamens el-Toron, als auch von Castellum Boni Latronis (Burg des guten Diebes) hergeleitet. Die letztere Variante bezieht sich auf den reuigen Dieb, der neben Jesus am Kreuz starb (Lukas 23, 40-43).
Heute sind von der Burganlage neben einem Turmstumpf noch einige Mauer- und Gewölbereste sehr gut erkennbar. Das gesamte Areal ist aber von Schützengräben und Stellungen aus den Kriegen 1948/1967 durchzogen.
Weblinks
31.83555555555634.980277777778Koordinaten: 31° 50′ 8″ N, 34° 58′ 49″ O
Wikimedia Foundation.