- Leipziger Literaturinstitut
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Das Deutsche Literaturinstitut Leipzig (DLL) an der Universität Leipzig bietet eine Universitätsausbildung für Schriftsteller im deutschen Sprachraum. Neben dem Studiengang „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ der Universität Hildesheim stellt das Literaturinstitut die einzige Möglichkeit dar, an einer deutschsprachigen Universität literarisches Schreiben zu studieren. Das sechssemestrige Studium umfasst die Fächer Prosa, Lyrik und Dramatik/Neue Medien, seit dem Wintersemester 2006/07 ist eine Bachelor/Master-Studienordnung in Kraft.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Literaturinstitut „Johannes R. Becher“
1955 wurde in Leipzig auf Beschluss der DDR-Regierung ein Literaturinstitut gegründet, das 1958 Hochschulstatus erhielt und dem 1959 der Name „Johannes R. Becher“ verliehen wurde. Die Lehre an dem Institut knüpfte an die Interessen junger Autoren an. Seminare für Lyrik, Prosa und Dramatik standen im Mittelpunkt der Ausbildung. Daneben wurden Lehrveranstaltungen angeboten, die den geistigen Horizont erweitern und das literarische Schaffen stimulieren sollten: deutsche Literatur, Weltliteratur, sowjetische Literatur, Ästhetik, Kulturwissenschaft, Stilistik, Literaturkritik, Kunst- und Musikgeschichte und auch das an allen DDR-Hochschulen obligatorische Fach Marxismus-Leninismus.
Zum Studium gehörten auch jährliche Praktika im VEB Braunkohlenwerk Regis. Höhepunkte der Semester waren Werkstattlesungen vor dem Institutsplenum, bei denen Studenten ihre Texte unter Verzicht auf jegliche zusätzliche Kommentierung vortrugen und der öffentlichen Kritik aussetzten.
Neben dem Direktstudium am Literaturinstitut gab es auch die Möglichkeit eines Fernstudiums (postgraduales Studium). Studenten dieser Studienform trafen sich alle vier Wochen für drei Wochenendtage.
Aufgabe des Institutes war die Erziehung von Schriftstellern zum sozialistischen Realismus im Sinne der SED. Dennoch herrschte im Schutz des staatlichen Instituts eine Atmosphäre relativer Offenheit, die eine ansehnliche Zahl auch international anerkannter Autoren hervorbrachte.
Die zentrale Gestalt des Institutes war über anderthalb Jahrzehnte der Lyriker Georg Maurer, der von 1955 bis 1970 die schöpferischen Seminare leitete und ein ganze Generation junger DDR-Dichter prägte (Sächsische Dichterschule).
Der Freistaat Sachsen löste das Literaturinstitut per Beschluss zum 31. Dezember 1990 mit der Begründung auf, das Studienangebot entspräche nicht den Anforderungen einer freiheitlichen Gesellschaft bzw. eines demokratischen Rechtsstaates und der sozialen Marktwirtschaft. Der Unterricht sei auf die Ideologie sowie die Staats- und Gesellschaftsordnung des real existierenden Sozialismus festgelegt gewesen. Die letzten Absolventen des Literaturinstitutes erhielten ein „Diplom für literarisches Schreiben“. Dies darf als Novum angesehen werden.
Aufgrund von Protesten der Studenten (u. a. Besetzung des Instituts vom 1. bis 6. Januar 1991), der Widerstände von Abgeordneten, Wissenschaftlern und zahlreichen Schriftstellern, unter ihnen Hans Mayer und Walter Jens, musste das Sächsische Staatsministerium neu über das Literaturinstitut nachdenken. In dem Ergebnis entstand ein Konzept, nach dem das alte Institut aufzulösen und ein neues zu gründen sei.
Deutsches Literaturinstitut
Unter dem Dach der Universität Leipzig wurde das Deutsche Literaturinstitut gegründet, das 1995 den Lehrbetrieb aufnahm. Seit 1999 wird die Funktion der Leitung durch einen geschäftsführenden Direktor wahrgenommen, in der sich die Professoren des Institutes abwechseln. Im Wintersemester 2006/07 löste der Bachelor-Studiengang Literarisches Schreiben den Diplomstudiengang ab. Das Studienangebot gliedert sich in Theorie- und Praxisseminare. Literaturgeschichtliche und -theoretische Grundlagen bilden für die Studenten die Voraussetzung, um die Bauweise von Texten verstehen und kritisieren zu können. Über konkrete Arbeit an Texten hinaus dienen Werkstattseminare der kritischen Kompetenzerweiterung. Den Studenten wird die Möglichkeit geboten, sich in unterschiedlichen Textformen auszuprobieren. Neben Seminaren zu Prosa, Lyrik und Dramatik gibt es Veranstaltungen zum journalistischen Schreiben, Hörspiel, oder z.B. zur Werbung. Da jedes Jahr nur um die 20 Bewerber angenommen werden und die Lehrveranstaltungen zum größten Teil im selben Haus stattfinden, herrscht unter den Studenten ein reger Austausch. Bislang konnten nicht wenige der Absolventen literarisch in Erscheinung treten.
Einmal im Jahr erscheint die Anthologie „Tippgemeinschaft“, in der sich die Studenten der Leserschaft vorstellen.
2005 wurde das Institut mit dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet.
Institutsdirektoren
- Alfred Kurella 1955–1957
- Max Zimmering 1958–1964
- Max-Walter Schulz 1964–1983
- Hans Pfeiffer 1985–1989
- Helmut Richter 1990–1992
- Peter Gosse 1992–1993
- Bernd Jentzsch 1995–1999
- seit 1999 wechseln sich Hans-Ulrich Treichel, Josef Haslinger und später auch Michael Lentz als geschäftsführender Direktor ab.
- Derzeitiger Direktor: Michael Lentz.
Dozenten
Als Dozenten sind oder waren u.a. tätig:
- Werner Fritsch
- Christoph Hein
- Norbert Hummelt
- Terezia Mora
- Herta Müller
- Ulrich Plenzdorf
- Moritz Rinke
- Roland Schimmelpfennig
- Jens Sparschuh
- Florian Thalhofer
- Uli Winters
- Juli Zeh
Bekannte Absolventen (Johannes R. Becher-Institut)
- Werner Bräunig
- Heinz Czechowski
- Kurt Drawert
- Adolf Endler
- Rolf Henrich
- Holger Jakisch
- Karl-Heinz Jakobs
- Rainer Kirsch
- Sarah Kirsch
- Barbara Köhler
- Angela Krauß
- Eckart Krumbholz
- Katja Lange-Müller
- Erich Loest
- Dieter Mucke (aus politischen Gründen exmatrikuliert)
- Gert Neumann (aus politischen Gründen exmatrikuliert)
- Helga M. Novak (aus politischen Gründen exmatrikuliert)
- Richard Pietraß
- Andreas Reimann (aus politischen Gründen exmatrikuliert)
- Bernd Rump
- Klaus Schlesinger
- Martin Stade (aus politischen Gründen exmatrikuliert)
- Gerti Tetzner
- Fred Wander
Bekannte Absolventen (DLL)
- Robby Dannenberg
- Patrick Findeis
- Lucy Fricke
- Franziska Gerstenberg
- Simone Gertz
- Martina Hefter
- Kerstin Hensel
- Tobias Hülswitt
- Claudia Klischat
- Mareike Krügel
- Kristof Magnusson
- Clemens Meyer
- Saša Stanišić
- Anke Stelling
- Juli Zeh
Literatur
- Josef Haslinger, Hans-Ulrich Treichel (Hrsg.): Wie werde ich ein verdammt guter Schriftsteller?. Edition Suhrkamp, 2005. ISBN 3518123955. (Sammelband über das „creative writing“, in dem Autoren zu Wort kommen, die alle am Deutschen Literaturinstitut gelehrt oder studiert haben.)
- Gerrit Bartels: Punkrock als Nährboden. In: BELLA triste Nr. 12, 2005, ISSN 16181727. (Essay, in dem die Auswirkungen der „Institutsprosa“ auf die junge deutsche Gegenwartsliteratur reflektiert werden.)
Weblinks
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