Lew Kamenew

Lew Kamenew

Lew Borissowitsch Kamenew (russisch Лев Борисович Каменев  anhören?/i, geboren als Leo Rosenfeld; * 6. Julijul./ 18. Juli 1883greg. in Moskau; † 25. August 1936 ebenda) war ein sowjetischer Politiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kamenew mit Lenin nach dessen erstem Schlaganfall (1922)
Kamenew 1918

Kamenew wurde am 18. Juli 1883 in die Familie des Kursker Lokomotivführers Boris Rosenfeld (dieser war getaufter Jude), der bei der Moskau-Kursker Eisenbahn tätig war, hineingeboren. Sein Vater hatte das Petersburger Technologische Institut absolviert und seine Mutter die Bestuschewsche Frauenhochschule. 1901 bestand er die Reifeprüfung am Gymnasium in Tiflis und begann in Moskau Jura zu studieren, wo er im selben Jahr in die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) eintrat. Nach einer kurzen Haft 1902 gab Kamenew sein Studium auf und wurde als „Berufsrevolutionär“ für die Partei tätig. In Tiflis lernte er Josef Stalin kennen. 1902 bereiste Kamenew Europa, wo er Lenin und weitere Exilanten traf. Kamenew heiratete Olga Bronstein, die Schwester des damals bei den Sozialdemokraten einflussreichen Leo Trotzki.

1905 kehrte Kamenew nach Russland zurück, um an der ersten (niedergeschlagenen) russischen Revolution von 1905 teilzunehmen. 1907 wurde er verhaftet und verbrachte ein Jahr im Gefängnis. Nach seiner Entlassung 1908 ging er wieder in den Untergrund und wurde in Genf einer der engsten Mitarbeiter Lenins und unterstützte ihn bei der Herausgabe der bolschewistischen Propaganda-Organe, u. a. der Zeitung Der Proletarier. Gemeinsam mit Lenin und Sinowjew bekämpfte er in der Partei die Gruppe der sogenannten Otsowisten um Bogdanow und Lunatscharski.

1914 kehrte er nach Petersburg zurück, um dort die halb-legale Prawda herauszugeben und die bolschewistische Fraktion in der Duma zu leiten. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde er verhaftet und blieb bis 1917 in der Verbannung in Sibirien, wo er wieder auf Stalin traf.

1917 wurde Kamenew – trotz zuvor schwankender Haltung zur Revolution – erstmals ins Zentralkomitee der Partei gewählt und war seither einer der engsten Mitarbeiter Lenins, während der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk Vorsitzender der Delegation der bolschewistischen Regierung.

In der Sitzung vom 23. Oktober 1917 stimmte er zusammen mit Sinowjew gegen den Beschluss, zum bewaffneten Aufstand der Oktoberrevolution überzugehen. Zusammen mit Sinowjew verriet er anschließend in einem Zeitungsartikel den Aufstandsplan.[1]

Nach dem Sieg der Oktoberrevolution trat Kamenew für eine Koalitionsregierung ein, die auch sozialistisch orientierte Parteien einschließen sollte, die sich gegen die Bildung der ersten Sowjetregierung ausgesprochen hatten. Vom 9. bis 21. November 1917 war Kamenew der erste Vorsitzende des Gesamtrussischen Zentralexekutivkomitees (GZEK) und damit kurzzeitig Staatsoberhaupt Sowjetrusslands. Von 1917 bis 1926 war er Mitglied des Zentralkomitees und von 1919 bis 1926 Mitglied des Politbüros des Zentralkomitees der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki) bzw. nach ihrer Umbenennung im Jahr 1918 der Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki), aus der später die KPdSU hervorging. Er war Leiter des Exekutivkomitees des Moskauer Sowjet und stellvertretender Vorsitzender des Rates der Volkskommissare.

Ursprünglich ein enger Weggefährte von Josef Stalin, geriet Kamenew mit ihm in innerparteilichen Konflikt und verlor 1925/26 zusammen mit Sinowjew als Exponent der sogenannten linken Opposition nach und nach alle seine Partei- und Staatsämter. 1927 wurde er, ebenso wie Radek, Sinowjew, Trotzki und andere, wegen oppositioneller Haltung aus der Partei ausgeschlossen, jedoch 1928, nachdem er sich der herrschenden Richtung unterworfen hatte, wieder in die Partei aufgenommen.

Während der Stalinschen Säuberungen wurde er im ersten Schauprozess 1936 verurteilt und danach hingerichtet. Kamenew wurde 1988 in der Sowjetunion rehabilitiert.

Die Kugeln, mit denen Kamenew und Sinowjew getötet wurden, wurden in ein kleines Glaskästchen mit dem darauf geschriebenen Namen des Opfers gesteckt und vom Geheimdienstchef Genrich Jagoda privat behalten. Als Jagoda exekutiert worden war, übernahm sein Nachfolger Nikolai Jeschow die Kugeln, die nach dessen Exekution in den Besitz seines Nachfolgers, Lawrenti Beria, übergingen.

Literatur

  • Jürg Ulrich: Kamenew: Der gemäßigte Bolschewik. Das kollektive Denken im Umfeld Lenins. VSA Verlag, Hamburg 2006, ISBN 3-89965-206-1
  • „Unpersonen“: Wer waren sie wirklich? Bucharin, Rykow, Trotzki, Sinowjew, Kamenew. Dietz Verlag, Berlin 1990, ISBN 3-320-01547-8

Quellenhinweise

  1. Leo Trotzki, Geschichte der russischen Revolution, Bd. 2, Kap. 20, „Lenin ruft zum Aufstand“; siehe auch Lenin: “Letter To Bolshevik Party Members”, Collected Works, Bd. 26, S. 216-219

Weblinks


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