Liebfrauenkirche (Arnstadt)

Liebfrauenkirche (Arnstadt)
Die Liebfrauenkirche von Süden

Die Liebfrauenkirche ist eine evangelische Pfarrkirche im thüringischen Arnstadt. Der im Wesentlichen im 12. und 13. Jahrhundert errichtete Bau gilt neben dem Naumburger Dom (heute Sachsen-Anhalt) als wichtigster Kirchenbau der Übergangsphase von der Romanik zur Gotik in Thüringen.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Die Bauphase

Historiker gehen davon aus, dass die Stelle, an der heute die Liebfrauenkirche steht, dem Standort des in der Schenkungsurkunde des Thüringer Herzogs Hedan II. an den angelsächsischen Bischof Willibrord von Utrecht aus dem Jahr 704 entspricht und hier auch die erste Kirche Arnstadts stand, von der noch Reste des Fundaments existieren.

Mit dem Bau der Liebfrauenkirche wurde um 1200 begonnen. Zunächst wurde eine dreischiffige Basilika mit romanischem Hallenchor und doppeltürmiger Westfront in spätromanisch-frühgotischen Formen errichtet. Dieser Bauabschnitt war um 1220 beendet.

Um 1250 erhielt die ursprünglich flachgedeckte eine frühgotische Gewölbeabdeckung. Dabei wurden Fenster und Arkaden zur noch heute zu sehenden Gestalt gegliedert. Hier sind deutliche Einflüsse der Maulbronner Bauhütte erkennbar. Nach 1275 erfolgte der Bau eines Querschiffes anstelle des romanischen Chores und ein hochgotischer Hallenchor wurde angebaut. Außerdem wurden die Türme in gotischem Stil fertig gestellt.

Die Liebfrauenkirche als Klosterkirche

Mit der Verlegung des Benediktinerinnen-Klosters St. Walpurgis vom zwei Kilometer südlich Arnstadts gelegenen Walpurgisberg an die Liebfrauenkirche erhielt die Kirche eine über die Funktion einer Pfarrkirche hinausgehende Bedeutung. Mit dem Bau einer Nonnenempore und dem Einsetzen farbiger Fenster, von denen heute noch zwei Apostelfiguren und ein Passionszyklus in den Seitenschiffen zu sehen sind, wurde der Bau der Kirche 1330 vorerst abgeschlossen.

Um 1475 fanden im Klosterbereich erneut Bauarbeiten statt. Hauptsächlich wurde dabei die Grabkapelle der Schwarzburger Grafen errichtet. Außerdem erhielt 1489 der Glockenturm eine ziegelgedeckte Turmspitze. Mit der Reformation wurde das Walpurgis-Kloster aufgelassen und die Kirche verlor an Bedeutung. Sie wurde danach nur wenig genutzt und 1813 endgültig geschlossen. Danach wurde die Kirche sogar vorübergehend als Magazin genutzt. Damit wurde der schon vorher begonnene Verfall beschleunigt.

Restaurierungsarbeiten im 19. Jahrhundert

Nachdem es 1842 bereits einen Aufruf zu Spenden für den Erhalt der Liebfrauenkirche gab, die zur Erneuerung der Dächer im Jahr 1843 führte, und sich 1855 ein Verein zur Wiederherstellung der Liebfrauenkirche gegründet hatte, begannen ab 1880 erste Restaurierungsarbeiten. Unter Leitung von Baumeister Hubert Stier wurden die Südwand des Querschiffs erneuert, die Chorfenster mit Ziergiebeln neu gebaut, die Westfassade umgestaltet und der Glockenturm völlig verändert. Er erhielt dabei eine schwere Steinspitze. Im Rahmen dieser Bauarbeiten wurde 1883 die Nonnenempore abgerissen. Außerdem erhielten die Kirchenschiffe eine historisierende Innenausmalung.

Historische Rekonstruktion im 20. Jahrhundert und bis heute

Das Nordportal der Liebfrauenkirche um 1900

Im Jahr 1910 begannen erneut Bauarbeiten mit dem Ziel der möglichst weitgehenden Herstellung des Originalzustands. Unter Leitung des Architekten Martin Schwarz wurden die Westtürme abgetragen und neu aufgemauert und der Westgiebel einschließlich der Marienstatue abgenommen. Das Dach erhielt wieder die Form eines Walmdachs. Außerdem wurde die Innenausmalung wieder entfernt.

1942 wurde die aus dem Jahr 1585 stammenden bronzenen Glocken abgenommen und für Kriegszwecke eingeschmolzen. Sie wurden im Rahmen von 1954 begonnen umfassenden Rekonstruktionsarbeiten im Jahr 1959 durch drei Eisenhartgussglocken ersetzt. Im Rahmen dieser Rekonstruktion wurde auch 1958 der neugotische Turm aus dem Jahr 1881 zur Entlastung der Fundamente auf die heutige Form zurückgebaut und 1960 die farbigen Fenster im Chorbereich entfernt. Nach Abschluss dieser Rekonstruktionsarbeiten wurde die Kirche am 7. November 1973, dem Willibrordstag, wieder eingeweiht. 1978 erhielt die Kirche eine neue Schuke-Orgel mit 27 Registern, zwei Manualen und etwa 1900 Pfeifen, die aus klanglichen Gründen im Querschiff installiert und damit ein freier Blick auf die Westfront geschaffen wurde. Sie ertönte am 13. Juni 1979 zum ersten Mal öffentlich.

Die Liebfrauenkirche während der Rekonstruktionsarbeiten 2004

Von 1991 bis 1994 erfolgte eine Teilsanierung des Daches und 1996 die Instandsetzung des Nordwestturms. Trotz aller erfolgten Instandsetzungs- und Rekonstruktionsarbeiten bestand aber weiterhin dringender Sanierungsbedarf. So waren die Chorstrebepfeiler einsturzgefährdet und auch an den anderen Pfeilern gab es erhebliche Bauschäden. Deshalb wurde am 4. November 2000 das Kuratorium zur Erhaltung der Liebfrauenkirche unter Schirmherrschaft der Thüringer Kultusministerin Dagmar Schipanski gegründet. Durch die Arbeit des Kuratoriums konnte die Sanierung der Chorstrebepfeiler sowie die Sicherung der anderen Pfeiler bis zum Mai 2001 abgeschlossen werden. Ende 2001 begann die Sanierung des Daches mit einer Neueindeckung und dem Ausbessern des Deckenputzes. Anlässlich der 1300-Jahr-Feier der Stadt Arnstadt wurde 2004 wieder ein vierstimmiges Geläut aus Bronzeglocken installiert.

Literatur

  • Helga Möbius: Liebfrauenkirche Arnstadt. 3. Auflage, Schnell & Steiner, Regensburg 2004, ISBN 978-3-7954-5724-2.

Weblinks

 Commons: Liebfrauenkirche (Arnstadt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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