Linientaxi

Linientaxi

Die ÖPNV-Sonderformen stellen eine bedarfsorientierte Gattung des öffentlichen Personennahverkehrs im Stadt- oder Gemeindeverkehr dar. Die Spanne reicht dabei von Linienbussen, die nach Anforderung die üblichen Haltestellen auf festgelegten Linienwegen zu normalen ÖPNV-Fahrpreisen anfahren, bis zu Taxis, die zu festgelegten Abfahrtszeiten individuell teils von Haustür zu Haustür fahren.

Bereits der Einsatz von kleineren Bussen − eventuell auf veränderten Linienwegen (beispielsweise Ringlinien) − stellt in gewisser Weise eine bedarfsorientierte Bedienung dar. Eine reguläre Linienbedienung per Kleinbus wird deshalb manchmal auch unter den hier genannten Begriffen angeboten, jedoch fehlt dann der Punkt einer bedarfsorientierten Bedienung durch vorherigen Anruf (Bestellung). Allerdings können Linienbusse je nach Bedarf durch Taxis ersetzt oder von Bürgervereinen als Bürgerbus betrieben werden.

Inhaltsverzeichnis

Unterschiedliche Bezeichnungen

Für diese flexiblen Bedienformen zwischen Linienbus und Taxi gibt es sehr unterschiedliche Bezeichnungen:

  • Anruflinienfahrt (ALF)
  • Anruflinienbus, Anruflinientaxi (ALT, alita)
  • Linienbedarfstaxi (LBT)
  • Linientaxi
  • Anrufbus, Rufbus, „Ruf-mich-Bus“
  • Anrufsammeltaxi (AST, ASTax)
  • Anruftaxi, Ruftaxi [eigentlich wird jedes Taxi (an)gerufen]
  • Taxibus (Kleinbus – unpräzise: ein Großraumtaxi ist auch ein „Taxibus“)
  • Trampbus
  • Publicar (Schweiz)
  • mobilSAM

Anruflinien

Die Spannbreite reicht vom bedarfsorientierten Taktbetrieb bis zur Einzelbedienung auf Anforderung. Es können auch einzelne Linienäste (z.B. abgelegene Ortschaften) nur auf Anforderung bedient werden. Möglich ist eine Kombination aus regulärem und Anrufbetrieb, wenn bei zentralen Haltestellen (Bahnhof, Umsteigepunkt) auf eine Anmeldung verzichtet wird.

Unterscheidungsmerkmale

Die grundlegenden Unterscheidungsmerkmale bestehen

  • zum Linienbus darin, dass der Fahrgast seinen Fahrtwunsch über eine Rufsäule an der Haltestelle oder über eine spezielle Telefonnummer bei einer Leitstelle anmelden muss. Möglich ist auch die Anmeldung über einen Stadtbahn- oder Busfahrer. Die Bestellung muss eine gewisse Zeit vor dem fahrplanmäßigen Abfahrtstermin vorliegen, meistens 30–60 Minuten vorher. Damit kann das Fahrzeug bedarfsorientiert disponiert werden. Um die benötigte Bestellzeit zu verkürzen kann ein gut frequentierter Taxistandplatz an einer Umsteigehaltestelle genutzt werden.
  • zum normalen Taxi darin, dass die Fahrten zu festgelegten Fahrtzeiten und festen Nahverkehrstarifen (meistens mit Zuschlägen) ausgeführt werden. Möglichst viele Fahrgäste sollen gemeinsam befördert werden. Personen, die zur ungefähr gleichen Zeit eine ähnliche Strecke fahren wollen, werden also gleichzeitig befördert.

Üblicherweise haben die Anbieter des kommunalen ÖPNV für den Taxi-Einsatz Verträge mit einem oder mehreren örtlichen Taxiunternehmen geschlossen. Jeder Fahrgast hat einen tarifmäßig festgelegten Fahrpreis zu bezahlen. Er wird also nicht wie sonst üblich nach Fahrzeug und Taxameter berechnet.

Anruflinienbus, Rufbus

Die Fahrzeuge fahren auf festgelegten Linien – meistens auf derselben Strecke, die bei Zeiten stärkeren Fahrgastaufkommens vom normalen Linienverkehr benutzt wird. Allerdings fahren sie nur auf Bestellung und bedienen meist auch nur die Haltestellen, für die ein Bedienungswunsch vorliegt. In der Regel gilt der normale Tarif, in einigen Fällen muss ein Zuschlag entrichtet werden.

Da einerseits Routen befahren werden, die in den Außenbezirken meist von denen der Linienbusse abweichen und andererseits eine hohe Fahrtenfrequenz erreicht werden soll, kommen manchmal Mini- oder Kleinbusse zum Einsatz.

Manche Rufbus-Konzepte dienen dazu um Leerfahrten zu abgelegenen Haltestellen zu vermeiden. Rufbushaltestellen oder auch Bedarfshaltestellen genannt, werden nur noch angefahren wenn eine Bestellung eines Fahrgastes vorliegt. Die Rufbushaltestellen des ÖBB-Postbus senden die Bestellung direkt an den Lenker. Die technische Einrichtung der Rufbushaltestelle muss dabei so rechtzeitig die Bestellung wieder verhindern, so das der Lenker noch genügend Zeit hat die Haltestelle anzufahren. Dabei wird für diese Linien mit Rufbushaltestellen kein gesonderter Fahrplan erstellt. Wenn keine Bestellung vorliegt, geht die gewonnene Fahrzeit in die Fahrplanreserve ein die dem Lenker zur Verfügung steht. Dieses Konzept dient daher überwiegend zum Einsparen von Kilometerleistungen der Busse und zum höheren Fahrkomfort der Fahrgäste.

Anrufsammeltaxi

Bei diesen Systemen gibt es zwar ein festes Haltestellennetz, der Fahrtweg von Haltestelle zu Haltestelle ist jedoch beliebig und den jeweiligen Wünschen der Fahrgäste angepasst (oftmals Bedienung bis vor die Haustür). Es gelten meist spezielle, vom üblichen Nahverkehrstarif abweichende Preise bzw. Zuschläge.

In Deutschland bemühen sich verschiedene Flächenlandkreise um die Einführung von AST-Linien für die Bedienung des ländlichen Raumes.

  • Im Landkreis Waldeck-Frankenberg bestehen beispielsweise fünf AST-Linien, die eine ÖPNV-Versorgung bis 24 Uhr herstellen. Für die Nutzung wird zum regulären NVV-Tarif ein Komfortzuschlag (50 Cent oder 1 €) erhoben. Das Liniennetz ist so ausgelegt, dass durch Umsteigen auch abgelegene Orte erreicht werden können. Die Buchung der Taxis erfolgt über eine zentrale Rufnummer, um Betrug durch die Anbieter (Taxiunternehmen) vorzubeugen. Die Taxis können in den angefahrenen Orten an jeder Bushaltestelle halten, nicht jedoch an einer Wunschadresse.
  • Im Landkreis Cuxhaven besteht im südlichen Kreisgebiet ein umfassendes und flächendeckendes AST-Netzwerk in den Gemeinden Land Wursten, Langen, Schiffdorf, Loxstedt, Beverstedt und demnächst auch in Hagen.[1][2][3]
  • Im Gebiet der baden-württembergischen Stadt Kehl besteht mit dem AST eine Ausweitung des ÖPNV sonntags bis donnerstags bis 1 Uhr nachts, freitags und samstags bis 4 Uhr morgens. Im bestehenden System steigt der Fahrgast an jeder Linienbushaltestelle im Fahrgebiet ein.

Sonstige Linienverkehre

Linienbedienung mit Taxis

Wenig frequentierte Linien können auch von einem Taxi-Unternehmen übernommen werden. Anstelle von regulären Kleinbussen verkehren dann Taxis (Großraumtaxi oder Pkw), gegebenenfalls auch im Taktbetrieb.

Linientaxi

Mit dem Begriff Linientaxi ist meistens eine reguläre Linienbedienung nach festgelegtem Fahrplan mit einem Großraum-Pkw gemeint. In diesem Fall ist nur bei Gruppenfahrten eine vorherige Anmeldung erforderlich. Im Unterschied zum Bürgerbus erfolgt die Bedienung hierbei mit angestelltem, bezahlten Personal, meist eines beauftragten Taxibetriebes. Eine Linientaxi-Bedienung kann zu bestimmten verkehrsschwachen Zeiten auch per Anrufbus erfolgen.

Linientaxis finden sich sehr häufig in Osteuropa (Russland, Ukraine, Litauen) und werden dort „Marschrutni Taksi“, kurz Marschrutka, genannt. Seit dem Ende der Sowjetunion werden Lizenzen für privatwirtschaftliche (Klein-)Busunternehmer auf einer bestimmten Linie vergeben. Durch die je Bus vergebene Lizenz wird die Konkurrenz (um Fahrgäste/Einnahmen) zwischen den verschiedenen Fahrern auf einer Linie gefördert. Der Fahrpreis ist ein wenig teurer als beim Bus, aber dafür sind Linientaxis schneller und wegen dieses Vorteils meist überfüllt. Da dem ÖPNV in Osteuropa zumeist keine eigene Fahrspur zugestanden wird, kommt es durch plötzliches Anhalten auf Zuwinken zu Unfallsituationen. Darin besteht der Hauptkritikpunkt an dem sonst sehr effektiven System, das aber als Verband von Kleinstunternehmern auch kaum Lobby hat.

Bürgerbus

Unter einem Bürgerbus versteht man eine Buslinie, die sich in der Regel auf eine privaten Initiative hin gegründet hat (Bürgerbusverein), um Lücken im öffentlichen Personennahverkehr auszugleichen. Ein Bürgerbus kann auf Bestellung fahren – aber auch im regulären (Takt-)Betrieb. Charakteristisch ist für die meisten Bürgerbusse, dass sie mit Kleinbussen durch ehrenamtliche Fahrer gefahren werden.

Trampbus

Bei einem Trampbus ist auf Anforderung ein Ausstieg (evtl. auch Einstieg) außerhalb von Haltestellen oder zwischen den Haltestellen möglich. Solche Angebote eignen sich besonders im ländlichen, dünnbesiedelten Raum oder für Spät- und Nachtverkehre.

Bedarfsgesteuerter Flächenbetrieb

Im bedarfsgesteuerten Flächenbetrieb verkehren Anrufbusse kreuz und quer von Haus-zu-Haus oder Haltestelle-zu-Haltestelle. Das Konzept folgt der Idee, Personen in Kleinbussen ohne Fahrplan- und Linienbindung (Unterschied zum Anruflinienbus und Anrufsammeltaxi), jedoch mit Fahrtenbündelung (Unterschied zum Taxi) so individuell wie mit dem eigenen Personenwagen zu befördern.

Die besonderen Kennzeichen von Anrufbus-Systemen sind ihre spontane, flexible und einfache Nutzbarkeit („Anruf genügt!“) sowie der Einsatz von GPS-Satellitenortung, Datenfunk und PC-gestützter Tourenplanung („Telematik“). Der Anrufbus bildet eine Telematikanwendung im ÖPNV par excellence mit folgende Vorteilen: absolute räumliche und zeitliche Erschließung, umsteigefreie Verbindungen, maximale Netzbildungsfähigkeit sowie gute Zubringerfunktion zu regulären Linienbussen und Bahnen. In der Schweiz wird dieses System unter der Bezeichnung Publicar und in Luxemburg als Flexibus betrieben.

Fahrgastinformation

Anruflinienbusse stellen gegenüber dem regulären Taktbetrieb eine erhebliche Angebotsveränderung dar. Durch die notwendige Voranmeldung – auch für die Rückfahrt (im Allgemeinen mindestens 30–60 Minuten vorher, minutengenau; manchmal auch bereits am Vorabend) – sind spontane oder zeitlich nicht exakt planbare Fahrten kaum möglich. Auch die genauen Abfahrts- und Fahrtzeiten sind für die Fahrgäste nicht vorhersehbar. Die Angebote sind daher für bestimmte Fahrgastgruppen nicht nutzbar. Aus diesem Grunde ist eine deutliche Kennzeichnung in den Fahrplänen und örtlichen Aushängen unbedingt notwendig – ein einfaches Zeichen wie es für die Linienwegkennzeichnung üblich oder ein „A“ reichen nicht aus.

Anders ist die Situation, wenn die (Anschluss-)Bestellung unter Verkürzung der Voranmeldezeit auf 10 bis 20 Minuten bei einem Stadtbahn- oder Busfahrer erfolgen kann, solche Angebote können dann auch spontan genutzt werden. Es gibt außerdem die Möglichkeit, an einem zentralen Umsteigepunkt (Bahnhof oder ZOB in Innenstädten) eine Angebotsnutzung ohne Voranmeldung zu gestatten - dadurch entfällt für einen Großteil der Fahrgäste die Anmeldung in einer Fahrtrichtung. Es können auch mehrere Haltestellen von der Voranmeldung ausgenommen werden, dann entsteht eine Kombination aus regulärem Takt- und Anrufbetrieb. Hierbei bestehen allerdings hohe Anforderungen an Informationssysteme um einfach und nachvollziehbar zu informieren. Wenn der Grund für die Einstufung von einzelnen Haltestellen als Anrufhaltestellen nicht klar erkennbar ist, werden die Fahrgäste überfordert.

Wie beim regulären Linienbus gehören zur Fahrgastinformation am Fahrzeug Linienbezeichnung und Fahrtziel (Fahrweg). Weitere Punkte: Anschluss-, Netz- und Tarifinformationen und eine örtlich identifizierbare Telefonnummer (Ortsvorwahl). Sondernummern sind nur aus dem Festnetz zum Ortstarif erreichbar (0180er-Nummern), von Mobiltelefonen (Handy) sind höhere Tarife zu zahlen. Da die meisten Fahrgäste im ländlichen Raum Schüler sind und außerdem auch die Rückfahrt angemeldet werden muss, erfolgen sehr viele Anrufe von Mobiltelefonen.

Einzelbelege

  1. Beverstedt ist spitze mit den Sammeltaxis, Nordsee-Zeitung vom 23. August 2008, S. 26
  2. Erläuterungen und Preise auf bremerhavenbus.de
  3. Erläuterungen, Preise, Linien-Grafiken und Fahrpläne auf beverstedt.de

Weblinks


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