Lockpicking

Lockpicking
Typische Lockpicking-Werkzeuge
Lockpicker auf dem 23. Chaos Communication Congress (23C3)

Unter Lockpicking (vom englischen: lock = Schloss + to pick = picken, stochern) oder Nachschließen, umgangssprachlich: Picking, versteht man die Aufsperrtechnik zum Öffnen von Schlössern, ohne einen dafür passenden Schlüssel zu besitzen und ohne das Schloss zu beschädigen. Lockpicking wird von Kriminellen, Schlüsseldiensten, der Polizei, Geheimdiensten und als legaler Sport betrieben.

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Ansicht von oben: Mechanische Ungenauigkeiten (übertrieben dargestellt), die Stifte liegen nicht auf der Mittellinie

Um Schlösser ohne einen Schlüssel zu öffnen, nutzt man die mechanischen Ungenauigkeiten eines Schlosses aus. Ein Schloss ermöglicht die Eingabe eines Codes, dieser kann beispielsweise eine fünfstellige Zahl sein (d.h. unter Vernachlässigung baubedingter Einschränkungen 100.000 mögliche Kombinationen), jede Stelle ist in Form einer Einkerbung einer bestimmten Tiefe im Bart des Schlüssels codiert. Bei Eingabe eines richtigen Codes (eines schließenden Schlüssels) lässt sich das Schloss öffnen, bei Eingabe eines falschen Codes nicht. Da die Anzahl der falschen Codes bei einem bestimmten Schloss um ein Vielfaches größer ist als die der richtigen, ist es sehr schwierig, durch Zufall einen richtigen Code zu finden. Ein Angreifer könnte nur alle möglichen Codes der Reihe nach ausprobieren, bis er durch Zufall auf einen richtigen stößt. In der Praxis ist es jedoch so, dass ein Schloss bereits bei Eingabe eines Teilcodes (z. B. Bewegen eines Stiftes) eine Rückmeldung darüber gibt, ob der Teilcode richtig ist oder nicht. Dadurch ist es in unserem Beispiel möglich, alle fünf Stifte, die bei Verwendung des Schlüssels durch die Einkerbungen im Bart verschoben werden, einzeln in die richtige Position zu bringen, wodurch der Aufwand für eine Öffnung massiv verringert wird. Ermöglicht wird dies durch Fertigungsungenauigkeiten, die z. B. dazu führen, dass ein Stift früher bindet, d.h. Rückmeldung über den richtigen Teilcode gibt, als ein anderer. Eine andere, passive Methode des Nachschließens besteht darin, das Schloss oder die Abnutzungsspuren, die bei Verwendung des Schlosses mit dem richtigen Schlüssel entstehen (z. B. hervorgerufen durch verschieden lange Zähne eines Schlüssels), zu analysieren, um so einen richtigen Code in Erfahrung zu bringen und einen Nachschlüssel anfertigen zu können.

In den folgenden Abschnitten wird im Speziellen auf die in Mitteleuropa weit verbreiteten Stiftschlösser eingegangen, prinzipiell lassen sich aber alle mechanischen Schlösser nachschließen. Für Chubbschlösser existiert beispielsweise der Hobbs'sche Haken, für Drehscheibenschlösser spezielle Koaxialwerkzeuge, auch mechanische Kombinationsschlösser (Tresorschlösser) lassen sich – ganz ohne Verwendung von Werkzeugen, nur durch Sensorik – nachschließen. Es gibt Firmen, die sich auf die Herstellung von ausgeklügelten Pickwerkzeugen spezialisiert haben, der Verkauf erfolgt teilweise nur an Schlüsseldienste oder Polizeibehörden und Geheimdienste. Ob ein bestimmtes Schloss nachgeschlossen werden kann, hängt von drei Parametern ab: der zur Verfügung stehenden Zeit, den einsetzbaren Werkzeugen und den persönlichen Kenntnissen. Die benötigte Zeit liegt, abhängig von diesen Parametern und vom Schloss, im Bereich von Sekunden bis hin zu Stunden oder es gibt keinen bekannten erfolgreichen Angriff. Ein gewöhnlicher Einbrecher wählt im Normalfall den einfachsten Weg und wird beispielsweise eine Tür mit Gewalt aufbrechen, sollte das gewaltfreie Öffnen des Schlosses zu viel Mittel in Anspruch nehmen. Schätzungen der Polizeibehörden zufolge erfolgen nur rund 0,5 Prozent der Einbrüche durch Nachschließen des Schlosses.[1] Soll der Eintritt jedoch verdeckt und unbemerkt erfolgen, was im Umfeld von klassischer Spionage, polizeilicher Überwachung, Industriespionage und sonstigem Informationsdiebstahl zum Tragen kommt, so spielt die Sicherheit des Schlosses gegen Nachschließen eine große Rolle. Auch bei Tresoren wird gerne der Weg gewählt, das Schloss nachzuschließen, da die Hürde für eine Öffnung mit Gewalt durch die massive Konstruktion sehr hoch gelegt ist. Ein legaler Bedarf ergibt sich, wenn der rechtmäßige Besitzer seinen Schlüssel verloren hat und z. B. eine Türe möglichst ohne Beschädigung geöffnet haben will. Da mechanische Schlösser grundsätzlich immer für Nachschließen anfällig sind, werden im Hochsicherheitsbereich verstärkt elektronische Schlösser eingesetzt. So lässt beispielsweise die US-Behörde General Services Administration nur mehr elektronische Schlösser zum Schutz von vertraulichen Dokumenten zu.[2]

Begriffsbestimmungen

Sperrendes Schloss
Entsperrtes Schloss
Gehäuse
Der in der Grafik hellgrau dargestellte Teil. Es steht fest und umgibt den beweglichen Kern.
Kern
Der in der Grafik dunkelgrau dargestellte Teil. Er lässt sich nur dann relativ zum Gehäuse drehen, wenn alle Stiftpaare mit ihrer Trennfuge in Höhe der Scherlinie liegen.
Trennfuge
Die Lücke zwischen Kernstift und Gehäusestift.
Kernstift
Der obere Teil des jeweiligen Stiftpaares, in der Grafik gelb dargestellt.
Gehäusestift
Der untere Teil des jeweiligen Stiftpaares, in der Grafik rot dargestellt. Darunter befindet sich jeweils eine Druckfeder.
Scherlinie
Die untere Trennlinie zwischen dem beweglichen und unbeweglichen Teil des Schließzylinders, also zwischen Kern und Gehäuse. In der Grafik die Grenze zwischen dem dunkelgrauen und dem hellgrauen Bereich.

Techniken

Klassische Methode

Mit Hilfe speziell geformter Werkzeuge (Picks) dringt man in den Schlüsselkanal des Schlosskerns ein und drückt die darin enthaltenen Stifte hinunter, wofür im Normalfall die Vertiefungen auf der gezackten Seite eines Schlüssels sorgen. Um den Kern des Schließzylinders zu drehen und damit die Verriegelungsmechanik des Türschlosses zu bewegen, also das Schloss zu öffnen, benutzt man einen sogenannten Spanner.

Setzen

Öffnen eines Schlosses; Oben: mit Schlüssel, Mitte: durch Setzen, Unten: Stift zu tief gesetzt

Setzen bezeichnet eine Öffnungstechnik, bei der die Stifte einzeln hinuntergedrückt werden, um „gesetzt“ zu werden. Dabei wird der Kern eines Schließzylinders gefühlvoll unter Spannung gehalten, so dass der gesetzte Stift hängen bleibt, bis das schließlich bei allen geschehen ist. Es wird oftmals auch als „einzeln Setzen“ bezeichnet.

Das bevorzugte Tastwerkzeug ist der Haken. Mit seiner Spitze wird ein Stift gesucht, der „Bindung“ hat. Bindung bedeutet, der Gehäusestift ist durch die angewandte Spannung eingeklemmt, und es wirken Reibkräfte. Die Reibkraft wird durch Druck mit dem Haken überwunden, bis der Stift die Scherlinie erreicht. Jetzt entfällt die Bindung an diesem Gehäusestift, und es wirkt nur noch die Federkraft. Diese Kraft ist im Vergleich zu der o.g. Reibkraft sehr gering und wirkt auch nur auf einem sehr kurzen Weg zwischen etwa 0,1 und 0,3 mm. Einen Stift, der sich so verhält, nennt man „gesetzt”. Wird der Stift über diesen Punkt hinaus gedrückt, schlägt der Kernstift an das Gehäuse an und erzeugt eine um ein Vielfaches größere sogenannte „Kontaktkraft”.

Harken

Im Gegensatz zum Setzen bezeichnet das Harken eine Technik, bei der zum Beispiel mit einer Schlange (spezielles Werkzeug) über die Stifte gestrichen wird. Obwohl hierbei der Zufall eine große Rolle spielt, ist auch ebenso viel Übung erforderlich. Selten nur gehen Schlösser durch einfaches Harken auf. Viel eher schon stellt sich der Kern in eine leichte Neigung, was als „Kipp“ bezeichnet wird. Dann wird häufig gesetzt, bis sich das Schloss öffnet, was oft als „Nachsetzen“ bezeichnet wird. Daher wird auch oft die Grundtechnik zur Schlossöffnung mit „Anraken (to rake = Englisch für Harken) und Nachsetzen“ beschrieben, was allerdings nicht immer zum Erfolg führt, da jedes Schloss andere Eigenschaften besitzt.

Raken (vom. engl. (to) rake auf Deutsch harken)

Beschreibt eine Technik des Lockpicking - Sports, bei der nicht nur wie beim "Harken", das Pickwerkzeug von hinten nach vorne gezogen wird, sondern auch von vorne nach hinten geschoben wird. Dies geschieht beim Raken permanent und nicht nacheinander wie beim Harken. Hierbei wird oft das Six Mountains Werkzeug verwendet, da dieses Werkzeug meist genau in den Standardzylinderkern(30|30) passt und man somit alle Stifte des Kerns erwischt.

Durch das Raken wird eine Vibration aber auch ein Multiples Setzen erzeugt, durch die der Zylinder öffnet.

Mit dieser Technik sind jedoch meistens nur Billigzylinder zu öffnen.

Perkussionsmethode

Die Perkussionsmethode unterscheidet sich von der klassischen Picktechnik dadurch, dass sie eine konstruktionsinhärente Sicherheitslücke von Stiftschlössern (auch Bohrmuldenschlössern) ausnützt. Folglich funktioniert diese Methode auch nur bei diesen Schlosstypen, kann hier aber eine extrem einfache und schnelle Öffnung ermöglichen. Das Verfahren ist ähnlich wie bei einem Billardspiel: wird eine Kugel mit dem Queue angestoßen, so bekommt sie einen Impuls und rollt über den Tisch. Trifft sie nun auf eine andere Kugel, gibt sie ihren Impuls an die andere Kugel ab und bleibt selbst stehen. Bei einem Schloss bedeutet dies, dass alle Kernstifte gleichzeitig mit einem Werkzeug einen Impuls erhalten, diesen Impuls an die Gehäusestifte weitergeben, die nun in das Gehäuse geschleudert werden und die Kernstifte selbst für sehr kurze Zeit in freier Schwebe verweilen. Diesen kurzen Moment, in dem das Schloss nicht verriegelt ist, weil zwischen Kern- und Gehäusestiften ein Spalt klafft, nützt man aus und öffnet es.

Unmittelbar bei oder besser nach dem Impuls muss der Zylinder mit geringer Vorspannung ein wenig verdreht werden, dadurch werden die in das Gehäuse geschleuderten Gehäusestifte fixiert und können nicht mehr in ihre ursprüngliche Sperrposition zurückkehren. Dann kann der Zylinder einmal gedreht werden, das Schloss ist entsperrt. Die Vorspannung für die Drehbewegung des Schlüssels darf dabei nicht zu groß sein, da sich sonst die Gehäusestifte verkanten und nicht mehr bewegen lassen. Bekannte Werkzeuge der Perkussionsmethode sind Pickpistolen und Schlagschlüssel.

Werkzeuge

Spanner

Spanner

Der Spanner ist ein Hilfswerkzeug, das grundsätzlich zum zerstörungsfreien Öffnen von Schließzylindern benötigt wird. Der Spanner wird vorne in den Zylinder eingeführt, um den Kern auf Spannung zu halten und nach dem Entsperren zu drehen. Die Enden der Spanner sind meist unterschiedlich breit, damit sie auf verschiedene Schlösser passen.

Hook

Hook

Der Hook (zu deutsch „Haken“) ist das Standardwerkzeug zum einzelnen Setzen von Stiften. Mit der abgeflachten Spitze des Hooks können die Stifte einzeln heruntergedrückt werden.

Halbdiamant

Der Halbdiamant ist ein zum Lockpicking benutztes Werkzeug, das wegen seiner Form eines Dreieckes so aussieht, als handele es sich um einen in der Mitte geteilten Diamanten. Er ist sowohl zum Harken als auch zum Setzen geeignet, doch für beides normalerweise nicht besonders gut, weshalb er relativ wenig benutzt wird. Bohrmuldenschlösser lassen sich auch mit ihm öffnen.

Tropfendiamant

Tropfendiamant

Der Tropfendiamant ist beim Lockpicking ein Werkzeug, das zum einzelnen Setzen benutzt wird. Wegen seiner angewinkelten Form mit einer runden Verdickung am Ende, dem Tropfen, hat man ein besonders genaues Gespür bei der Handhabung des Werkzeugs, wodurch es gut für Schließzylinder mit geringen Toleranzen geeignet ist.

Schlange

Schlange

Die Schlange (englisch snake) ist ein Werkzeug, welches ausschließlich zum Harken eines Schlosses verwendet wird. Die besondere Form ermöglicht im besten Fall das Setzen gleich mehrerer Stifte. Auf jeden Fall hat man mit der Schlange beim Harken mehr Stiftberührungen als mit anderen Öffnungswerkzeugen. Es gibt viele verschiedene Formen dieses Werkzeuges, die alle gemein haben, dass die Spitze des Werkzeugs geschlängelt ist.

Schneemann

Schneemann

Der Schneemann (auch Doppelball genannt) ist ein Werkzeug, das von der Form einem Schneemann ähnelt (zwei Scheiben aufeinander, wobei die obere etwas kleiner ist). Dieses Werkzeug wird meistens zum Öffnen von Scheibenzuhaltungsschlössern verwendet. Mit der runden Form lässt sich dieses Werkzeug besonders leicht und geschmeidig über die Scheiben des Scheibenzuhaltungsschlosses ziehen. Der Schneemann ist deswegen gut für Scheibenzuhaltungsschlösser geeignet, weil bei diesen Schlössern die Scheiben von beiden Seiten in den Schlosskern gehen. Er lässt sich allerdings auch nutzen, um Standardschließzylinder zu harken.

Six Mountains

Im Gegensatz zu den herkömmlichen Picks ist dieser Pick ziemlich lang und hat viele Zacken. Das Werkzeug Six Mountains ist ein Rake-Werkzeug mit dem sich billige, seltener auch gute Zylinder- und Vorhängeschlösser öffnen lassen.

Extractor

Extractor

Ein Extractor ist ein Werkzeug zum Entfernen von abgebrochenen Schlüsseln. Bricht ein Schlüssel im Schloss ab, kann man mit diesem spitzen Werkzeug, welches in der Form einem Angelhaken ähnelt, das abgebrochene Schlüsselstück herausziehen.

Sperrpistole

Sperrpistolen gibt es sowohl manuell als auch elektrisch betrieben. Beide funktionieren, ähnlich wie bei alten Feuerwaffen, nach dem Perkussionsprinzip. Mit der Sperrpistole wird ein Schlagimpuls auf die Stift- oder Scheibenzuhaltungen übertragen, wodurch sich mit etwas Übung ein Schließspalt erzeugen lässt – also alle Stifte werden gleichzeitig in die richtige Position gebracht, so dass sich das Schloss entsperren lässt. Man spricht dabei auch vom "Aufschießen" des Schlosses.

Mit mechanischen Sperrpistolen kann nur ein Schlag pro Auslösung angebracht werden. Mit elektrischen Sperrpistolen, auch „E-Picks“ genannt, kann eine wesentlich höhere Schlagfrequenz erzeugt werden, da diese Werkzeuge mit einem Elektromotor betrieben sind und das Schlagwerkzeug ähnlich wie eine Stichsäge arbeitet und dabei auf die Stifte schlägt.

E-Picks, bei denen sich die Schlagfrequenz variabel einstellen lässt, nennt man „Multipick“.[3]

Schlagschlüssel

Schlagschlüssel

Eine weitere seit den 1920er-Jahren bekannte Technik ist die Schlagmethode oder Schlagtechnik.[4] Dabei wird ein spezieller Schlüssel, welcher nur im Profil für das Schloss passen muss, an jeder Stiftposition auf den tiefsten Einschnitt gefräst, der für diesen Zylindertyp möglich ist. Die Kante vor jedem Stift weist dabei einen Winkel von zirka 45° auf, wodurch Schlagschlüssel ihren typischen „dreieckförmigen“ Verlauf im Schlüsselbart erhalten. Das Material von Schlagschlüsseln sollte, um die Handhabung und das Federn zu erleichtern, möglichst hart sein. Meist wird für die Herstellung von qualitativ hochwertigen Schlagschlüsseln Edelstahl verwendet – es kann aber auch jeder herkömmliche Schlüssel mit passendem Profil als Schlagschlüssel „umgefeilt“ werden. Des Weiteren wird die Schulter, das heißt der Anschlag des Schlüssels, etwa 1 mm abgefeilt, so dass, wenn der Schlüssel im Schloss steckt, dieser noch um ca 1 mm weiter hineingeschoben werden kann, aber durch die Federkraft der in die Kerben des Schlüssels drückenden Stifte um dieses Stückchen auch wieder herausgeschoben wird.

Beim Hineinschieben (1 mm) werden die Stifte im Schloss alle gleichzeitig ein wenig heruntergedrückt. Wenn dies sehr schnell geschieht, durch das leichte Schlagen mit dem Holzstab oder Kunststoffgriff eines Schraubendrehers, werden die einzelnen Gehäusestifte über die Kernstifte stark beschleunigt, so dass das Perkussionsprinzip wie bei der Pickpistole (siehe E-Pick) stattfindet. Die Stärke der Schläge sollte moderat und eher schwach sein, es ist eher ein Klopfen. Auch muss dieser Vorgang nach jeder vollen Drehung des Zylinders wiederholt werden, da die Gehäusestifte nach einer vollen Umdrehung wieder sperren.

Zum Erlernen dieser bei einfachen Zylinderschlössern sehr effizienten Öffnungstechnik ist vor allem ein wenig praktische Übung nötig. Bei Beherrschen dieser Öffnungsmethode können mit Schlagschlüssel nicht entsprechend gesicherte Zylinderschlösser in wenigen Sekunden fast spurenfrei geöffnet werden. Durch die relativ einfache Handhabung, welche neben ein wenig Übung nur mittelmäßiges Geschick voraussetzt, ist diese Öffnungsmethode allerdings unter Personen, welche die zerstörungsfreie Schlossöffnung ohne Schlüssel als Sport betreiben, eher verpönt.

Ein Schlagschlüssel hinterlässt meist am Schloss einen Abdruck unterhalb des Schlüsselkanals, nämlich dort, wo die Schulter auftrifft. Dem wird zum Teil durch etwas Klebeband an der Schulter abgeholfen. In der Praxis sind die Spuren, welche Schlagschlüssel bei einmaliger Anwendung im Schloss hinterlassen, sehr gering und vom Laien nicht erkennbar. Durch das harte Material der Schlagschlüssel tritt bei oftmaliger Anwendung im selben Schloss allerdings ein gesteigerter Verschleiß auf. Schlagschlüssel sollten daher nicht zum regulären Öffnen verwendet werden. Allgemein gilt bei jeder mechanischen Öffnungstechnik: Sie ist nicht spurenfrei.

Grundsätzlich funktioniert diese Methode konstruktionsbedingt nur mit Stiftschlössern, andere Schlosstypen (z. B. Drehscheibenschlösser) sind dagegen immun. Des Weiteren gibt es spezielle Stiftschlösser, welche mechanisch gegen den Einsatz von Schlagschlüsseln gesichert sind. Bei diesen Schlössern kommt es bei der Drehung des Schlagschlüssels im Schloss zu einer Verriegelung: Der Schlagschlüssel kann dann nicht mehr weitergedreht und nicht mehr einfach aus dem Schloss entnommen werden. Bei anderen Typen müssen die Stifte vom Schlüssel nicht nur in die richtige Höhe gebracht, sondern auch in einem bestimmten Winkel gedreht werden, um das Schloss öffnen zu können, was die Schlagmethode nur erbringen kann, wenn der Schlagschlüssel schon mit geeigneten Drehwinkeln gefräst wurde.

Schlagschlüssel können auch zum Schließen von Schlössern (= Zusperren) verwendet werden: In diesem Fall ist die Drehrichtung einfach nur entgegengesetzt der Drehrichtung, welche zum Öffnen verwendet wird. Damit besteht bei nicht gegen den Einsatz von Schlagschlüssel gesicherten Schlössern das Problem, dass eine unberechtigte Öffnung mit nachfolgender Schließung aufgrund der geringen Beschädigung am Schloss praktisch nicht erkannt wird.

Nachweis

Die Möglichkeit Schlösser nachschließen zu können, lässt in Folge die Notwendigkeit aufkommen, anhand von hinterlassenen oder nicht vorhandenen Spuren dies nachzuweisen oder auszuschließen. Dies spielt z. B. bei der Übernahme eines durch einen Einbruch verursachten Schadens durch eine Versicherung eine große Rolle und selbstverständlich gibt es auch Versicherungsbetrüger, die ein Nachschließen eines Schlosses vorgeben, um so zur Versicherungssumme zu gelangen. Das dadurch entstandene Arbeitsgebiet, eine Sparte der Forensik, beschäftigt sich damit, die Spuren zu studieren, die beim Nachschließen von verschiedenen Schlössern unter Verwendung verschiedener Werkzeuge und Techniken entstehen. An Tatorten sichergestellte Schlösser werden zerlegt und mikroskopisch nach Spuren, die auf ein Nachschließen hindeuten, untersucht. Ob bei einem nachgeschlossenen Schloss Spuren nachgewiesen werden können, hängt jedoch von vielen Faktoren ab: Ein sehr einfaches Schloss lässt sich unter Umständen picken, ohne Spuren zu hinterlassen, andererseits können durch entsprechende Kenntnisse oder Werkzeuge (z. B. ganz oder teilweise nichtmetallische Picks) und Techniken (decodieren, z. B. mit einem Borescope, und Erstellung eines Nachschlüssels) Spuren vermieden werden. Auch können Spuren durch eine nachfolgende reguläre Öffnung mit dem richtigen Schlüssel zerstört werden.

Sport

Lockpicking hat sich in den letzten Jahren zu einer Art Sport entwickelt, in einigen Ländern haben sich Lockpicking-Vereine gebildet. So zum Beispiel die Vereine 'Sportsfreunde der Sperrtechnik e.V. (SSDeV)' in Deutschland oder 'Schlösser Picken Als Schweizer Sport (SPASS)' in der Schweiz[5].

Meisterschaften

Deutsche Meisterschaften im Schlossöffnen

Jährlich werden die Deutschen Meisterschaften im Schlossöffnen [6] vom SSDeV veranstaltet. Dabei wurden in verschiedenen Disziplinen diejenigen geehrt, die Schlösser in möglichst kurzer Zeit öffnen konnten, ohne diese zu beschädigen. Die Besten schaffen es hierbei, auch als sehr sicher geltende Schlösser in teilweise weniger als einer Minute zu öffnen. Die Meisterschaften fanden in den Jahren 1997 bis 2005 im Rahmen des Chaos Communication Congress, einer Veranstaltung des Chaos Computer Club statt. Seit 2006 finden die Meisterschaften unabhängig statt.

Schweizer Meisterschaften im Schlossöffnen

Seit 2008 führt auch der Schweizer Verein 'SPASS' eine jährliche Meisterschaft durch. Jeder Teilnehmer bringt ein eigenes Schloss mit und muss dieses als Einstiegstest innert zwei Minuten selbst öffnen können. An dieser Schwelle scheitern an jeder Meisterschaft mehrere Teilnehmer. Danach werden die Teilnehmer in Gruppen eingeteilt, innerhalb der Gruppe sind die Schlösser der anderen Teilnehmer zu öffnen, pro Schloss stehen fünf Minuten zur Verfügung. Mit jedem Schloss können maximal 15 Punkte erreicht werden, alle 30 Sekunden verringert sich die Punktzahl um eins. Je nach Teilnehmerzahl werden mehrere Runden durchgeführt, damit zur Endrunde 6-8 Teilnehmer verbleiben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.polizei.bayern.de/content/6/9/7/6/zylinder.pdf Information des bayerischen LKA über Einbruchsmethoden
  2. http://www.crypto.com/papers/safelocks.pdf Papier über das Nachschließen von mechanischen Kombinationsschlössern
  3. http://www.ssdev.org/SSDeV/doc/Sperrtechnik_by_Alex_Kloss.pdf Sperrtechnik, Alex Kloss in Zusammenarbeit mit dem Sportsfreunde der Sperrtechnik Deutschland e.V., Juli 2003
  4. http://www.freepatentsonline.com/1667223.pdf US-Patent von 1926, das die Schlagmethode beschreibt.
  5. Lockpicking-Verein
  6. Deutsche Meisterschaften im Schlossöffnen

Literatur

Weblinks


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