Lokomobile

Lokomobile
Eine Lokomobile als Antrieb einer Dreschmaschine in Groß-Gerau am Ende des 19. Jahrhunderts
1900 – 1913, Einsatz in einem Kieselgurbetrieb
Selbstfahrende Lokomobile, eine Pfluglokomotive
Dampflokomobile
Fowlers „Monarch of the Road“, eine selbstfahrende Lokomobile mit Generator zur Stromversorgung z. B. für das Schaustellergewerbe
bewegliche Dampfmaschine (1908) auf einer historischen Ausstellung

Eine Lokomobile (sing./weibl., vgl. Lokomotive, von lateinisch locus: Ort und mobilis: beweglich), heute manchmal auch als Lokomobil (neutr.) bezeichnet, ist eine Dampfmaschinenanlage in geschlossener Bauform, bei der alle zum Betrieb der Anlage erforderlichen Baugruppen (Feuerung, Dampfkessel, Steuerung sowie die gesamte Antriebseinheit, bestehend aus Zylinder(n), Kolben, Kurbelwelle und Schwungrad mit Riemenscheibe) auf einer gemeinsamen Plattform montiert sind.

Lokomobilen konnten ortsbeweglich und ortsfest montiert werden. Im Gegensatz zum Automobil waren Lokomobilen in ihrer Grundform nicht „auto-mobil“, also selbstfahrend – der Begriff „mobil“ bedeutet nur, dass die Anlage Räder hat und somit zumindest passiv bewegt werden kann. Das bedeutete, dass sie mit Pferden oder Ochsen zu den jeweiligen Einsatzstellen gezogen wurden.

Später gab es jedoch auch eine ganze Reihe verschiedener selbstfahrender Lokomobile, beispielsweise Dampfstraßenwalzen, Dampfpflüge, Dampftraktoren sowie kleinere Dampfboote.

Weltweit kamen Lokomobile vor allem in der Landwirtschaft und bei großen Tiefbauvorhaben zum Einsatz. Stationär eingesetzt im Bergbau erzeugten sie Druckluft für die Bohrhämmer und Strom zur Grubenbeleuchtung. Die seitlichen Schwungräder trieben Förderseile oder Pumpengestänge an, mit denen die Gruben gesümpft wurden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Mit Lokomobilen wurden in der beginnenden Industrialisierung landwirtschaftliche Betriebe (zum Antrieb der Dreschmaschine), sowie Kleingewerbebetriebe mechanisiert. Im Zuge der Elektrifizierung wurden auch kleine Kraftwerke mit Lokomobilen betrieben. Im Gegensatz zu großen Anlagen in aufgelöster Bauweise, also mit separatem Kesselhaus und getrennt aufgestellten Maschinen, konnten die kompakten Lokomobilen verhältnismäßig leicht transportiert werden.

Nach einigen verschiedenen Anläufen, die bestmögliche Bauform zu finden, wurden schließlich die meisten Maschinen mit oberhalb des horizontal liegenden Kessels angebrachtem Antrieb gefertigt. Diese Bauform war auch der Durchbruch für die selbstfahrenden Lokomobilen, da der Kessel in verstärkter Bauweise eine separate Plattform erübrigte und alle Komponenten der Maschine auf ihm Platz fanden.

Auch in der beginnenden Industrialisierung ab 1850, wo oft die Kraft aus den Wasserrädern für die neuen Maschinen nicht mehr ausreichte, wurden von Kraftverleihern Lokomobile ausgeliehen. Sie übertrugen die Kraft über Flachriemen auf die vorhandene Transmission in die Fabrikshallen hinein.

Auch in der Landwirtschaft wurden Lokomobile von etwa 1810 bis in die 1970er Jahre eingesetzt, auf abgelegenen Höfen sind bis heute einzelne Anlagen noch in Betrieb.

Herausragende Lokomobile

1910 baute die Firma Lanz ihre 25.000. Lokomobile mit der damals sensationellen Leistung von 1.000 PS netto. Sie war die bis dahin größte Lokomobile der Welt. Sie wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel gebaut und sorgte als Antrieb eines Generators während der 6 Monate (tagsüber) für den erforderlichen Strom und erhielt für diese Leistung drei Grand-Prix Goldmedaillen. Nachts arbeitete eine 800 PS Lokomobile der Firma Wolf Buckau.

Technische Daten:

  • Name: Lanz’sche 1000-pferdige Heißdampf-Ventil-Lokomobile mit Dynamomaschine direkt gekuppelt
  • Arbeitsweise: Heißdampf-Verbundlokomobile (Compoundlokomobile) mit Ventilsteuerung, System Lentz
  • Dauerleistung: 1.000 PS, Höchstleistung über 1 Stunde: 1.150 PS
  • Durchmesser Hochdruckzylinder: 560 mm
  • Durchmesser Niederdruckzylinder: 970 mm
  • Kolbenhub beide Zylinder: 550 mm
  • Nenndrehzahl: 215/min
  • Heizrohrkessel mit 2 Feuerbüchsen und je 1 ausziehbarer Röhrenkessel, 1 zusätzlicher nicht ausziehbarer Röhrenkessel
  • Rostfläche: 3,7 m², wasserberührte Siederohrfläche: 214 m²
  • Überhitzerfläche: 73 m² über Flachrohre
  • durchschn. Heißdampftemperatur: 350 Grad Celsius
  • eingebaute Kondensation zur Minimierung des Wasserverbrauchs
  • mittlerer Kohleverbrauch: 0,5 kg pro PS und Stunde

Die Lokomobile trieb einen Generator des Unternehmens AEG.

  • Gewicht des Ankers: 7.500 kg (direkt auf der Kurbelwelle der Lokomobile montiert)
  • Spannung: 230 V, Umschalten auf 460 V möglich
  • Leistung: 735 kW bei 215 U/min
  • Hilfspole zur Leistungsregelung von 0 bis 100 % Leistung
Die Lanz-Lokomobile bei der Moorseer Mühle im Einsatz an einer Dreschmaschine

Beim Museum Moorseer Mühle in Nordenham-Moorsee ist in jedem Jahr am „Dampftag“ und beim „Mühlenfest“ eine Lanz-Lokomobile aus dem Jahr 1911 in Betrieb zu sehen. Sie wiegt gut fünfeinhalb Tonnen und leistet 26 PS. Diese restaurierte „Kolonialausführung“ wurde 1989 aus Guatemala reimportiert, wo sie ein Sägewerk betrieben hatte. Eine ähnliche Lokomobile benutzte der Müllermeister der Moorseer Mühle, um Getreide zu mahlen. 1908 wurde sie aber durch eine stationäre Dampfmaschine ersetzt.

Siehe auch

Literatur

  • David Lockett, Norman Lockett: Dampfzugmaschinen. Ed. Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 3-89555-083-3

Weblinks

 Commons: Lokomobile – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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