- Bergbau
-
Als Bergbau bezeichnet man die Aufsuchung, Erschließung, Gewinnung und die Aufbereitung von Bodenschätzen aus der oberen Erdkruste unter Nutzung von technischen Anlagen und Hilfsmitteln. Nach der modernen umfassenden Definition dieses Begriffes gehören zum Bergbau das erforderliche Vermessungswesen (Markscheidewesen), Grubenbewirtschaftungsaufgaben (Bewetterung und Wasserhaltung), soziale Sicherungssysteme (Knappschaftskassen), spezielle Ausbildungsstätten (beispielsweise Bergakademien) sowie Bergaufsichtsbehörden.[1][2][3]
Es gibt über- und untertägige Abbauverfahren für feste, flüssige und gasförmige Rohstoffe. Als montanistisch (von lat. mons für Berg) bezeichnet man alle auf den Bergbau bezogene Sachverhalte. Bergbauliche Aktivitäten werden weltweit durch das jeweilige Bergrecht innerhalb der nationalen Gesetzgebung geregelt.
Im deutschsprachigen Raum waren und sind auch die Bezeichnungen Montanwesen, Gewinnung von mineralischen Rohstoffen sowie Berg- und Hüttenwesen üblich.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die abzubauenden Bodenschätze befinden sich in einer Lagerstätte, deren Ausmaß und Lage heute meist durch geophysikalische Exploration untersucht wird. Diese vorbereitende Tätigkeit wird häufig außerhalb des Bergbausektors, durch wissenschaftliche Einrichtungen und Behörden geleistet. Von der Vorgeschichte bis in die Neuzeit sind viele Lagerstätten – zum Beispiel Erzgänge – durch ihre Sichtbarkeit an der Erdoberfläche (Ausbisse) entdeckt worden. Eine künftig zunehmende Bedeutung wird der Abbau von Lagerstätten in der Tiefsee erhalten.
In Deutschland ist der Bergbau grundsätzlich durch das Bundesberggesetz geregelt, in anderen Ländern durch vergleichbare Rechtsvorschriften. Die öffentliche Stelle, der die gesetzliche Kontrolle übertragen ist, heißt Bergamt, in Österreich Montanbehörde. In der Schweiz ist die bergrechtliche Zuständigkeit bei den Kantonen angesiedelt.
Geschichte
Vor- und frühgeschichtlicher Bergbau
Die älteste Form der Rohstoffgewinnung, die als Bergbau bezeichnet wird, geht auf die gelegentliche Nutzung von Feuersteinlagerstätten in der Steinzeit zurück. Kleine Arbeitstrupps begeben sich für einige Tage zu Feuersteinbergwerken, um Rohmaterial für die Herstellung von Geräten zu gewinnen. In steinzeitlichen Kulturen (Nordamerikas, Neuguinea) hielt sich diese Arbeitsweise zum Teil bis in die heutige Zeit. Auch die Ausbeutung mediterraner Obsidianlagerstätten gilt als das Werk von Gelegenheitsbergleuten.
Ein dauerhafter oder saisonaler Bergwerksbetrieb setzt eine Landwirtschaft mit Überschüssen und Handel voraus, da die Bergleute ernährt werden müssen, ohne selbst Nahrung produzieren zu können und selbst mehr Produkte erzeugen, als die Gemeinschaft verwerten kann. Die Voraussetzungen dafür waren in der Regel erst in der Kupfersteinzeit gegeben (Naqada-Kultur/ Kupferminen von Timna in Ägypten). Irans Kupferbergwerke sind bereits steinzeitlich und über 6500 Jahre alt. Die Blütezeit der zyprischen Minen beginnt vor 4000 Jahren. In Europa haben die Archäologen zwei Arten prähistorischer Minen untersucht.
Kupfer, Gold und Türkise wurden um 3000 v. Chr. in Ägypten abgebaut. Wahrscheinlich gab es gegen 3000 v. Chr. schon Erzgruben in Indien und China. Um 2500 v. Chr. begann die Kupferförderung in Mitteldeutschland. Eisenerz wurde ab etwa 800 v. Chr. in den Alpen abgebaut. In Mitteldeutschland legt ein Ofen aus der La-Tène-Zeit in Wilnsdorf Zeugnis von Bergbau um 500 v. Chr. ab. Der Abbau von Steinkohle ist seit dem 9. Jahrhundert in England bekannt.
Feuersteinbergwerke
In Teilen Europas entdeckten Archäologen im weichen Kreideuntergrund Feuersteinbergwerke:
- in Großbritannien (Grimes Graves 2300–1700 v. Chr.),
- in Frankreich, Belgien und Holland (Rijckholt, ca. 4500-2500 v. Chr.),
- in Deutschland, Jütland und Polen.
Die prähistorischen Bergleute teuften bis zu 15 m tiefe Schächte in feuersteinführende Schichten ab und legten Strecken an. Als Werkzeuge dienten Hacken aus Hirschgeweih und Stein. Bei Obourg in Belgien wurde ein verunglückter prähistorischer Bergmann mit seiner Ausrüstung gefunden.
Erzbergwerke
Den großen Bedarf der Hochkulturen des nahen Ostens an Metallen deckte man schon frühzeitig auch aus europäischen Minen, die vermutlich von Prospektoren erschlossen wurden. Kupferbergwerke in Bulgarien und Jugoslawien wurden durch Keramikfunde in das 4. Jahrtausend vor Christus (v. Chr.) datiert. In Rudna Glava (Serbien) dringen vertikale Schächte 25 m tief in den Berg ein. Im ungarischen Kőszeg fanden Archäologen neben einer alten Kupfermine eine Schmiedewerkstatt mit Metallbarren, Bronzeresten und Tondüsen von Blasebälgen, Toneinsätze für Formen, einen tönernen Schmelztiegel und über 50 steinerne Gussformen. Steinerne Gussformen und Geräte, die auf derartige Werkstätten deuten, kennt man auch von Špania Dolina (Slowakei), aus Großbritannien (Alderley Edge, Cheshire) und Irland (Mount Gabriel).
Das besterforschte Kupferbergbaugebiet Europas ist das von Mitterberg im Salzburger Land. Dort gab es im späten 2. Jahrtausend v. Chr. 32 Erzgruben. Berechnungen ergaben, dass hier gleichzeitig 200 Bergleute, Hüttenarbeiter und Hilfskräfte tätig gewesen sein müssen. Man löste das Erz aus der Grubenwand, indem das Gestein erhitzt und mit Wasser abgeschreckt wurde. Die bronzezeitlichen Schächte waren bis zu 100 m lang. Das Chalkopyrit-Erz wurde in Tragkörben aus dem Bergwerk geschafft. Für Luftzirkulation sorgten Schächte, die die übereinander liegenden Stollen miteinander verbanden. Leitern aus Baumstämmen mit Trittkerben ermöglichten den Bergleuten den Zugang zu den Stollen.
Die Kupfergruben der Iberischen Halbinsel wurden bereits 2500 v. Chr. durch eine kupferzeitliche Kultur erschlossen (Los Millares). Von hier verbreiten die Glockenbecher-Leute metallurgische Kenntnisse in Europa. Im Altertum waren die Silberminen von Laurion berühmt. Dort arbeiteten Sklaven für Athener Bürger. Die Römer beuteten die alten Gruben in Tartessos, in Britannien und Dakien (Rumänien) weiter aus und erschlossen in anderen Provinzen neue. Sie führten neue Techniken ein, z. B. Schöpfräder, um die Bergwerke zu entwässern, sowie Erzwaschanlagen.
Bergrecht
Da die Erschließung und Ausbeutung von Lagerstätten sehr zeitaufwendig und kostenintensiv ist, ist es für Bergbaufirmen von Belang eine hohe Vertrags- und Investitionssicherheit zu haben. Dem gegenüber stehen die Interessen des Staates, höchstmögliche Steuern und Abgaben aus dem Bergbau zu erzielen. Kunden und Empfängerländer wünschen sich Versorgungssicherheit und niedrige Preise.
Es gibt zwei grundlegende Rechtsauffassungen und Konfliktlösungsmechanismen in Bezug auf die lokalen Eigentumsverhältnisse an natürlichen Rohstoffen
- das Prinzip des Bergregals und/oder der Bergfreiheit. Die Rohstoffe sind vom Grundeigentum entkoppelt. Die Bodenschätze werden vom König, Landesherren (Bergregal) oder Staat (Staatsvorbehalt) beansprucht und können von diesen verliehen werden oder sie gelten als herrenlos, wobei ein Eigentum an ihnen aber nur durch staatliche Verleihung entsteht.
- der Grundsatz des Grundeigentümerbergbaus. Hier ist der Grundeigentümer der Besitzer der Bodenschätze. Auf öffentlichem Land erwirbt der Finder Ansprüche auf seinen Fund. Diese Auffassung stammt aus dem englischen Common Law.
Der französische Code civil und die angelehnten Rechtssysteme vertreten einen vermittelnden Standpunkt. Die oberirdischen Lagerstätten gehören dem Grundeigentümer und die unterirdischem dem Staat.
Je nach Lage, Verlauf und Erschließung von Vorkommen und Lagerstätten ergeben sich damit auch Konflikte durch unterschiedliche Rechtstraditionen, Gebietskörperschaften und vertraglicher Regelungen.
Die Entdeckung bzw. mögliche Erschließung umfangreicher Rohstoffvorkommen kann bestehende territoriale Konflikte und problematische Grenzziehungsfragen verschärfen, wie auch zu neuen Rechtsinstrumenten führen. Beispielhaft sei hier die 200-Meilen-Zone bei Küstenstaaten. Erfolgreiche grenzüberschreitende Konfliktregelungen wie die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (als Vorläuferorganisation der EU), dem Nordseeöl oder dem Spitzbergenvertrag begründeten eine stabile Grundlage für internationale Zusammenarbeit.
Bergbaulich geförderte Rohstoffe
Die im Bergbau geförderten Rohstoffe können in drei große Gruppen unterteilt werden: Element-, Energie- und Eigenschaftsrohstoffe.
Zur Gruppe der Elementrohstoffe gehören Grundstoffe für die Metallurgie und Chemie.
- Erze: Eine Anreicherungen von Metallen oder metallhaltigen Mineralen, wie etwa Gold, Eisenerze (Hämatit und andere), Bleiglanz, Zinkblende.
- Eine Untergruppe der Erze sind die Spate Flussspat und Schwerspat.
- Salze: z. B. Steinsalz, Kalisalze, Salpeter, Borate, Nitrate
- Elementarer Schwefel
- Graphit
Die Gruppe der Energierohstoffe umfasst die Kohlenwasserstoffe, Kohle und Uran.
- Kohlenwasserstoffe: Erdöl und Erdgas (verbunden mit diesen sind: Asphalt, Erdwachs, Bitumen und Ölschiefer).
- Kohle: Braunkohle, Steinkohle und Anthrazit, Torf, Sapropelkohle (Kaustobiolithe).
- Uran: Ausgangsmaterial für die Kernenergieerzeugung.
Die Gruppe der Eigenschaftsrohstoffe umfasst Steine und Erden, darunter Industrieminerale und Massenrohstoffe, sowie die Edelsteine und Halbedelsteine:
- Industrieminerale z. B. Kaolin (Tonerde), Glimmer, Asbest, Feldspat, Quarz und Quarzit, Graphit, Talk, Magnesit, Alaune, Vitriole
- Massenrohstoffe wie Kalkstein, Dolomit, Sand, Kies, Ton, Trass und Gips (zur Herstellung von Baustoffen) Bentonit, Farberden, Phosphate, Kieselgur
- Edelsteine und Halbedelsteine z. B. Diamanten, Smaragde, Rubine, Granate, Bernstein
Methoden der Rohstoffgewinnung
Zum Erschließen und Fördern der bergbaulich förderbaren Rohstoffe wird zwischen drei Methoden der Gewinnung unterschieden:
- dem Tagebau: oberflächennahe Rohstoffe werden durch Abgrabung in offenen Gruben gewonnen
- z. B. in einem Steinbruch, in Tongruben, Kiesgruben, Sandgruben, Torfstichen oder Kreidebrüchen,
- durch Schürfen von z. B. Gold.
- dem Tiefbau (unter Tage): Gewinnung in einem Bergwerk. Der Zugang zur Lagerstätte wird mit Stollen und/oder Schächten hergestellt.
- dem Bohrlochbergbau: Rohstoffe werden durch Tiefbohrungen von über Tage gewonnen. Hierzu gehören die Erdöl- und Erdgasförderung, sowie das Solen von Salzen.
Bergbauliche Berufe und Hochschulen
Im Laufe der Jahrhunderte bildeten sich eine Vielzahl an Berufsbildern im Bergbau heraus.
Heute noch wird in Deutschland an drei montanwissenschaftliche Hochschulen (auch Bergakademie genannt), die Technische Universität Bergakademie Freiberg, die Technische Universität Clausthal und die Rheinisch-westfälische technische Hochschule Aachen bergbaubezogene Studiengänge angeboten. Ferner bieten die Technische Fachhochschule Georg Agricola in Bochum und einige weitere Bergschulen bergbaubezogene Studiengänge an.
Literatur
- Georgius Agricola: De re metallica libri XII. Basel 1556 (Digitalisat der 2. Ausgabe 1561).
- Der belehrende Bergmann. Ein leicht fassliches Lese- und Bildungsbuch für Kinder und Erwachsene. Friese, Pirna 1830 (Digitalisat).
- Karl Bax: Schätze aus der Erde. Die Geschichte des Bergbaus. Econ, Düsseldorf 1981, ISBN 3-430-11231-1.
- Wilhelm Hermann und Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. Vergangenheit und Zukunft einer Schlüsseltechnologie. Mit einem Katalog der „Lebensgeschichten“ von 477 Zechen.. 6. Auflage um einen Exkurs nach S. 216 erweiterte und in energiepolitischen Teilen aktualisierte Auflage 2008 der 5., völlig neu bearbeiteten und erweiterten Auflage 2003, Nachbearbeitung 2002: Christiane Syré, Endredaktion 2007 Hans-Curt Köster. Auflage. Langewiesche, Königstein i. Ts. 2008, ISBN 978-3-7845-6994-9.
- Ernst-Ulrich Reuther: Einführung in den Bergbau. Ein Leitfaden der Bergtechnik und der Bergwirtschaft. Glückauf, Essen 1982, ISBN 3-7739-0390-1.
- Ulrich Borsdorf (Hrsg.): Untertage – Übertage – Bergarbeiterleben heute. Beck, München 1985, ISBN 3-406-30833-3.
- Wolfram Kaiser, Arina Völker (Hrsg.): Montanmedizin und Bergbauwissenschaften. Hallesches Symposium 1986. In: Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Band 63, 23, Halle an der Saale 1987.
- Lothar Suhling: Aufschliessen, Gewinnen und Fördern. Geschichte des Bergbaus. Rowohlt, Reinbek 1983, ISBN 3-499-17713-7.
- Bernd Küppers (Hrsg.): Bergbau und Hüttenwesen. Literatur aus vier Jahrhunderten (16. bis 19. Jahrhundert). Aus den historischen Beständen der Hochschulbibliothek der RWTH Aachen. In: Bibliographie historischer Bergbauliteratur. Shaker, Aachen 2002.
- Hans Röhrs: Erz und Kohle: Bergbau und Eisenhütten zwischen Ems und Weser. Ibbenbürener Vereinsdruckerei, Ibbenbüren 1992, ISBN 3-921290-62-7.
- Hubert Rickelmann und Hans Röhrs: Der Ibbenbürener Steinkohlenbergbau von den Anfängen bis zur Gegenwart. Schöningh, Paderborn, München, Wien und Zürich 1987, ISBN 3-506-77223-6.
- Hans Röhrs: Der frühe Erzbergbau und die Hüttenindustrie im Tecklenburger Land. Ibbenbürener Vereinsdruckerei, Ibbenbüren 1987, ISBN 3-921290-23-6.
- Hans Grothe (Hrsg.): Bergbau. rororo Techniklexikon. Rowohlt Taschenbuchverlag, Reinbek 1972, ISBN 3-499-19044-3.
- Hermann Cramer: Beiträge zur Geschichte des Bergbaues in der Provinz Brandenburg. Nr. 1-10, Halle 1872–1889, ISBN 978-3-941919-62-4 (eBook (Faksimilie), Potsdam 2010).
- Bueck, Leidig: Der Ausstand der Bergarbeiter im Ruhrkohlerevier Januar-Februar 1905. Potsdam 2009, ISBN 978-3-941919-35-8.
- IBA Fürst-Pückler-Land (Hrsg.): Bergbau Folge Landschaft. JOVIS, Berlin 2010, ISBN 978-3-86859-043-2.
- Friedrich P. Springer: Von Agricolas „pompen“ im Bergbau, „die das wasser durch den windt gezogen“, zu den Gestängetiefpumpen der Erdölförderung. In: Erdöl, Erdgas, Kohle. Nr. 10, 2007, S. 380 (Jahrgang 123).
- Friedrich P. Springer: Über Kameralismus und Bergbau. In: Der Anschnitt. Bd. 62, Nr. 5–6, 2010, S. 230–241.
- Lothar Köhling: Zeitreise in die Tiefe. Erinnerungen eines Bergmanns. Ohrlad, Köln 2011, ISBN 978-3941335141 (Hörbuch, ca. 100 min, Gelesen von Josef Tratnik).
Siehe auch
Weblinks
Portal:Bergbau – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bergbau
Wiktionary: Bergbau – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, ÜbersetzungenCommons: Bergbau – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWikisource: Bergbau – Quellen und VolltexteEinzelnachweise
Wikimedia Foundation.