Los Cinco

Los Cinco

Miami Five (auch: Cuban Five - Die kubanischen Fünf) bezeichnet eine Gruppe von Kubanern, die im Auftrag der kubanischen Regierung in exilkubanischen Organisationen in Miami (USA) Informationen über terroristische Aktivitäten gegen Kuba sammelten und nach ihrer Verhaftung 1998 zu hohen Strafen verurteilt wurden. In der kubanischen Presse werden sie meist Los Cinco (die Fünf) genannt.

Inhaltsverzeichnis

Der Fall Miami Five

Bei den fünf Kubanern handelt es sich um Gerardo Hernández, Antonio Guerrero, Ramón Labañino, Fernando González und René González. Diese wurden, nachdem sie auf Anweisung ihrer Regierung hin Teile ihrer Ermittlungstätigkeit den US-Behörden bekannt gemacht hatten, im September 1998 in Miami verhaftet und vor Gericht gestellt. Die 26 Anklagepunkte reichten von Spionage über Verschwörung bis hin zu Mord.

Die Mordanklage

In der Mordanklage gegen Gerardo Hernández heißt es: durch seine Berichte über die exilkubanische Gruppe Hermanos de Rescate (Brüder der Rettung) soll Hernández dazu beigetragen haben, dass die kubanische Luftwaffe 1996 zwei Sportflugzeuge abschoss, die zu früheren Zeitpunkten unter Verletzung des kubanischen Luftraums regierungsfeindliche Flugblätter über Kuba abgeworfen hatten. Der Abschuss am 26. Februar 1996 soll gemäß kubanischen Angaben nach mehrfacher Aufforderung zur Landung innerhalb kubanischen Luftraumes erfolgt sein. Diese Darstellung ist bis heute umstritten. Die ICAO ist in ihrer Untersuchung ICAO PIO 6/96 zu dem Schluss gekommen,

  • dass entgegen den im internationalen Luftverkehr üblichen Verfahren keine Versuche durch die kubanischen Abfangjäger oder Bodenstellen zur Kontaktaufnahme bzw. Umleitung beider Flugzeuge erfolgt sind;
  • dass beide Maschinen außerhalb kubanischen Luftraumes über internationalen Gewässern abgeschossen wurden. Als Koordinaten gibt die ICAO an: für die Maschine N2456S bei 23°29'NB,82°28'WL (9 nautische Meilen außerhalb kubanischen Luftraums) und für die Maschine N5485S bei 23°30.1'NB,82°28.6'WL (10 nautische Meilen außerhalb kubanischen Luftraums).

Bei dem Vorfall starben alle vier Insassen der abgeschossenen Maschinen (N2456S: Carlos Costa [Pilot], Pablo Morales; N5485S: Mario de la Pena [Pilot], Armando Alejandre Jr).

Die Urteile

Im Juni 2001 wurden die Cuban Five in allen Anklagepunkten von einem Geschworenengericht für schuldig befunden:

  • Gerardo Hernández: zweimal lebenslänglich plus 15 Jahre.
  • Antonio Guerrero: lebenslänglich plus 10 Jahre.
  • Ramón Labañino: lebenslänglich plus 18 Jahre.
  • Fernando González: Gefängnisstrafe von 19 Jahren.
  • René González: Gefängnisstrafe von 15 Jahren.

Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des Prozesses

An Verhaftung, Prozessführung und Verurteilung wird folgendes kritisiert:

  • Die Aufgabe der Fünf sei es nicht gewesen, die USA auszuspionieren, sondern terroristische Gruppen wie CORU, Alpha 66 und Omega 7, deren Anschläge seit 1959 3.500 Kubanern das Leben kosteten und 2.000 schwer verwundeten. Unter den infiltrierten Gruppen sei auch die von Orlando Bosch gewesen, der international als Terrorist und Urheber von Bombenanschlägen gesucht wird.
  • Die Fünf seien erst nach drei Jahren Untersuchungshaft angeklagt worden.
  • Anträge der Verteidigung, den Prozess außerhalb von Miami durchzuführen, seien abgelehnt worden, obwohl das politische Klima in dieser von Exilkubanern dominierten Stadt ein faires Verfahren unmöglich machen würde, da die Geschworenen im Falle eines „Nicht schuldig“ im Zivilleben schwere Nachteile zu erwarten hätten.
  • Das nach Kuba gesendete Material habe nicht der Geheimhaltung unterlegen, da exilkubanische Organisationen, jedoch keine US-Regierungsinstitutionen ausgespäht worden seien. Den Gesetzen der USA zufolge falle das nicht unter Spionage.
  • Die Angeklagten wären ohne ersichtlichen Grund z.T. über acht Monate in strenger Isolationshaft ohne Kontakt zu ihren Familien eingesperrt gewesen.
  • Den kubanischen Familienangehörigen (Frauen, Kindern) sei das Einreisevisum in die USA verweigert worden. [1]
  • Statt, wie von den USA im Krieg gegen den Terrorismus propagiert, gegen Terroristen wie Luís Posada Carriles oder Orlando Bosch vorzugehen, würden Menschen verfolgt, die - wie die Miami-5 - den Terrorismus aufdecken.

Aufhebung des Prozesses wegen Willkür

Am 9. August 2005 wird vom Appellationsgericht in Atlanta das Urteil von 2001 in Miami wegen schwerer Fehler aufgehoben und Wiederholung des Prozesses angeordnet. Das Gericht hielt in seinem Beschluss fest, dass die Urteile Willkür waren.

Chronologie der Ereignisse

Die Fünf unterwanderten seit Anfang der 90er Jahre exilkubanische terroristische Gruppen in Südflorida und informierten die kubanischen Behörden über geplante Terroranschläge auf Kuba. (1999 beklagte Kuba vor der UNO 3.478 Tote und 2.099 Invalide aufgrund der von Miami aus geplanten und ausgeführten Terroranschläge.)

  • 16. und 17. Juni 1998: Die kubanische Regierung übergibt dem FBI umfangreiches Aktenmaterial über die terroristischen Aktivitäten in Südflorida, um die US-Regierung nach positiven Signalen aus Washington zum Handeln zu bewegen.
  • 12. September 1998: Das FBI verhaftet 10 Mitglieder der „Red Wasp“, des kubanischen Agentennetzwerks. Der Staatsanwaltschaft gelingt es, fünf von ihnen zur „Kooperation zu bewegen“ (Sie erhalten die üblichen Strafen zwischen 5 und 8 Jahren für illegale Agententätigkeit.) Die anderen Fünf verschwinden für 17 Monate in Isolationshaft und werden in 26 Anklagepunkten der Verschwörung zur Spionage und im Fall von Gerardo Hernández auch der Verschwörung zum Mord angeklagt.
  • Juni 2001: Nach einem beispiellosen 6-monatigen Prozess werden die Fünf von der Jury in Miami-Dade trotz fehlender Beweise in allen Punkten der Anklage schuldig gesprochen, im Dezember 2001 zu hohen Strafen verurteilt und danach auf fünf verschiedene, weit über die USA verstreute Hochsicherheitsgefängnisse verteilt.
  • April – Mai 2003: Der vom 11th Circuit Court of Appeals in Atlanta auf den 7. April 2003 festgelegte Berufungsabgabetermin für die Verteidigung kann nicht eingehalten werden. (Ende Februar bzw. Anfang März 2003 kamen alle Fünf in ihren jeweiligen Gefängnissen in Isolationshaft, die zunächst für ein Jahr gelten, aber danach beliebig verlängert werden können sollte. Aufgrund internationalen Protestes, auch von Amnesty International, wurden sie nach einem Monat daraus entlassen.)
  • 10. März 2004: Mündliche Anhörung durch drei Richter aus Atlanta in Miami (unter intern. Beobachtung)
  • 27. Mai 2005: Die UN-Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der Menschenrechtskommission in Genf veröffentlicht nach zweijähriger Analyse des Falles ihr Urteil mit einer 6-seitigen Begründung und Empfehlung an die US-Regierung, in ihrer Stellungnahme Nr. 19/2005 (Vereinigte Staaten von Amerika) heißt es, die Inhaftierung der fünf kubanischen Gefangenen sei „ein Verstoß gegen Artikel 14 des Internationalen Paktes für Zivile und Politische Rechte und entspricht nach Untersuchung des Falles vor der Arbeitsgruppe der Kategorie III der anwendbaren Kategorien“.
  • 9. August 2005: Das Drei-Richter-Panel des Berufungsgerichtes in Atlanta veröffentlicht sein Urteil in einer 93-seitigen Begründung, wonach die Strafurteile wegen der vorurteilsträchtigen Atmosphäre bei der Verhandlung in Miami-Dade aufgehoben und der Prozess an einem neutralen Ort wiederaufgenommen werden sollte.
  • 1. November 2005: Dem Einspruch der Bundesstaatsanwaltschaft und der Beantragung einer EN-Banc- Anhörung vor allen 12 Richtern des Berufungsgerichtes in Atlanta wird stattgegeben. (Gemäß dem vom 11. Bezirksberufungsgericht in Atlanta festgesetzten Verfahren haben die Verteidiger der Cuban Five am 15. Dezember ihre Dokumente als Stellungnahme zu den Fragen des Gerichts eingereicht. Der US-Bezirksstaatsanwalt konnte diese Dokumente bis zum 13. Januar widerlegen, im Anschluss daran hatte die Verteidigung bis zum 27. Januar Gelegenheit, ihre eigene Gegenargumentation einzureichen.)
  • 12. Dezember 2005: Die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission bewertet die Inhaftierung der Miami-Five abschließend als Willkürliche Inhaftierung der Kategorie III (Schwerwiegende Zweifel an Durchschaubarkeit und Fairness eines Rechtsverfahrens). Diese abschließende Einschätzung wurde insbesondere deshalb getroffen, weil die amtlichen Stellen der USA trotz Aufforderung die Wiederaufnahme des Verfahrens unnötig verschleppten und die Bedenken der UN-Arbeitsgruppe nicht ausräumen konnten.
  • Ab dem 14. Februar 2006 fanden Anhörungen statt, bei denen beide Seiten ihre mündlichen Argumente zur Beantwortung der Anliegen und Fragen der Richter vortragen konnten.
  • 4. Juni 2008: Ein Richter-Gremium von Atlanta bestätigt die Urteile für Gerardo Hernández von zweimal lebenslänglicher Haft zuzüglich 15 Jahren und René González von 15 Jahren Haft. Die Urteile für Ramón Labañino von lebenslänglicher Haft zuzüglich 18 Jahren, Antonio Guerrero von lebenslänglicher Haft zuzüglich 10 Jahren und für Fernando González von 19 Jahren Haft werden für revisionsbedürftig gehalten und an das Gericht in Miami zurückverwiesen.[2]

Außerdem wurden bisher zwei der Ehefrauen, Adriana Pérez, der Ehefrau von Gerardo Hernández (verurteilt zu zweimal Lebenslänglicher Haft + 15 Jahren) und Olga Salanueva, der Ehefrau von René González, die Einreisevisa in die USA verweigert, um ihre Männer dort im Gefängnis besuchen zu können. Davon betroffen ist auch die jüngste Tochter von Olga und René (geb. April 1998), die ihren Vater nicht in Begleitung ihrer Mutter besuchen darf.

Internationale Proteste gegen das Verfahren

Die kubanische Regierung betrachtet die Miami Five als „Gefangene des Imperiums“ und „Kämpfer gegen den Terrorismus“ und fordert deren Freilassung.

In vielen Ländern der Welt, auch in den USA und sogar in Miami selbst, bildeten sich Solidaritätskommitees, die diesen Prozess als politisch beeinflusstes Verfahren sehen und der US-amerikanischen Justiz schwere Menschenrechtsverletzungen und Rechtsbeugung vorwerfen (auch: Nobelpreisträger Günter Grass, Nobelpreisträgerin Rigoberta Menchu, der Linguist und Philosoph Noam Chomsky, die Pulitzer-Preisträgerin Alice Walker, Ramsey Clark, ehemaliger Justizminister der USA, Nadine Gordimer, Schriftstellerin, Mikis Theodorakis, Komponist[3]).

Die Arbeitsgruppe Willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission äußerte erhebliche Zweifel an der Fairness und Durchschaubarkeit des Gerichtsprozesses gegen die Miami-Five, hält die Höhe der Strafen für unangemessen und kritisiert die Verweigerung elementarer Rechte der Inhaftierten[4]. Insgesamt bewertet die Arbeitsgruppe den Fall als eine willkürliche Inhaftierung der Kategorie III (Schwerwiegende Zweifel an Durchschaubarkeit und Fairness eines Rechtsverfahrens)[5].

Amnesty International kritisiert die Behandlung der Miami Five als Verstoß gegen die Menschenrechte, da den Ehefrauen von René Gonzáles and Gerardo Hernández Visa zur Einreise in die USA verweigert werden, um ihre inhaftierten Ehemänner zu besuchen.[6] Außerdem erklärte Amnesty 2006 in einem offenen Brief an das U.S. State Department, dass sie aufmerksam die laufenden Einspruchsverfahren der fünf Männer wegen verschiedener Probleme die Fairness des Verfahrens betreffend beobachten werden, welche noch nicht von den Berufungsgerichten verhandelt wurden. [7]

Film

Literatur

  • Solidaritätskomitee ¡Basta Ya! (Hrsg.): Die USA und der Terror. Der Fall der Cuban Five, Böklund 2007, ISBN 978-3-939828-16-7

Weblinks

Quellen

  1. Harald Neuber: Kein Visum – kein Besuch junge Welt, 15. November 2007
  2. miami5.de: News 2008 zugegriffen am 11. August 2008
  3. Mikis Theodorakis: »Gesamtheit der Verbrechen der USA aufdecken jungeWelt, 14. September 2006
  4. Jahresbericht der Arbeitsgruppe Willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission UN-E/CN.4/2006/7 vom 12. Dezember 2005 (s.S. 60-66; engl.)
  5. Kriterien und Prozeduren der Arbeitsgruppe Willkürliche Inhaftierungen der UN-Menschenrechtskommission (vgl. Pkt. I. Ziffer C; engl.)
  6. antiterroristas.cu: AI accuses the US of breaking international human rights standards in the case of the Five
  7. Amnesty International: An Open Letter to the State Department

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