Amnesty International

Amnesty International
Amnesty International
Logo der Organisation
Gründung 28. Mai 1961
Sitz London
Personen

Peter Pack (Vorsitzender des internationalen Exekutivkomitees), Salil Shetty (internationaler Generalsekretär), Peter Benenson (Gründer)

Schwerpunkt Menschenrechtsorganisation
Mitglieder 3.000.000
Website www.amnesty.org

Amnesty International (von englisch amnesty‚ Begnadigung, Straferlass, Amnestie‘) ist eine nichtstaatliche (NGO) und Non-Profit-Organisation, die sich weltweit für Menschenrechte einsetzt. Grundlage ihrer Arbeit sind die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere Menschenrechtsdokumente, wie beispielsweise der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte oder der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Die Organisation recherchiert Menschenrechtsverletzungen, betreibt Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit und organisiert u. a. Brief- und Unterschriftenaktionen in Fällen von Folter oder drohender Todesstrafe.

Inhaltsverzeichnis

Gründungsgeschichte

Gründung der Internationalen Organisation

Amnesty International wurde 1961 in London von dem englischen Rechtsanwalt Peter Benenson gegründet. Ihm soll die Idee zur Gründung gekommen sein, als er in der Zeitung zum wiederholten Mal über das ungerechtfertigte Handeln von Regierungen gegen die eigene Bevölkerung las. Der Artikel berichtete damals von zwei Studenten, die in einem Restaurant in Lissabon auf die Freiheit anstießen. In Portugal war die Erwähnung des Wortes „Freiheit“ zu dieser Zeit verboten; die beiden Studenten wurden festgenommen und zu sieben Jahren Haft verurteilt. Am 28. Mai 1961 veröffentlichte Benenson in der britischen Zeitung The Observer den Artikel „The Forgotten Prisoners“ („Die vergessenen Gefangenen“) über diesen und andere Fälle, in dem er die Leser aufrief, sich durch Briefe an die jeweiligen Regierungen für die Freilassung dieser Gefangenen einzusetzen[1]. Er schrieb: „Sie können Ihre Zeitung an jedem beliebigen Tag der Woche aufschlagen und Sie werden in ihr einen Bericht über jemanden finden, der irgendwo in der Welt gefangen genommen, gefoltert oder hingerichtet wird, weil seine Ansichten oder seine Religion seiner Regierung nicht gefallen.“ Die aus diesem Artikel entstandene Aktion, „Appeal for Amnesty, 1961“ gilt als der Anfang von Amnesty International. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Eric Baker und der irische Politiker Seán MacBride, der von 1961 bis 1974 auch Präsident der Organisation war.

altes Logo der Organisation
70 Pf-Sondermarke der Deutschen Bundespost (1974 für amnesty international

Das Logo von Amnesty International ist eine mit Stacheldraht umwickelte Kerze. Es wurde von der englischen Künstlerin Diana Redhouse geschaffen und durch das Sprichwort Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als sich über die Dunkelheit zu beklagen inspiriert.

Die deutsche Sektion hatte bereits in den 1970er Jahren beschlossen, dieses Logo für sich nicht mehr zu verwenden. Stattdessen wurde bis 2008 ein blau-weißes Logo mit Kleinbuchstaben genutzt. In Deutschland, Österreich und der Schweiz bis Mitte 2008, wurde eine inzwischen aber nicht mehr verwendete Schreibweise mit Kleinbuchstaben und Abkürzungen verwendet: amnesty international, ai oder amnesty. Mitte 2008 wurde international ein neues, einheitliches Layout eingeführt, welches die Farben Gelb und Schwarz verwendet. Das Logo enthält den Schriftzug „Amnesty International“ in Großbuchstaben und die mit Stacheldraht umwickelte Kerze.

Gründung in Deutschland

Die deutsche Sektion von Amnesty International wurde zwei Monate nach Gründung der internationalen Organisation (Ende Juni 1961[2]) von Gerd Ruge, Carola Stern und Felix Rexhausen in Köln gegründet und im Juli 1961 als erste Sektion anerkannt.[3] Nach dem Fall der Mauer wurde die Organisation auch in den neuen Bundesländern aktiv.

Gründung in Österreich

Amnesty International Österreich wurde am 4. Mai 1970 gegründet. Derzeitiger Generalsekretär ist Heinz Patzelt.

Amnesty International Österreich gehörte am 14. November 2001 zu den ersten 44 Organisationen, die das Österreichische Spendengütesiegel verliehen bekamen.

Gründung in der Schweiz

Offiziell gegründet wurde die Schweizer Sektion 1970. Doch schon 1964 gab es die erste Sektion in Genf, deren Initiator Seán MacBride war, damaliger Generalsekretär und Mitbegründer von Amnesty International. Der erste Mitarbeiter wurde 1976 eingestellt, im Jahre 1987 waren es 14, und im Jahr 2000 schon deren 28. Derzeitige Geschäftleiterin ist Manon Schick.[4]

Ziele und Arbeitsweise

Eine Aktion von Amnesty International
50 Jahre Amnesty International: deutsche Briefmarke von 2011

Amnesty International recherchiert fortlaufend zur Menschenrechtssituation weltweit und führt Aktionen gegen spezifische Menschenrechtsverletzungen durch. Der Jahresbericht der Organisation (Amnesty International Report) enthält einen Überblick über die Lage der Menschenrechte in fast allen Ländern der Erde.

Die Organisation hat sich sieben Ziele unter dem Motto Gerechtigkeit globalisieren! gesetzt:

  1. Aufbau von gegenseitigem Respekt und Kampf gegen Diskriminierung
  2. Forderung nach Gerechtigkeit
  3. Sicherstellung der körperlichen und geistigen Unversehrtheit aller Menschen
  4. Schutz der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten
  5. Schutz der Rechte von Flüchtlingen, Asylsuchenden, Binnenflüchtlingen und Migranten
  6. Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen
  7. Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte

Einige Jahre wird die derzeitige internationale Kampagne „Gewalt gegen Frauen verhindern“ laufen, die sich gegen die vielfältigen Formen von Gewalt gegen Frauen, sowohl staatlicherseits als auch im häuslichen Umfeld wendet. Nach einer schwierigen und kontroversen internen Diskussion beschloss die Internationale Ratstagung der Organisation 2007 in Morelos, Mexiko, eine begrenzte Position zum Schwangerschaftsabbruch. So soll die völlige Entkriminalisierung gefordert werden, sowie Staaten aufgefordert werden, Abtreibung im Falle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Inzest und bei schwerwiegender Gefahr für das Leben einer Frau zu legalisieren. Die Organisation bekräftigt, dass viele gesellschaftliche Faktoren und Zwänge zu ungewollten Schwangerschaften beitragen und damit auch zu der - weltweit jährlich in ca. 26 Millionen Fällen illegalen - Entscheidung der Frauen.

Zu den typischen Aktionsformen der Arbeit von Amnesty International zählen:

  • Fallarbeit: Diese wird seit Gründung der Organisation betrieben und beinhaltet die langfristige Betreuung eines gewaltlosen politischen Gefangenen (prisoner of conscience) durch eine oder mehrere Amnesty-Gruppen, im Idealfall bis zu dessen Freilassung. Ein Grundsatz dabei ist, dass Amnesty-Gruppen nicht zu Vorgängen im eigenen Land arbeiten.
  • Urgent Actions (Eilaktionen): Sie wurden 1973 eingeführt, um auf drohende Menschenrechtsverletzungen schnell reagieren zu können. Dabei werden möglichst innerhalb von 48 Stunden Mitglieder und Unterstützer mobilisiert, um bei den verantwortlichen staatlichen Stellen zu appellieren. Im Jahr 2005 gab es 326 dieser Aktionen.
  • Briefe gegen das Vergessen: Pro Monat werden drei Fälle aus verschiedenen Ländern vorgestellt, dabei geht es oft um Fälle von verschwundenen Personen, Langzeitinhaftierungen oder Verurteilungen aufgrund unfairer Gerichtsverfahren.
  • Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit: Vielfältige Aktionen der Gruppen und die Arbeit des nationalen Sekretariats zielen darauf ab, das Bewusstsein für Menschenrechtsverletzungen in der Öffentlichkeit zu schärfen und Menschenrechtsverletzungen bekannt zu machen und so Unterstützung für die Anliegen zu gewinnen. Auf die Arbeit von Amnesty macht die jährlich vergebene Auszeichnung Botschafter des Gewissens aufmerksam.
  • Menschenrechtsbildung: Aktionen in Schulen, öffentliche Vorträge etc. zur Verankerung von Wissen über die Menschenrechte.
  • Onlinekampagnen: Mit E-Card Aktionen und Onlinepetitionen nutzt Amnesty verstärkt das Internet als Protestmedium für ihre Kampagnenarbeit.

Aufbau der Organisation

International

Zahlen und andere Daten zur Organisation

Weltweit existierende Sektionen von Amnesty International, 2005 (52)
Generalsekretär: Salil Shetty

Amnesty International zählt nach eigenen Angaben mehr als 3 Millionen Mitglieder und Unterstützer in mehr als 150 Staaten.[5] In 58 Staaten gibt es Sektionen, die eine kontinuierliche Menschenrechtsarbeit garantieren. Die größeren Sektionen unterhalten in der Regel ein Sekretariat mit hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Sektion koordiniert die Arbeit der Mitglieder und ist die Verbindungsstelle zwischen den Gruppen und dem Internationalen Sekretariat in London. Die Sektionen entsenden Vertreter in den internationalen Rat (engl. International Council Meeting, ICM), das oberste Gremium von Amnesty auf internationaler Ebene, das alle zwei Jahre zusammentritt. Der Rat legt Strategie und Arbeitsweise von Amnesty fest und wählt das Internationale Exekutivkomitee, dem die Führung der laufenden Geschäfte der Organisation obliegt. Unter der Verantwortung des Exekutivkomitees steht auch das Internationale Sekretariat in London (England), an dessen Spitze die internationale Generalsekretärin steht. Von 2001 bis Dezember 2009 war dies die Bengalin Irene Khan. Bis zum offiziellen Amtsantritt ihres Nachfolgers Salil Shetty im Juli 2010 war Claudio Cordone, Direktor für Recherche und regionale Programme von Amnesty International, mit der kommissarischen Ausübung beauftragt.

Generalsekretäre

Name Amtszeit
Peter BenensonVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Peter Benenson 1961–1966
Eric BakerVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Eric Baker 1966–1968
Martin EnnalsVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Martin Ennals 1968–1980
Thomas HammarbergSchwedenSchweden Thomas Hammarberg 1980–1986
Ian MartinVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Ian Martin 1986–1992
Pierre SanéSenegalSenegal Pierre Sané 1992–2001
Irene KhanVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Irene Khan 2001–2010
Salil ShettyIndienIndien Salil Shetty 2010–

Deutsche Sektion

Mitgliedschaft und Strukturen sind in der Satzung und einem Arbeitsrahmen geregelt[6]. Mitglieder können sich einer Gruppe anschließen. Seit Beschluss der Jahresversammlung 2010 zahlen alle Mitglieder Beiträge, es gibt jedoch die Möglichkeit, sich davon befreien zu lassen. Von Gruppen wird aktiver Einsatz durch gezielte Aktionen vor Ort, Briefeschreiben, Öffentlichkeitsarbeit und Spendeneinwerbung erwartet. Alle Mitglieder erhalten auch unabhängig von Gruppenaktivitäten Mitmachangebote. In Deutschland gibt es über 600 lokale Gruppen mit insgesamt ca. 9000 Mitgliedern, die in 48 Bezirke aufgeteilt sind. Daneben gibt es sogenannte Koordinationsgruppen, die die Arbeit zu einzelnen Ländern oder bestimmten Menschenrechtsthemen sektionsweit koordinieren. Etwa 70.000 Förderer unterstützen die Organisation durch regelmäßige Beiträge. Geleitet und nach außen vertreten wird die deutsche Sektion durch einen ehrenamtlichen Vorstand, der zurzeit aus sieben Mitgliedern besteht.[7] Vorstandssprecher ist Alexander Hülle, der gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied für Finanzen, Roland Vogel, den geschäftsführenden Vorstand bildet[8].

Das Sekretariat der Sektion ist auf die Standorte Bonn und Berlin aufgeteilt und erledigt administrative Aufgaben für die Mitgliedschaft, macht Öffentlichkeitsarbeit und übernimmt Lobby-Aufgaben. Es beschäftigt über 60 Teil- und Vollzeitkräfte und wurde von 2009 bis Mitte 2011 von Monika Lüke als Generalsekretärin geleitet.[9][10]

Einmal jährlich findet über zweieinhalb Tage zu Pfingsten die Jahresversammlung der deutschen Sektion statt. Alle Mitglieder sind antrags- und stimmberechtigt, Gruppen haben zusätzliches Stimmrecht. Förderer haben kein Stimmrecht und können nicht teilnehmen. Die Jahresversammlung wählt den siebenköpfigen, ehrenamtlichen Vorstand und beschließt Schwerpunkte der inhaltlichen Arbeit der Sektion. Die Diskussionen sind vertraulich ("intern") und Beschlüsse sind in der Regel der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Die deutsche Sektion finanziert sich überwiegend aus Mitglieds- und Fördererbeiträgen und Spenden, zu einem geringeren Teil aus Erbschaften, Verkaufserlösen, Geldbußen und Sammlungen. Seit mehreren Jahren führt die Organisation Direktdialog in Städten durch, um Förderer zu gewinnen. Im Jahr 2006 wurden ca. 10,8 Millionen Euro eingenommen. Davon wurden etwas über 2,8 Millionen Euro an das internationale Sekretariat abgeführt, der Rest für die eigene Arbeit verwendet.[11] Zur Unterstützung der Arbeit von Amnesty International wurde im Mai 2003 die Stiftung Menschenrechte - Förderstiftung Amnesty International mit Sitz in Berlin gegründet.

In seinem im Fischer Verlag publizierten Jahresbericht 2011 beklagte Amnesty International am 13. Mai 2011 Folter und Misshandlung in mindestens 98 Staaten (2010: 111 Staaten), unfaire Prozesse in 54 Ländern (2010:55 Länder), Zensur in 89 Ländern (2010: 96 Länder). Insgesamt attestierte Amnesty 157 Staaten, die Menschenrechte verletzt zu haben. Kritisch sah Amnesty International auch die europäische Flüchtlingspolitik. Der Streit um die Verteilung der etwa 30.000 „Bootsflüchtlinge“ aus Nordafrika in Italien zeige, dass das Verteilungssystem innerhalb der EU nicht funktioniert.[12]

Aktionen und Kampagnen

Die Organisation führt immer wieder große und kleine, internationale Themenkampagnen durch, die teilweise längerfristig, über mehrere Jahre, angelegt sind.

Internationale größere Schwerpunkte derzeit sind:

  • Demand Dignity WSK-Rechte - Mit Recht gegen Armut
  • Stop Violence against Women: Hinsehen und Handeln, Gewalt gegen Frauen verhindern (Unterstützung des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen)
  • Irrepressible: Kampagne gegen die Zensur und für den freien Meinungs- und Informationsaustausch über Internet und E-Mail, wie z. B. Forderung nach Aufhebung der Sperrung des Zugangs zu Wikipedia in China.
  • Cruel. Inhuman. Degrades us all: Kampagne gegen Folter und Gewalt im Namen des "Krieg gegen den Terror" sowie für Schließung des Gefangenenlagers auf Guantánamo.
  • Control Arms: Kampagne zur Kontrolle des Waffenhandels mit Kleinwaffen, also Gewehren, Pistolen, Elektroschockwaffen usw., die weit verbreitet sind und mit denen schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden.

1988 gab es eine internationale Amnesty-Konzerttour unter dem Titel Human Rights NOW!, die der Organisation zahlreiche neue Mitglieder einbrachte. Am 10. Dezember 2005 – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – wurde ein neues Musikprojekt unter dem Titel Make Some Noise gestartet. Dabei veröffentlichten bekannte internationale Künstler, darunter The Black Eyed Peas, Serj Tankian und The Cure, Coverversionen von John-Lennon-Songs exklusiv auf der Website von Amnesty. Parallel zur Musik werden dort konkrete Kampagnen und Fälle vorgestellt.

Auszeichnungen

Kritik

Regierungen und nahestehende Kommentatoren, die von Amnesty International in ihren Berichten kritisch beurteilt werden, haben verschiedentlich Kritik an Amnesty geübt. So wurde Amnesty z.B. aus China,[14] Russland und dem Kongo Einseitigkeit gegen nicht-westliche Länder bei seinen Beurteilungen vorgeworfen, sowie dass die Sicherheitsbedürfnisse (z. B. bei der Bekämpfung von Rebellen) nicht genügend beachtet würden. Umgekehrt wurde Amnesty z. B. nach der Kritik an der israelischen Politik im Gazastreifen vom American Jewish Congress und von der US-Regierung[15] nach der Kritik am Gefangenenlager der Guantanamo Bay Naval Base angegriffen. Abseits der Länderkontroversen stand Amnesty auch in der Kritik, nachdem es die sogenannte „Brutkastenlüge“ als wahr annahm und verbreitete.

Neben den Vorwürfen der Einseitigkeit von verschiedenen Seiten, gibt es kritische Stimmen, die anzweifeln ob Amnesty zu sehr auf Öffentlichkeitsarbeit ausgerichtet ist. Der Jura-Professor Francis Boyle (ehemaliges AI-Exekutivkomiteemitglied in den USA) warf Amnesty vor, als Ziel zuerst für Gelder und Mitglieder zu werben und sich erst danach für Menschenrechte einzusetzen.[16]

Des Weiteren kommt auch interne Kritik an Amnesty auf, seit auf der internationalen Ratstagung in Dakar im August 2001 eine Ausweitung des Mandats auf den Einsatz auch für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte[17] beschlossen wurde. Der Organisation wird von Teilen der Mitgliedschaft vorgeworfen, an Profil zu verlieren und ihr Betätigungsfeld zu sehr auszuweiten. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Organisation zu einem „Menschenrechts-Gemischtwarenladen“ mutiere und an Glaubwürdigkeit verliere. Amnesty solle sich weiterhin auf die bürgerlichen und politischen Rechte konzentrieren.[18] Diese Bedenken wurden in einem BBC-Beitrag zum 50. Geburtstag der Organisation aufgegriffen,[19] in dem auch darauf hingewiesen wurde, dass Amnesty International es bisher nicht geschafft habe, eine nennenswerte Mitgliedschaft außerhalb von Europa, den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Neuseeland zu gewinnen.

Kritisiert werden – auch vereinsintern – Zahlungen in Höhe von ca. 500.000 englischen Pfund an die ehemalige internationale Generalsekretärin Irene Khan im Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus der Organisation.[20]

Nachdem bekannt wurde, dass die Menschenrechtsorganisation beabsichtigt, sich zukünftig für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches in gewissen Grenzen sowie für ein Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch im Falle von Vergewaltigung, Inzest oder schwerwiegender Gefahr für Gesundheit oder Leben der Mutter einzutreten, sagte der Kurienkardinal der Römisch-katholischen Kirche Renato Raffaele Martino in einem Interview, Katholiken und kirchliche Organisationen sollten überlegen, ob sie Amnesty International weiter unterstützen könnten.[21] Amnesty International erwiderte darauf, sich nicht für ein universelles Recht auf Abtreibung, sondern für die Entkriminalisierung von Frauen in einer Notlage einzusetzen.

Literatur

  • Amnesty International: Jahresbericht 2010. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 2010, ISBN 978-3-10-000834-3
  • Uta Devries: Amnesty International gegen Folter – eine kritische Bilanz. In: Beiträge zur Politikwissenschaft. Bd. 71, Peter Lang, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-631-32748-X
  • K.E. Cox: Should Amnesty International Expand its Mandate to Cover Economic, Social, and Cultural Rights? In: Arizona Journal of International and Comparative Law. Vol. 16, T.2, S. 261–284, 1999
  • Heike Alefsen, Wolfgang Behlert, Stefan Keßler, Bernd Thomsen: 40 Jahre für die Menschenrechte. Neuwied/Kriftel 2001, ISBN 3-472-04738-0, Aufsatzsammlung, hrsg. von Amnesty International
    (darin auch ein Aufsatz: Einmischung, Einseitigkeit und mangelnde Ausgewogenheit – Anmerkungen zur Kritik an amnesty international, S. 34–44)
  • Anja Mihr: Amnesty International in der DDR: der Einsatz für Menschenrechte im Visier der Stasi, Ch. Links Verlag, 2002, ISBN 3-86153-263-8
  • Stephen Hopgood: Keepers of the Flame. Understanding Amnesty International. Cornell University Press, Ithaca, N.Y. 2006, ISBN 0-8014-7251-2, (Inhaltsangabe:KEEPERS OF THE FLAME)
  • ai Bibliography – Index: Publications on Health and Human Rights Themes. 1985–2005 Amnesty International | Working to Protect Human Rights

Quellen und Belege

  1. The Guardian: The Forgotten Prisoners
  2. Carola Stern im Gespräch
  3. http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Menschenrechte/amnesty40.html 40 Jahre amnesty international
  4. Wechsel an der Spitze der Schweizer Sektion von Amnesty International, 22. Dezember 2010
  5. About ai, abgerufen am 21. März 2011
  6. http://www.amnesty.de/satzung-von-amnesty-international Satzung und Arbeitsrahmen von Amnesty Deutschland
  7. Der ehrenamtliche Vorstand auf amnesty.de
  8. http://www.stern.de/politik/deutschland/amnesty-international-alexander-huelle-ist-neuer-vorstandssprecher-1695417.html Alexander Hülle neuer Vorstandssprecher
  9. Amnesty begrüßt Monika Lüke als neue Generalsekretärin der deutschen Sektion
  10. Amnesty trennt sich von Geschäftsführerin http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,767497,00.html
  11. amnesty.de: Rechenschaftsbericht 2006 (PDF)
  12. Amnesty Report 2011: EU miuss sich Verantwortung in der arabischen Welt stellen Amnesty International (abgerufen am 13. Mai 2011)
  13. http://www.boeckler.de/76_12795.html
  14. The U.S. and China This Week, U.S.-China Policy Foundation, 16 February 2001.
  15. Press Briefing By Scott McClellan, The White House, 25. Mai 2005
  16. Dennis Bernstein (2002): Interview: Amnesty on Jenin – Dennis Bernstein and Dr. Francis Boyle Discuss the Politics of Human Rights. Covert Action Quarterly. Archiviert vom Original am 5 August 2009. Abgerufen am 28. Dezember 2010.
  17. Jahresbericht Ai 2004, Abschnitt Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte
  18. Nina Streeck: Kann mal einer Amnesty helfen, bitte. Die Weltwoche, Nr. 1/2006
  19. To enlarge the campaign to concern itself with "prisoners of poverty" makes it so large and all-embracing as to be virtually meaningless. John Tusa: Mid-life crisis for Amnesty?, BBC News, 28. Dezember 2010
  20. Informationen zu Zahlungen an Irene Khan, Amnesty.de, abgerufen am 19. Mai 2011
  21. Radio Vatikan: Vatikan: Abrücken von Amnesty International? 13. Juni 2007
    Spiegel Online: Vatikan ruft zum Boykott von Amnesty International auf
    FTD: Vatikan fordert Boykott von Amnesty wegen Abtreibung

Weblinks

 Commons: Amnesty International – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wikinews Wikinews: Portal:Amnesty International – in den Nachrichten

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