- Lymphgefäß
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Ein Lymphgefäß ist ein anatomisches Gefäß und mit einem Blutgefäß vergleichbar. Allerdings ist es nicht für den Transport von Blut, sondern für den Abtransport der sich im Gewebe befindenden Flüssigkeit (Lymphe) einschließlich geringer Mengen von Eiweißen verantwortlich. In das Lymphgefäßsystem sind Lymphknoten als Filterstationen eingeschaltet.
Anatomie
Das Lymphgefäßsystem lässt sich grob in vier Gefäßtypen unterteilen, die sich unter anderem in Aufbau, Funktion und Größe unterscheiden:
- Die Lymphkapillaren (auch initiale Lymphgefäße) beginnen fingerförmig im Zwischenzellraum (Interstitium) und bestehen aus sich dachziegelartig überlappenden Endothelzellen und einer perforierten Basalmembran (Faserfilz) und ist im umliegenden Gewebe mit sogenannten Ankerfilamenten befestigt. Hier findet die Lymphbildung durch Aufnahme der im Interstitium befindlichen Gewebeflüssigkeit statt. Die Lymphkapillare stellt die kleinste Einheit im Lymphgefäßsystem dar.
- Die Lymphe aus mehreren Lymphkapillaren vereinigt sich in den nächstgrößeren Lymphgefäßen, den Präkollektoren. Die Präkollektoren transportieren die Lymphe zu den Kollektoren. Sie nehmen eine Zwischenstellung zwischen Lymphkapillare und Kollektor ein, da sie sowohl an der Lymphbildung beteiligt sind (das heißt Gewebeflüssigkeit aufnehmen) als auch vereinzelt Muskelzellen besitzen und somit zur Fortbewegung der Lymphe kontrahieren können.
- Mehrere Präkollektoren vereinen sich zu einem Kollektor. Die Kollektoren stellen die ersten, ausschließlich zum Transport der Lymphe bestehenden Lymphgefäße dar. Der Aufbau ist ähnlich denen der Venen mit einem dreischichtigen Wandaufbau und Klappen, denen in den venösen Blutgefäßen ähnlich. Durch die Klappen, die sich in bestimmten Abständen befinden (in etwa Gefäßdurchmesser x 10), wird ein Rückstrom der Lymphe verhindert und somit ein zentralgerichteter Lymphstrom gewährleistet. Der Abschnitt zwischen zwei Klappen wird Lymphangion genannt. Seine Bezeichnung als „Lymphherzchen“ rührt daher, dass sich die Angione in bestimmten Intervallen (in Ruhe ca. 10–12x/Minute) kontrahieren und die Lymphe in den nächsten Abschnitt weiterpressen. Unterteilt werden die Kollektoren in:
- oberflächliche Kollektoren (epifasziales System): Sie liegen im Unterhautfettgewebe und nehmen die Lymphe aus Haut und Unterhaut auf.
- tiefe Kollektoren (subfasziales System): Sie liegen innerhalb der Faszien (intrafaszial) in den Extremitäten und der Rumpfwand und nehmen die Lymphe aus Muskeln, Bändern, Gelenken und Knochen auf.
- Eingeweidekollektoren (viszerales System): Sie nehmen die Lymphe der Eingeweide auf.
- Die Lymphsammelstämme sind die größten Lymphgefäße des Körpers. Zu ihnen gehören unter anderen der Truncus trachealis und der Ductus thoracicus (auch Milchbrustgang; ca. 40 cm lang). Sie nehmen die Lymphe aus den Kollektoren, das heißt die Lymphe aus den inneren Organen, Extremitäten und den dazugehörigen Rumpfquadranten auf und münden herznah in die Venenwinkel, also in den venösen Blutkreislauf. Man unterteilt sie in Lymphstämme der oberen und unteren Körperhälfte.
Lymphgefäße, die in derselben Ebene liegen (z. B. oberflächliche Kollektoren im Unterhautfettgewebe) sind untereinander durch sogenannten Anastomosen verbunden. Lymphgefäße, die in verschiedenen Ebenen liegen (z. B. oberflächliche und tiefe Kollektoren) sind untereinander durch sogenannte Perforanzgefäße verbunden.
Anastomosen dienen unter anderem als Umleitungen. Ist der Lymphfluss in einem größeren Gefäß unterbrochen, fließt die Lymphe über die Anastomosen in ein angrenzendes, mit ihm verbundenes, Lymphgefäß. Somit kann ein Flüssigkeitsstau und ein daraus resultierendes Lymphödem vermieden werden.
Über die Perforanzgefäße findet ein ständiger Flüssigkeitsstrom, meist von den tiefen zu den oberflächlichen großen Lymphgefäßen, statt (anders als bei den venösen Blutgefäßen, wo der Blutstrom meist von oberflächlich nach tief verläuft). Diese Eigenschaft macht man sich unter anderem bei der manuellen Lymphdrainage, einer Form der Massage, zu Nutzen. Hier wird durch die sanfte Massage der Lymphfluss der oberflächlichen Lymphgefäße unterstützt und angeregt wodurch auch die tiefliegenden Lymphgefäße besser entleert werden.
Aufgabe
Das Lymphgefäßsystem ist unter anderem für den Rücktransport von liegengebliebener Gewebsflüssigkeit (d. h. nicht wieder vom Blutgefäßsystem resorbierte Flüssigkeit) und Eiweißmolekülen in den venösen Blutkreislauf zuständig. Darüber hinaus hat es immunbiologische Aufgaben. Im Rahmen der Fettverdauung wird ein Großteil der aus der Nahrung aufgenommenen Fette von den Enterozyten des Dünndarms in Chylomikronen verpackt und anschließend über die Lymphgefäße ins Blut transportiert. Stauungen im Lymphgefäßsystem oder Überforderung der Rücktransportkapazität (z. B. bei venösen Stauungen auf Grund einer Rechtsherzinsuffizienz) haben Lymphödembildungen zur Folge.
Der Eiweißrücktransport ist insofern wichtig, weil bei Ansammlung von Eiweißmolekülen im Interstitium der kolloidosmotische Druck im Interstitium ansteigen würde und es vermehrt dazu käme, dass Blutflüssigkeit aus den Blutkapillaren ins Interstitium gelangt. Dies führt zu einem Volumenmangel (Hypovolämie), im schlimmsten Fall zu einem lebensbedrohlichen Schockzustand.
Literatur
- Gille, U.: Herz-Kreislauf- und Abwehrsystem, Angiologia. In: F.-V. Salomon, u. a. (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Enke-Verlag Stuttgart, 2. Aufl. 2008, S. 404-463. ISBN 978-3-8304-1075-1
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