Madame Gourdan

Madame Gourdan

Madame Gourdan, geb. Stock († 28. November 1783 in Paris), genannt die kleine Comtesse, war eine französische Bordellbetreiberin und Unternehmerin. Über ihre Vornamen gibt es verschiedene Angaben, einige Quellen nennen Alexandrine-Ernestine,[1] andere Marguerite[2][3] auch über ihre Lebensdaten gibt es Unklarheiten, sicher ist nur ihr Todesort und Sterbedatum. Gourdan war eine berühmte und einflussreiche Bordellbetreiberin in Paris.

Inhaltsverzeichnis

Bordell und Landsitz

Ihr Bordell namens Chateau de Madame Gourdan befand sich in der Rue des Deux Portes. Reiche und einflussreichste Politiker, Adelige und sogar Geistliche gingen in ihrem Etablissement ein und aus. Es war eines der größten Bordelle seiner Zeit, auf verschiedene Häuser und sogar Straßenzüge verteilt. Am berüchtigtesten war der Salon de Vulcan; eine abgeschottete schalldichte Folterkammer für BDSM-Spiele. Iwan Bloch beschreibt in seiner Rezension zu Marquis de Sade, wie sich der Schriftsteller und der Sohn des Kardinals Richelieu, Sire de Fronsac, auf einem besonderen Stuhl, der mit Fesseln und sonstigen Zubehör ausgestattet war, in dieser Kammer vergnügten.[4]

Gourdan hatte des Weiteren ein Haus auf dem Lande, das von der Landbevölkerung ironisch das Kloster genannt wurde und in welchem kranke und schwangere Mädchen gebracht wurden, um sich dort „auszukurieren“. Dieses Kloster wird in einem erotischen Text eines anonymen Verfassers namens Mademoiselle Sappho, in dem es um ein naturverdorbenes Bauernmädchen geht, das von lesbischen Adeligen der Tribadinnen-Sekte Secte Anandryne zur Hure gemacht wird, als literarisches Motiv verwendet.[5][6]

Sexspielzeug

Gourdan war auf lesbische Kundinnen spezialisiert. Bekannt und begehrt waren ihre kunstvoll gearbeiteten Dildos, hohl und mit einer Öffnung an der Spitze, aus welchen, ähnlich einer Spritztüte Flüssigkeit verspritzt werden konnte. Gourdan war die Erste, die derartige Dildos professionell vertrieb, so dass sie einen regelrechten Dildoversand führte, dessen Replikate noch heute auf verschiedenen Ausstellungen gezeigt werden.[7]

Geschichtliche und literarische Bezüge

Titelblatt der Ausgabe der Correspondance von 1783

Eine besondere Fußnote in der Geschichte sollte ihr eine ihrer besten Huren verschaffen: Unter dem Namen Mademoiselle Lange arbeitete ein junges Mädchen in ihrem Etablissement, das später unter dem Namen Madame du Barry als Mätresse Ludwigs XV. Geschichte schreiben sollte. Im Etablissement von Madame Gourdan lernte die attraktive Marie-Jéanne Jean du Barry kennen. Der aus dem Languedoc stammende Adelige hatte eine wohlhabende Erbin geheiratet, was seine finanzielle Lage verbesserte und war nach Paris gekommen, um im diplomatischen Dienst zu arbeiten, wozu es jedoch nicht mehr kam.

Gourdans Bordell wurde unter anderem auch als Inspirationsquelle für die Romane des Schriftstellers Marquis de Sade genannt.[8] Sie betrieb die Institution bis zu ihrem Tod.[9]

Kurz nach ihrem Tod veröffentlichte 1783 ein anonymer Verfasser (vermutlich Charles Théveneau de Morande)[10] das pornografische Werk Le Porte-feuille de Madame Gourdan dite La Comtesse (auch unter dem Titel Correspondance de Madame Gourdan dite Petite Comtesse) als Lebensbeschreibung der Madame Gourdan. Die Publikation wurde bis in das 20. Jahrhundert in Liebhaberausgaben immer wieder neu aufgelegt.

Einzelnachweise

  1. Eroticabibliophile.com, Nr. 25
  2. Blogspirit.com
  3. Bandoll.no
  4. Iwan Bloch: Der Marquis de Sade und seine Zeit. Ein Beitrag zur Cultur- und Sittengeschichte des 18. Jahrhunderts. Mit besonderer Beziehung auf die Lehre von der Psychopathia sexualis (1900, unter dem Pseudonym Eugen Dühren)
  5. Anonymus: Mademoiselle Sappho - Beichte eines jungen Mädchens, online unter Spiegel.de
  6. Aktuell-heute.de
  7. Sachsen.de
  8. Erotische-Geschichten.tv
  9. Eugen Defrance, La Maison de Madame Gourdan, Paris, 1908
  10. Simon Burrows: A Literary Low-Life Reassessed: Charles Theveneau de Morande in London, 1769-1791. Eighteenth-Century Life - Ausgabe 22, Nummer 1, Februar 1998, S. 76-94

Literatur

  • Anonym: Le Portefeuille de Madame Gourdan. Vermutlich Nachdruck der genannten Erstausgabe von 1783 (von: Anonym, vermutl. Charles Théveneau de Morande), Verlag/Herausgeber unbekannt, London 1783.
  • A. Londres: J. Nourse. Vermutlich Nachdruck der anonymen Ausgabe von Le Portefeuille de Madame Gourdan, Verlag/Herausgeber unbekannt, London 1784.
  • Anonym (Madame Gourdan, dite La Comtesse): Correspondance de Madame Gourdan. Limitierter Nachdruck des Werkes J. Nourse von A. Londres, mit einer Einführung von Jean Hervez, Verlag Bibliotheque de Curieux (Hrsg. Georges u. Robert Briffaut), Paris 1924, 188 S.
  • Anonym (Madame Gourdan, dite La Comtesse): Correspondance de Madame Gourdan. Nachdruck, Hrsg.: Le Livre Du Bibliophile, Paris 1954, 186 S.

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