Magnetotaxis

Magnetotaxis

Als Magnetotaxis wird die Orientierung der Bewegungsrichtung von Lebewesen in einem Magnetfeld bezeichnet. Ökologisch bedeutend ist die Orientierung am Magnetfeld der Erde. Nach bisherigen Erkenntnissen spielen dabei sogenannte Magnetosomen eine Rolle. Magnetosomen besitzen einen Eigenmagnetismus und tendieren zu einer Ausrichtung in Magnetfeldern. Anders als bei der Chemotaxis oder Phototaxis wurde bisher jedoch noch kein Beweis für das Vorhandensein eines sensorischen Systems gefunden.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Morphologie von Magnetosomen

Magnetosomen bestehen aus membranumgebenen Magnetit- (FeIII2FeIIO4) oder Greigitkristallen (FeIII2FeIIS4)und haben einen Durchmesser von etwa 40 bis 90 nm. Im Gegensatz zu einer häufigen Lehrbuchmeinung besteht die umgebende Membran aus einer von der Cytoplasmamembran abstammenden Lipiddoppelschicht. Dies wurde durch die Analyse der Lipidbestandteile und Beobachtung von aus der Cytoplasmamembran ausknosspenden Magnetosomenvesikeln bestätigt [1] [2] [3]. Die Gestalt der Magnetosomen variiert zwischen verschiedenen Spezies stark. Sie kann würfel- bis quaderförmig und auch nagel- oder tropfenförmig sein. Jede Zelle enthält mehrere Magnetosomen, die darin Ketten bilden.

Verbreitung und ökologische Bedeutung bei Bakterien

Magnetotaktische Bakterien leben in Gewässern (aquatisch) und sind an geringe Sauerstoffkonzentrationen angepasst (mikroaerophil). Sie bewegen sich mit Hilfe von Geißeln und besitzen in ihrem Inneren Magnetosomen, die in einer Reihe angeordnet sind. Die meisten magnetotaktischen Bakterien sind Spirillen, ein Beispiel ist die Art Magnetospirillum magnetotacticum.

Magnetosomen verleihen der Zelle einfache magnetische Eigenschaften, wodurch die Bakterien parallel zu den Kraftlinien des Erdmagnetfelds ausgerichtet werden. Die Polarität ist bei magnetotaktischen Bakterien auf der Nordhälfte der Erde so ausgerichtet, dass sie sich beim Schwimmen in Richtung auf den magnetischen Nordpol bewegen. Wegen der Inklination des Erdmagnetfelds außerhalb der Äquatorregion ist die Bewegung schräg nach unten gerichtet. Bei magnetotaktischen Bakterien auf der Südhälfte der Erde wird dasselbe bewirkt, indem die Polarität so ausgerichtet ist, dass sie sich in Richtung auf den magnetischen Südpol bewegen[4]. Diese Fähigkeit wird in der Magnetostratigraphie benutzt, die Polarität des Magnetfeld in der Erdgeschichte zu rekonstruieren. Denn nach dem Absterben der Bakterien und der Fixierung im Sediment bewahren die Bakterien bzw. die erhaltungsfähigen Ketten von Magnetitkristallen die Polarität und die Inklination des Magnetfelds zu einer bestimmten Zeit in der Erdgeschichte.

Diese Abwärtsbewegung bewirkt, dass die Bakterien auf kurzem Weg in die Grenzschicht des Wassers dicht über dem Sediment gelangen. Dort ist wegen der höheren Sauerstoffzehrung beim Abbau organischer Stoffe im Sediment die Sauerstoffkonzentration niedrig. Außerdem stehen in diesem Bereich organische Stoffe in höherer Konzentration zur Verfügung als in höher gelegenen Wasserschichten. Dies sind günstige Bedingungen für die heterotrophen mikroaerophilen Bakterien.

Eine Alternative zur Magnetotaxis ist die Chemotaxis, die bei nicht-magnetotaktischen Bakterien zum selben Ziel führen kann. Chemotaxis beruht aber auf dem Prinzip „Versuch und Irrtum“, so dass chemotaktische Bakterien das Ziel nur auf Umwegen erreichen.

Sonstiges Vorkommen

Magnetosomen kommen auch bei Algen vor.

Bei einigen höheren Lebewesen, auch bei Wirbeltieren, wurden Magnetosomen im Bereich der Ohren oder im Gehirn nachgewiesen. Man nimmt an, dass sie bei der Orientierung der Bewegung dieser Lebewesen eine wichtige Rolle spielen.

Einzelnachweise

  1. Yuri A. Gorby, Terry J. Beveridge, Richard P. Blakemore: Characterization of the bacterial magnetosome membrane. In: Journal of bacteriology. Bd. 170, Nr. 2, Februar 1988, S. 834-841. http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?artid=210730&tool=pmcentrez&rendertype=abstract.
  2. Karen Grünberg, Eva-Christina Müller, Albrecht Otto, Regina Reszka, Dietmar Linder, Michael Kube, Richard Reinhardt, Dirk Schüler: Biochemical and Proteomic Analysis of the Magnetosome Membrane in Magnetospirillum gryphiswaldense. In: Applied and Environmental Microbiology. Bd. 70, Nr. 2, Februar 2004, S. 1040-1050. http://aem.asm.org/cgi/content/abstract/70/2/1040
  3. Arash Komeili, Zhuo Li, Dianne K. Newman, Grant J. Jensen: Magnetosomes are cell membrane invaginations organized by the actin-like protein MamK. In: Science. Bd. 311, Nr. 5758, 13. Januar 2006, S. 242-245. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16373532
  4. Martin Dworkin, Stanley Falkow, Eugene Rosenberg, Karl-Heinz Schleifer, Erko Stackebrandt (Hrsg.): The Prokaryotes - A Handbook on the Biology of Bacteria. Bd. 2: Ecophysiology and Biochemistry. 3. Auflage, Springer Verlag, New York 2006, ISBN 978-0-387-25492-0, S. 844, Zugriff via Google Books: http://books.google.de/books?id=kyAZ47ZrazkC&source=gbs_navlinks_s

Siehe auch


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