- Magnushaus
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Das Magnushaus ist ein denkmalgeschütztes, mehr als 250-jähriges Bürgerhaus in Berlin-Mitte, in welchem der Physiker Heinrich Gustav Magnus im 19. Jahrhundert wohnte, forschte und lehrte. Hier wurde 1845 die Deutsche Physikalische Gesellschaft gegründet und hier hatte zwischen 1958 und 1990 die Physikalische Gesellschaft der DDR ihren Stammsitz.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Das Magnushaus steht mit der Hauptfront an der Straße Am Kupfergraben (Hausnummer 7) mit Blick auf einen Arm der Spree, sein linker Flügel grenzt an die Dorotheenstraße, die rechte Seite an die Bauhofstraße, die hintere Gartenbegrenzung wird durch einen Fußweg zwischen Bauhof- und Dorotheenstraße gebildet.
Das Gebäudeensemble
Es ist nicht vollständig gesichert, ob das Bürgerpalais aus dem totalen Umbau eines früheren Hauses entstand oder als kompletter Neubau. - Das jetzige Aussehen verdankt der Gebäudekomplex jedenfalls Plänen von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, die dieser im Jahre 1750 als Aquarellzeichnungen anfertigte. Es handelt sich hierbei um einen zweigeschossigen Bau im spätbarocken Stil, an welchen ein Querhaus mit einer Wagenremise angebaut wurde und ein Kutschstall zur Hofseite hin seinen Platz fand. Als Bauherr trat Friedrich II. auf, der es nach Fertigstellung (unter Leitung von Johann Boumann) bis zum Jahre 1756 seinem Beamten Johann Friedrich Westphal übereignete.
Souterrain
Das Souterrain (Kellergeschoss) besteht aus großen Sandsteinquadern und besitzt kleine hoch gelegene Fensteröffnungen, die etwa 40 cm über dem Gehweg liegen. In den Räumen war anfänglich eine Wohnung für die Dienstboten („Domestique-Stube“) nebst Küche, Toiletten und zahlreichen Abstellmöglichkeiten.[1]
1. Etage (Hochparterre)
Die großzügig aufgeteilte 1. Etage (Hochparterre) bestand in der ersten Bebauung aus mindestens 8 großen Räumen und drei Treppen ermöglichten den Zugang. Die aus der Bauzeit erhaltene Haupttreppe windet sich in Spiralform in die zweite Etage hinauf und besitzt einen im Rokokostil verzierten schmiedeeisernen Handlauf.[2]
2. Etage und Dachgeschoss
Nach den Plänen der ersten Bauphase reichte der linke Gebäudeteil in dieser Etage nur bis zum Querhaus (Hoftrakt), die Räume der ersten Etage bis zur Dorotheenstraße waren überdacht.[3] Bei den ersten Umbauten durch den Architekten Günther 1822 wurden das zweite Geschoss und ebenfalls der Hofflügel im klassizistischen Stil aufgestockt. Ein paar kleine Räume im ausgebauten Dachgeschoss vervollständigen das Bauwerk.
Nach den zahlreichen und zuletzt 1993/1994 durchgeführten Sanierungs- und Umbauarbeiten befinden sich in der 2. Etage ein großer Konferenzraum für rund 120 Personen mit drei kleinen Vorräumen, ein kleiner Tagungsraum für maximal 20 Personen und zahlreiche kleinere Räume, die vielfältig genutzt werden können.
Bauten auf dem Hof
An der Bauhofstraße gibt es eine Hofeinfahrt, die früher zu der Wagenremise, einem Putzbau mit Walmdach, führte. Anstelle dieser Remise wurde im 19. Jahrhundert eine kleine Probebühne angebaut. Der ehemalige Pferdestall wurde bei den Umbauten des 20. Jahrhunderts zu einer Restauration für etwa 50 Personen ausgebaut und heißt nun allgemein „Remise“.
Fassade
Die Putz-Fassade ist durch korinthische Pilaster und regelmäßig angeordnete hohe Fenster neunachsig symmetrisch gegliedert. An diese Fassade schließt sich linksseitig ein zweiachsiger Gebäudeteil an. Ein risalitartig hervorgehobenes Mittelstück mit einer doppelläufigen Freitreppe und einem korbbogigen Portal führt in die 1. Etage.
Nutzung im 18. und 19. Jahrhundert
Das Magnushaus wurde 1760 unter Friedrich II. im Stile Knobelsdorffs errichtet.
Erster Bewohner war die Familie des königlichen Beamten Westphal, als nächstes zog der Mathematiker Joseph-Louis Lagrange hier ein, der von 1766 bis 1787 Direktor der Berliner Preußischen Akademie der Wissenschaften war.
1822 wurde das Anwesen von dem Architekten August Adolf Günther erworben, der es 1840 an den Physiker Gustav Heinrich Magnus verkaufte. Die zahlreichen Räume wurden nun nach Vorstellungen von Magnus so umgestaltet, dass er 1842 ein physikalisches Kabinett einrichten konnte, um seine Forschungen durchzuführen. Außerdem lud er dazu Studenten ein, es gab Diskussionsrunden und Lehrveranstaltungen im Haus (sogenannte Physikalische Kolloquia). Durch diese intensive wissenschaftliche Tätigkeit kam es 1845 (in einem Lokal in der Französischen Straße) zur Gründung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG).[4], die ihre Arbeit vom Palais am Kupfergraben aus lenkte und ihre Sitzungen hier abhielt.
Nutzung bis 1945
1908 wurde das Gebäude Wohnsitz für die Familie des Germanisten Rochus von Liliencron, der es 1911, kurz vor seinem Tode, dem Preußischen Staat verkaufte.
Nächster Nutzer des nun nach seinem ersten bedeutenden Bewohner „Magnushaus“ genannten Palais' wurde ab 1911 der Regisseur Max Reinhardt, der zehn Jahre lang bis 1921 die Räume des Obergeschosses bewohnte.
In den Jahren 1927/1928 mussten umfangreiche Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, auch wurden im Inneren und an der Remise Umbauarbeiten vorgenommen.
1930 ließ die DPG eine Gedenktafel am Haus anbringen, die an das Wirken von Magnus sowie seine Mitarbeiter und Schüler erinnert.
1934, als viele der 1300 Mitglieder der Physikalischen Gesellschaft wegen der politischen Entwicklungen Berlin und Deutschland ganz verließen, wurde die Berliner Universität Eigentümer des Magnushauses. Obwohl die DPG durch die Wahl „regimetreuer“ Wissenschaftler in den Vorstand (wie Carl Ramsauer) weiterhin aktiv bleiben konnte und sogar finanzielle Zuschüsse erhielt, musste sie schließlich 1945 ihre Arbeit vollständig einstellen. Das Magnushaus hatte seine Bedeutung verloren.[5]
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Krieges wurden alle Parteien und Organisationen in Deutschland von den Alliierten aufgelöst – darunter auch die DPG. 1946 kam es zur Neugründung von einzelnen physikalischen Gesellschaften in den westlichen Besatzungszonen, die sich 1950 zum Verband Deutscher Physikalischer Gesellschaften zusammenschlossen; 1963 wurde daraus die Neue Deutsche Physikalische Gesellschaft.
Im Ostteil von Berlin und der sowjetischen Besatzungszone wurde erst 1952 wieder eine Gesellschaft gegründet, die sich verstärkt der Entwicklung der Physik widmete. Sie gab sich den Namen Physikalische Gesellschaft der DDR. Aus Anlass des 100. Geburtstages von Max Planck, der auch lange Jahre Vorsitzender der DPG war, wurde das Magnushaus 1958 (wieder) der Sitz dieser Gesellschaft. - Die Bibliothek erhielt den Ehrennamen Max-Planck-Bibliothek, auch das Haus wurde zeitweilig so genannt. - Die gesammelten Werke des Gelehrten wurden anlässlich der Namensgebung durch den sowjetischen Gelehrten Abraham Joffé an die Physikalische Gesellschaft zurückgegeben, nachdem die Materialien am Kriegsende von sowjetischen Soldaten sichergestellt worden waren. Sie umfassen rund 1.000 Bücher, darunter Lexika, Wörterbücher, Manuskripte, physikalische Standardwerke des 19. Jahrhunderts, Kompendien, Ausgaben von Plancks Werken sowie Festschriften, die zu seinen Ehren herausgegeben wurden.[6]
Die Physikalische Gesellschaft der DDR war sehr aktiv, es gelang ihr neben der Herausgabe von Physikalischen Fachschriften auch, zahlreiche international erfolgreiche Wissenschaftler zu Gastvorträgen nach Berlin einzuladen, wie z.B. den italienischen Atomphysiker Bruno Pontecorvo im Jahre 1965 und viele andere.
Nach 1990
Seit dem Zusammenschluss der beiden deutschen Physikalischen Gesellschaften wird das Magnushaus, das im Besitz der Stadt/des Landes Berlin war, weiterhin durch die (neue) Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) genutzt. Mit hohem finanziellem Aufwand und einer Spende der Siemens AG wurde es 1993/94 saniert und zu einem wissenschaftlichen Begegnungszentrum der Deutschen Physikalischen Gesellschaft mit den Schwerpunkten
- Behandlung von Problemen, zu deren Lösung Physiker beitragen können und die von allgemeiner Bedeutung für unsere Zivilisation sind,
- Darstellung der physikalischen Wissenschaft und ihrer Nachbardisziplinen,
- Förderung der physikalischen Forschung und Lehre durch Intensivierung des Gedankenaustausches zwischen Physikern,
- Förderung der interdisziplinären Gespräche zwischen Physik und anderen technisch-wissenschaftlichen Bereichen
ausgebaut.
Eine zweite Gedenktafel, unmittelbar unter derjenigen von 1930 angebracht, erinnert seit 1994 an Max Reinhardt und die letzte Restaurierung des Hauses.
Als weitere Nutzung wurden 1995 die Magnus-Haus-Konzerte von der Ernst von Siemens Musikstiftung als „Musikalischer Salon" eingeführt.
Viel Aufsehen erregte im September 2001 der Verkauf des Magnushauses durch das Land Berlin an die Siemens AG, deren Gründerväter Werner von Siemens und Georg Halske zu den frühen Mitgliedern der Physikalischen Gesellschaft zählten. Doch ein Firmensprecher versicherte: „die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) bleibt auch weiterhin der Hauptmieter im Magnushaus … und kann die etwa 1000 m² umfassenden Räume weitere 23 Jahre mietfrei selbst nutzen und/oder untervermieten“. Siemens sei an einem harmonischen Miteinander sehr interessiert, denn die Deutsche Physikalische Gesellschaft und Siemens seien seit der Firmengründung im Jahre 1847 eng miteinander verbunden. Mittelfristig wolle das Unternehmen das Haus als Konzernrepräsentanz nutzen. Ein kleines Büro von 30 m² hat die Firma bereits jetzt gemietet, beim Auslaufen von Untermietverträgen soll die eigene Nutzfläche dann erweitert werden. [7]
Im Magnushaus finden auch regelmäßig die von der 1963 gegründeten Wilhelm und Else Heraeus Stiftung im Auftrag des Ausschusses für Industrie und Wirtschaft organisierten „Berliner Industriegespräche“ statt, die der Förderung von Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Naturwissenschaften dienen.
Die Räume im Obergeschoss (unter dem Dach) werden durch den Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und seit 1999 durch den Verein Atlantik-Brücke genutzt.
Einzelnachweise
- ↑ Zeichnung Grundriss Souterrain im Architekturmuseum der TU Berlin, Inv.-Nr. 43047
- ↑ Zeichnung Grundriss 1. Etage im Architekturmuseum der TU Berlin, Inv.-Nr. 43048
- ↑ Zeichnung Grundriss 2. Etage im Architekturmuseum der TU Berlin, Inv.-Nr. 43049
- ↑ Gründungurkunde der DPG
- ↑ Eine ausführliche Studie zur Situation der DPG im „Dritten Reich“
- ↑ Historisches Haus am Kupfergraben - Artikel in der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 29. September 1982
- ↑ Manfred Ronzheimer, in „BerlinNews“ vom 28. Oktober 2001
Quellen und Literatur
- Artikel von Manfred Ronzheimer zum Magnushaus und dem Kauf durch die Firma Siemens, in „BerlinNews“
- Homepage der Deutschen Physikalischen Gesellschaft
- Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR, Hauptstadt Berlin I; Seiten 190-191, Hrsg. Institut für Denkmalpflege im Henschelverlag, Berlin 1984
- Geschichte des Hauses im Luisenstädtischen Bildungsverein
- Dieter Hoffmann (Hrsg.): Gustav Magnus und sein Haus, GNT-Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-928186-26-4
Weblinks
52.52722222222213.395469444444Koordinaten: 52° 31′ 38″ N, 13° 23′ 44″ O
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