- Marburger Abkommen
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Der Allgemeine Deutsche Waffenring (ADW) war ein Zusammenschluss mehrerer Dachverbände von schlagenden Studentenverbindungen zur überörtlichen Koordinierung und Vertretung der spezifischen Belange des Waffenstudententums. Er bestand – bei wechselnder Mitgliedschaft – von 1919 bis zu seiner Selbstauflösung 1935 und verfügte in dieser Zeit teilweise über erheblichen Einfluss in den Allgemeinen Studentenausschüssen (AStA) sowie in deren Dachverband Deutsche Studentenschaft.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungsgeschichte
Bereits 1914 hatten der Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) der Corps, der Vertreter-Convent der Turnerschaften (VC), die Deutsche Landsmannschaft sowie die Deutsche Burschenschaft (DB) nach jahrelangen Verhandlungen das sogenannte Marburger Abkommen zum „Zwecke der Bekämpfung der Realinjurien und Behebung der Verrufe“ geschlossen. Diese Übereinkunft gilt als das erste verbandsübergreifende Abkommen dieser Art und bildete unter anderem die Grundlage für die ersten lokalen Waffenringe. Ein überregionaler Zusammenschluss kam jedoch während des Ersten Weltkrieges nicht mehr zustande.
Am 7. August 1919 fand auf dem Haus der Turnerschaft Salia in Jena der erste Waffenstudententag statt, auf dem von Vertretern der Corps, Landsmannschaften und Turnerschaften der ADW gegründet wurde. Diese Gründung veranlasste den Verband der Vereine Deutscher Studenten (VVDSt) und mehrere andere Verbände zunächst zur Bildung eines „Schwarzen Rings“, während die Deutsche Burschenschaft als Mitunterzeichnerin des Marburger Abkommens dem ADW ebenfalls fernblieb und eine Vermittlerrolle zwischen beiden Gruppierungen einzunehmen versuchte. Am Rande des Erlanger Studententags der Deutschen Studentenschaft gelang es ihr, das Erlanger Verbände- und Ehrenabkommen zustande zu bringen, auf dessen Grundlage sich schließlich auf dem Rudolstädter Waffenstudententag 1922 auch die übrigen pflichtschlagenden und satisfaktionsgebenden Verbände dem ADW anschlossen.
Politisierung, Spaltung und Auflösung 1935
Obwohl der ADW hauptsächlich als „Zweckverband zur Vertretung der Belange des Waffenstudententums“ gegründet worden war, sollte er sich laut Gründungsprogramm ausdrücklich nicht nur mit Verrufsfragen und der Ausarbeitung einer verbändeübergreifenden Ehrenordnung (verabschiedet 1923) befassen, sondern zugleich „völkisch-vaterländische Arbeit durch Pflege des Ehr- und Wehrgedankens in der Studentenschaft leisten“. In dieser politischen Zielstellung wurde er zwar alsbald vom Deutschen Hochschulring überflügelt, zumal letzterer auch für nichtschlagende und nichtkorporierte Studenten offen war. Gleichwohl stellten die im ADW und den lokalen Waffenringen organisierten Waffenstudenten aufgrund ihres geschlossenen Auftretens in der Regel einen bedeutenden Faktor in den örtlichen AStA und in der Deutschen Studentenschaft dar.
Politisch waren sich die meisten Verbände in ihrem Nationalismus und ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Weimarer Republik ohnehin einig. Zu ernsten Meinungsverschiedenheiten kam es innerhalb des ADW erst wieder in der Endphase der Republik, als der Aufschwung des NSDStB die schlagenden Verbände zur Stellungnahme herausforderte. Im April 1931 vereinbarten ADW und NSDStB auf dem Waffenstudententag in Erfurt das Erfurter Abkommen, in dem die beiderseitigen Interessen geregelt wurden. Aus Protest gegen die zunehmende Politisierung des ADW verließ der Kösener SC-Verband 1932 vorübergehend den Verband, der ein Jahr später die nationalsozialistischen „Arierbestimmungen“ in seine Satzungen übernahm. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde auch der ADW gleichgeschaltet und nach Einführung des "Führerprinzips" der Verbandsdirektor Walter Langhoff zum "Führer" des ADW ernannt. Unter seiner Leitung wurde auf dem Goslarer Waffenstudententag vom 30. Juni 1933 ein ADW-Bundesgesetz verabschiedet, nach dem alle angeschlossenen Verbände von ihren Mitgliedern bis zum 28. Februar 1934 die „Judenfreiheit“ auf einem Formular nachweisen sollten. Allerdings blieb auch danach umstritten, ob hierbei nach den Vorschriften des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums oder den weitergehenden Grundsätzen der NSDAP für die Aufnahme von Parteimitgliedern verfahren werden solle. Da hierüber keine Einigung herbeigeführt werden konnte, traten die Verfechter der harten Linie – DB, VC, Deutsche Sängerschaft (DS) und einige andere – Ende 1934 ebenfalls aus dem ADW aus und gründeten einen eigenen Völkischen Waffenring. Diese Abspaltung, der laut Gründungserklärung „nur solche Verbände angehören (sollten), die in ihren Gliederungen weder Judenstämmlinge, jüdisch Versippte noch Angehörige von Logen, Orden oder ihren Nachfolgeorganisationen dulden“, bestand jedoch nur wenige Monate (Dezember 1934 bis April 1935). Die Verbände mit einer weniger restriktiven Haltung (Corps, Landsmannschaften und die Verbindungen im Miltenberger Ring) konterten ihrerseits am 12. Januar 1935 mit der Gründung der Gemeinschaft studentischer Verbände unter Führung von Staatssekretär Hans Heinrich Lammers, die vom NSDStB als Gesamtvertretung der studentischen Verbände anerkannt wurde. Damit war der ADW (aber auch der Völkische Waffenring) wieder „entpolitisiert“ worden und kümmerte sich nur noch um Fechtfragen. VC und DS kehrten in den ADW zuück. Lammers löste die Gemeinschaft studentischer Verbände im September 1935 auf, weil einige Kösener Corps die Arierbeschlüsse nicht umgesetzt hatten.
Der ADW selbst wurde am 15. Oktober 1935 aufgelöst; eine Wiederbelebung nach dem 2. Weltkrieg erfolgte nicht, da die „unbedingte Satisfaktion mit der Waffe“ inzwischen obsolet geworden war. Als Nachfolgeorganisation kann jedoch in gewisser Hinsicht die Arbeitsgemeinschaft Andernach der mensurbeflissenen Verbände (AGA) gelten, die sich besonders in den 1950er Jahren um die Klärung der Rechtsfragen zur Mensur (Göttinger Mensurenprozess) und die Abschaffung des studentischen Duells kümmerte.
Quellen
- Das Archiv des ADW befindet sich im Kösener Archiv des Instituts für Hochschulkunde der Universität Würzburg (Bestand B 6).
Literatur
- Schulze/Ssymank, Das deutsche Studententum von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 4. Aufl. München 1932
- Harald Lönnecker, Die Versammlung der besseren Nationalsozialisten? - Der Völkische Waffenring zwischen Antisemitismus und korporativem Elitarismus, in Einst und Jetzt, Bd. 48 (2003), S. 227-245 mit Anmerkung von Alfred Tullen, S. 246-250 und Replik hierauf S. S. 250/251
Siehe auch
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