Marshall-Plan

Marshall-Plan
Offizielles Logo, welches bei Hilfsprojekten des Marshallplans verwendet wurde
Aufbau in West-Berlin mit Hilfe des Marshallplans, nach 1948
Atlas mit Weltkugel und Schriftzug ERP, Briefmarke zur Deutschen Industrie-Ausstellung in West-Berlin, 1950

Der Marshallplan, offiziell European Recovery Program (kurz: ERP) genannt, war das wichtigste wirtschaftliche Wiederaufbauprogramm der USA, das nach dem Zweiten Weltkrieg dem zerstörten Westeuropa zugute kam, und bestand aus Krediten, Rohstoffen, Lebensmitteln und Waren.

Das 12,4-Milliarden-Dollar-Programm wurde am 3. April 1948 vom Kongress der Vereinigten Staaten verabschiedet und am selben Tag von US-Präsident Truman in Kraft gesetzt und sollte vier Jahre dauern. Im gesamten Zeitraum (1948–1952) leisteten die USA den bedürftigen Staaten der Organisation for European Economic Co-operation (OEEC) Hilfen im Wert von insgesamt 13,1 Milliarden US-Dollar — (entspricht im Jahr 2007 ca. 75 Milliarden Euro).

Das Programm wurde nach dem US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger des Jahres 1953 George C. Marshall (Amtszeit 1947–1949) benannt, auf dessen Initiative es zurückgeht. Ausgearbeitet wurde es vor allem von William L. Clayton und George F. Kennan im Außenministerium.

Für das Programm gab es drei Gründe: Hilfe für die notleidende und teilweise verhungernde Bevölkerung des durch den Krieg zerstörten Europas, eine Eindämmung (siehe: Containment-Politik) der kommunistischen Sowjetunion und die Schaffung eines Absatzmarktes für die amerikanische Überproduktion.

Der Plan wurde ab Mai 1947 entwickelt, um die Konferenzteilnehmer im April 1948 einzuberufen und eine „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa“ (OEEC) zu gründen. Die Sowjetunion und die osteuropäischen Staaten waren ebenfalls eingeladen, Stalin sah den Plan aber als Gefahr für die Vorherrschaft der Sowjetunion in den osteuropäischen Staaten, die er als Sicherheitsgürtel benutzen wollte. Er verbot den Staaten unter sowjetischer Besatzung deshalb die Teilnahme, woran sich auch alle hielten.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Ein Plakat, mit dem die US-Regierung in Europa für den Marshallplan warb

Als das Programm auslief, war die Wirtschaft aller Teilnehmerstaaten, ausgenommen Deutschland, stärker als vor dem Krieg. Über die nächsten zwei Jahrzehnte kam es in ganz Westeuropa zu einem nie da gewesenem Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Zum Anschub dieses Aufschwungs trug der Marshall-Plan in nicht unbedeutendem, aber auch nicht besonders starkem Maße bei. Diese Hilfsgelder machten weniger als 3 Prozent des Nationaleinkommens der sechzehn unterstützten Länder aus. Der Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen berechnete immerhin eine Steigerung des Bruttoinlandsproduktes durch die ERP-Mittel um durchschnittlich 0,5 Prozent im Jahr in den Jahren von 1948 bis 1951[1].

Der Marshallplan gilt auch als der erste Schritt zur europäischen Integration. Die Gründung einer gemeinsamen Institution (der OEEC) war eine Voraussetzung dafür, dass Zollbarrieren abgebaut wurden. Eine beabsichtigte Konsequenz war die systematische Übernahme des amerikanischen Führungsstiles in Unternehmen. In den letzten Jahren haben Historiker sowohl die Gründe als auch die Effektivität des Marshallplans hinterfragt, bei den meisten gilt er aber noch immer als gut und sehr erfolgreich.

Einige glauben jetzt, dass die Vorteile des Marshallplans eigentlich das Ergebnis der neuen Laissez-faire-Politik waren, die den Märkten erlaubte, sich durch wirtschaftliches Wachstum zu stabilisieren. Einige Amerikaner kritisieren den Plan, da er die Politik begründete, Probleme ausländischer, gescheiterter Volkswirtschaften durch Geld der USA zu beheben.

Geschichte

Zweiter Weltkrieg

21 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde der Zweite Weltkrieg durch den Angriffskrieg Deutschlands auf Polen ausgelöst. Am Ende kämpften Deutschland und die anderen Achsenmächte gegen die USA, die Sowjetunion und die anderen Alliierten. Es handelte sich bei den Alliierten um ein Zweckbündnis zwischen der kommunistischen Sowjetunion und den westlichen Alliierten mit ihrer marktwirtschaftlichen Ausrichtung, die im deutlichen Gegensatz zur Planwirtschaft der Sowjetunion stand. In dem sechs Jahre dauernden Krieg wurden große Teile Europas verwüstet und etwa 50 Millionen Menschen starben. Durch die Bombenangriffe wurden vor allem die großen Industriestädte zerstört, Millionen Menschen wurden obdachlos. Durch die Vernichtung der Landwirtschaft kam es in mehreren Teilen Europas zu einem Nahrungsmittelmangel, besonders schlimm war es in den schweren Wintern 1946 und 1947. Die kleineren Städte und Ortschaften in Westeuropa hatten weniger Schaden erlitten, waren aber durch die massive Zerstörung der Infrastruktur isoliert. In ihren Kriegskonferenzen hatten die Alliierten versucht, sich über die Behandlung Deutschlands nach dem Krieg zu einigen.

Entwicklung in Deutschland und Europa

Nach dem Ersten Weltkrieg war die europäische und vor allem deutsche Wirtschaft in eine Rezession gestürzt. Die damalige Politik, Deutschland durch die Forderung hoher Reparationen von einem erneuten Krieg abzuhalten, hatte die Machtübernahme Hitlers und damit den erneuten Weltkrieg mitverursacht. Die USA waren nach dem Ersten Weltkrieg zum Isolationismus übergegangen, auch wenn sie versuchten, das Wachstum in Europa zu unterstützen und sich teilweise in der Reparationsfrage für Deutschland einsetzten[2].

Nach dem Zweiten Weltkrieg war man sich in Washington einig, dass sich die Krise nach dem Ersten Weltkrieg nicht wiederholen sollte. Das Außenministerium unter Harry S. Truman setzte sich für eine aktive Außenpolitik ein, traf damit beim Kongress aber eher auf Ablehnung. Anfangs hoffte man, dass für den Wiederaufbau Europas nicht viel getan werden muss, und dass Großbritannien und Frankreich mit Hilfe ihrer Kolonien ein schneller Wiederaufbau ihrer Volkswirtschaften gelingt. Allerdings gab es bis 1947 nur geringe Fortschritte, die kalten Winter hatten die Situation weiter verschärft. Die Europäischen Volkswirtschaften lagen zu diesem Zeitpunkt noch unter ihrer Leistungsfähigkeit vor Kriegsbeginn. Sie zeigten nur wenig Zeichen eines Wachstums; eine hohe Arbeitslosenquote und Nahrungsmittelmangel führten in mehreren Staaten zu Streiks und Unruhen. Die landwirtschaftliche Produktion erreichte 83 Prozent, die industrielle Produktion 88 Prozent, die Exporte 59 Prozent des Vorkriegsstandes.

Das dringendste Problem war der Nahrungsmittelmangel. Vor dem Krieg hatte Westeuropa Nahrungsmittel aus Osteuropa importiert, dieser Weg war jetzt durch den entstehenden Eisernen Vorhang abgeschnitten. Besonders schlimm war die Situation in Deutschland, wo jeder Bürger 1946/1947 im Durchschnitt nur unzureichende 1.800 Kilokalorien zu sich nehmen konnte[3]. William Clayton berichtete Washington, dass „Millionen von Menschen langsam verhungern“[4]. Ähnlich wichtig für den Niedergang der Wirtschaft war der Mangel an Kohle, der durch den schweren Winter 1946/1947, der hunderte Deutsche erfrieren ließ, noch einmal verschlimmert worden war. Das humanitäre Verlangen, diesen Zustand zu beenden, war ein Grund für den Marshallplan.

Die einzige Großmacht, deren Infrastruktur den Krieg fast unbeschadet überstanden hatte, waren die Vereinigten Staaten. Sie beteiligten sich später mehr als die meisten europäischen Staaten am Krieg und hatten auf eigenem Territorium nur wenig Schaden erlitten. Die amerikanischen Goldreserven waren noch vorhanden, ebenso die große landwirtschaftliche und industrielle Produktionsbasis. Während der Kriegsjahre hatte das Land, da es für das eigene Militär, für die Verbündeten und auch für den Kriegsgegner produzierte, das schnellste Wirtschaftswachstum seiner Geschichte. Nach dem Krieg stellten die Fabriken die Produktion schnell auf Konsumgüter um, der Mangel der Kriegsjahre wurde durch einen Boom bei den Konsumgüterausgaben abgelöst. Trotzdem hing die Langzeitentwicklung der Wirtschaft am Handel, um durch den Export dauerhaften Wohlstand zu sichern. Mit den Geldern des Marshallplans konnten die Europäer Güter und Rohstoffe aus den Vereinigten Staaten kaufen.

Entwicklung der Amerikanisch-Sowjetischen Beziehungen

Auf der Potsdamer Konferenz, nach dem Ende des Krieges in Europa, wurden die gegensätzlichen Ansichten und Ziele sichtbar. Zu dieser Zeit bestand noch ein Konsens über die Forderung von Reparationen von Deutschland, deren Höhe aber umstritten war. Das Nachkriegsdeutschland war in vier Besatzungszonen aufgeteilt, der Alliierte Kontrollrat sollte Entscheidungen für Deutschland als Ganzes treffen. Der Nahrungsmangel im harten Winter 1946/1947 führte zu einem Umdenken der Amerikaner und Briten, da so die „Umerziehung“ (Reeducation) der Deutschen nicht möglich war. Dies wird zum Beispiel in der Vereinigung der Amerikanischen und der Britischen Zone zur Bizone sichtbar. Ein weiterer Grund für das Umdenken war vor allem für Großbritannien die Belastung durch die Besatzungskosten, in den USA kam es deshalb vor allem von Seiten der Republikaner zu Forderungen nach einer Rückkehr zum Isolationismus. Der demokratische US-Präsident Harry S. Truman war hingegen der Ansicht, die USA müssten ihre weltpolitische Verantwortung wahrnehmen. Ein Grund für das amerikanische Interesse am Wiederaufbau Deutschlands war dessen wirtschaftliche Bedeutung für die USA.

Zu diesem Zeitpunkt war die Macht und Popularität der dortigen Kommunistischen Parteien in einigen Staaten Westeuropas noch besorgniserregend. Sowohl in Frankreich als auch in Italien hatte die Armut der Nachkriegsära den kommunistischen Parteien neue Nahrung gegeben, die auch eine wichtige Rolle in den Widerstandsbewegungen während des Krieges gespielt hatten. Die Parteien hatten in den Wahlen bedeutende Erfolge erzielt, in Frankreich wurde die kommunistische Partei die stärkste Kraft. Obwohl die Gefahr, dass Frankreich und Italien kommunistisch hätten werden können, heute von Historikern als gering angesehen wird[5], sahen die damaligen Politiker darin eine reale Bedrohung. Die amerikanische Regierung unter Truman wurde sich 1946 dieser Bedrohung bewusst. Die Hoffnung, einige osteuropäische Staaten durch den Plan vom Kommunismus befreien zu können, erfüllte sich nicht.

US-Hilfslieferungen für Griechenland im Rahmen der Truman-Doktrin des Marshallplans

Schon vor Beginn des Marshallplanes investierten die Vereinigten Staaten viel Geld, 1945–1947 geschätzte neun Milliarden Dollar, für den Wiederaufbau Europas. Ein Großteil der Hilfe kam indirekt, noch als Teil des Leih- und Pachtgesetzes für die Kriegsalliierten oder durch den Versuch der amerikanischen Truppen die Infrastruktur wieder aufzubauen oder Flüchtlingen zu helfen. Außerdem wurden einige bilaterale Verträge geschlossen, von denen der wichtigste der Vertrag zur militärischen Unterstützung Griechenlands und der Türkei im Rahmen der Truman-Doktrin war. Die gerade erst gegründeten Vereinten Nationen begannen ebenfalls mit humanitären Maßnahmen, die fast vollständig von den Vereinigten Staaten bezahlt wurden. Diese Anstrengungen hatten wichtige Effekte, ihnen fehlte aber eine zentrale Organisation und Planung und sie entsprachen nicht den wirklichen Bedürfnissen Europas[6]. Die wirklichen Bedürfnisse Europas waren eine fortschreitende Wirtschaft und die Ausbreitung des sowjetischen Kommunismus zu verhindern.

Entwicklung des Plans

Schon vor der Bekanntgabe des Marshallplanes gab es Pläne zum Wiederaufbau Europas. Der Amerikanische Außenminister James F. Byrnes präsentierte in einer Rede in Stuttgart am 6. September 1946 eine frühe Version des Planes. 1947 bat General Lucius D. Clay den Industriellen Lewis H. Brown um einen Bericht über den Zustand Deutschlands nach dem Krieg, der dessen Probleme und Lösungsvorschläge enthielt.

Eine lange Zeit bevorzugte Alternative zum Aufbau Europas durch amerikanische Mittel war, die dafür notwendigen Mittel als Reparationen von Deutschland zu fordern. 1944 wurde der vom US-Finanzminister und nach ihm benannte Morgenthau-Plan entwickelt. Der Plan sah eine Teilung Deutschlands und den Abbau von Industrieanlagen vor, um für Deutschland einen erneuten Krieg unmöglich zu machen und mit den demontierten Anlagen die angegriffenen Staaten wieder aufzubauen. Einen ähnlichen Weg verfolgte der erste Plan des Franzosen Jean Monnet, nach dem Frankreich die Kontrolle über die deutschen Kohlegebiete im Ruhrgebiet und Saarland bekäme. Die Besatzungsmächte einigten sich 1946 auf einen strengen Zeitplan für die Reindustrialisierung Deutschlands, der Abbau von Industrieanlagen endete erst 1950. Es stellte sich heraus, dass die Armut in Deutschland sich negativ auf die Entwicklung von Europa auswirkte, die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln stellte die Besatzungsmächte vor Probleme.

Wegen dieser Gründe und des öffentlichen Widerstandes, auf den die beiden Pläne stießen, nachdem sie von der Presse veröffentlicht wurden, wurden sie aufgegeben. Einige Ideen wurden aber in die Direktive JCS 1067 aufgenommen, die die Grundlage für die US-Besatzungspolitik bis Juli 1947 bildete. Das Saarland und Schlesien, an Bodenschätzen reiche Gebiete, wurden von Deutschland abgetrennt, zivile Industrieanlagen wurden zerstört um die Produktion zu beschränken und auch das Ruhrgebiet war bis 1947 von der Abtrennung bedroht. Ende April 1947 waren schließlich Präsident Harry S. Truman und sein Außenminister George C. Marshall überzeugt, dass die USA erheblich Hilfe leisten müssen.

Konfrontation, Truman-Doktrin und Marshallplan

Der Auslöser für die Entscheidung die europäischen Länder einschließlich Deutschland zu unterstützen war der beginnende Kalte Krieg. Als Reaktion auf die Situation in Griechenland verkündete Truman am 12. März 1947 die Truman-Doktrin, nach der die USA alle „freien Völker“ im Kampf gegen totalitäre Regierungsformen unterstützen werden. Griechenland war den Beschlüssen der Kriegskonferenzen zu Folge britisches Einflussgebiet, trotzdem unterstützte die Sowjetunion die dortigen Kommunisten im Bürgerkrieg. Da Großbritannien sich nicht in der Lage sah, mit der Situation dort fertig zu werden bat es um die Unterstützung der USA.

US-Außenminister George C. Marshall

Am 5. Juni 1947 verkündete Marshall in einer zwölf Minuten langen Rede vor der Absolventenklasse der Harvard-Universität: „It would be neither fitting nor efficacious for this Government to undertake to draw up unilaterally a program designed to place Europe on its feet economically. This is the business of the Europeans. The initiative, I think, must come from Europe. The role of this country should consist of friendly aid in the drafting of a European program and of later support of such a program so far as it may be practical for us to do so. The program should be a joint one, agreed to by a number, if not all European nations.“

(Deutsch: „Es wäre weder angebracht noch zweckmäßig, wenn die Regierung der Vereinigten Staaten von sich aus ein Programm entwerfen würde, um die wirtschaftliche Wiederaufrichtung Europas durchzuführen. Das ist Sache der Europäer selbst. Ich denke, die Initiative muss von Europa ausgehen. Unsere Rolle sollte darin bestehen, den Entwurf eines europäischen Programms freundschaftlich zu fördern und später dieses Programm zu unterstützen, soweit das für uns praktikabel ist. Das Programm sollte ein gemeinschaftliches sein, vereinbart durch einige, wenn nicht alle, europäischen Nationen.“)

George F. Kennan hatte schon im Mai 1947 die Grundzüge eines solchen Programms im Auftrag von Marshall ausgearbeitet. Ursprünglich war die Unterstützung für alle kriegsbeteiligten Länder geplant. Doch die Sowjetunion zwang einen Teil der Länder in ihrer Einflusssphäre, auf die Mittel zu verzichten. Auch die damals noch demokratische Tschechoslowakei musste auf Druck Moskaus verzichten. So konnten nur die westlichen Länder davon profitieren. Auch die neutralen Staaten wie die Schweiz und Schweden bekamen finanzielle Hilfe.

Nachdem die Details des Marshallplanes auf mehreren Konferenzen besprochen worden waren, wurde das Marshallplan-Gesetz am 3. April 1948 von Präsident Truman unterzeichnet. Zur Koordinierung der Finanzhilfen gründeten am 16. April 1948 zunächst 16 europäische Länder den Ausschuss für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), den Vorläufer der heutigen OECD. Die USA garantierten diesen Ländern im Rahmen des Europäischen Wiederaufbauprogramms (ERP) bis zum Jahr 1952 finanzielle Unterstützung. Begleitet wurde dieses Programm von einer Informationskampagne für die Bevölkerung der beteiligten Staaten, die aus heutiger Sicht zwischen praktischen Ratschlägen, politischer Bildung und Propaganda anzusiedeln ist.

Nach dem Bruch Jugoslawiens mit der Sowjetunion im Sommer 1948 unterstützten die USA das Land mit Hilfslieferungen und großzügigen Krediten. Die erste von mehreren Hilfslieferungen im Rahmen des Marshallplans für Jugoslawien erfolgte am 23. November 1950 nach Belgrad.

Die Länder hatten allerdings auch Verpflichtungen einzugehen. Durch Währungsreformen musste der jeweilige Staatshaushalt stabilisiert werden.

Leistungen aus dem Marshallplan

Leistungen des Marshallplans an die einzelnen Länder

Im Rahmen des Marshallplans erhielten von 1948 bis 1952 sechzehn europäische Länder insgesamt etwa 14 Milliarden US-Dollar, das George C. Marshall-Center geht sogar von 16,2 Milliarden US-Dollar aus. Davon erhielten:

  • Großbritannien: 3,6 Milliarden US-Dollar
  • Frankreich: 3,1 Milliarden US-Dollar
  • Italien: 1,6 Milliarden US-Dollar
  • Westdeutschland: 1,4 Milliarden US-Dollar
  • Niederlande: 1,0 Milliarden US-Dollar
  • Griechenland: 0,8 Milliarden US-Dollar
  • Österreich: 0,7 Milliarden US-Dollar
  • Verschiedene Staaten (Belgien, Dänemark, Irland, Island, Jugoslawien (ab 1950), Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Türkei): 2,4 Milliarden US-Dollar

Die Mittel

Die USA gewährten Europa aufgrund des Marshallplans Gelder in Höhe von insgesamt fast 13 Milliarden US-Dollar, Westdeutschland erhielt davon ca. 1,4 Milliarden. Die Gesamtsumme entspricht im heutigen Geldwert etwa 100 Milliarden USD.

Die Verwaltung der Mittel in Deutschland

Eine besondere Bedeutung bekam die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die am 16. Dezember 1948 in Frankfurt am Main ihre Arbeit aufnahm. Am 5. November 1948 hatte der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes die Voraussetzungen geschaffen. Hermann Josef Abs wurde Vorstand.

In Westeuropa

Der Marshallplan war zugleich auch ein Konzept gegen Krisen der Nachkriegszeit. Das britische Empire war durch Tendenzen der Entkolonisierung stark geschwächt, die innenpolitische Stabilität in Frankreich und Italien gefährdet, die Zukunft Deutschlands war offen und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme harrten dringend einer Lösung.

In Österreich

Österreich gelang es als einzigem Land, das nicht nur von westlichen, sondern auch durch sowjetische Truppen besetzt war, zu den Geldmitteln des Marshallplans zu kommen. Das Abkommen zwischen den USA und Österreich wurde am 2. Juli 1948 geschlossen, nach dem Österreich die Mittel als Grants (Geschenk) in Form von Sachgütern bekam. Im Gegenzug musste Österreich den Schilling stabilisieren und den Staatshaushalt möglichst ausgeglichen gestalten. Die Sowjetunion ließ sich die Zustimmung in der alliierten Kommission durch einen anderen Wechselkurs ihrer Barvermögen abkaufen.

Die erhaltenen Waren mussten zum Inlandspreis verkauft werden. Die erzielten Geldmittel mussten auf ein Counterpart-Konto eingezahlt werden. Warenlieferungen erfolgten bis 1953 und erreichten einen Wert von ungefähr einer Milliarde Dollar. Dieses Konto wurde am 12. Juli 1962 in die Verfügungsgewalt des österreichischen Staates übergeben, aus dem dann der privatwirtschaftlich geführte ERP-Fonds entstand.

Die Förderungen für Österreich fielen relativ hoch aus. Dafür gab es zwei Gründe: Einerseits war Österreich vor dem Zweiten Weltkrieg sehr schwach industrialisiert und musste erst eine Industrie errichten, andererseits wurde die sowjetische Besatzungszone von den Sowjets wirtschaftlich ausgebeutet (die USIA-Betriebe lieferten keine Steuern an den Staat ab). Im Gegensatz zu Deutschland musste Österreich zwar offiziell keine Reparationszahlungen an die Sowjetunion zahlen (gemäß Artikel 21 des Staatsvertrags betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich), im Artikel 22 des Staatsvertages heißt es aber: "Die Sowjetunion erhält für eine Geltungsdauer von dreißig Jahren Konzessionen auf Ölfelder, die 60% der Ölförderung in Österreich im Jahre 1947 entsprechen... Die Sowjetunion erhält Ölraffinerien mit einer jährlichen Gesamtproduktion von 420.000 Tonnen Rohöl... Die Sowjetunion erhält die in Ungarn, Rumänien und Bulgarien gelegenen Vermögenswerte der DDSG". Auch aufgrund der Kalten-Krieg-Propaganda galt Österreich als besonders förderungswürdig.

Die wirtschaftliche Bedeutung für die USA

Nach dem Zweiten Weltkrieg befürchteten liberale amerikanische Wirtschaftskreise wegen des wirtschaftlichen Niederganges Europas den Verlust wichtiger Absatzmärkte bzw. Handelspartner. Das wirtschaftliche Erstarken Europas nützte auch dem amerikanischen Export.

Die politische Bedeutung für die USA

Daneben kam dem Programm jedoch auch eine wichtige Funktion im Rahmen der seit März 1947 von den USA verfolgten Eindämmungspolitik, der so genannten Truman-Doktrin gegenüber der Sowjetunion zu. Die Bindung der Regierungen und Volkswirtschaften der europäischen Länder an die USA wurde verstärkt. Obwohl das Angebot amerikanischer Wirtschaftshilfe offiziell auch an die Sowjetunion und andere kommunistische Länder gerichtet worden war, konnte aus ideologischen Gründen eine Annahme nicht erwartet werden. So gesehen war der Marshall-Plan auch ein „Kind des Kalten Krieges“.

Die Sowjetunion und der Marshallplan

Die Sowjetunion lehnte durch Außenminister Molotow anlässlich der Londoner Außenministerkonferenz (November und Dezember 1947) erwartungsgemäß eine Beteiligung am ERP als Einmischung in die Souveränität der europäischen Staaten ab. Die Sowjetunion hatte bereits im Juli 1947 mit dem „Molotow-Plan“ reagiert, wobei später der „Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe“ (RGW) entstand[7]. Dieser verhinderte die Einbeziehung der in ihrem unmittelbaren Einflussbereich befindlichen Staaten Mittel- und Osteuropas in den Marshallplan. Interesse an einer Beteiligung bekundeten unter anderem Bulgarien, die Tschechoslowakei, Polen und Ungarn. Stattdessen initiierte die Sowjetunion die Gründung des Kominform und im Januar 1949 des RGW als politisch-wirtschaftliches Gegenstück zur Eindämmungspolitik und dem Marshallplan.

So wurde der Marshallplan in der DDR unter anderem beschrieben als „finanzpolitischer Plan, der die kapitalistischen Staaten Europas in noch stärkere wirtschaftliche und politische Abhängigkeit vom USA-Imperialismus gebracht hat“[8].

Marshallplan heute

Zur Zeit verwaltet das Bundeswirtschaftsministerium das Sondervermögen in Höhe von zwölf Milliarden Euro und finanziert damit Programme zur Wirtschaftsförderung. Für die Zukunft ist geplant, den Sonderfonds an die staatliche KfW-Bankengruppe zu übertragen. Immer wieder gibt es öffentliche Diskussionen darüber, ob eine Auflösung dieses Sondervermögens zur kurzfristigen Sanierung des Staatshaushaltes durch das Bundesministerium für Finanzen geplant sei.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Philip Plickert: Aufbauhilfe für das zerstörte Europa in: FAZ vom 3. April 2008, S.13
  2. Michael J. Hogan, The Marshall Plan, S. 30
  3. Alan S. Milward, The Reconstruction of Western Europe
  4. Gregory A. Fossedal, Our Finest Hour
  5. John Lewis Gaddis, We Now Know.
  6. Tony Judt. The Marshall Plan: Fifty Years After. pg. 4
  7. Der Marshallplan mit Blick von Osten und Molotow in Paris
  8. Prof. Horst Klien (Hrsg.): Der Große Duden. 16. Auflage. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1970, S. 231 (5., verbesserter Nachdruck). 

Weblinks


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