Matusche

Matusche

Alfred Matusche (* 8. Oktober 1909 in Leipzig; † 31. Juli 1973 in Karl-Marx-Stadt) war ein deutscher Dramatiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Alfred Matusche kam 1927 nach Abbruch eines Technikstudiums zur Literatur. Er schrieb zunächst Hörspiele und Gedichte. Matusche stand früh in Verbindung zur Arbeiterbewegung, war nach 1933 antinazistisch tätig und verlor durch Verfolgung in der NS-Zeit sein gesamtes Manuskriptmaterial.

1944 wurde Matusche zum Wehrdienst einberufen und kehrte 1945 nach Leipzig zurück. Nach 1945 entstanden Funkarbeiten; bald jedoch schrieb Matusche ausschließlich für die Bühne. In vielen seiner Stücke widmete er sich den Themen "Faschismusbilanz" und "Faschismusüberwindung". Matusche galt als Außenseiter und als eigenwilliges Talent.

Unbeeinflusst von der Auseinandersetzung um Brechts Theaterkonzept, bekannte er sich zu einer Katharsis-Strategie und schrieb eindringliche, gelegentlich das Symbolische streifende Texte. Seine Helden sind unbedingte, schöpferische und oft einzelgängerische Charaktere. Die Texte waren durch ihren starken moralischen Impetus eine große Herausforderung für das DDR-Theater.

Matusches Auffassung von der Ähnlichkeit kommunistischer und christlicher Ideale erregte das Misstrauen der politischen Machthaber in der DDR, so dass die Stücke dieses ungemein produktiven Autors kaum aufgeführt wurden.

1969 kam Alfred Matusche nach Karl-Marx-Stadt, wo er einige Jahre als Dramaturg am Schauspielhaus arbeitete. Erst kurz vor seinem Tod erhielt Matusche den Lessing-Preis der DDR.

Er starb am 31. Juli 1973 in Karl-Marx-Stadt, wenige Wochen nach der Uraufführung seines Stückes "Van Gogh", und ist in Ostberlin beerdigt (Dorotheenstädtischer Friedhof).

Werk

  • "Welche, von den Frauen?" 1952/53 (UA Schwedt)
  • "Die Dorfstraße" 1955 (UA DT Berlin)
  • "Nacktes Gras" 1958 (UA Maxim Gorki Theater Berlin)
  • "Die gleiche Strecke" 1960/61
  • "Die feurige Stadt" 1960
  • "Unrast" 1961 (Hörspiel)
  • "Der Ausreißer" 1963
  • "Der Regenwettermann" 1963/65 (UA Potsdam)
  • "Die Andere" 1965
  • "Die Nacht der Linden" 1965 (UA Potsdam)
  • "Das Lied meines Weges" 1967 (UA Karl-Marx-Stadt)
  • "Kap der Unruhe" 1968 (UA Potsdam)
  • "Neue Häuser" (Prognose) 1971 (UA Potsdam)
  • "An beiden Ufern" 1971 (UA Potsdam)
  • "Van Gogh" 1973 (UA Karl-Marx-Stadt).

Wirkung und Nachwelt

Alfred Matusche war immer ein "Geheimtipp". 1969 wurde sein Stück "Van Gogh" in der Bundesrepublik Deutschland von Thomas Fantl verfilmt. Matusche hatte und hat eine treue Gemeinde von teilweise namhaften Autoren und Literaturwissenschaftlern, die sich über Jahrzehnte hinweg auf ihn beziehen.

Seine Dramen fanden immer wieder den Weg auf die Bühnen, so zuletzt "Kap der Unruhe" mit Premiere am 26. September 2008 am Thalia Theater Halle in Regie von Katka Schroth.

Veröffentlichungen

Von Matusche

  • A. M., Dramen, Berlin: Henschelverlag 1971
  • A. M., Welche, von den Frauen?, Berlin: Henschelverlag 1979
  • Alfred Matusche, Dramen (Werkausgabe), Mainz: VAT Verlag Andre Thiele 2009, ISBN 978-3-940884-08-4

Zu Matusche

  • Sowohl "Dramen" (1971) als auch "Dramen" (1979) enthält Texte zu Matusche.
  • Christoph Trilse, Alfred Matusche, in: Literatur der DDR. Einzeldarstellungen, Bd. 2, Berlin/DDR 1979
  • Jürgen Serke, Zuhause im Exil. Dichter, die eigenmächtig blieben in der DDR, München u.a.: Piper 1998, S. 69 ff.
  • Werner Liersch, Dichterland Brandenburg. Literarische Streifzüge zwischen Havel und Oder, Düsseldorf u.a.: 2004
  • Peter Sodann, Keine halben Sachen. Erinnerungen, Berlin: Ullstein 2008, S. 157 ff.
  • Gottfried Fischborn (Hrsg.), Das Lied seines Weges. Festschrift für Alfred Matusche, Mainz: VAT Verlag Andre Thiele 2009, ISBN 978-3-940884-07-7

Zitate

Von Matusche

  • Weißt Du, solange die Häuser höher gebaut werden, als die Bäume wachsen, wird das mit der Menschheit nichts. Und mit dieser Gesellschaft wird das auch nichts, weil die Menschen vergessen haben, zu beten. Kommunismus ist eine schöne Sache. Aber wenn man vergessen hat, zu beten, sollte man Kommunismus nicht als Ziel ansteuern. (A. M., 1973)

Zu Matusche

  • Bei Ihnen ist jede Zeile, die Sie schreiben, wahr. (Bertolt Brecht zu Matusche)
  • Hartnäckig, provokativ und empfindsam, bar jeder Vernunft, wenn es um Vernunft im Alltagssinne geht. (Armin Stolper)
  • Ein anerkannt spröder Volksdichter. (Neues Deutschland, 10. Mai 1995)
  • Karl Gerold, der legendäre Gründer der „Frankfurter Rundschau“, rückt da neben den DDR-Dramatiker Alfred Matusche, dem, dass Brecht ihm auf die Schulter klopfte, mehr geschadet als geholfen haben dürfte: „Bei Ihnen ist jede Zeile, die Sie schreiben, wahr.“ Von Wolfgang Langhoff und Heiner Kipphardt gefördert, von Peter Hacks und Heiner Müller bewundert, hat ihn das DDR-Theater zeitlebens als Außenseiter geächtet. Seine Stücke wurden als heiße Eisen gehandelt, die nur mit feuerfesten Regiehandschuhen oder besser erst gar nicht angefasst wurden. Dabei wären sie es wert, gegen die Ostalgie, die sie 2009, zum hundertsten Geburtstag, auf die Bühne holen könnte, verteidigt zu werden. (Andreas Rossmann, "Verfolgte Künstler"; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16. April 2008)
  • Alfred Matusche, Dichter und Vagabund, wäre in diesem Jahr hundert Jahre alt geworden, gestorben ist er schon 1973, ausgezehrt vom unsteten Leben, lebenslangen materiellen Sorgen und dem Gefühl, nicht wirklich erwünscht zu sein. […] Was andererseits kein Theater, keine Dramaturgie, die etwas auf sich hält, daran hindern sollte, das dramatische CEuvre Alfred Matusches zwecks Revitalisierung sorgsam zu prüfen. Interessante Entdeckungen dabei verspricht Martin Linzer. ("Linzers Eck", Theater der Zeit, März 2009, S. 73)
  • Matusche ist der Wittgenstein der DDR: äußerst eigen und äußerst moralisch; letzteres mit einer Konsequenz, dass sein eigenes, inneres und zutiefst soziales Empfinden nach außen sich als Asozialität äußert. (Felix Bartels, 2009)

Weblinks


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