Max Herrmann-Neisse

Max Herrmann-Neisse
Gedenktafel in Neisse

Max Herrmann-Neiße, auch Herrmann-Neisse (* 23. Mai 1886 in Neiße, Oberschlesien; † 8. April 1941 in London) war ein deutscher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1886 - 1911

Max Herrmann-Neiße, eigentlich Max Herrmann, war von Kindheit an behindert, nämlich zwergwüchsig, verwachsen und bucklig. Die Eltern ermöglichten ihm dennoch den Besuch des Gymnasiums und später der Universität. Schon an der Schule begann Herrmann-Neiße Gedichte und Theaterstücke zu schreiben. Außerdem machte er dort die Bekanntschaft des ebenfalls aus Neisse stammenden Franz Jung, mit dem er lange Zeit eng befreundet blieb.

Von 1905 bis 1909 studierte er in München und Breslau Literatur- und Kunstgeschichte. In München kam er mit der dortigen Bohème in Kontakt und besuchte häufig Varietés und Kabaretts. 1909 verließ er die Universität ohne Abschluss und ging zurück nach Neiße, um als freier Schriftsteller zu leben.

Nach ersten wenig beachteten Veröffentlichungen erschienen ab 1911 in der von Franz Pfemfert herausgegeben Zeitschrift Die Aktion Gedichte Herrmann-Neißes und bald darauf auch im von Alfred Kerr herausgegebenen Pan. Beide Hefte gehörten zu den führenden Organen der modernen Literatur und machten ihn schnell bekannt.

1911 - 1919

1911 heiratete er die ebenfalls aus Neiße stammende Leni Gebek. 1914 erhielt er den Eichendorff-Preis, nachdem im S. Fischer Verlag sein erster größerer Gedichtband Sie und die Stadt erschienen war. Der Erste Weltkrieg ruinierte seine Eltern. Sein Vater verstarb 1916, und seine Mutter ertränkte sich 1917 in der Glatzer Neiße. Im März 1917 zogen Herrmann-Neiße und seine Frau nach Berlin, wo er in engem Kontakt zu Jung, Pfemfert und linken wie anarchistischen Kreisen stand. In dieser Zeit fügte er seinem Namen den seiner Heimatstadt Neiße an.

Allein 1919 erschienen vier Bücher Herrmann-Neißes (drei Gedichtbände und ein Theaterstück), die von der Kritik und von Autoren wie Else Lasker-Schüler oder Oskar Loerke begeistert aufgenommern wurden. Allerdings genügte dies nicht für den Lebensunterhalt, den er durch journalistische Arbeiten und eine Tätigekeit als Korrektor bei S.Fischer sichern musste. Ebenfalls 1919 wurde seine Komödie Albine und Aujust in Berlin uraufgeführt.

Gedenktafel am Berliner Kurfürstendamm

1920 - 1933

In den 1920er Jahren begann Herrmann-Neiße neben Gedichten auch verstärkt Erzählungen und andere Prosa zu schreiben. 1920 erschien der autobiografische Roman Cajetan Schaltermann. Die meisten Texte dieser Zeit sind noch stark vom Expressionismus geprägt. Mit dem Erzählband Die Begegnung (1925) zeichnete sich eine Wende hin zur Neuen Sachlichkeit ab. In dieser Zeit begann er auch regelmäßig in Kabaretts aufzutreten, wo er meist eigene Texte vortrug, wodurch sich Kontakte u.a. zu Claire Waldoff und Alfred Polgar ergaben. 1927 erhielt er den Gerhart-Hauptmann-Preis.

Herrmann-Neiße war einer der bekanntesten Berliner Literaten der Zeit - seiner Texte, wie auch seiner auffälligen Figur wegen. Zahlreiche Künstler, darunter sein Freund George Grosz, porträtierten ihn in diesen Jahren.

1933 - 1941

Kurz nach dem Reichstagsbrand 1933 floh Herrmann-Neiße erst in die Schweiz, dann in die Niederlande, nach Frankreich und schließlich nach London, wo er sich im September 1933 niederließ. Im Exil gehörte er zum Exil-PEN, den er gemeinsam mit Lion Feuchtwanger, Rudolf Olden und Ernst Toller Ende 1933 gründete. In England blieb er weitgehend isoliert. Zwar beantragte er die englische Staatsbürgerschaft, jedoch ohne Erfolg.

Auch im Exil schrieb er viel, darunter Gedichte, die zu seinen besten gerechnet werden, aber es gab nur noch wenige Möglichkeiten zur Veröffentlichung. Im Londoner Exil entstand 1940 sein Gedicht Litanei der Bitternis:

„Bitter ist es, das Brot der Fremde zu essen,
bittrer noch das Gnadenbrot,
und dem Nächsten eine Last zu sein.
Meine bessren Jahre kann ich nicht vergessen;
doch nun sind sie tot,
und getrunken ist der letzte Wein.“[1]

Im April 1941 starb er in London an den Folgen eines Herzinfarkts und wurde auf dem Marylebone Cemetery in London beigesetzt.

Der Band Letzte Gedichte wurde postum von seiner Frau Leni veröffentlicht, die kurz nach Kriegsende Selbstmord beging. Wie viele Schriftsteller der Zeit geriet Max Herrmann-Neiße schnell in Vergessenheit. Seine Werke wurden erst ab den 1980er Jahren allmählich wiederentdeckt und neu herausgegeben.

Werke

  • Ein kleines Leben. Gedichte und Skizzen. 1906
  • Das Buch Franziskus, 1911
  • Porträte des Provinztheaters. Sonette. 1913
  • Sie und die Stadt, 1914
  • Empörung, Andacht, Ewigkeit. Gedichte. 1918
  • Verbannung. Ein Buch Gedichte. 1919
  • Die Preisgabe. Gedichte. 1919
  • Joseph der Sieger. Drei Bilder. 1919 (später unter dem Titel Albine und Aujust)
  • Die Laube der Seligen. Eine komische Tragödie. 1919
  • Cajetan Schaltermann, 1920
  • Hilflose Augen. Prosadichtungen. 1920
  • Der Flüchtling, 1920
  • Der letzte Mensch. Eine Komödie vor Weltuntergang. 1922
  • Die bürgerliche Literaturgeschichte und das Proletariat, 1922
  • Im Stern des Schmerzes. Ein Gedichtbuch. 1924
  • Die Begegnung. Vier Erzählungen. 1925
  • Der Todeskandidat. Erzählung. 1927
  • Einsame Stimme. Ein Buch Gedichte. 1927
  • Abschied. Gedichte. 1928
  • Musik der Nacht. Gedichte. 1932
  • Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen.Gedichte:1934
  • Um uns die Fremde. Gedichte. 1936
  • Letzte Gedichte, herausgegeben von Leni Herrmann, 1941

Literatur

  • Else Lasker-Schüler: Max Herrmann, in: Prosa und Schauspiele, 1962
  • Rosemarie Lorenz: Max Herrmann-Neiße, 1966
  • Yvonne-Patricia Alefeld (Hg. in Verbindung mit Eckhard Grunewald u. Nikolaus Gussone): Der Dichter und seine Stadt. Max Herrmann-Neiße zum 50. Todestag. Eine Ausstellung des Eichendorff-Instituts an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und des Oberschlesichen Landesmuseums Ratingen-Hösel. Ratingen 1991

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gedichtzitat bei Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 237.

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