Arbeiterhilfswerk

Arbeiterhilfswerk

Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk SAH engagiert sich für eine sozial, politisch und ökonomisch gerechtere Gesellschaft. In der Trägerschaft des Hilfswerkes sind u. a. der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz vertreten.

Das SAH ist sowohl in der Schweiz als auch weltweit tätig. In zwölf Ländern des Südens und des Ostens setzt es sich gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen im rund 65 Projekten für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und eine gerechtere Ressourcenverteilung ein.

Inhaltsverzeichnis

Zur geschichtlichen Entwicklung

Historisch geht das SAH auf die 1932 in Zürich gegründete Proletarische Kinderhilfe zurück, die Kinder von schweizerischen Arbeitslosen unterstützte und als "Arbeiterkinderhilfe der Schweiz" mehrmonatige Kindererholungs-Aktionen für Emigrantenkinder organisierte. 1936 dehnte sie ihre Aktivitäten unter dem heutigen Namen "Schweizerisches Arbeiterhilfswerk" auch auf Flüchtlinge und Weiterbildung aus, während des Krieges auf russische Internierte und nach 1945 auf sozialpolitische Initiativen und südosteuropäische Entwicklungshilfe. Einsätze zur Katastrophenhilfe (Erdbeben, Hochwässer) begannen 1962 und Aufbauhilfe nach Kriegen in Afrika 1968. Seit den 1980er Jahren kamen mehrere EZA-Schwerpunktländer in Afrika, Südasien und Mittelamerika hinzu.

Die Internationale Arbeit des SAH

Übersicht über das internationale Engagement des SAH

Gegenwärtig ist das SAH tätig in Bolivien, Bulgarien, Burkina Faso, El Salvador, Kosovo, Moçambique, Nicaragua, Rumänien, Serbien, Südafrika, Indien und Sri Lanka.

Arbeitsschwerpunkte des SAH sind:

Gerechte Arbeitsbedingungen

Damit Menschen einen Ausweg aus der Armut finden brauchen sie einen Lohn, der zum Leben reicht und eine Arbeit, die ihre Gesundheit nicht zerstört. Gemeinsam mit Gewerkschaften kämpft das SAH deshalb für gerechtere Arbeitsbedingungen. Auch im informellen Sektor, der Arbeitnehmende noch viel stärker der Ausbeutung und Willkür ausliefert, setzt sich das SAH für Schutz und Rechte der Lohnabhängigen ein.

Demokratie und Partizipation

Für viele Menschen existieren ihre Rechte nur auf Papier. Damit sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können, setzt sich das SAH weltweit für Demokratie und Partizipation ein, zum Beispiel mit Bildungs- und Informationsprogrammen.

Ländliche Entwicklung

Die meisten Menschen, die unter extremer Armut leiden, leben in ländlichen Regionen. Das SAH fördert einerseits Einkommen schaffende Projekte (z. B. Mikrokredite), andererseits unterstützt das SAH Bäuerinnen und Bauern dabei, sich ihr Recht auf ein eigenes Stück Land zu sichern.

Humanitäre Hilfe

Darüber hinaus engagiert sich das SAH auch in der humanitären Hilfe. Es verfügt über das Know-how, um im Katastrophenfall rasch und effizient Hilfe zu leisten, und es hat in Solidar ein engmaschiges, weltweites Netz von Partnern, die mit verwandten Grundsätzen arbeiten.

Vernetzung

Das SAH versteht sich als politisches, linkes Hilfswerk: Gründer- und Trägerorganisationen sind die Sozialdemokratische Partei der Schweiz und der Schweizerische Gewerkschaftsbund. Das SAH setzt viele seiner Programme im Auftrag der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) der Schweizer Regierung um. Das Hilfswerk ist Partnerorganisation der Glückskette und Mitglied des europäischen Netzwerkes Solidar, das 35 Hilfswerke mit sozialdemokratischen und gewerkschaftlichem Hintergrund umfasst.

Das SAH ist ZEWO-zertifiziert und setzt mit seiner Auslandsarbeit jährlich knapp 20 Millionen Franken um. Davon stammt etwa ein Drittel aus privaten Spenden und Mitgliederbeiträgen, die anderen zwei Drittel sind Zuwendungen von Staat, Kantonen und Gemeinden sowie Beiträge der Glückskette. In der Zentrale beschäftigt das SAH rund 30 Mitarbeitende im Umfang von ca. 20 Vollzeitstellen, in der Geschäftsleitung bilden Frauen die Mehrheit.

Das SAH in der Schweiz

Die regionalen SAH Vereine in der Schweiz

In der Schweiz engagieren sich zehn unabhängige regionale SAH-Vereine mit rund 300 Mitarbeitenden für benachteiligte Menschen. Sie bieten Bildungs-, Beschäftigungs- und Arbeitsintegrationsprogramme für erwerbslose und ausgesteuerte Menschen an und unterstützen Asylsuchende, Flüchtlinge und Migranten mit Beratung und Begleitung.

Das SAH ist Träger der Schweizerischen Flüchtlingshilfe SFH und engagiert sich in zahlreichen Verbünden für soziale und politische Anliegen in der Schweiz.

Das SAH ist mit rund hundert Projekten in zwölf Kantonen aktiv (Aarau, Bern, Basel, Genf, Fribourg, Schaffhausen, Tessin, Waadt, Wallis, Luzern, Zug, Zürich).

Chronologie

Jahr Vorkommnis
1932 Gründung der Proletarischen Kinderhilfe als Hilfsorganisation für Kinder von schweizer Arbeitslosen
1933 Ausweitung der Aktivitäten auf Österreich und Frankreich, Organisation von Erholungsaufenthalten französischer Arbeiterkinder in der Schweiz, in Kooperation mit dem SKEK (Schweizerisches Hilfswerk für Emigrantenkinder).

Umbenennung in Arbeiterkinderhilfe der Schweiz, Leitung Regina Kägi-Fuchsmann

1936 Ausdehnung der Aktivitäten auch auf Flüchtlinge und Weiterbildung aus. Umbenennung bzw.

Gründung des Schweizerischen Arbeiterhilfswerkes durch den Schweizerischen Gewerkschaftsbund und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Erste Sekretärin ist Regina Kägi-Fuchsmann

Engagement im Spanischen Bürgerkrieg mit humanitärer Hilfe

1941 Aktion Colis suisse: Versand von mehreren zehntausend Lebensmittelpaketen in Flüchtlingslager verschiedener europäischer Länder

SAH übernimmt Betreuung für Flüchtlinge in der Schweiz und für russische Kriegsinternierte

1945 SAH-Nachkriegshilfe (Nothilfe, Soziale Unterstützung, Einrichten von Kinderheimen, Schulen, Schulung von Heimpersonal und Lehrkräften, Einrichten von Sozialzentren, Erholungshilfe, Hilfe zur Selbsthilfe usw.)
1947 Das SAH engagiert sich in der Abstimmungskampagne für die Einführung der AHV
1949 Ab 1949 Entwicklungshilfe u. a. in Griechenland, Palästina/Israel, Jugoslawien
1951 Gründung des Internationalen Arbeiterhilfswerks IAH (heute Solidar), ein Verbund von Hilfswerken aus 15 Ländern
1954 Algerienkrieg: Unterstützung von algerischen Flüchtlingskindern und Jugendlichen in Marokko und Tunesien in Zusammenarbeit mit dem algerischen Gewerkschaftsbund
1956 Ungarischer Volksaufstand: Umfangreiche Hilfe an ungarische Flüchtlinge in Österreich und der Schweiz
1960 Unter dem Motto «Hilfe zur Selbsthilfe» werden Facharbeiter ausgebildet; erst in Jugoslawien, Griechenland und Tunesien, ab 1962 auch in Senegal, Israel, Dahomey (heutiges Benin) und Kenia
1962 Beginn der Katastrophenhilfe: Erdbeben in Persien, Sturmfluten in Hamburg (1962), Erdbeben in Jugoslawien (Skopje 1963 und Banja Luka 1969), Erdbeben in der Türkei (1966 und 1970), Hungersnot in Indien (1966), Hochwasser in Italien (1966), Überschwemmungen in Rumänien (1970), Erdbeben in Peru (1970), Erdbeben in Nicaragua (1972)
1968 Unterstützung von politisch Verfolgten aus der Tschechoslowakei und aus Griechenland

Humanitäre Hilfe und Wiederaufbau nach kriegerischen Auseinandersetzungen in Biafra (1968), Bangladesh, Vietnam, Burundi (alle 1972), Israel (1973) und Libanon (1977)

1972 Aufnahme und Betreuung von chilenischen und argentinischen Flüchtlingen in der Schweiz
1974 Brunnenbau-Projekte in Obervolta (heute Burkina Faso)
1975 Hilfe nach schweren Lawinenniedergängen in Graubünden, Wallis und der Zentralschweiz
1976 Das SAH beteiligt sich an der entwicklungspolitischen Kampagne Jute statt Plastik

Nothilfe nach Erdbeben im Friaul und in der Osttürkei

1977 Solidaritätsaktionen zugunsten unterdrückter Völker in Simbabwe und der Westsahara
1979 Alphabetisierungskampagne in Nicaragua

Solidaritätsaktionen mit Unterdrückten und politisch Verfolgten in Nicaragua

1982 Gründung der Stiftung Solifonds durch das SAH, die SP und den SGB
1983 Einsatz für Aufnahme von Flüchtlingen in der Schweiz
1984 «Erwerbslosigkeit» wird neuer Arbeitsschwerpunkt, Beginn von 5 Einsatzprogrammen für rund 50 Arbeitslose
1986 Ermordung des SAH-Mitarbeiters Yvan Leyvraz durch die Contras in Nicaragua

Konzentration der Entwicklungszusammenarbeit auf Nicaragua, Burkina Faso, Bolivien und Moçambique

1988 Hilfe nach Überschwemmungen in Bangladesh und im Sudan, Wirbelstürmen in Zentralamerika, Erdbeben in Indien, Nepal und Armenien
1990 Südafrika wird neues Schwerpunktland

Alphabetisierung von Flüchtlingsfrauen in der Schweiz

1993 Beginn des Engagements in El Salvador
1994 Engagement in Kroatien, ab 1995 auch in Bosnien
1998 Die Regionalstellen führen in der Schweiz rund 90 Projekte mit 3000 Teilnehmern

Beginn des Engagements in Kosovo

2000 Humanitäre Hilfe nach Unwettern im Wallis (2000), in Zentralamerika nach dem Wirbelsturm Mitch (2000), Überschwemmungen in Moçambique (2000 und 2001), Erdbeben Türkei (1999), Indien (2001) und El Salvador (2001), Krieg im Irak (2003), Überschwemmungen in Indien (2005)
2003 Ausweitung des Engagements in Osteuropa
2004 Nothilfe und Wiederaufbau nach dem Tsunami in Sri Lanka und Indien (ab 2005), Zusammenarbeit mit Partnern des Netzwerks Solidar

Das SAH wird dezentralisiert, die Regionalstellen werden zu selbständigen Vereinen

2006 Das SAH engagiert sich in zwölf Ländern in der Entwicklungszusammenarbeit und mit humanitärer Hilfe

In der Schweiz gibt es zehn regionale SAH-Vereine

Literatur

  • Björn Erik Lupp: Von der Klassensolidarität zur humanitären Hilfe. Die Flüchtlingshilfe der politischen Linken 1930-1950. ISBN 3-0340-0744-2

Weblinks


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