Minderjährige Mütter

Minderjährige Mütter

Unter einer minderjährigen Mutter versteht man eine Frau, die im Alter von weniger als 18 Jahren Mutter wurde.

In den entwickelten Ländern ist die Schwangerschaft minderjähriger Mütter mit einem Stigma behaftet und stellt ein soziales Problem dar. Die jungen Mütter sind hier in der Regel nicht verheiratet, stammen aus den unteren sozialen Schichten und die Kinder sind häufiger arm und schulisch weniger erfolgreich als Kinder anderer Mütter.[1]

In den Entwicklungsländern gibt es die Minderjährigenmutterschaft vorwiegend innerhalb der Ehe, wo sie nicht mit einem sozialen Stigma behaftet ist.[2]

Jüngste Mutter wurde die Peruanerin Lina Medina im Alter von 5 Jahren.

Inhaltsverzeichnis

Häufigkeit der Schwangerschaft Minderjähriger in verschiedenen Ländern

Minderjährigen-Geburtenrate in einzelnen Ländern (2002)[3]
Land Minderjährigen-Mutterschaftsrate

bei 1000 Frauen im Alter 15-19

Südkorea 3
Niederlande 5
Tunesien 7
Australien 16
Vereinigtes Königreich 20
Russland 30
Vereinigte Staaten 53
Indonesien 55
Südafrika 66
Brasilien 73
Bangladesch 117
Niger 233

Ein Report von „Save The Children“ stellte fest, dass pro Jahr 13 Millionen Kinder von Frauen unter 20 Jahren geboren werden, davon 90% in den Entwicklungsländern. Komplikationen bei der Schwangerschaft und Geburt sind in den Entwicklungsländern die häufigsten Gründe für Todesfälle bei Frauen zwischen 15 und 19 Jahren. Die höchste Minderjährigen-Mutterschaftsrate der Welt hat Sub-Sahara-Afrika.[4]

In Niger sind 87% der Frauen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet, und 53% haben mindestens ein Kind, bevor sie 18 Jahre alt sind.[5] Auf dem indischen Subkontinent gehen Jugendlichenehen häufig mit Minderjährigen-Mutterschaft einher, bei einer höheren Rate der Minderjährigen-Mutterschaft in den ländlichen Gegenden als in bebauten Gebieten. In Indonesien und Malaysia hat die Rate der minderjährigen Mütter stark abgenommen, und sie ist in den Industrienationen Asiens wie Südkorea und Singapur sogar extrem niedrig.[6]

In Europa hat die allgemeine Geburtenrate und auch die Rate minderjähriger Mütter seit 1970 abgenommen. Die höchste Minderjährigen-Mutterschaftsrate Europas hat Großbritannien und gleichzeitig auch eine höhere Abtreibungsrate als die meisten anderen europäischen Länder. In den meisten europäischen Ländern ist die Minderjährigen-Mutterschaftsrate im weltweiten Vergleich sehr niedrig, was auf den Gebrauch von Verhütungsmitteln (in den Niederlanden und Skandinavien), die Beachtung traditioneller Werte (in Italien oder Spanien) oder eine Kombination aus beidem (in der Schweiz) zurückgeführt wird.[7] Häufige Abtreibungen bei Teenagern und die höchste Teenage-Mutterschaftsrate in der industrialisierten Welt treten in den USA auf.[7] Seit 1990 sinkt dort die Rate, wobei sie bei Hispanics und schwarzen Amerikanern höher bleibt als bei weißen und asiatischen Amerikanern. 25% des Sinkens sind laut Untersuchungen des Guttmacher-Institutes auf Abstinenz zurückzuführen, 75% auf bessere Verhütungsmittel.[8]

Gründe für die Schwangerschaft Minderjähriger

In einigen Gesellschaften ist die traditionelle Geschlechterrolle die Hauptursache für die Schwangerschaft Minderjähriger. So wird in Sub-Sahara-Afrika die frühe Mutterschaft als ein Segen und Beweis für die Fruchtbarkeit der jungen Frau angesehen.[5]

In den entwickelten Ländern sind Schwangerschaften bei Minderjährigen vorwiegend ungeplant.[9] Heranwachsende sind über Methoden der Familienplanung selten gut Informiert, haben keinen Zugang zu Verhütungsmethoden, oder schämen sich, danach zu fragen.[10][11] Dennoch ergaben einige Studien eine etwa entsprechende Rate des Gebrauchs von Verhütungsmitteln bei Mädchen wie bei Frauen. [12] Werden Verhütungsmittel von Jugendlichen angewendet, erweisen sie sich oft als unzuverlässig, wenn Kondome falsch benutzt, oder das Einnehmen der Pille vergessen wird. Falsche Anwendung wurde vermehrt bei armen Jugendlichen festgestellt. Für Jugendliche ist der Pearl-Index höher als für ältere Personen.[13] 60% der minderjährigen Mütter gaben an, dass sie den Sex nicht wollten, 11 bis 20% der Minderjährigen-Mutterschaften wurden als Folgen von Vergewaltigung beschrieben.[14][15]

Sozioökonomische Faktoren

Zwischen Armut und Minderjährigen-Mutterschaft besteht ein ausgeprägter Zusammenhang, wobei arme Länder, wie Niger oder Bangladesch eine höhere Minderjährigen-Mutterschaftsrate aufweisen als reiche Länder, wie Japan und die Schweiz. [3] In reichen Regionen, wie Italien, ist die Rate mit 3,3 pro 1.000 sehr niedrig. Im armen Mezzogiorno ist sie 10 pro 1.000[7]. Der Soziologe Mike A. Males stellte diesen Zusammenhang für Kalifornien fest.

County Anteil von Haushalten unter der Armutsgrenze Geburtenrate*
Marin County 5% 5
Tulare County (Weiße) 18% 50
Tulare County (Hispanics) 40% 100

* bei 1000 Frauen im Alter 15-19

Junge Frauen mit geringer Bildungserwartung sind stärker gefährdet, minderjährig Mutter zu werden. [16][17] Eine Jugendliche neigt eher zur eigenen Minderjährigen-Mutterschaft, wenn die Mutter und die älteren Schwestern minderjährige Mütter waren. [18][19]

Eine Studie der University of Chicago beschreibt das Aufwachsen bei Pflegeeltern als einen Risikofaktor: Fast die Hälfte aller in den USA in Pflegefamilien aufgewachsenen Frauen waren vor dem 19. Lebensjahr mindestens einmal schwanger.[20]. Das hört mit dem Verlassen der Pflegefamilie nicht auf. Eine Studie des Utah Department of Human Services belegt, dass die Geburtenrate von jugendlichen ehemaligen Pflegekindern sogar drei mal so hoch war, wie die durchschnittliche Geburtenrate von gleichaltrigen Jugendlichen[21]

Medizinische Faktoren

Minderjährigen-Mutterschaft gefährdet die Gesundheit von Mutter und Kind, Frühgeburten und ein geringes Geburtsgewicht treten häufiger auf. [1][22] [23] In den USA leiden schwangere Jugendliche oft unter Nährstoffmangel, bedingt durch ungesunde Ernährung, Fast-Food und Schlankheitsdiäten.[24]

Sozioökonomische und psychologische Konsequenzen

Minderjährige Mütter und deren Kinder scheinen schlechtere Lebenschancen zu haben, wobei Studien darauf hin deuten, dass es sich um eine Scheinkorrelation handeln könnte. Minderjährige Mütter kommen häufig aus der sozialen Unterschicht und haben daher weniger Möglichkeiten, eigene Ressourcen zu mobilisieren, verfügten sie über mehr Ressourcen, ging es ihren Kindern vermutlich besser.

Die frühe Mutterschaft ist oftmals eine „Flucht“ aus einer unerträglichen Familien- oder Ausbildungssituation, drohender Arbeitslosigkeit oder Aussichtslosigkeit bezüglich des Berufswunsches. Elternschaft erscheint dann möglicherweise als der einzige Weg, einen anerkannten sozialen Status zu erlangen.

Minderjährige Mütter stammen oftmals aus problematischen Familienverhältnissen. Die junge Mutter sehnt sich möglicherweise danach, eine enge emotionale Beziehung zu einem eigenen Kind aufzubauen. Der Wunsch nach emotionaler Nähe basiert auf der Sehnsucht nach Geborgenheit und Zuwendung, die auch auf den selbst erlebten Mangel zurückzuführen ist. Eventuell möchte sie den Kindsvater über ein gemeinsames Kind an sich binden.

Konsequenzen für die Mutter

Die Schullaufbahn einer jungen Frau kann durch eine Minderjährigen-Mutterschaft negativ beeinflusst werden. Minderjährige Mütter verlassen häufiger die Schule ohne Abschluss als andere Frauen.[1] Eine in den USA durchgeführte Studie ergab, dass 60% der minderjährigen Mütter unterhalb der Armutsgrenze lebte.[25] 50% der minderjährigen Mütter in den USA bezogen innerhalb des ersten Lebensjahres ihres Kindes Sozialhilfe.[1] In Großbritannien lebten nur 11% der minderjährigen Mütter vom eigenen Einkommen, 89% waren arbeitslos.[26] Die meisten britischen minderjährigen Mütter leben in Armut.

Je weniger Bildung die junge Mutter und ihre Eltern haben, um so wahrscheinlicher wird sie in kurzer Zeit ein zweites Kind bekommen, wie es bei 1/4 der minderjährigen Mütter innerhalb von zwei Jahren eintritt.[27]

Da die Lebensbedingungen für minderjährige Eltern erfahrungsgemäß stark erschwert und von Abhängigkeiten, Stigmatisierung und Armut gekennzeichnet sind, werden diese jungen Menschen bald desillusioniert. Durch die Verpflichtungen, die eine Elternschaft mit sich bringt, sind sie oft sehr einsam, da sie nicht die Zeit haben, mit anderen Gleichaltrigen den alterstypischen Aktivitäten nachzugehen. Das hat starken Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung und das Selbstwertgefühl.[28] Sie sind selbst noch in einem Alter, wo sie eigene Entwicklungsaufgaben zu bewältigen haben. Abgesehen von den materiellen Abhängigkeiten stehen sie in der persönlichen Entwicklung zwischen Abhängigkeit und Autonomie. Sie sind noch von den Eltern abhängig und stehen in Ablösungsprozessen zu ihnen. Der Wunsch nach einem Kind kann möglicherweise als Widerstand und Rebellion gegen die Eltern aufgefasst werden, als Versuch aus der Familie auszubrechen, ohne eine eigene klare Vorstellung von einem Leben mit Kind zu haben.[29]

Die soziale Herkunft hat dabei auf den weiteren Werdegang minderjähriger Mütter einen starken Einfluss: für eine Mutter, die als Kinder selbst in einer vorteilhaften Situation aufwuchs, ist laut Ergebnisen einer 2007 veröffentlichten Studie eine soziale Abwärtspirale für Mutter und Kind weniger wahrscheinlich als für Mütter, die selbst in Armut lebten.[30]

Konsequenzen für das Kind

Kinder von minderjährigen Müttern leiden häufiger unter Lernbehinderungen und Verhaltensstörungen als Kinder älterer Mütter.[31][32] Sie erbringen in der Schule schlechtere Leistungen, bleiben häufiger sitzen und erreichen seltener einen Schulabschluss.[1] Töchter von adoleszenten Eltern neigen selbst zur Minderjährigen-Mutterschaft.[19][1] Söhne werden häufiger straffällig und erleben drei mal so häufig Gefängnisaufenthalte.[33]

Es fehlt der jungen Mutter noch an Kompetenz zur Erziehung und Herstellung einer guten Beziehung, aufgrund der eigenen Unreife und durch den selbst erlittenen Mangel in der eigenen problematischen Familie. Das wirkt sich ungünstig auf die Entwicklung ihres Kindes aus, da sie wenig in der Lage sind, auf die besonderen Bedürfnisse eines Säuglings oder Kleinkindes einzugehen. Die allgemeinen Belastungen erschweren den einfühlsamen Umgang und Aufbau einer sicheren Bindung an die Eltern.[34] So muss man davon ausgehen, dass dem heranwachsenden Kind neben dem fehlenden äußeren Halt durch die situationsbedingten Unsicherheiten und Unwägbarkeiten, auch die Entwicklung eines inneren seelischen Halts sehr erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wird.

Konsequenzen für andere Familienmitglieder

Es zeigte sich, dass jüngere Schwestern von minderjährigen Müttern weniger Wert auf eine gute Ausbildung legen. [35] Sie müssen häufig beim Babysitten helfen und werden selbst häufig Minderjährigen-Mütter.[18]


Minderjährigen-Mutterschaft in Kunst, Literatur und Film

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f The National Campaign to Prevent Teen Pregnancy. (2002). Retrieved May 27, 2006.
  2. Population Council (2006)Unexplored Elements of Adolescence in the Developing World Population Briefs, January 2006, Vol. 12, No. 1. Retrieved April 18, 2007.
  3. a b Indicator: Geburten bei 1000 Frauen (15-19 ys) – 2002 UNFPA, State of World Population 2003, Retrieved Jan 22, 2007.
  4. Treffers, P.E. (November 22, 2003). Teenage pregnancy, a worldwide problem. Nederlands tijdschrift voor geneeskunde, 147(47), 2320-5. Retrieved July 7, 2006.
  5. a b Locoh, Therese. (2000). "Early Marriage And Motherhood In Sub-Saharan Africa." WIN News. Retrieved July 7, 2006.
  6. Mehta, Suman, Groenen, Riet, & Roque, Francisco. United Nations Social and Economic Commission for Asia and the Pacific. (1998). Adolescents in Changing Times: Issues and Perspectives for Adolescent Reproductive Health in The ESCAP Region. Retrieved July 7, 2006.
  7. a b c UNICEF. (2001). Retrieved July 7, 2006.
  8. Wind, Rebecca. The Guttmacher Institute. (February 19, 2004). "U.S. Teenage Pregnancy Rate Drops For 10th Straight Year." Retrieved July 7, 2006.
  9. Teenage Mothers : Decisions and Outcomes - Provides a unique review of how teenage mothers think Policy Studies Institute, University of Westminster, 30 Oct 1998
  10. Slater, Jon. (2000). "Britain: Sex Education Under Fire." The UNESCO Courier. Retrieved July 7, 2006.
  11. The National Campaign to Prevent Teen Pregnancy. (1997). What the Polling Data Tell Us: A Summary of Past Surveys on Teen Pregnancy. Retrieved July 13, 2006
  12. BBC-News
  13. Besharov, Douglas J. & Gardiner, Karen N. (1997). Trends in Teen Sexual Behavior. Children and Youth Services Review, 19 (5/6), 341-67. Retrieved July 13, 2006.
  14. Boyer, Debra and Fine, David (1993), "Sexual Abuse as a Factor in Adolescent Pregnancy and Child Maltreatment" Family Planning Perspectives Vol. 24 (2). Quoted in Teen Pregnancy & Sexual Assault Community Crisis Center, Retrieved January 25, 2007
  15. Gershenson, Harold et al. (1989) "The Prevalence of Coercive Sexual Experience Among Teenage Mothers." Journal of Interpersonal Violence , Vol. 4 (2).
  16. Allen et al (2007) Does the UK government’s teenage pregnancy strategy deal with the correct risk factors? Findings from a secondary analysis of data from a randomised trial of sex education and their implications for policy Journal of Epidemiology and Community Health 2007;61:20-27, Referenced January 26, 2007
  17. Süddeutsche Zeitung: Teenager-Schwangerschaften: Von wegen aufgeklärt abgerufen am 14.03.2008
  18. a b East, P.L., & Jacobson, L.J. (2001). The younger siblings of teenage mothers: a follow-up of their pregnancy risk. Developmental Psychology, 37 (2), 254-64. Retrieved May 27, 2006.
  19. a b Furstenberg, F.F., Jr, Levine, J.A., & Brooks-Gunn, J. (1990). The children of teenage mothers: patterns of early childbearing in two generations
  20. A Joint Project of The National Campaign to Prevent Teen Pregnancy and UCAN (Uhlich Children’s Advantage Network) 16 Feb 2006
  21. A Joint Project of The National Campaign to Prevent Teen Pregnancy and UCAN (Uhlich Children’s Advantage Network) 16 Feb 2006
  22. Scholl, T.O., Hediger, M.L., & Belsky, D.H. (1994). Prenatal care and maternal health during adolescent pregnancy: a review and meta-analysis. The Journal of Adolescent Health, 15 (6), 444-56. Retrieved May 29, 2006.
  23. Makinson, C. (1985). The health consequences of teenage fertility. Family Planning Perspectives, 17 (3), 132-9. Retrieved May 29, 2006.
  24. Gutierrez, Y., & King, J.C. (1993). Nutrition during teenage pregnancy. Pediatric Annals, 22 (2), 99-108. Retrieved May 29, 2006.
  25. Levine Coley, Rebekah & Chase-Lansdale, Lindsay. (1997). Adolescent Pregnancy and Parenthood: Recent Evidence and Future Directions. American Psychologist. Retrieved May 29, 2006.
  26. Social Exclusion Unit. (1999). Teenage Pregnancy. Retrieved May 29, 2006.
  27. Kalmuss, D.S., Namerow, P.B. (1994). Subsequent childbearing among teenage mothers: the determinants of a closely spaced second birth. Family Planning Perspectives, 26 (4),149-53, 159. Retrieved May 27, 2006.
  28. (Thiessen & Anslinger 2004, Garst 2003)
  29. FH-Hildesheim, Forschung, Teenage-Mutterschaft
  30. Legacies of Advantage and Disadvantage: The Case of Teen Mothers. In: Public Health Nursing. September/Oktober 2007. Abgerufen am 21. April 2009. (englisch)
  31. American Academy of Pediatrics. (2001). Care of Adolescent Parents and Their Children. Pediatrics, 107 (2), 429-434. Retrieved May 29, 2006.
  32. Hofferth, Sandra L. & Reid, Lori. (2002). Early Childbearing and Children's Achievement And Behavior over Time. Perspectives on Sexual and Reproductive Health, 34 (1). Retrieved May 29, 2006.
  33. Maynard, Rebecca A. (Ed.). (1996). Kids Having Kids. Retrieved May 27, 2006.
  34. Elternschaft und Ausbildung
  35. East, Patricia L. (1996). Do Adolescent Pregnancy and Childbearing Affect Younger Siblings?. Family Planning Perspectives, 28 (4). Retrieved May 27, 2006.

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