Mövenpick Hotel Hamburg

Mövenpick Hotel Hamburg
Schanzenturm

Der Hamburger Sternschanzenpark wird geprägt von einem Hügel (28 Meter NN) auf dem sich heute der größte ehemalige Wasserturm (Schanzenturm) Europas befindet. Es handelt sich um Industriearchitektur, erbaut 1907 bis 1910 von dem bei den Hamburger Wasserwerken (HWW) angestellten Architekten Wilhelm Schwarz, und bis 1961 genutzt. Der Turm ist 57,5 m hoch, achteckig, mit einem Durchmesser von 32 Metern.Der Turm stellt ein Wahrzeichen des Schanzenviertels dar.

Der Turm wurde auf einem Hochreservoir für Trinkwasser [1] von 1863 errichtet, das am 15. März 1905 außer Betrieb gesetzt wurde (Architekt William H. Lindley).

Inhaltsverzeichnis

Hotelneubau

Im Jahre 2007 wurde im Turm das "Mövenpick Hotel Hamburg" eröffnet. Die Polizei hat die ständige Bewachung des Parks und der Baustelle eingestellt. Der Hotelbetreiber hat vielmehr einen privaten Sicherheitsdienst mit dem Schutz des Hotels, vor immer noch auftretenden, kleineren Sachbeschädigungen engagiert. Der Hotelbetrieb läuft nach Auskunft der Betreibergesellschaft "glänzend und ungestört". Die nachstehenden Beiträge stellen den erfolglosen Kampf der Hotelgegner, weitgehend aus ihrer Sicht, dar.

Kampf gegen den Hotelneubau

Um den Schanzenturm schwelt seit längerem ein Konflikt: Seit seiner Stilllegung wurde von Stadtteilgruppen immer wieder seine kommunale Nutzung etwa als öffentliches Kulturzentrum gefordert, aber nie realisiert.

Gutachten aus den damaligen Hamburger Wasserwerken belegen, dass in den späten achtziger Jahren eine Komplettsanierung umgerechnet ca. 1 Mio Euro gekostet hätte.

1990 wurde der Turm wegen angeblich zu hoher laufender Instandhaltungskosten an Joachim E. Storr inklusive 2000 m² Grundstück um das Gebäude für knapp 20.000 Euro verkauft. Verkäufer waren die Hamburger Wasserwerke. Vertraglich festgelegt war eine Mischnutzung: Büros in den oberen Stockwerken und stadtteilbezogene Nutzungen im unteren Turmbereich waren vorgesehen. Eine wichtige Auflage war die mindestens 50%ige öffentliche Nutzung des Turms, welche in einer Urkundenrolle [2] am 16. Juli 1990 verankert wurde. Allerdings passierte weiterhin nichts mit dem Turm. Am 27. Dezember 1996 erteilte dann das Bezirksamt Eimsbüttel eine Baugenehmigung für ein Hotel im Sternschanzenpark. Hierzu DIE WELT am 10. Mai 2001: "Allerdings setzt der städtebauliche Vertrag dem Münchener keine Fristen für den Baubeginn. Die CDU in Eimsbüttel hält das für einen schweren Fehler des Bezirksamtsleiters Jürgen Mantell, der mit Storr den Vertrag abschloss. "Ich frage mich, wie sich ausgerechnet der Jurist Mantell bei dem städtebaulichen Vertrag über den Tisch ziehen lassen konnte", schimpft der CDU-Fraktionsvorsitzende Olaf Ohlsen. "Theoretisch kann er noch 100 Jahre mit dem Baubeginn warten."[3].

Im Zuge der sich abzeichnenden Messeerweiterung 2003 im angrenzenden Karolinenviertel ging der Turmeigentümer Storr eine Kooperation mit der Augsburger Patrizia AG ein. Am 4. September 2003 holte sich die Patrizia AG den Hamburger CDU-Schatzmeister Harald Boberg in ihren Aufsichtsrat. Fünf Tage später, am 9. September 2003, stellte die Projekt Wasserturm, Grundstücks GmbH & Co. KG einen Bauantrag für Anbauten wie einen mehrstöckigen Glasanbau für Restaurantgäste, eine große Tiefgarage, unterirdische Zuwegung mit Rollteppen sowie Boutiquen und weiteren Logistikräumen. Für dieses Vorhaben wurden unter dem Hamburger Finanzsenator Dr. Wolfgang Peiner (Bundesschatzmeister der CDU) zusätzliche Grünfächen (Südhang-Grundstück) des Schanzenparks am 16. Dezember 2003 - trotz eines laufenden Bürgerbegehrens gegen den Grünflächenverkauf und Luxus-Hotelnutzung im öffentlichen Naherholungsgebiet - an die Patrizia AG verkauft.

Im Naherholungsgebiet Sternschanzenpark soll nun mit geschätzten Baukosten in Höhe von 55 Mio. Euro ein Luxus-Messehotel mit diversen Anbauten, verpachtet für 20 Jahre an die internationale, aus der Schweiz operierende Hotelkette Mövenpick, entstehen. Laut einem Artikel in DIE WELT vom 8. September 2006 soll das Mövenpick-Hotel-Projekt durch die DB Real Estate (Deutsche Bank Group) finanziert werden [4]. Als Ersatz für die entfallende - ursprünglich vertraglich festgelegte - 50 % öffentliche Nutzung des Turms wurden von der PATRIZIA AG 1 Mio. Euro [5] an das Bezirksamt Eimsbüttel gezahlt. Einen Teil dieser Summe (350.000 Euro) ist dem Fußballverein SC Sternschanze versprochen worden.

Alle politischen Parteien [6] sprachen sich nun für den Umbau aus, auch weil sie andere Nutzungskonzepte in der wachsenden Stadt für nicht finanzierbar hielten. Auf Behördenseite begleitete federführend seit September 1996 der Eimsbüttler Verwaltungsjurist und Bezirksamtsleiter Dr. Jürgen Mantell (SPD) die Verhandlungen.

Das Amt für Denkmalschutz kritisierte zunächst den geplanten Umbau (seit 1991 steht der Turm als bedeutendes Industriedenkmal und städtebauliches Wahrzeichen unter Denkmalschutz), zeigte sich aber dann - nach einem Amtsleiterwechsel - immer kompromissbereiter.

Viele Anwohner und Initiativen wehren sich seit Bekanntgabe der Hotelpläne immer wieder mit Demonstrationen [7] und Aktionen im Park und im Viertel gegen eine befürchtete Gentrifizierung des Schanzenviertels und die von ihnen beklagte Privatisierung öffentlichen Raumes: Es würden bereits jetzt "unliebsame Personen" vom Gelände des Parks vertrieben, das Hotel komme nur den "wohlhabenden Gästen" und den Hotelbetreibern zugute, nicht aber dem Stadtviertel. Die Nutzung des Parks werde "zwangsläufig eingeschränkt" werden. Zudem wird der "undurchsichtige Ablauf" des Geschäfts mit der Stadt kritisiert.

Um das Thema nochmals in den politischen Diskurs zu bringen, trat zur Bürgerschaftswahl 2004 die am 6. Januar 2004 spontan gegründete Lastminute-Wählervereinigung SOSwasserturm.de an. Sie erzielte einen Achtungserfolg, da sich nun die politisch Verantwortlichen und Interessierten erneut mit dem Thema des Hotelbaus auseinandersetzen mussten. Allerdings sprechen nach Meinung der im Eimsbüttler Parlament und in der Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Fraktionen - die das Hotel-Projekt unterstützen - die SOSwasserturm.de zugefallenen 319 Stimmen für die Bezirksversammlung und 456 Stimmen für die Bürgerschaftsliste [8]- für ein politisches Ende der Diskussion in der Bevölkerung. Eine politische Entscheidung zur Komplett-Rettung (inklusive Innenkonstruktion) von Europas größtem Wasserturm als Technikdenkmal - damit eine parkverträglichere Nutzung -, sollte in der wachsenden Stadt nicht politisch gefördert werden, zumal gleichzeitig der Senat mit der Unterstützung der Elbphilharmonie begann.

Glasanbau (27 m lang x 8 m hoch x 8 m breit) für Restaurant u. Konferenzräume am Wasserturm, Nov.06

Bezirkspolitiker aus Eimsbüttel [9] betonen, dass die Luxus-Hotelanlage im Sternschanzenpark mit demokratischer Mehrheit beschlossen wurde.

Rechtsstreit

Anwohner klagten 2005 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Baugenehmigung des Bezirksamtes Eimsbüttel vom 27. Dezember 1996 für den Umbau in ein Hotel "objektiv rechtswidrig" sein dürfte [10] [11]. Der Investor sieht keine großen Probleme. Die Nutzung des Parks werde nicht eingeschränkt, normale Menschen könnten ihn weiterhin wie gewohnt nutzen, mit den Betreibern des Open-Air-Kinos solle eine Einigung gefunden werden.

Baubeginn und Folgen

Am Tage des Baubeginns (11. Januar 2005) kam es wieder zu einer Demonstration mit 1.000 Teilnehmern im Viertel, das dabei großflächig von der Polizei abgeriegelt wurde. Parolen wie Der Park gehört allen und Kein Hotel wurden mit einem Video-Beamer [12] auf Häuserfassaden gestrahlt. Eine zweite Demonstration hatte noch stärkeren Zulauf. Weitere Proteste folgten: so hielten Hotelgegner nachts den Wachmannschaften und Flutlichtanlagen am Turm Spiegel entgegen, veranstalteten ein Kinderfest oder spielten Fußball auf dem Hang. Es kam auch zu so genannten "Nadelstichaktionen" [13] [14] im Großraum Hamburg.

Trotz der weiteren Demonstrationen und Aktionen im Laufe der Jahre 2005/06 konnte der Umbau aber nicht verhindert werden. Das Hotel in dem entkernten Wasserturm soll, statt wie ursprünglich geplant zur WM 2006, nun erst im Juni 2007 eröffnen. Ein Richtfest fand aus Sicherheitsgründen nicht statt. Geplant ist ebenfalls ein unterirdischer Verbindungstunnel unter den Bahngleisen - Baukosten mindestens 7 Mio. Euro [15] -, welcher das Neue Messegelände zum Mövenpickhotel im Park öffnen soll. Dieses Bauvorhaben ist jedoch auf das Jahr 2012 verschoben worden [16]. Der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte liegt im April 2007 ein Antrag vor, die Verwaltung aufzufordern, auf einer vollständigen Einhaltung aller Abmachungen zu bestehen, d. h. auch den Tunnelbau zeitnah in Angriff zu nehmen, um eine direkte Verbindung zwischen Park und Messegelände zu ermöglichen.

Einzelnachweise

  1. Sternschanze/Wasserreservoir und Umgebung, Karte von 1880
  2. aus dem Notariat Dr. Henning Voscherau, Vertrag zwischen den Hamburger Wasserwerken und dem Ehepaar Storr v. 16. Juli 1990
  3. DIE WELT v. 10. Mai 2001 Der Turm: Viel Gerangel, doch nichts regt sich
  4. DIE WELT vom 8. Sept. 2006 Finanzinvestoren greifen nach Hotels
  5. [1]
  6. [2]
  7. Hamburger abendblatt 18. Januar 2005: Wasserturm - Droht Dauer-Randale? Schanze: Der Konflikt um den Umbau des historischen Gebäudes - eine Analyse; Christian Denso/Heike Müller
  8. Wahlergebnisse Hamburgische Bürgerschaft u. Bezirksversammlungen, Quelle: Statistikamt Nord
  9. Bezirkspolitik einig: Keine Alternative zum Hotel
  10. TAZ v. 20.05.2005 zum Rechtsstreit, Nachbarn sprechen von einem gerichtlich gerügten Schwarzbau
  11. Schanze|20357 v. Sommer 2005: Rechtsstreit um den Umbau des Wasserturms, Seite 4
  12. youtube.com-clip Wasserturm-Demo Februar 2005: Beamer-Projektionen auf Wasserwerfer
  13. Hamburger Abendblatt: Wasserturm-Protest - drei Anschläge in einer Nacht; Jan-Eric Lindner; 5. März 2005
  14. Hamburger Abendblatt: Friedliche Proteste ja, Anschläge nein!; Jan-Eric Lindner; 5. März 2005
  15. Hamburger Abendblatt: Messe: Mehrkosten in Millionenhöhe; Matthias Schmoock 18. April 2006
  16. taz: Messetunnel bleibt ein Stummel von Gernot Knödler 24.07.2006

Weblinks

53.5647222222229.97055555555567Koordinaten: 53° 33′ 53″ N, 9° 58′ 14″ O


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