- Schanzenturm
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Der Schanzenturm ist der ehemals größte Wasserturm Europas auf einem Hügel (28 m ü. NN) des Hamburger Sternschanzenparks und gehört seit dem 1. März 2008 verwaltungsrechtlich zum Stadtteil Sternschanze. Es handelt sich um Industriearchitektur, erbaut 1907 bis 1910 von dem bei den Hamburger Wasserwerken (HWW) angestellten Architekten Wilhelm Schwarz, und wurde bis 1961 in der ursprünglichen Funktion genutzt. Die Basis des Turms bildet ein seit 1863 bestehenden und 1905 außer Betrieb genommenes Hochreservoir für die ehemalige Stadtwasserversorgung (Architekt William H. Lindley) [1] für einen Preis von 697.000 Goldmark errichtet.
Inhaltsverzeichnis
Der Wasserturm von 1910
Der Wasserturm hatte zwei übereinander angeordnete Wasserbehälter mit jeweils 2.300 Kubikmetern Fassungsvermögen,[2] einem horizontalen Durchmesser von 25 Metern, einen gerundeten Boden[3] und jeweils 2,7 Meter hohen Wänden. Sie waren aus 10 bis 14 Millimeter dicken Stahlblechen zusammengenietet.[4] Der untere Behälter ruhte auf 24 jeweils 17 Meter hohen Betonpfeilern und trug seinerseits mit Stahlstützen den oberen Behälter. Der Raum zwischen den Pfeilern und oberhalb der Stützkonstruktion wurde mit Backsteinen ausgemauert. Das achteckig spitz zulaufende Turmdach war mit Kupfer gedeckt, worunter sich eine umlaufende Galerie befand. Diese Galerie wurde zumindest anfangs auch als Aussichtsplattform genutzt. Sie war über eine Wendeltreppe mit 181 Stufen in einem seitlichen Treppenturm erreichbar. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Dach beschädigt, worauf es notdürftig repariert und 1958 mit Schiefer neu gedeckt wurde.
Umwidmung zur Weiternutzung
1956 wurde der Wasserturm durch die Modernisierung des Wassernetzes überflüssig, so dass er 1961 außer Betrieb gesetzt wurde.
Nach der regulären Nutzung wurden die Räume im Turm von den Hamburger Wasserwerken noch bis 1970 als Archiv und Geräteprüfstelle genutzt. Wegen der hohen Unterhaltskosten wurde ab 1969 versucht, den Turm zu verkaufen. Von den zahlreichen Vorhaben zur Nutzung erwies sich jedoch vor allem aus finanziellen Gründen keines davon als umsetzbar.
Die Hamburger Wasserwerke überlegten zwischenzeitlich, den Turm wieder selbst als Verwaltungszentrum zu nutzen, jedoch wären für die etwa 500 Mitarbeiter der Bau nahegelegener Bürogebäude erforderlich gewesen. Hier regte sich nun der Protest der Bürger und der Grün-alternativen Liste (GAL), die eine Gefahr für den Schanzenpark sahen und daher die Bürgerinitiative gegen die Umnutzung des Schanzenturmes ins Leben riefen. Die Suche nach einem interessierten Nachnutzer mit zwischenzeitlichen Ansätzen zu abermals anderer Nutzung zog sich jedoch hin, bis sich 2003 die Mövenpick Hotel & Resorts [5] entschloss, den Wasserturm zu einem 4-Sterne Hotel umzubauen.
Hotelbau
Am 11. Januar 2005 wurde mit dem Umbau des Wasserturms zum Hotel begonnen, das 2007 als Mövenpick Hotel Hamburg eröffnet wurde. Die unteren zwei Geschosse des Hotels liegen in einem 150 Jahre alte Backsteingewölbe, das noch aus der Zeit vor dem Bau des Turms stammt und als erster Wasserspeicher genutzt wurde. Dieses wurde vom Teeranstrich befreit und in die eineinhalb Meter starke Fundamentwand wurden Durchbrüche gefräst, um einen Eingang zur tiefer gelegenen Straße Sternschanze zu schaffen. Die hohen Kreuzgewölbe des historischen Speichers sind nahezu komplett erhalten und saniert worden.[6] Ab dem Winter 2005/2006 wurden rund um den innen hochgezogenen Erschließungsschacht 20 Geschosse eingezogen. Darin sind in jeder Etage die Zimmer rund um den Kern angeordnet. Dieses Betonskelett trägt auch die historische Ziegelfassade, die sonst vom Einsturz bedroht gewesen wäre. 2007 wurde das neue Erschließungsgebäude an der Straße Sternschanze mit einer Erdabdeckung wieder an den Hang des Sternschanzenparkes angepasst und dieser begrünt sowie die öffentlichen Wege im Park wieder hergestellt.
Im jetzigen Zustand bietet das Hotel im Schanzenturm neben 226 Zimmern ein Konferenzzentrum mit Tagungsräumen für Veranstaltungen mit bis zu 180 Personen, ein ganztägig geöffnetes Restaurant in einem ebenerdigen äußeren Wintergarten, eine Bar, ein Fitness-Center sowie eine Sauna und ein Solarium.
Die Bürgerinitiative gegen die Umnutzung des Schanzenturmes
Anwohner klagten 2005 vor dem Verwaltungsgericht Hamburg. Die Kammer kam zu dem Ergebnis, dass die Baugenehmigung des Bezirksamtes Eimsbüttel vom 27. Dezember 1996 für den Umbau in ein Hotel „objektiv rechtswidrig“ sein dürfte [7] [8]. Der Investor sieht keine großen Probleme. Die Nutzung des Parks werde nicht eingeschränkt, normale Menschen könnten ihn weiterhin wie gewohnt nutzen, mit den Betreibern des Open-Air-Kinos solle eine Einigung Am Tage des Baubeginns (11. Januar 2005) kam es wieder zu einer Demonstration mit 1.000 Teilnehmern im Viertel, das dabei großflächig von der Polizei abgeriegelt wurde. Parolen wie Der Park gehört allen und Kein Hotel wurden mit einem Video-Beamer [9] auf Häuserfassaden gestrahlt. Eine zweite Demonstration hatte noch stärkeren Zulauf. Weitere Proteste folgten: so hielten Hotelgegner nachts den Wachmannschaften und Flutlichtanlagen am Turm Spiegel entgegen, veranstalteten ein Kinderfest oder spielten Fußball auf dem Hang. Es kam auch zu so genannten „Nadelstichaktionen“ [10] [11] im Großraum Hamburg.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Sternschanze/Wasserreservoir und Umgebung, Karte von 1880
- ↑ Mövenpick: "Ein Hotel im Wasserturm, Historie"
- ↑ Jens U. Schmidt schreibt in seinem Buch "Wassertürme in Hamburg"(Dezember 2003) von einem „kugelförmigen“ Boden, was sich jedoch nicht mit dem angegebenen Fassungsvermögen zur Deckung bringen lässt
- ↑ nach Jens U.Schmidt in Webseite Mövenpick Hotel Hamburg, Hamburg, 2003
- ↑ [1]
- ↑ Webseite des Mövenpick Hotels Hamburg
- ↑ TAZ v. 20. Mai 2005 zum Rechtsstreit, Nachbarn sprechen von einem gerichtlich gerügten Schwarzbau
- ↑ Schanze|20357 v. Sommer 2005: Rechtsstreit um den Umbau des Wasserturms, Seite 4
- ↑ youtube.com-clip Wasserturm-Demo Februar 2005: Beamer-Projektionen auf Wasserwerfer
- ↑ Hamburger Abendblatt: Wasserturm-Protest - drei Anschläge in einer Nacht; Jan-Eric Lindner; 5. März 2005
- ↑ Hamburger Abendblatt: Friedliche Proteste ja, Anschläge nein!; Jan-Eric Lindner; 5. März 2005
Weblinks
Commons: Wasserturm im Sternschanzenpark – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- http://www.wasserturm-schanzenpark.de – Selbstdarstellung des Projektentwicklers Patrizia
- http://www.schanzenturm.de/ – Freies Netzwerk zum Erhalt des Schanzenparks
53.5647222222229.9705555555556Koordinaten: 53° 33′ 53″ N, 9° 58′ 14″ OKategorien:- Hotel in Hamburg
- Kulturdenkmal (Hamburg)
- Stillgelegter Wasserturm in Hamburg
- Politik (Hamburg)
- Bezirk Eimsbüttel
- Bezirk Altona
- Erbaut in den 1910er Jahren
- Wohnturm
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