Mühlkreis

Mühlkreis
Lage des Mühlviertels in Oberösterreich
Datei:Karte_Aut_Ooe_Mühlviertel.png

Das Mühlviertel (in Ortsnamen auch Mühlkreis) ist eine Landschaft in Österreich und stellt eines der vier historischen „Viertel“ Oberösterreichs dar. Es liegt als einziges Viertel Oberösterreichs nördlich der Donau.

Das Mühlviertel hat seinen Namen von den Flüssen Große Mühl und Kleine Mühl sowie der Steinernen Mühl, die es durchfließen. Das Mühlviertel in seiner heutigen Form besteht seit 1779, als das Machlandviertel im Mühlviertel aufging. Die heutige Abgrenzung des Gebiets erfolgt durch die sich erst im 19. Jahrhundert herausgebildeten politischen Bezirke.

Charakteristisch sind die alten Bauernhöfe aus Granit im Steinbloß-Stil, die gotischen Kirchen, die Burgen und Schlösser.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Typische hügelige, abwechselnd mit Wäldern und Feldern versehene Landschaft des Mühlviertels.

Das Mühlviertel grenzt im Westen an Bayern, im Norden an Tschechien und im Osten an Niederösterreich. Naturräumlich gehört es zum Granit- und Gneishochland der Böhmischen Masse. Der höchste Berg ist der Plöckenstein mit 1.378 Metern im österreichischen Böhmerwald an der Grenze zu den Nachbarländern. Im Gemeindegebiet von St. Nikola bei Hirschenau befindet sich mit 228 Metern die tiefliegendste Stelle des Mühlviertels (Grenze zu Niederösterreich). Die einzigen flachen Zonen des Mühlviertels befinden sich zwischen Aschach und Ottensheim (der nördlich der Donau gelegene Teil des Eferdinger Beckens) und zwischen Mauthausen und Grein (Machland).

Granit und Gneis sind der geologische Untergrund des Mühlviertels, die Flüsse und Bäche fließen - bis auf wenige Ausnahmen im nördlichen Mühlviertel, jenseits der europäischen Hauptwasserscheide - zur Donau. Das Mühlviertel unterscheidet sich vor allem auf Grund seiner Lage und seines geologischen Untergrundes bezüglich Flora und Fauna wesentlich von anderen Landesteilen. Besonderheiten in der Natur des Mühlviertels sind unter anderem weitgehend naturbelassene Fließgewässer, Bürstlingswiesen (Borstgrasrasen), Felsformationen (Wollsackverwitterung), Moore, Fischotter, Luchs und Böhmischer Enzian.

Der Haselgraben teilt das Mühlviertel in das obere und das untere Mühlviertel.

Raumeinheiten

Das Bundesland Oberösterreich ist in 41 Raumeinheiten gegliedert. Einen Überblick nach naturschutzfachlichen Kriterien wie Geologie, Geomorphologie und Raumnutzung (Besiedelung, Landwirtschaft u.ä.) bieten die Raumeinheiten, die (ganz oder teilweise) zum Mühlviertel zählen.

Bezirke

Das Mühlviertel umfasst heute vier Bezirke:

Ob das Stadtgebiet von Linz nördlich der Donau (Stadtbezirke Urfahr, St. Magdalena und Pöstlingberg) ebenfalls zum Mühlviertel zählt, ist strittig.

Geschichte

Frühgeschichte

Die ältesten archäologischen Funde stammen aus der Hallstattzeit. In Mitterkirchen wurden bei Grabungen zwischen 1981 und 1990 ein Gräberfeld mit rund 80 Grabstätten sowie rund 900 Gefäßen und Siedlungsresten entdeckt[1]. Diese Funde stammen aus dem 7. Jahrhundert vor Christus. In Mitterkirchen wurde ein Freilichtmuseum erbaut, das versucht, einen Eindruck vom Alltagsleben der frühen Eisenzeit zu geben.

Zur Römerzeit war das Mühlviertel ein dichter und kaum bewohnter Urwald. Es wird vermutet, dass im Frühmittelalter Slawen das Mühlviertel bewohnten. Slawische Orts- und Flurnamen wie Tobra (bei Perg) und Tabor (bei Ottensheim) oder Jaunitz (bei Freistadt) markieren die frühmittelalterliche Grenzsituation.

Besiedelung

Seit der Niederlassung der Baiern in diesem Gebiet wurde es größtenteils Teil ihres Herzogtums (ab Mitte des 6. Jahrhunderts), dann Besitz der Babenberger mit großen Gütern zwischen Donau und Böhmerwald. 1180 erwarben die Babenberger auch das westliche Mühlviertel und gründeten um 1220 die erste Stadt - Freistadt. Der größte Teil des Mühlviertels wurde erst während des hohen und späten Mittelalters gerodet. Die Ortsnamen, die mit -schlag enden, wie Bernhardsschlag, zeugen von den Rodungen. Echte –ing Ortsnamen (z.B. Hütting, Inzing, Arbing) zeugen von der bajuwarischen Kolonisation.

15. Jahrhundert

Erstmals um 1478 wurde das Land ob der Enns in vier „Viertel“ eingeteilt. Das heutige Mühlviertel umfasst dabei zwei der damaligen Viertel, das westliche Mühlviertel und das östliche Machlandviertel. Andere Quellen nennen den östlichen Teil auch Schwarzviertel[2]. Die Grenze zwischen beiden Vierteln war, je nach Quelle, die Große Rodl, der Haselgraben oder die Große Gusen. Im Laufe der Zeit dürfte sich die Grenze dabei mehrfach verschoben haben, was zu diesen ungenauen Angaben führt[3]. 1491 wurde Grein zur Stadt erhoben und war damit die zweite Stadt im gesamten Mühlviertel.

17. und 18. Jahrhundert

Um 1600 entstand der gute Ruf des Mühlviertler Webegewerbes. In zahlreichen Gemeinden mit Marktrecht entstanden eigene Webermärkte. In solchen Gemeinden verdiente vielfach die Hälfte der Einwohner mit Weben oder dessen Nebenberufen ihr Einkommen. Als Rohmaterial diente den Webern Flachs, welches damals im Mühlviertel vielfach angebaut wurde. Neben Holz, Salz und Eisenwaren (Sensen) waren Weberzeugnisse dereinst eines der wichtigsten Exportartikel Oberösterreichs. Die Marktzünfte der Weber schlossen sich wie die Zünfte der anderen Handwerker zu einer Landesorganisation zusammen, deren Privileg, wie auch das Marktrecht, beim Antritt eines neuen Landesfürsten erneut bestätigt bzw. erteilt werden musste.

Die Tätigkeit der Landesweberzunft erschwerten zum einen „Gäuweber“, die aufgrund eigenen Grundbesitzes keine Notwendigkeit in einem Beitritt zur Landeszunft sahen, und zweitens die zahlreichen kleineren Aufkäufer von Garn, die diesen zu damals stark nachgefragtem Zwirn verarbeiteten, und mit viel Gewinn exportieren konnten. So wurde den Webern einerseits Rohmaterial entzogen, andererseits wurde es durch die höhere Nachfrage verteuert. Um 1700 nahm auch die ausländische Konkurrenz stärker zu, was einige unter Druck gekommene Weber zu schnellerer, ungenauerer Arbeit, oder zu anderen Betrugsversuchen verleitete. Dies bezeugen schärfere Qualitäts- und Kontrollbestimmungen, die damals erlassen wurden.

Als 1779 das Innviertel mit dem Frieden von Teschen an Oberösterreich fiel, wurden die beiden Viertel nördlich der Donau zusammengefasst, um weiterhin vier Viertel zu haben. Mit der Verfassungsreform unter Josef II. wurde 1783 der Mühlkreis als Verwaltungseinheit geschaffen. Der Mühlkreis wurde zuerst von Freistadt verwaltet, bevor 1894 die Kreisverwaltung nach Linz verlegt wurden.

19. Jahrhundert

Die große Bedeutung der Weberei hielt bis Ende des 19. Jahrhunderts an, als mechanische Webstühle und die Industrialisierung den Webern ihre Arbeit entzog.

Der technische Fortschritt im Verkehrswesen auf dem europäischen Festland begann im frühen 19. Jahrhundert im Mühlviertel mit der Errichtung der Pferdeeisenbahn von Linz nach Budweis. Sie war die erste Schienenbahn Kontinentaleuropas. Zwischen 1871 und 1872 wurde die Summerauer Bahn, 1885 die Mühlkreisbahn und 1888 die Donauuferbahn errichtet. Seither verfügt das Mühlviertel über drei Bahnstrecken.

20. Jahrhundert

Im Frühjahr 1945 beteiligten sich Teile der Bevölkerung des Mühlviertels drei Wochen lang an der so genannten Mühlviertler Hasenjagd. 150 aus dem KZ Mauthausen ausgebrochene Häftlinge wurden, getreu dem Motto „niemanden lebend ins Lager zurückzubringen“ gejagt. Nur 11 Menschen überlebten die Jagd durch SS, SA, Gendarmerie, Wehrmacht, Volkssturm, Hitler-Jugend und Zivilbevölkerung.

In der Besatzungszeit wurde das Mühlviertel von sowjetischen Truppen besetzt. Die Zivilverwaltung Mühlviertel hielt die Verbindung zum restlichen Oberösterreich aufrecht.

Mit der Gründung der heutigen Johannes Kepler Universität Linz im Jahr 1966 auf dem Areal des Schlosses Auhof zog die Wissenschaft im Mühlviertel ein. Eine Außenstelle dieser Universität besteht in der kleinen Mühlviertler Gemeinde Hagenberg. Dieser Ort wurde mit der ebenfalls dort vorhandenen Fachhochschule zu einem hochkarätigen Ausbildungsstandort für Informatik. Die Anton-Bruckner-Universität für Musik des Landes Oberösterreich hat ihren Sitz in Urfahr, ist also ebenfalls im Mühlviertel angesiedelt.

In den 1970er Jahren wurde die Mühlkreis Autobahn (A 7) errichtet, die heute in Unterweitersdorf endet. Der Weiterbau bis zur tschechischen Grenze wurde nie verwirklicht. Derzeit wird die Mühlviertler Schnellstraße (S 10) geplant, die ab 2020 eine autobahnähnliche Verbindungbis zur tschechischen Grenze bieten soll. Bis 2015 erfolgt die Errichtung bis nördlich von Freistadt.

Wirtschaft

Mühlviertler Bauernhof in Hamberg, Ottensheim

Die Menschen leben im Mühlviertel auf kargem Boden. Viele Familien der zahlreichen Nebenerwerbsbauern beziehen ihr Zusatzeinkommen aus der Arbeit in Linzer Betrieben oder aus dem Fremdenverkehr, der hier den „sanften“ Tourismus vermittelt. Haupterwerb in früheren Jahrhunderten war neben der Landwirtschaft der Anbau von Flachs und Hopfen. Die Leinenweberei brachte Wohlstand in die Orte, heute ist sie nur mehr mit wenigen Betrieben vertreten. Die Tradition des Bierbrauens ist nach wie vor lebendig: 7 Brauereien kann man auf der „Mühlviertler Bierreise“ kennenlernen. Seit einigen Jahrzehnten wird im Mühlviertel auch wieder Hopfen angebaut.

Kunst und Kultur

Das Mühlviertel war Heimat für manche Künstler: Stellvertretend für diese sei auf Karl Kronberger hingewiesen. Er wurde in Freistadt geboren und wirkte später auch in München. Das Mühlviertel zog auch von auswärts zahlreiche Künstler an wie Franz von Zülow, der in Hirschbach im Mühlkreis seinen Sommersitz hatte. Er ist Namensgeber für eine der renommiertesten Künstlervereinigungen Oberösterreichs, der „Zülow-Gruppe“ - es ist dies die ehemalige „Mühlviertler Künstlergilde“, welche vorwiegend aus Vertretern der modernen Avantgarde besteht und ihren Sitz in Linz hat.

Alte Tradition besitzt die Hinterglasmalerei in Sandl. Sie wird nach wie vor in der traditionellen Form ausgeübt und ist im Mühlviertler Schlossmuseum (Freistadt) mit Europas umfangreichster Sammlung vertreten. Als Gegengewicht zum großteils eher traditionell geprägten Umfeld entstand mancherorts eine durchaus „zeitgeistige“ Kulturszene, wie die in ganz Österreich beachteten Jazztage in Ulrichsberg.

Adalbert Stifter

Der Namenspatron 2005 Adalbert Stifter war zwar kein gebürtiger Mühlviertler - wenn auch sein Vaterhaus im südböhmischen Oberplan nicht weit weg von hier steht. Die kulturelle Verankerung dieses großen deutschen Dichters, der zuletzt Landesschulinspektor in Linz war, mit dem Mühlviertel ist jedoch mit der Restaurierung des weltberühmten Kefermarkter Flügelaltares stark gegeben. Außer diesem Hauptwerk gotischer Schnitzkunst finden wir im Mühlviertel noch 5 weitere große Flügelaltäre aus dieser Kunstepoche.

Edward Samhaber, aus Freistadt gebürtig, war ein Dichter des 19. Jahrhunderts. Der in Putzleinsdorf als Pfarrer wirkende Norbert Hanrieder zählte zu den bedeutendsten Mundartdichtern Oberösterreichs. Anton Bruckner, einer der ganz großen europäischen Komponisten der Romantik, fand in Windhaag bei Freistadt seine erste berufliche Anstellung als Hilfslehrer. In diesem kleinen Ort an der Grenze entstanden auch die ersten kompositorischen Werke wie die „Windhaager Messe“. Grein an der Donau wiederum ging mit seinem kleinen Stadttheater, welches zugleich Österreichs ältestes ist, in die Theatergeschichte unseres Landes ein. Es wurde 1791 errichtet.

Mythologisches

Das Mühlviertel birgt mit seinen Granitfindlingen und Pechsteinen, einer Mumie, dem so genannten Luftg'selchten Pfarrer von St. Thomas am Blasenstein, sowie dem sagenumwobenen Heidenstein bei Eibenstein viele Kultplätze.

Fotogalerie

Siehe auch

Literatur

  • Benno Ulm: Das Untere Mühlviertel bis 1500. In: Mühlviertler Heimatblätter. Bd 7/8. 1964. (PDF)
  • Sotriffer, Kristian (Hrsg.): Das Mühlviertel. Traum einer Landschaft. OLV-Buchverlag, Linz 1981, ISBN 3-85214-307-1.
  • Hermann Kohl: Die leblose Natur. Beitrag zur Landesausstellung 1988 im Schloss Weinberg (Kefermarkt) (PDF)
  • Karina Grömer: Nord-Südwege durch das oberösterreichische Mühlviertel in der Urzeit (PDF)

Einzelnachweise

  1. PERTLWIESER M., Frühhallstattzeitliche Herrschaftsgräber bei Mitterkirchen (Oberösterreich). Antike Welt 18/1, 1987, S. 48-56: Pertlwieser, Manfred: Das hallstattzeitliche Hügelgräberfeld von Mitterkirchen. Grabungsergebnisse 1981-1990. Veröffentlichungen des Verbandes Österreichischer Geschichtsvereine. 1991
  2. Landkarte aus dem 17. Jahrhundert in Oberösterreich - Porträt und Identität eines Landes, Rudolf-Trauner-Verlag, Linz, 2000, S. 11
  3. Rudolf Lehr (Hrsg.) Landeschronik Oberösterreich. 3000 Jahre in Daten, Dokumenten und Bildern, Wien, München, 1987, S. 8

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Mühlkreis — may refer to: See Mühlviertel Aigen im Mühlkreis, a municipality in the district of Rohrbach in Upper Austria Allerheiligen im Mühlkreis, a municipality in the district Perg in Upper Austria Hagenberg im Mühlkreis, a town in the district of… …   Wikipedia

  • Mühlkreis — Mühlkreis, ehemals Kreis in Österreich ob der Enns, an Böhmen u. Baiern grenzend; hatte 571/2 QM. u. 214,400 Ew., mit der Hauptstadt Linz; Flüsse: Donau mit der Mühl, Rödel, Gusen, Wald u. Feldaist; Getreide, viel Flachs, Fische, Waldung,… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Mühlkreis — (Mühlviertel), s. Mühl …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Mühlkreis Autobahn — Vorlage:Infobox hochrangige Straße/Wartung/AT A Autobahn A7 in Österreich …   Deutsch Wikipedia

  • Mühlkreis Autobahn — Motorway A7 Autobahn A7 Mühlkreis Autobahn …   Wikipedia

  • St. Martin im Mühlkreis — Wappen Karte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der denkmalgeschützten Objekte in Pfarrkirchen im Mühlkreis — Die Liste der denkmalgeschützten Objekte in Pfarrkirchen im Mühlkreis enthält die acht denkmalgeschützten, unbeweglichen Objekte der Gemeinde Pfarrkirchen im Mühlkreis in Oberösterreich (Bezirk Rohrbach), wobei das Gasthaus per Beschied und alle… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der denkmalgeschützten Objekte in Hofkirchen im Mühlkreis — Die Liste der denkmalgeschützten Objekte in Hofkirchen im Mühlkreis enthält die 14 denkmalgeschützten, unbewegliche Objekte der Gemeinde Hofkirchen im Mühlkreis in Oberösterreich (Bezirk Rohrbach). Inhaltsverzeichnis 1 Denkmäler 2 Legende 3… …   Deutsch Wikipedia

  • Neustift im Mühlkreis — Neustift im Mühlkreis …   Deutsch Wikipedia

  • Sankt Martin im Mühlkreis — Sankt Martin im Mühlkreis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”