Amtssprache (Europäische Union)

Amtssprache (Europäische Union)

In der Europäischen Union werden aktuell 23 Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen anerkannt. Die Sprachenfrage wurde durch die erste Verordnung festgelegt, die überhaupt von der EWG erlassen wurde (Text der VO 1/1958 siehe unten). Rechtsgrundlage für die Verordnung ist aktuell Art. 342 AEUV: „Die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Union wird unbeschadet der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Rat einstimmig durch Verordnungen getroffen.“

Nach Art. 24 AEUV haben alle Unionsbürger das Recht, sich in einer der 23 in Art. 55 EU-Vertrag genannten Sprachen an die Organe der EU zu wenden und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten. Neben diesen Amtssprachen existieren zahlreiche Minderheitensprachen, wie z. B. Katalanisch oder Baskisch in Spanien oder Russisch in den baltischen Ländern. Die EU erklärt, die Sprachen und Sprachenvielfalt zu achten und zu respektieren. Mit dem voraussichtlichen Beitritt Kroatiens Mitte 2013 wird die kroatische Sprache zur 24. Amtssprache der EU.

Inhaltsverzeichnis

Liste der Amtssprachen

Liste der 23 Amtssprachen und ihrer Kürzel in der IATE-Datenbank:
Sprache Amtssprache der EU
und in EU-Mitgliedstaat
Minderheitensprache
in EU-Mitgliedstaat
IATE-Kürzel Amtssprache seit
Bulgarisch BulgarienBulgarien Bulgarien GriechenlandGriechenland Griechenland
RumänienRumänien Rumänien
UngarnUngarn Ungarn
BG 2007
Dänisch DanemarkDänemark Dänemark DeutschlandDeutschland Deutschland
SchwedenSchweden Schweden
DA 1973
Deutsch DeutschlandDeutschland Deutschland
OsterreichÖsterreich Österreich
LuxemburgLuxemburg Luxemburg
BelgienBelgien Belgien
ItalienItalien Italien
BelgienBelgien Belgien
DanemarkDänemark Dänemark
FrankreichFrankreich Frankreich
ItalienItalien Italien
PolenPolen Polen
RumänienRumänien Rumänien
SlowakeiSlowakei Slowakei
SlowenienSlowenien Slowenien
TschechienTschechien Tschechien
UngarnUngarn Ungarn
DE 1957
Englisch Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
IrlandIrland Irland
MaltaMalta Malta
EN 1973
Estnisch EstlandEstland Estland ET 2004
Finnisch FinnlandFinnland Finnland SchwedenSchweden Schweden FI 1995
Französisch FrankreichFrankreich Frankreich
BelgienBelgien Belgien
LuxemburgLuxemburg Luxemburg
ItalienItalien Italien
ItalienItalien Italien FR 1957
Griechisch GriechenlandGriechenland Griechenland
Zypern RepublikRepublik Zypern Zypern
UngarnUngarn Ungarn EL 1981
Irisch IrlandIrland Irland Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich (Nordirland) GA 2007 (*)
Italienisch ItalienItalien Italien FrankreichFrankreich Frankreich IT 1957
Lettisch LettlandLettland Lettland LV 2004
Litauisch LitauenLitauen Litauen LT 2004
Maltesisch MaltaMalta Malta MT 2004
Niederländisch NiederlandeNiederlande Niederlande
BelgienBelgien Belgien
FrankreichFrankreich Frankreich NL 1957
Polnisch PolenPolen Polen LettlandLettland Lettland
LitauenLitauen Litauen
RumänienRumänien Rumänien
TschechienTschechien Tschechien
UngarnUngarn Ungarn
PL 2004
Portugiesisch PortugalPortugal Portugal PT 1986
Rumänisch RumänienRumänien Rumänien BulgarienBulgarien Bulgarien
UngarnUngarn Ungarn
RO 2007
Schwedisch SchwedenSchweden Schweden
FinnlandFinnland Finnland
FinnlandFinnland Finnland SV 1995
Slowakisch SlowakeiSlowakei Slowakei OsterreichÖsterreich Österreich
PolenPolen Polen
RumänienRumänien Rumänien
TschechienTschechien Tschechien
UngarnUngarn Ungarn
SK 2004
Slowenisch SlowenienSlowenien Slowenien ItalienItalien Italien
OsterreichÖsterreich Österreich
UngarnUngarn Ungarn
SL 2004
Spanisch SpanienSpanien Spanien ES 1986
Tschechisch TschechienTschechien Tschechien OsterreichÖsterreich Österreich
RumänienRumänien Rumänien
CS 2004
Ungarisch UngarnUngarn Ungarn OsterreichÖsterreich Österreich
RumänienRumänien Rumänien
SlowakeiSlowakei Slowakei
SlowenienSlowenien Slowenien
HU 2004

(*) Vertragssprache seit 1973

Arbeits- und Vertragssprachen

Von den Amtssprachen werden im internen Verkehr der Organe vor allem Englisch, Französisch und Deutsch als Arbeitssprachen verwendet, um die Verständigung zwischen den Mitarbeitern der europäischen Institutionen zu erleichtern.

Auch die Verträge (EU-Vertrag, AEU-Vertrag und EURATOM-Vertrag) sind in allen in Art. 55 EU-Vertrag genannten Amtssprachen verfasst und verbindlich. Eine Besonderheit bildete bis 2007 die irische Sprache, die nur Vertragssprache war, nicht aber als Amtssprache verwendet wurde. Erst anlässlich des Beitritts von Bulgarien und Rumänien wurde neben den Sprachen dieser beiden Länder auch das Irische neu als Amtssprache aufgenommen.

Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage

Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft[1]

„Der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hat, gestützt auf Artikel 217 des Vertrages (Anmerkung: jetzt Art. 342 AEUV), nach dem die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen wird, in der Erwägung, dass jede der vier Sprachen, in denen der Vertrag abgefasst ist, in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Amtssprache ist, folgende Verordnungen erlassen:

Artikel 1
Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Gemeinschaft sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch. (Anmerkung: Im Rahmen der Beitrittsverträge wurden hier weitere Amtssprachen eingefügt. 2005 wurde durch eine Verordnung "Irisch" in die Liste aufgenommen.)
Artikel 2
Schriftstücke, die ein Mitgliedstaat oder eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person an Organe der Gemeinschaft richtet, können nach Wahl des Absenders in einer der Amtssprachen abgefasst werden. Die Antwort ist in derselben Sprache zu erteilen.
Artikel 3
Schriftstücke, die ein Organ der Gemeinschaft an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person richtet, sind in der Sprache dieses Staates abzufassen.
Artikel 4
Verordnungen und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung werden in den vier Amtssprachen abgefasst.
Artikel 5
Das Amtsblatt der Gemeinschaft erscheint in den vier Amtssprachen.
Artikel 6
Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie diese Regelung der Sprachenfrage im Einzelnen anzuwenden ist.
Artikel 7
Die Sprachenfrage für das Verfahren des Gerichtshofes wird in dessen Verfahrensordnung geregelt.
Artikel 8
Hat ein Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen, so bestimmt sich der Gebrauch der Sprache auf Antrag dieses Staates nach den auf seinem Recht beruhenden allgemeinen Regeln.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.“

Die Sprachen wurden jeweils mit dem Beitritt des jeweiligen Staates zur Amtssprache. Das Irische ist jedoch erst durch Verordnung des Rates vom 13. Juni 2005[2] als Amtssprache der EU anerkannt worden. Die Regelung trat aber erst am 1. Januar 2007 in Kraft. Fassungen der Verträge auf Luxemburgisch gibt es hingegen nicht, da das Luxemburgische erst 1984 zur National- und Verwaltungssprache Luxemburgs erklärt wurde und Gesetze dort bis heute ausschließlich auf Französisch geschrieben werden.

Demografie

Nach der Eurostat-Studie „Die Europäer und ihre Sprachen“[3], die von November bis Dezember 2005 in den damaligen 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt und im Februar 2006 veröffentlicht wurde, ergibt sich folgendes Bild der laut Selbsteinschätzung der Befragten am meisten gesprochenen Sprachen in der Union (EU 25):

Sprachen in der Europäischen Union
Sprache Amtssprache in Mitgliedstaat als Muttersprache gesprochen (Anteil an der Bevölkerung) als Fremdsprache gesprochen (Anteil an der Bevölkerung) Sprecher insgesamt in der EU (Anteil an der Bevölkerung)
Deutsch

DeutschlandDeutschland Deutschland
OsterreichÖsterreich Österreich
LuxemburgLuxemburg Luxemburg
BelgienBelgien Belgien
ItalienItalien Italien

18 % 14 % 32 %
Englisch

Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
IrlandIrland Irland
MaltaMalta Malta

13 % 38 % 51 %
Französisch

FrankreichFrankreich Frankreich
BelgienBelgien Belgien
LuxemburgLuxemburg Luxemburg
ItalienItalien Italien

14 % 14 % 28 %
Italienisch

ItalienItalien Italien
MaltaMalta Malta[4]

13 % 03 % 16 %
Spanisch

SpanienSpanien Spanien

09 % 06 % 15 %
Polnisch

PolenPolen Polen

09 % 01 % 10 %
Niederländisch

NiederlandeNiederlande Niederlande
BelgienBelgien Belgien

05 % 01 % 06 %
Griechisch

GriechenlandGriechenland Griechenland
Zypern RepublikRepublik Zypern Zypern

03 % 00 % 03 %
Schwedisch

SchwedenSchweden Schweden
FinnlandFinnland Finnland

02 % 01 % 03 %
Tschechisch

TschechienTschechien Tschechien

02 % 01 % 03 %
Portugiesisch

PortugalPortugal Portugal

02 % 00 % 02 %
Ungarisch

UngarnUngarn Ungarn

02 % 00 % 02 %
Slowakisch

SlowakeiSlowakei Slowakei

01 % 01 % 02 %
Katalanisch

SpanienSpanien Spanien

01 % 01 % 02 %
Irisch

IrlandIrland Irland

<1 % 03 % 03 %
Russisch 01 % 06 % 07 %

Nach der von Mai bis Juni 2005 durchgeführten Erhebung des Eurobarometers[5] wichen die Zahlen teilweise ab.

Literatur

  • Markus A. Kürten: Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union. Duncker & Humblot, Berlin 2004, ISBN 3-428-11395-0.
  • Gerald G. Sander: Die Zukunft des Sprachenregimes in einer erweiterten Europäischen Union. In: Gerald G. Sander, Ivo Maryška (Hrsg.): Die Europäische Union vor neuen Herausforderungen. Verfassung – Osterweiterung – Welthandel. Peter Lang, Frankfurt am Main u.a. 2005, ISBN 3-631-52596-6, S. 59–71.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Amtsblatt Nr. 017 vom 6. Oktober 1958 S. 0385–0386
  2. Amtsblatt L156 vom 18. Juni 2005
  3. Europäische Union: Eurobarometer Spezial - Die Europäer und ihre Sprachen, (pdf-Datei, 6,77 MByte, Zugriff am 25. November 2010)
  4. Ignasi Badia i Capdevila; A view of the linguistic situation in Malta; NovesSl; [2004]; retrieved on [24. Februar 2008]
  5. http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_237.en.pdf (abgerufen zuletzt am 26. Januar 2010):

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