- Nettoäquivalenzeinkommen
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Das Äquivalenzeinkommen ist ein Wert, der sich aus dem Gesamteinkommen eines Haushalts und der Anzahl und dem Alter der von diesem Einkommen lebenden Personen ergibt. Das Äquivalenzeinkommen wird vor allem für die Berechnung von Einkommensverteilung, Einkommensungleichheit und Armut verwendet. Mit Hilfe einer Äquivalenzskala werden die Einkommen nach Haushaltsgröße und Zusammensetzung gewichtet. Grund dafür ist, dass die Einkommen von Personen, die in unterschiedlich großen Haushalten leben, nicht miteinander vergleichbar sind, da in größeren Haushalten Einspareffekte (Economies of Scale) auftreten (z.B. durch gemeinsame Nutzung von Wohnraum oder Haushaltsgeräten).
Unter der Annahme, dass sämtliche Einkommen unter allen Haushaltsmitgliedern gleichmäßig geteilt werden, werden die Einkommen des gesamten Haushalts addiert und anschließend nach Haushaltsgröße gewichtet den einzelnen Haushaltsmitgliedern zugerechnet.
Inhaltsverzeichnis
Gewichtungsfaktoren
Die zu dieser Berechnung verwendeten Äquivalenzskalen werden teilweise unterschiedliche Gewichtungsfaktoren für Erwachsene und Kinder an. In Deutschland erhält laut Statistischem Bundesamt der Haupteinkommensbezieher des Haushalts das Gewicht 1,0, weitere Personen des Haushalts, die älter als 14 Jahre sind, den Gewichtungsfaktor 0,5 und Kinder bis zu 14 Jahren den Faktor 0,3.
Beispiel: In einer fünfköpfigen Familie erzielt die Ehefrau 5000 Euro Einkommen, der Ehemann arbeitet nicht, zwei Kinder sind 6 bzw. 8 Jahre alt, ein weiteres 15. Das Nettoäquivalenzeinkommen beträgt 5000/(1 + 0,5 + 0,5 + 0,3 + 0,3) = 1923 EUR.
Diese Berechnung entspricht der neuen OECD-Skala. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung von 2001 nennt zwei bisher verwendete Äquivalenzskalen der OECD: “Herangezogen werden die „Alte OECD-Skala“ (1.Person im Haushalt: Gewicht 1, weitere Haushaltsmitglieder ab 15 Jahren: Gewicht 0,7 und Jugendliche unter 15 Jahre: Gewicht 0,5) und die „Neue OECD-Skala“ (1. Person im Haushalt: Gewicht 1, weitere Haushaltsmitglieder ab 15 Jahren: Gewicht 0,5 und Jugendliche unter 15 Jahren: Gewicht 0,3).”[1]
Nettoäquivalenzeinkommen
Nettoäquivalenzeinkommen 2004[2] Anteil am Median desselben pro Jahr pro Monat betroffene Bevölkerung Median 100% 17124€ 1427€ 50% 70% 11986€ 999€ 20,5% armutsgefährdet 60% 10274€ 856€ 13% 50% 8561€ 713€ 7,7% Existenzminimum -- 7365€ 614€ -- relativ arm 40% 6894€ 571€ 3,5% Als Nettoeinkommen gelten hier alle Einkünfte aus selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit sowie aus Vermögen zuzüglich Mietwert selbstgenutzten Wohneigentums abzüglich Steuern und Pflichtbeiträgen zu Sozialversicherungen. Das monatliche Nettoäquivalenzeinkommen bezeichnet den nach obiger Gewichtung pro Kopf in einem Monat verfügbaren Geldbetrag.
Das durchschnittliche monatliche Nettoäquivalenzeinkommen ist der arithmetische Mittelwert der Nettoeinkommen aller Einkommensteuerpflichtigen und beträgt[3]:
- in Deutschland 2003: 1.564 € (1998: 1.375 €),
- in den alten Bundesländern 2003: 1.624 € (1998: 1.445 €),
- in den neuen Bundesländern 2003: 1.335 € (1998: 1.182 €).
Der Median des monatlichen Nettoäquivalenzeinkommen beträgt[4]:
- in den alten Bundesländer 2004: 1.470€,
- in den neuen Bundesländern 2004: 1.295€.
Alternativ zum Median kann eine von Amartya Sen und James Foster vorgeschlagene „Wohlfahrtsfunktion“ verwendet werden, die eine Verknüpfung des arithmetischen Mittelwertes mit Ungleichverteilungsmaßen ist.[5] Im Gegensatz zum arithmetischen Mittelwert sind der Median und die Wohlfahrtsfunkion die geeigneteren Indikatoren zur Darstellung des vom Großteil der Bevölkerung erzielten Nettoinkommens, denn die von nur wenigen Einkommensbeziehern erzielten Spitzeneinkommen wirken sich sowohl auf den Median wie auch auf die Wohlfahrtsfunktion nicht so stark aus, wie das bei einer Angabe alleine des arithmetischen Mittelwerts der Fall ist.
Definition der relativen Armutsgrenze
In der EU wird seit 2001 der Median des Nettoäquivalenzeinkommens (NÄE) zur Definition der relativen Armutsgrenze verwendet[6].
Personen mit einem verfügbaren Einkommen von 60 % oder weniger dieses Betrages gelten als in Relation zur Bevölkerung armutsgefährdet, im Jahr 2004 betraf dies in Deutschland 13% der Bevölkerung, die mit einem NÄE von weniger als 856 € monatlich bzw. 10.274 € jährlich.[7] Als relativ arm werden Menschen mit ein NÄE von 40%, also 6849€ jährlich bzw. 571€ monatlich, bezeichnet, dies betrifft in Deutschland 3,5% der Bevölkerung.[8] „Eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren gilt ab einem Netto-Jahreseinkommen von 21 575 Euro als von Armut bedroht, ein Alleinerziehender mit zwei Kindern ab einem Netto-Jahreseinkommen von 16 438 Euro.“[9]
Der Bericht von 2005 weist auf große Unterschiede hin, einerseits seien bei den über 65-jährigen Männern im Westen 14%, im Osten aber nur 6% armutsgefährdet, aber „im Vergleich zum Westen sind in den neuen Bundesländern alle Altersgruppen unter 65 Jahren weitaus stärker armutsgefährdet. Bei den 16- bis 24-Jährigen sowie bei den 50- bis 64-Jährigen ist hier rund ein Fünftel der Bevölkerung armutsgefährdet. Die Quote liegt jeweils fast zehn Prozentpunkte über der der alten Länder. Bei den 25- bis 49-Jährigen ist die Armutsgefährdung im Osten etwas geringer, der Abstand zum Westen bleibt aber auch hier weitgehend unverändert.“[10]
Die Verwendung einer relativen Armutsgrenze wird zum Teil kritisiert, weil sie sich durch eine gleichmäßige Verbesserung oder Verschlechterung des Einkommens aller Bevölkerungsschichten dann nicht ändern würde, wenn die Preise unverändert blieben.
Einzelnachweise
- ↑ Lebenslagen in Deutschland – Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, 2001, S. 9 (abgerufen am 21. Januar 2008)
- ↑ Armut und Lebensbedingungen Ergebnisse aus LEBEN IN EUROPA für Deutschland 2005
- ↑ Lebenslagen in Deutschland, Der zweite Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, Februar 2005, S.70
- ↑ Lenuweit, Birgit: Leben in Europa auf destatis.de, S.32
- ↑ James E. Foster & Amartya Sen, 1997, On Economic Inequality, expanded edition with a substantial annexe, ISBN 0-19-828193-5
- ↑ Armut und Lebensbedingungen, Ergebnisse aus Leben in Europa für Deutschland 2005, Statistisches Bundesamt, [1]
- ↑ ibid., S. 17
- ↑ ibid., S. 18
- ↑ ibid., S. 19
- ↑ ibid., S. 20
Siehe auch
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