Neumarkt an der Raab

Neumarkt an der Raab

Neumarkt an der Raab (ungarisch Farkasdifalva, slowenisch Stankovci) ist ein Ortsteil der Marktgemeinde Sankt Martin an der Raab im Bezirk Jennersdorf im Südburgenland (Österreich).

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Der Ort liegt im Naturpark Raab-Örseg-Goricko in einer Höhe von 245 Metern über der Adria.

Fläche

Die Gesamtfläche umfasst 1.547 ha. Davon sind: 850 ha Wald, 584 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche, 43 ha Straßenanlagen, 42 ha Fließende Gewässer, 21 ha Bauflächen, 4 ha Stehende Gewässer (Stand: 1998)

Einwohner

Laut Volkszählung vom 15. Mai 2001 hat Neumarkt an der Raab 576 Einwohner.

Geschichte

Die Entstehung des Namens

1387 wurde Neumarkt a. d. Raab erstmalig urkundlich erwähnt. Der (ungarische) Ortsname tauchte in weiterer Folge in mehreren Varianten auf: "Farkasfalua", "Farkafalwa", "Farkasfalva" und "Farkasffalwa". Farkasfalva heißt auf deutsch Wolfsdorf. Der Name dürfte auf den Namen eines Besitzers ("Farkas") zurückzuführen sein. 1698 wurde der Ort als "Naimork seu Farkafalva" bezeichnet. 1770 und 1773 tauchten die Namen "Farkasdifalva, Neii Markt" und "Neumarckt" auf. Der Name Neumarkt kommt vermutlich daher, dass in dem Ort nach seiner Zerstörung, wieder Märkte abgehalten wurden (siehe Türkenfeldzüge).

Marktrechtverleihung

Am 9. März 1569 wurde Neumarkt a. d. Raab durch Kaiser Maximilian II. das Marktrecht verliehen (erwirkt durch die damaligen Besitzer der Herrschaft Dobra/Neuhaus, Ladislaus Poppel-Lobkowitz und seiner Gattin Magdalena). Die Originalurkunde darüber ist nicht mehr auffindbar, aber der Inhalt des Dekretes ist im Kaiserlich-königlichen Privilegienbuch ("Liber Regius", III. Band, Fol. 932) verzeichnet. Darin sind drei Jahrmärkte vermerkt: 12. März, 25. Mai und 1. September. Jeden Dienstag durfte ein Wochenmarkt abgehalten werden.

Türkische Überfalle

Bei den großen Feldzügen der Türken gegen Wien (1529 und 1683) und gegen Güns kam es zu keinen direkten Kampfhandlungen in Neumarkt a. d. Raab. Kleinere türkische Machthaber stellten aber immer wieder "Huldigungsaufforderungen". So erhielten die Neumarkter 1644 ein türkisches Schreiben, dass sie aufforderte in die Festung Kanizsa zu kommen. Kanizsa (Nagykanizsa, Ungarn) war 1600 von den Türken erobert worden. Von hier aus erpressten sie immer wieder Abgaben und Dienstleistungen. Sie drohten mit Plünderung und Zerstörung, sollte nicht bezahlt werden. Die Neumarkter wurden von ihrem Herrscher Ádám Batthyány aufgefordert, diese Huldigungsaufforderung zu ignorieren - er schickte Soldaten. Am 7. März 1646 kam es trotzdem zu einem türkischen Überfall auf Neumarkt a. d. Raab. Dabei töteten die Angreifer 21 Bewohner, zündeten 25 Häuser an und verschleppten 199 Menschen (zum größten Teil Frauen und Kinder). Zwar nahmen Soldaten die Verfolgung der Türken auf, doch dabei wurden sie in der Nähe des Dorfes Németfalu in einen Hinterhalt gelockt und niedergemetzelt (63 Tote). Nach dem türkischen Überfall kam es auch noch zu Übergriffen unterbezahlter kaiserlicher Söldner gegen die verbliebene Neumarkter Bevölkerung. Die Wut der verbliebenen Neumarkter entlud sich im April 1646 bei einem Pferdemarkt in St. Martin: Als der Diener des Neuhauser Kastellans vorbei kam, wurde er von der Menge erschlagen. Der Kastellan beklagte sich in einem Schreiben außerdem, dass er sich unter den Neumarktern nicht mehr blicken lassen durfte.

Die Neumarkter begannen auch den Türken Steuern zu bezahlen.

Etwa zwei Monate nach der Plünderung wurde ein Schutzgraben in Neumarkt a. d. Raab ausgehoben, um türkische Reiter abzuhalten. Er lag zwischen der Raab und den südlich hinziehenden Hügeln. Er wurde allerdings zu nahe am Mühldamm errichtet. Im Oktober 1650 wurde der Mühldamm von Überschwemmungen zur Hälfte weggerissen.

In der Schlacht bei Mogersdorf am 31. Juli und 1. August 1664 wurden die Türken verheerend geschlagen. Danach umherstreifende, zumeist tatarischen Hilfstruppen machten Raubzüge. Sie überfielen auch Neumarkt a. d. Raab.

Weitere Überfälle

Parallel zu den Türkenkriegen kam es in Westungarn immer wieder zu Aufständen gegen die Habsburger. Das bekam auch Neumarkt a. d. Raab zu spüren. Während des Bocskai-Aufstandes zogen Truppen im Kampf gegen Kaiser Rudolf II. auch durch das Raabtal. Sie richteten große Schäden an. Anlässlich des 2. Türkenzuges gegen Wien 1683 schloss sich Graf Christoph Batthyány den Türken und den Aufständischen Emmerich Thököly an. Daraufhin brandschatzten kaiserliche Truppen die Herrschaft Neuhaus.

Im Zuge von Kuruzenkämpfen wurde Neumarkt an der Rab am 3. Oktober 1704 von kaiserlichen Truppen überfallen (man machte damals wenig Unterschiede, ob ein Ort kaisertreu blieb, oder nicht). Bilanz: 28 Häuser brannten ab, mindestens zwei Menschen wurden getötet. Auch die Mühle wurde völlig zerstört.

Erst um das Jahr 1750 wurden in Neumarkt an der Raab wieder Jahrmärkte abgehalten. 1753 kam es allerdings in Folge von Streitereien in der Herrschaftsfamilie von Dobra/Neuhaus zu Auseinandersetzungen zwischen Neumarkt a. d. Raab und Unterdrosen.

Der erste Weltkrieg und die Zeit danach

Im 1. Weltkrieg starben 19 Bewohner von Neumarkt a. d. Raab. Bei den Friedensverhandlungen in St. Germain wurde 1919 "Deutsch-Westungarn" und damit auch Neumarkt a. d. Raab Österreich zugesprochen. Aber erst im November 1921 marschierte tatsächlich das österreichische Bundesheer und die Gendamerie ein. Bis dahin war es immer wieder zu Konflikten mit ungarischen Freischärlern gekommen.

Der Ortsteil Eisenberg stellte am 29. März 1925 einen Antrag bei der Landesregierung, um eigenständig zu werden. In einer Gemeinderatssitzung wurde diese Loslösung aber abgelehnt.

Laut Beschluss des Gemeinderates vom 15. September 1935 unter Bürgermeister Rudolf Ropposch wurden folgende Personen zu Ehrenbürgern der Gemeinde ernannt:

  • Otto von Österreich
  • Bundeskanzler Dr. Kurt von Schuschnigg
  • Vizekanzler Fürst Ernst Rüdiger von Starhemberg
  • Landeshauptmann Ing. Hans Sylvester
  • Landesrat Ing. Franz Strobl
  • Schuldirektor Alois Revesz

Der Zweite Weltkrieg

"Von 1944 bis 1945 müssen Juden, Volksdeutsche und die hiesige Bevölkerung im Postenbereiche, hauptsächlich im Gemeindegebiet von Neumarkt an der Raab, Panzergräben und Laufgräben errichten" (Zitat: Chronik der Marktgemeinde St. Martin an der Raab)

Einmarsch russischer Truppen am 31. März 1945. Es kam zu Kämpfen. Sechs Hilfs-Grenzangestellte (Higa) wurden für Offiziere gehalten und im Hof des Hauses Nr. 166 erschossen. Die Getöteten: Alois Potetz (* 1897), Alois Kirschner (* 1898), Karl Windt (* 1899), Johann Holzmann (* 1900) und Josef Pilz (* 1900). 28 Häuser, darunter der Gendarmerieposten mit sämtlichen Unterlagen, werden zerstört. Auch die Dorfglocke ging verloren (sie wurde mit Hilfe amerikanischer Spenden später neu angeschafft).

Insgesamt starben im 2. Weltkrieg 14 Neumarkter (11 Vermisste).

Das Leben an der Grenze

Mit dem Anschluss an Österreich wurden am 25. November 1921 ein Gendarmerie- und ein Zollposten eingerichtet.

Im Herbst 1949 errichteten ungarische Soldaten entlang der Staatsgrenze einen Drahtverhau und legten Minen. Der Grenzwald wurde geschlägert und Beobachtungstürme aufgestellt. Durch den ungarischen Volksaufstand 1956 verschwand diese Grenze für kurze Zeit. Am Sonntag den 4. November 1956 flüchteten mehr als 3.000 Ungarn über die Grenze von Neumarkt an der Raab in den Westen. In der Zeit von 2. Mai bis 19. Juli 1957 errichteten ungarische Soldaten an der Grenze erneut einen Stacheldrahtverhau und verminten den Grenzstreifen. Erst 1989/90 fiel dieser Eiserne Vorhang. Seit 21. Dezember 2007 ist die Grenze völlig offen und Neumark an der Raab hat wieder eine direkte Verbindung in den ungarischen Nachbarort Alsószölnök (3,5 km entfernt).

Verbrechen und Naturkatastrophen

  • Am 25. März 1878 kam es zu einem Großbrand in Neumarkt a. d. Raab. Neun Häuser werden dabei zerstört.
  • Ein ungarischer Staatsangehöriger erschlug am 28. September 1921 mit einer Hacke den Gastwirt Janos Borovnyak (im Auftrag dessen Frau). Der Täter wurde nach Ungarn ausgeliefert. Noch heute erinnert an dieses Verbrechen das steinerne "Borovnjak"-Kreuz. Inschrift: "Hier wurde ermordet auf Anstiftung seiner Frau am 28. September 1921 im 30. Lebensjahr Borovnjak Janos aus Oberzeming."
  • In der Zeit vom 14. März bis 15. März 1947 führte die Raab Hochwasser.
  • Das Sägewerk des Mühlenbesitzers Bela Reverencics brannte am 23. Oktober 1952 nieder.
  • Die Raab führte am 6. Mai, 21. September und 11. November 1954 erneut Hochwasser und richtete große Schäden an.

Das Künstlerdorf

1964 hatte Feri Zotter die Idee zum Kulturverein Neumarkt an der Raab. Hintergrund war der geplante Abriss eines alten Rauchküchenhauses. Zotter machte daraus das 1. Atelierhaus und legte damit den Grundstein zum "Künstlerdorf" Neumarkt a. d. Raab.

Der Verein besitzt heute folgende Häuser:

  • 1. Atelierhaus (Daxhaus)
  • Zweggerlhaus mit Rezeption
  • Ölmühle
  • Kreuzstadl
  • Paulihaus
  • Druckwerkstatt (Luis-Haus)
  • Dorfgalerie (ehem. Volksschule)
  • Pavillon (ältestes Kino Burgenlands)

Viele große Künstler und Schriftsteller kamen, um im Künstlerdorf zu arbeiten. So entstanden in Neumarkt a. d. Raab z. B. Peter Handkes „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ oder Peter Turrinis und Wilhelm Pevnys „Alpensaga“. Auch Gerhard Roth, Wolfgang Bauer, Werner Schwab, H.C. Artmann, Rosa Pock, Barbara Frischmuth, Gert Jonke, Alfred Kolleritsch, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und Gerhard Rühm ließen sich hier inspirieren. Ebenfalls auf der Gästeliste: Josef Hader und Andreas Vitasek.

Besonders verdienstvolle Mitarbeiter des Kulturvereins: Alfred Schmeller (Vereinsgründer, Landeskonservator), Eduard Sauerzopf (Vereinsgründer, Schriftführer, Chronist), Johann Jandrasits (Vertreter der Kulturabteilung der Bgld. Landesregierung), Alois Neubauer (Obmann), Johann Lamm (guter Geist), Franz Vass (künstlerischer Leiter), Gottfried Pröll (Öffentlichkeitsarbeit), Martha Jungwirth (Malerin), Walter Schmögner (Künstler), Prof. Johannes Wanke (Künstler), Hannelore Mohnke (Künstlerin), Peter Pilz (Bildhauer und Objektkünstler), Michael Dellamartina (Grafiker), Walter Pichler (Künstler) und Petra Schmögner (derzeitige Obfrau).

Vereine

Unter Obmann Rudolf Holzmann wurde am 19. Mai 1968 der Eisschützenverein gegründet, der im Laufe der Jahre zahlreiche Meistertitel erringen konnte. 1993 wurde der Verschönerungsverein unter Obmann Josef Dax gegründet. Auszeichnungen des Vereins: 1. Bezirkssieger, 4. Landessieger beim Blumenschmuckbewerb 1998, 1999 1. Landessieger, 2005 und 2008 "schönster Dorfplatz"

Berühmte Bewohner

Das Schloss Batthyány

Auf einer Anhöhe südlich von Neumarkt a. d. Raab liegt das Schloss Batthyány. Es wurde 1854 von Graf Franz Batthyány gebaut.

Die Bürgermeister (bis 1970)

  • Alois Pint (1922–1923)
  • Michael Perschy (1923–1926)
  • Alois Pint (1926–1927)
  • Franz Zotter (1927–1929)
  • Alois Fischer (1929–1931)
  • Alois Gmeindl (1931–1934)
  • Alois Poglitsch (1934–1935)
  • Rudolf Ropposch (1935–1938)
  • Konrad Frankl (1938–1939)
  • Alois Kern (1939-?)
  • Rudolf Ropposch (1945–1947)
  • Johann Mehlmauer (1947–1950)
  • Franz Jost (1950)
  • Franz Kern sen. (1950–1963)
  • Karl Kröpfl (1963–1967)
  • Eduard Holzmann (1967–1970)

Die Feuerwehr

Durch spielende Kinder kam es am 25. März 1878 zu einem Großbrand in Neumarkt an der Raab. Neun Häuser wurden dabei zerstört. Deshalb entschlossen sich Karl Graf Batthyany, Anton Lendl, Geza Reverencsics und Anton Gaspar den „Freiwilligen Feuerwehrverein Neumarkt an der Raab“ zu gründen. 1880 wurde der Dienst mit 50 Männern aus Neumarkt an der Raab, St. Martin an der Raab und Eisenberg aufgenommen.

Das Feuerwehrhaus wurde im Jahre 1901 erbaut und im Jahre 1961 um einen Schlauchturm erweitert.

Die Kommandanten:

  • Geza Reverencsics (1880)
  • Johann Zotter (bis 1934)
  • Rudolf Ropposch (1934–1938)
  • Friedrich Ehrlich (1938–1949)
  • Franz Kögl (1949–1972)
  • Johann Pilz (1972–1981)
  • Josef Dax (1981–1991)
  • Alois Fischer (1991–1999)
  • Andreas Szalay (1999 bis heute)

Festliche Anlässe:

  • Fahnenweihe (1937)
  • 1. Motorspritzenweihe (1950)
  • 1. Autoweihe (1970)
  • 2. Motorspritzenweihe (1977)
  • 3. Motorspritzenweihe (1994)
  • 2. Autoweihe (1994)

Siehe auch

Einzelnachweise

  • Burgenländisches Jahrbuch 1995, Diözese Eisenstadt
  • Chronik der Marktgemeinde St. Martin an der Raab, Juli 2000
  • Marktgemeinde St. Martin / Raab, 1980
  • Burgenländische Heimatblätter, 58. Jahrgang
  • Statistik Austria

Weblinks


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