Nevali Cori

Nevali Cori

Nevalı Çori ist eine frühneolithische (PPNB) Siedlung am mittleren Euphrat, in der Provinz Şanlıurfa in der Türkei gelegen. Die Siedlung liegt auf zu beiden Seiten des Kantara Baches, eines Zuflusses des Euphrat im hügeligen Taurusvorland.

Inhaltsverzeichnis

Grabung

Die Siedlung wurde im Zuge einer Rettungsgrabung wegen des Baues des Atatürk Staudammes (Atatürk Barajı) unterhalb von Samsat von einem Team der Universität Heidelberg unter der Leitung von Prof. Dr. Harald Hauptmann untersucht.

Datierung

Die relativchronologische Zeitstellung von Nevalı Çori ergibt sich aus dem Typenspektrum der Silexindustrie, das aufgrund der hier auftretenden Byblosspitzen von schmaler Gestalt und fehlender Flächenretusche einen Ansatz der Siedlung in die Phase 3 nach O. Aurenche rechtfertigt, was dem frühen bis mittleren PPNB entspricht. Verschiedene Geräteformen belegen jedoch eine Fortdauer der Besiedlung bis in Phase 4 , die mit dem späten PPNB gleichzusetzen wäre. Eine noch feinere chronologische Einteilung in der Phase 3 ergibt sich durch die Architektur der Siedlung, da der für die Schichten I-IV typische Haustyp mit Unterbodenkanälen auch für die "Zwischenschicht" in Çayönü charakteristisch ist , während der einzige Baubefund der Schicht V, Haus 1, mit seinem abweichenden Grundrißtyp schon stärker an den Gebäuden der Zellplanschicht in Çayönü orientiert ist.

Zur absoluten Zeitstellung der Siedlung von Nevalı Çori liegen vier 14C- Daten vor. Drei davon stammen aus der Schicht II und datieren diese mit einiger Sicherheit in die zweite Hälfte des 9. vorchristlichen Jahrtausends, was den frühen Daten aus Çayönü Mureybet IVA entspricht und die Einordnung in die Phase 3 nach Aurenche unterstützt. Das vierte dagegen datiert ins 10. Jahrtausend, womit in Nevalı Çori eine sehr frühe Phase des PPNB belegt wäre.

Häuser

Die Siedlung weist fünf Bauschichten auf. Langrechteckige Häuser mit 2 - 3 parallelen zellartigen Raumfluchten werden als Magazine gedeutet. Daran schließt sich ein ebenfalls rechteckiger, durch Mauervorsprünge gegliederter Vorbau an, der als Wohnraum zu interpretieren wäre. Charakteristisch für diese Hausform sind dicke, mehrlagige Fundamentpackungen aus großen Bruchsteinen mit kleineren Steinen in den Zwischenräumen als Auflage für das aufgehende Mauerwerk. Diese sind im Abstand von 1 - 1,5 m von quer zur Längsachse angeordneten, steingedeckten Unterbodenkanälen durchzogen, die nach außen hin einer Belüftung offenstanden und möglicherweise zur Entwässerung, Kühlung oder Belüftung dienten. Es wurden 23 dieser Gebäude ergraben, die große Ähnlichkeit mit den sog. Kanalbauten (channeled subphase) aus Çayönü aufweisen.

Im nordwestlichen Teil der Siedlung fand sich eine in den Hang eingetiefte Kultanlage, die aus drei übereinander liegenden Bauten besteht, von denen die jüngste zur Bauschicht III, die mittlere zu Schicht II und die älteste zu Schicht I gehören dürfte. In den beiden jüngeren Bauten wurde ein in Terrazzotechnik verlegter Zementfußboden freigelegt, der in der ältesten Bauphase nicht mehr nachzuweisen war. Parallelen finden sich in Çayönü und auf dem Göbekli Tepe. In dem Gebäude verbaut fanden sich monolithische Pfeiler, die denen auf dem Göbekli Tepe ähneln. Der Ausgräber nimmt leichte Flachdächer an.

Auch die Westseite des Tales wurde mit einigen Grabungsschnitten untersucht, wobei ebenfalls Architektur in Rechteckbauweise in 2-3 Bauschichten zutage kam.

Skulpturen

Aus dem örtlich anstehenden Kalkstein wurden zahlreiche Statuen und Kleinplastiken angefertigt, unter anderem ein überlebensgrosser Kopf mit Schlange. Auch einige der Pfeiler tragen Reliefs. Weiterhin wurden zahlreiche Tonfiguren gefunden, wobei Darstellungen von Menschen überwiegen.

Bestattungen

Einige der Häuser enthalten Schädeldeponierungen und unvollständige Skelette.

Literatur

  • Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien, Begleitbuch zur Ausstellung im Badischen Landesmuseum vom 20. Januar bis zum 17. Juni 2007. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2072-8.
  • MediaCultura (Hrsg.): Die ältesten Monumente der Menschheit. Vor 12.000 Jahren in Anatolien. DVD-ROM. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-2090-2.
  • Hauptmann, H. Nevalı Çori: Architektur. (1988) Anatolica 15, 99-110.
  • Hauptmann, H. Nevalı Çori: Eine Siedlung des akeramischen Neolithikums am mittleren Euphrat (1991/92) Nürnberger Blätter 8/9, 15-33.
  • Hauptmann, H., Ein Kultgebäude in Nevalı Çori, in: M. Frangipane u.a. (Hrsg.), Between the Rivers and over the Mountains, Archaeologica Anatolica et Mesopotamica Alba Palmieri dedicata (Rom 1993), 37-69.
  • H. Hauptmann, Frühneolithische Steingebäude in Südwestasien. In: Karl W. Beinhauer et al., Studien zur Megalithik : Forschungsstand und ethnoarchäologische Perspektiven / The megalithic phenomenon : recent research and ethnoarchaeological approaches (Mannheim : Beier & Beran, 1999). Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 21.
  • M. Morsch, Magic firgurines? A view from Nevalı Çori, in: H.G.K. Gebel, Bo Dahl Hermansen and Charlott Hoffmann Jensen. (Hrsg.) Magic Practices and Ritual in the Near Eastern Neolithic.(Berlin: ex oriente, 2002) SENEPSE 8.

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