Nimismus

Nimismus

Als Nimismus (von lateinisch nimis: „zu sehr“, nimietas: „Übermaß“) wird in der Ästhetik eine Trope oder ein Symbol mit negativer oder positiver Appellfunktion bezeichnet. Im Gegensatz zu der aus der Rhetorik bekannten Hyperbel beschränkt sich der Nimismus nicht auf sprachliche Erscheinungen, sondern meint (bes. in Bildhauerei, Malerei, Theater und Film) vorwiegend eine Unstimmigkeit oder Unverhältnismäßigkeit in Aussehen oder Verhalten. Während die Hyperbel Positives oder Negatives durch verbale Übertreibungen veranschaulichen und überdeutlich werden lässt, versucht der Nimismus positive oder negative Hintergründe mit Hilfe von symbolischen Parallelen oder Analogien für den aufmerksamen Leser überhaupt erst sichtbar, hörbar oder sonstwie wahrnehmbar zu machen.

Je nach Funktion unterscheidet man zwei Arten von Nimismus: Der negative Nimismus weist dort, wo die Wahrheit in meist heuchlerischer Absicht versteckt oder geleugnet wird, auf Laster, Charaktermängel, Verbrechen, Sünden etc. hin und dient so der insgeheimen Entlarvung des Bösen. Der seltener verwendete positive Nimismus deutet da, wo die Wahrheit, oft aus Bescheidenheit oder naiver Unwissenheit, verborgen bleibt, auf Tugenden, Heldentaten etc. hin und dient so der stillschweigenden Würdigung des Guten.

Beispiele

  • Der Mantel des ermordeten Königs Duncan, der dessen Mörder Macbeth sichtlich zu weit ist. (Drama, Shakespeare, Macbeth)
  • Die blutigen Füße der falschen Tänzerinnen, die für Aschenputtels zierlichen Schuh entschieden zu groß sind. (Märchen, Gebrüder Grimm)
  • Elisabeth Bennets versonnener Blick, der allzu lange auf den nackten Figuren in Darcys Skulpturensammlung ruht und so die von ihr bislang uneingestandene, da unbewusste starke körperliche Anziehung Darcys auf sie andeutet. (Film, Jane Austen, Stolz und Vorurteil)
  • Das redensartliche (zu) laute Pfeifen im dunklen Keller, mit dem man über seine Angst hinwegtäuschen will.
  • Der zu hektische Aktivismus des verliebten Mädchens in Gegenwart ihres Angebeteten, mit dem sie ihre Verlegenheit überspielen möchte.
  • Die sprichwörtliche Behauptung: Wer sich (zu schnell und unaufgefordert) entschuldigt, klagt sich an.
  • Ein zu lautes unmotiviertes Lachen, mit dem man von Nervosität, Verzweiflung, Wut usw. abzulenken versucht.

Siehe auch


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