Orientalische Christen

Orientalische Christen

Mit dem Ausdruck Orientchristen bzw. Orientalische Christen werden Angehörige vorreformatorischer Kirchen im Nahen Osten bezeichnet. Dazu zählen u. a. aramäische,assyrische, iranische, türkische, armenische, koptische sowie arabische Christen. Mindestens bis zum Jahr 1000 n. Chr. bildeten die Orientchristen noch die Mehrheit in den islamischen Reichen. Sie bilden heute etwa ein Drittel der Bevölkerung des Libanon. In Ägypten sind sie mit Bevölkerungsanteilen von etwa 10% vertreten. In Jordanien stellen sie etwa 5% der Bevölkerung, etwas mehr in Syrien und etwas weniger in Palästina und Irak. Die Nichtmuslime auf dem Gebiet der heutigen Türkei, die bis 1927 ca. 2,5% der Bevölkerung stellten sind z. B. durch den Pogrom von Istanbul in den 50er Jahren, durch Repressalien und Auswanderung auf maximal 0,3% der Bevölkerung dahin geschmolzen. Im Iran hat sich ihre Zahl seit der islamischen Revolution sehr vermindert. Heute stellen sie nur noch 0,5 % der Bevölkerung.

Schon in Byzantinischer Zeit gab es in den Gebieten, in denen heute Orientchristen leben, eine Mehrzahl christlicher Konfessionen. Später trat oft eine weitere Zersplitterung ein. Die römisch-katholische Kirche versuchte lange und durchaus mit Erfolg christliche Gruppen im Orient durch Kirchenunionen an sich zu binden. Bekanntestes Beispiel sind die Maroniten und die Chaldäer. Oftmals wurden jedoch auch Gemeinschaften gespalten, etwa die griechisch-orthodoxe Gemeinschaft, die heute auch einen griechisch-katholischen Zweig hat.

Seit dem 19. Jahrhundert wirkte vor allem US-amerikanische, protestantische Missionare unter den Orientchristen und gründeten viele kleine protestantische Gemeinschaften.

Inhaltsverzeichnis

Demographie in der Neuzeit

Durch die Konversion zum Islam, durch die Emigration von Christen, Kriege und Pogrome (z. B. Völkermord an den Aramäern und Armeniern) und den demographischen Wandel ging über die Geschichte der Anteil der Christen in der Region (Orientchristen) ständig zurück.

1900 betrug der Anteil der Christen noch über 20 % der Bevölkerung in Ägypten, 30% in Syrien und über 50 % im Libanon.

Für 1970 gibt die Statistik an: Ägypten 4,27 Mio. d.h. 13 % der Bevölkerung, Libanon 1,035 Mio 50 % der Bevölkerung, Syrien 0,591 Mio 10 % der Bevölkerung, Irak 0,295 Mio 4 % der Bevölkerung, Jordanien 0.195 Mio 10 % der Bevölkerung sowie in Israel und den palästinensischen Gebieten 0,15 Mio Christen was damals 10% der arabischen Bevölkerung ... [1]

Im Jahre 2006 beträgt der christliche Anteil im Nahen Osten: Syrien 10 %, Ägypten 7 %, Libanon fast 50%. Aufgrund des demographischen Wandels, neben anderen Gründen wie Islamisierung und Gewalt gegen Christen und Emigration, schwinden auch die Chancen, dass die Christen in den Staaten repräsentiert werden. Zusätzlich erschwert das Aufkommen der Islamisten das Leben religiöser Minderheiten im Orient.

Die Ursiedlungsgebiete der Urbevölkerung des syro-mesopotamischen Raumes, werden seit vielen Jahren von Orientchristen rigoros entleert. So haben die Massaker und Deportierungen in der Türkei am Anfang des letzten Jahrhunderts mehr als 500.000 Einheimischen das Leben gekostet. Die meisten der Überlebenden haben ihre Ursiedlungsgebiete verlassen und siedelten in den Süden über. [2]

Christliche Identität

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Christen im Orient werden oft von Außenstehenden (aus Unwissenheit) aber auch von ihren muslimischen Mitbürgern (aus Gründen der Assimilierung) als Araber bezeichnet, andererseits werden oft arabische Christen von Muslimen als Nicht-Araber angesehen. Dabei wird sowohl von westlicher als auch von islamischer Seite häufig „arabisch“ mit „islamisch“ gleichgesetzt bzw. assoziiert, was nicht korrekt ist. In der Region gibt es keine homogene christlich-geprägte Ethnie sondern verschiedene Ethnien (Araber, Armenier, Assyrer, Kaukasen, Europäer etc.). Viele nicht-arabische Christen im Orient bezeichnen sich deshalb auch als Phönizier (im Libanon), Aramäer, Assyrer, Syrer oder Chaldo-Assyrer (im Irak und Iran), Kopten (in Ägypten) oder Armenier (wenn sie außerhalb Armeniens leben), um sich eine eigene Identität zu schaffen bzw. -bezeichnung zu geben. Die Bezeichnungen gehen in der Regel auf die Namen ihrer antiken vorchristlichen Vorfahren zurück. Die Verwendung des Begriffes Phönizer in der Neuzeit geht auf Michel Chiha und Yussef al-Sauda zurück. Die Fragestellung der kulturellen, sprachlichen, historischen, politischen und religiösen Identität wird im Orient oft sehr kontrovers diskutiert und zeigt die schwierige Problematik im Arabischen bzw. Islamischen Raum mit den Minderheiten.

Die alten Völkerschaften Mesopotamiens und Syriens verschmolzen sich unter einander. Ihre Nachfahren finden eine starke Verbindung zu einander als die Urbevölkerung des Gebietes. Dies wird durch die Verwurzelung in ihrer historischen Heimat und die Verbundenheit in der syrischen Sprache. Dies übertrug mit sich sehr viele Traditionen – auch in die Nationalkirchen und wuchs in dem Bewusstsein der Orientchristen des syro-mesopotamischen Raumes weiter. So bietet die Zughörigkeit zu den einheimischen, Ostorientalischen Kirchen, nicht nur eine zusätzliche Identität, sondern auch eine Stärkung der nationalen Zugehörigkeit und deren Wurzeln.

Im Libanon prägte sich eine ostchristliche Identität, und schon lange wird von einer ostchristlichen Gesellschaft gesprochen.

Rolle der Orientchristen

Die Orientchristen waren und sind vielfach Motor der gesellschaftlichen und technologischen Entwicklung im Arabischen Raum. Durch Mehrsprachigkeit und durch Erfahrungen, bedingt durch Auslandsaufenthalten in Westen, haben sie Beiträge zur Säkularisierung, Naturwissenschaften und Medizin, Bildung, Journalismus und Kultur im allgemeinen geleistet.[3]. Die Kulturvermittelerposition der ostsyrischen Schriftsteller im islamischen Reich wirkte tief auf die sich entwickelten muslimischen Lehrsysteme ein. Bedeutende muslimische Philosophen hatten ostsyrische Lehrmeister. .[4].

Einzelnachweise

  1. N. Horner,aus Paul Löffler: Arabische Christen im Nahostkonflikt, S.14, Frankfurt, 1976
  2. Raif Toma, Die Suche nach den Wurzeln des Nationalbewusstseins im Verständnis der Heimat bei dem Urvolk Mesopotamiens, http://www.beepworld.de/members41/assyrismus/dienationaleidenti.htm
  3. Ghassan Tuéni: Rôle et Avenir des Chrétiens d´Orient aujourd´hui, CEDRAC, Beyrouth 2005
  4. Martin Tamcke, Christen in der islamischen Welt - von Mohamed bis in die Gegenwart, Verlag C.H. Beck, München 2008

Literatur

  • Bat Ye'or: Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam: 7.-20. Jahrhundert. Zwischen Dschihad und Dhimmitude. Resch Verlag, 2002 ISBN 3-935197-19-5
  • Ev.-luth. Kirche in Bayern (Hrsg.): Die Zukunft der orientalischen Christen. Eine Debatte im Mittleren Osten. Verlag: EMW / inamo, 2001, ISSN: 1436-2058
  • The Middle East loses its Christians, Jul 16th 1998, From The Economist print edition
  • Christians in the Middle East, Nov 1st 2001, From The Economist print edition
  • Löffler, Paul: Arabische Christen im Nahostkonflikt : Christen im politischen Spannungsfeld. Lembeck, Frankfurt/Main 1976

Weblinks


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